als PDF - Deutscher Fluglärmdienst eV
als PDF - Deutscher Fluglärmdienst eV
als PDF - Deutscher Fluglärmdienst eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
der flugleiter 2012/02<br />
Recht<br />
Perfekt passend zu unserem Artikel „Die FRAPORT-CONNECTION“ in dieser Ausgabe entnehmen<br />
wir dem LH-Politikbrief vom April den nachstehenden Text. Unschwer zu erkennen, dass<br />
der Kampf gegen die Kleingewerkschaften noch lange nicht vorbei ist. (die Red.)<br />
Arbeitskonflikte: Tarifautonomie<br />
durch neue Ergänzungsregeln sichern<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen ihre Tarifkonflikte effizient und mit möglichst wenig<br />
Schäden für unbeteiligte Dritte lösen. Der jüngste Streik am Frankfurter Flughafen entsprach<br />
diesem Gebot nicht. Klare Spielregeln sind unabdingbar, um die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie<br />
zu sichern – gerade für Unternehmen in der Daseinsvorsorge.<br />
Zunehmende Zersplitterung<br />
Immer mehr Mini-Spartengewerkschaften haben in den<br />
vergangenen Jahren eigene Tarifabschlüsse erstritten. Dies<br />
gilt insbesondere für Organisationen bzw. Berufsverbände,<br />
deren Mitglieder in den Betrieben Schlüsselstellungen einnehmen<br />
wie Piloten, Lokführer oder Fluglotsen. Beispiel<br />
Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF): Nur 200 streikende<br />
GdF-Mitglieder sorgten im Februar dafür, dass über 800<br />
Flüge mit zehntausenden betroffenen Passagieren am Frankfurter<br />
Flughafen abgesagt werden mussten. Getroffen wurde<br />
damit nicht nur der Airport-Betreiber Fraport <strong>als</strong> Tarifpartner<br />
der GdF, sondern unbeteiligte Kunden sowie Unternehmen,<br />
die im weltweiten Wettbewerb stehen – und im besonderen<br />
Maße unter Reise- und Frachtverzögerungen leiden.<br />
Entsolidarisierung droht<br />
Das Vorgehen findet Nachahmer: Unter den 121000 Lufthanseaten<br />
haben sich etwa 100 Mitarbeiter, sogenannte Dispatcher<br />
und Verkehrsleiter, ebenfalls bei der GdF organisiert<br />
und drohen inzwischen mit Arbeitskampfmaßnahmen. Dabei<br />
ist für diese Mitarbeitergruppe über ver.di ein gültiger Tarifvertrag<br />
in Kraft. Ein bedrohliches Szenario: Übergreifende<br />
Friedenszeiten bleiben zunehmend auf der Strecke, im nicht<br />
unwahrscheinlichen Fall rufen verschiedene Gewerkschaften<br />
nacheinander zum Streik auf. Bedenklich ist zudem, dass<br />
für diese Vereinigungen nicht das Wohl der gesamten Belegschaft,<br />
sondern das der eigenen Gruppe immer im Vordergrund<br />
steht. Damit droht die Entsolidarisierung der Arbeitnehmer<br />
untereinander.<br />
Neuer Ordnungsrahmen unabdingbar<br />
Über Jahrzehnte galt in Deutschland: ein Betrieb – ein Tarifvertrag.<br />
Seitdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) diesen<br />
Grundsatz aufgehoben hat, besteht Handlungsbedarf. Durch<br />
eine gesetzliche Regelung zur Tarifeinheit könnte die Sicherung<br />
der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie auch in Zukunft<br />
branchenübergreifend erreicht werden. Darüber hinaus<br />
sind insbesondere für den Bereich der infrastrukturellen<br />
Daseinsvorsorge wie dem Schienen- und Luftverkehr Sonderregelungen<br />
beim Arbeitskampf nunmehr dringend notwendig.<br />
Grund ist, dass die Unternehmen oftm<strong>als</strong> von Monopolstrukturen<br />
abhängig sind und Streiks sehr kleiner<br />
Gruppen – wie in FRA geschehen – über einen Dominoeffekt<br />
eine extrem hohe Zahl unbeteiligter Dritter schädigt.<br />
Mögliche Ansätze wären zum Beispiel:<br />
• Quorum bei Tarifpluralität: Tarifverträge kleinerer Gewerkschaften<br />
dürfen nur dann gelten, wenn sie einen wesentlichen<br />
Teil der Gesamtbelegschaft eines Unternehmens erfassen.<br />
• Außergerichtliche Einigungsformen: Obligatorische<br />
Schlich tungsverfahren, verbunden mit sogenannten Abkühlungsphasen,<br />
schaffen neue Handlungsoptionen.<br />
• Vorankündigung: Um unbeteiligte Dritte zu schützen,<br />
muss eine Pflicht zur rechtzeitigen Ankündigung von<br />
Streikvorhaben eingeführt werden.<br />
• Notdienstvereinbarungen: Die Grundversorgung der Bevölkerung<br />
ist jederzeit sicherzustellen. Verpflichtende Abschlüsse<br />
von Notdienstvereinbarungen sind unabdingbar.<br />
Verhältnismäßigkeit wahren<br />
Bei Streiks im Bereich der infrastrukturellen Daseinsvorsorge<br />
wie dem Luftverkehr sind regelmäßig nicht nur das bestreikte<br />
Unternehmen (haupt-)betroffen, sondern vor allem<br />
auch völlig Unbeteiligte und letztlich die Allgemeinheit. Umso<br />
wichtiger ist es hier, unverhältnismäßig hohe volkswirtschaftliche<br />
Schäden und schwere Beeinträchtigungen der<br />
Allgemeinheit abzuwenden. Vor allem dann, wenn Minderheiten<br />
– organisiert in Spartengewerkschaften – gegen das<br />
eindeutig bekundete Interesse der Belegschaftsmehrheit in<br />
einem Unternehmen handeln. Klar ist: Je kleiner die Spartengewerkschaft,<br />
desto höher müssen die Streikhürden sein.<br />
Klares Bekenntnis zur Tarifautonomie<br />
Zielsetzung ist nicht, das Streikrecht in wesentlichen Teilen<br />
und die in einigen Unternehmen wie der Lufthansa seit vielen<br />
Jahren existierende Gewerkschaftspluralität zu beschränken.<br />
Ziel ist es, Tarifkonflikte mit weniger Drittschäden zu<br />
lösen und damit die Tarifautonomie zu stärken. Übrigens<br />
gelingt es Ländern wie Frankreich, Italien, Spanien, Kanada<br />
oder den USA, durch besondere Streikregelungen in der Daseinsvorsorge<br />
einen angemessenen Ausgleich zwischen den<br />
Interessen der Allgemeinheit und dem Streikrecht zu finden.<br />
Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum das nicht<br />
auch am Wirtschaftsstandort Deutschland gelingen sollte.<br />
18