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Das katholische Kirchenlied im Frankreich der ... - Historicum.net

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Phi lippe M arrin<br />

auch di e Soireen. ~ c hJi e ßli c h strukrurierren sie die rheatralischen Inszenierungen,<br />

welche di e groflen Prozessionen begleiteten. An den<br />

Chören beteili gt Z\J se in, bedeutete eine große Ehre, und die Gläubigen<br />

wetteiferten da rin , damit nur die Würdigsten an diesen öffentlichen<br />

Auftritten teilnähmen. Malll10ir hielt in seinem Tagebuch aus dem<br />

Jahre 1641 fest: "Am nächsten Tag baten un s di e Einwohner <strong>der</strong> Stadt<br />

Conguer, ihnen un se re Kirchenli e<strong>der</strong> beiZ\Jbringen. Sie wussten tatsächlich,<br />

welchen Erfolg diese Lie<strong>der</strong> während unserer Miss ionen<br />

brachten. Be<strong>im</strong> Hören weinten viele vor Freude. «.\0<br />

Die Bevölk erung eig<strong>net</strong>e sich die Melodien und Inhalre völlig an. Die<br />

Volk smiss iona re maßen ihren Erfo lg dementsprechend daran, wie sie<br />

das Volk singen hö rten. 1641 st<strong>im</strong>mten die Einwohner <strong>der</strong> Insel<br />

Ouessanr bei <strong>der</strong> Rückkehr von Pater Le N oblerz (1577-1652) in ihre<br />

Pfattei Lie<strong>der</strong> a n. Als et das hörte, "wat er auf die Knie gefallen und<br />

hatte mit Freude di e Worte von S<strong>im</strong>on gesagt: 'Jetzt kannst du Deinen<br />

Diener Z\J Dit tufen, Hetr, we il ich höre, dass überall Dein N ame gelobt<br />

und ve rehrt witd.", >1 Im folgenden Jahr wurde Maunoir von den<br />

fnsel bewohnern von Brehar gegrüßr, di e auf einen Fel sen gestiegen<br />

wa ren und " den btetonischen Lobgesang angest<strong>im</strong>mt harten, um uns<br />

eine gute Reise zu wünschen «. So venraur waren die Lie<strong>der</strong>, dass die<br />

Glä ubigen sie auf dem Weg vor sich hinträlletten.." Wun<strong>der</strong> blieben<br />

mir dem Gesang nicht a us. Eines Tages <strong>im</strong> Jahre 1645 brach eine feierliche<br />

Prozession von 6000 Personen auf. Plötzlich "fing es an zu<br />

regnen, aber wie durch eio Wun<strong>der</strong> wurden die Kin<strong>der</strong>, die das Gotteslob<br />

sangen, nicht nass. Ma n sah, wie <strong>der</strong> Regen um sie herum nie<strong>der</strong>prasselte,<br />

ohne dass ein einziger Tropfen sie erreichen konnte«."<br />

Jenseits des Gesangs staod das Li ed auch einer an<strong>der</strong>en N utzung<br />

offen: Es diente det Lektüre. Die Schrifttypen sind ofr gröl\er als in<br />

be<strong>im</strong> Z uhö ren und Singen unserer gcisflgen H ymnen innerhalb von acht Tagen mehr<br />

ubcr di e Rt!ge ln des chris rl ichcn Le hens gelernr harren als se it ihrer Geburt« (Mi raeies<br />

er sabbats !v.:ic Anm. 17], S. 60).<br />

" Ebd. , 5.51.<br />

11 Ebd. , S. 5 1.<br />

)l Ebd. , S. SR.<br />

)' Ebd. , 5.79.<br />

11 8<br />

D." karholische <strong>Kirchenlied</strong> <strong>im</strong> h a nkrr ich des 17. Jhs.<br />

Jen Andachtshiichern . Und die sehr kurzen Strophen eignen sich perfekt<br />

für eine di skontinuierliche Lektüre. Der Gläuhige liest einige Zei­<br />

!en, unterbricht. hevor er ohne Schwierigkeiten den Faden wie<strong>der</strong> a ufn<strong>im</strong>mt.<br />

Maunoir beobachtete 1644: " Es gesc hah eines Tages. dass ein<br />

."tüller, <strong>der</strong> sich einen Augenhlick ausruhen wollte, sich unter seinen<br />

Miihlstein gesetzt hatre, um unsere Kirchenli e<strong>der</strong> zu singen. Er las den<br />

bretonischen Gottesgesang, <strong>der</strong> die Passion Christi erzä hlt, und vergoss<br />

ganz gerührt viele Tränen. " " <strong>Das</strong> Gesangbuch hatte einen bedeutenden<br />

Platz in <strong>der</strong> häuslichen Frömmigkeit, <strong>der</strong>en Wichtigkeit die<br />

Historiker heute allgemein anerkennen. ·\< Jenseits von Rhythmus und<br />

Musik ist eine <strong>der</strong> einfachsten M öglichkeiten, da tin zu bl ättern. Es<br />

war eines <strong>der</strong> ersten Andachtshücher, welches di e Kath o liken sich in<br />

ihrem Leben aneig<strong>net</strong>en. J6<br />

IV. Den Gläubigen belehren<br />

<strong>Das</strong> erste Ziel des Gesangsbuchs ist es, die Unterweisung des Gl äubigen,<br />

d"s heißt, seine Einführung in den Glauben zu erleichtern. Di e<br />

schon angeführten Cantiques de l'Eglise von Jacgues Pi non (1 637)<br />

sind eine Meditation über die wi chtigen kanoni schen Gebete. Auf <strong>der</strong><br />

linken Seite befindet sich <strong>der</strong> lateini sche Text, auf <strong>der</strong> rechten Seite<br />

Lwar nicht dessen Übersetzung, aber eine muttersprachliche Adaption.<br />

Indem Pinon die genaue Übersetzung des Textes ablehnt, dem<br />

die lateinische Sprache eine beson<strong>der</strong>e D<strong>im</strong>ension verleiht, schließt et<br />

sich <strong>der</strong> Tradition <strong>der</strong> französischen Messauslegungen an. Er liefert<br />

eine sinngemäl\e Übersetzung. Die 99 ersten Seiten beinhalten Gesänge<br />

für die Laudes. Darauf folgen ein zur Vesper gesungenes Matienli ed<br />

(6 Seiten), ein zum Abendgebet gesungenes Li ed für den H eiligen S<strong>im</strong>eon<br />

(4 Seiten), ein Schutzengel-Offizium (4 Seiten) und die Psalmen<br />

(106 Seiten). <strong>Das</strong> Werk, dessen Ziel es ist, ein vollstiindiger geistlicher<br />

Führer zu sein, wird durch eine Messandacht (22 Seiten) und dutch<br />

" Ebd., S. 70.<br />

;, Cornelia NiebJs-Moor.-e I Ferdina nd van Ingen (Hg.): GebctslilCratur J er Frühen<br />

Neuzeit als Hausfrbmmigkeit. Funktionen und f ormen in Oeurschl and und in den<br />

Nie<strong>der</strong>landen. Wiesbaden 200l.<br />

. ~ Marrin: Une religion (wie Anm. 8)<br />

119

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