PDF-Datei - Öko-Institut eV
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KGV-Rundbrief 3+4/2003<br />
Verpackungsabfallrecycling in Deutschland und<br />
Großbritannien<br />
Ein empirischer Vergleich<br />
Volrad Wollny<br />
Einführung<br />
Zertifikatsmodelle im Umweltschutz definieren ein zu<br />
erreichendes Umweltziel gesamtwirtschaftlich. Dadurch<br />
sollen die Umweltschutzmaßnahmen bevorzugt<br />
dort ansetzen, wo die Ziele am schnellsten und<br />
kostengünstigsten erreichbar sind. Das Modell beansprucht<br />
eine hohe Zielsicherheit, eine hohe gesamtwirtschaftliche<br />
Kosteneffizienz und ein hohe<br />
dynamische Effizienz 1 . Wodurch, an welcher Stelle<br />
und in welchem Unternehmen das Ziel erreicht wird,<br />
bleibt den einzelnen verpflichteten Unternehmen<br />
überlassen. Ein Unternehmen kann also die auferlegten<br />
Verpflichtungen (z. B. eine Emissionsminderung)<br />
entweder selber erfüllen oder aber ein Zertifikat<br />
(Nachweise über Emissionsminderungen an anderer<br />
Stelle) käuflich erwerben. Eine andere Möglichkeit<br />
stellt die Ausgabe einer begrenzten Menge von handelbaren<br />
Verschmutzungslizenzen durch den Staat<br />
dar.<br />
Praktisch erfolgreiche Anwendungen des Zertifikatsmodells<br />
erfolgten bisher nur bei einfach zu kontrollierenden<br />
und abzugrenzenden Emissionsproblemen<br />
– z. B. Schwefeldioxid aus Kraftwerken (Emissionshandel).<br />
Die Umweltauswirkungen sind dabei<br />
proportional zur emittierten Schadstoffmenge. Auf<br />
funktionierenden Märkten standen in diesen Fällen<br />
zahlreiche alternative Möglichkeiten der Vermeidung<br />
oder Verringerung der Emissionen durch Prozesstechnik,<br />
alternative Brennstoffqualitäten oder Emissionsminderungstechniken<br />
zu relativ genau kalkulierbaren<br />
Preisen zur Verfügung. Weder Markteintrittsbarrieren<br />
noch technologische Restriktionen behinderten<br />
die Wirkung der Zertifikatslösung 2 . Das Modell<br />
wird derzeit in Politik und Wirtschaft als eines der<br />
wichtigsten Umsetzungsmaßnahmen zur Minderung<br />
des Kohlendioxid– und Klimaproblems gesehen 3 .<br />
In Großbritannien wurde zur Umsetzung der Europäischen<br />
Verpackungsrichtlinie ein Zertifikatsmodell<br />
gewählt, das als Vorbild für eine Reform der deutschen<br />
Verpackungsverordnung diskutiert wird 4 . Auch<br />
in der aktuellen Mitteilung der EU-Kommission „Towards<br />
a Thematic Strategy on the Prevention and<br />
Recycling of Waste“ werden neue Instrumente wie<br />
produktunabhängige, materialspezifisch handelbare<br />
Recyclingzertifikate als Instrument vorgeschlagen.<br />
Grund genug, die empirischen Erfahrungen mit dem<br />
britischen Modell zu prüfen. Eine ausführlichere<br />
Analyse mit umfangreichen Literaturangaben wird in<br />
Kürze in der Zeitschrift für angewandte Umweltforschung<br />
(ZAU) erscheinen.<br />
Die Verpackungsabfallproblematik<br />
Verpackungen haben einen kurzen Produktlebenszyklus<br />
und fallen daher in großen Mengen als Abfälle<br />
an. Abfallvermeidende Mehrwegverpackungen werden<br />
vielfach im B2B-Bereich (Industrie, Gewerbe,<br />
Handel) eingesetzt, in Form von Paletten, Containern<br />
und Behältern aller Art, für den Endverbraucher<br />
spielen sie praktisch nur bei Getränkeverpackungen<br />
eine Rolle.<br />
Industrie und Gewerbe verbrauchen knapp die Hälfte<br />
der Verpackungen – überwiegend Transportverpackungen<br />
aus Pappe, Holz, Metall oder Kunststoff.<br />
Die unkomplizierte Materialzusammensetzung und<br />
die hohen Mengen pro Anfallstelle machen die Er-<br />
1 Vergl.: Bonus, H.: (Hrsg.) Umweltzertifikate – der steinige<br />
Weg zur Marktwirtschaft, ZAU Sonderheft 9/1998.<br />
2 Die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen wurden<br />
z.B. diskutiert in:<br />
Hansjürgens, B.; Fromm, O.: Erfolgsbedingungen von<br />
Zertifikatelösungen in der Umweltpolitik – am Beispiel<br />
der Novelle des US-Clean Air Act von 1990, ZfU Bd. 17;<br />
Nr. 4 , S. 473-505 (1994).<br />
Allerdings wurde durch viele zusätzliche ordnungspolitische<br />
Eingriffe die Kosteneffizienz des Instruments verringert,<br />
andererseits wurde die Emissionsminderung zusätzlich<br />
deutlich erhöht, vergl.:<br />
Schwarze, R.: SO 2 im Sonderangebot? Zur Entwicklung<br />
des US-Marktes für Schwefeldioxid-Lizenzen und den<br />
Perspektiven von Zertifikatsmodellen in der Luftreinhaltepolitik,<br />
ZAU Jg. 10 (1997); H.2; S 170-186.<br />
3 Im Kyoto-Protokoll ist dies eines der zentralen Instrumente:<br />
Sekretariat der Klimarahmenkonvention (Hrsg.) :<br />
Das Protokoll von Kyoto zum Rahmenabkommen der<br />
Vereinten Nationen über Klimaänderungen, UNFCCC<br />
1991/1, Bonn (download über www.unfccc.de).<br />
4 Eine solche Empfehlung haben Ewers (Ewers, H.-J.;<br />
Tegner, H.; Schatz, M.: Ausländische Modelle der Verpackungsverwertung,<br />
Das Beispiel Großbritannien. TU<br />
Berlin, Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik,<br />
Berlin 2002) und – in abgeschwächter Form – der Sachverständigenrat<br />
für Umweltfragen in seinem Jahresgutachten<br />
2002 gegeben.<br />
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