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WELT UND GEISTLICHE BERUFUNG - Miteinander

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20<br />

10-11/2012<br />

G R A Z - S E C K A U<br />

➔➔➔<br />

Voll Vertrauen<br />

mit<br />

Ärger<br />

Ärger<br />

B L I C K W I N K E L<br />

der<br />

Türangel<br />

Türangel<br />

Die KundschafterInnen haben Kirche vielfach<br />

„ganz frisch“ und damit anziehend erlebt.<br />

Auch diese neuen Erfahrungsräume bieten<br />

Menschen die Möglichkeit, ihre Berufung<br />

zu entdecken, weil dort Gott für sie spürbar<br />

wird. Die katholische Kirche Steiermark hat<br />

sich mit diesem Erkundungsweg auch auf einen<br />

Lernweg begeben. Denn die Wege, die zu<br />

solch neuen Ausdrucksformen kirchlichen Lebens<br />

geführt haben, sind interessant und können<br />

auf unsere Situation übertragen – nicht<br />

kopiert – werden: damit auch unsere Kirche<br />

wächst!<br />

Wilhelm Krautwaschl ■<br />

Dr. Wilhelm Krautwaschl ist Regens des Grazer Augus ti nums,<br />

Leiter der Diözesanstelle Berufungspastoral und Diö ze san -<br />

direktor des Canisiuswerkes der Diözese Graz-Seckau.<br />

1 Ausgewählte Projekte:<br />

• Da gibt es „ein Haus der Kirche“ inmitten des größten<br />

Business-Districts Europas:<br />

http://www.catholiques.aladefense.cef.fr<br />

• Da wird Liturgie, die „Zeit braucht“, gefeiert:<br />

Sonntagsmesse in 90 Minuten.<br />

• Da gibt es anspruchsvolle Glaubenskurse unter dem<br />

Motto „Schule des neuen und ewigen Wortes“ für<br />

Jugendliche und junge Erwachsene mitten in Paris.<br />

• Ü20/Ü30-Kirche wurde anlässlich des Kulturhauptstadtjahres<br />

im Ruhrgebiet bewusster gemacht:<br />

http://www.ue30kirche.de, http://www.ue20treff.de<br />

• Ein Gottesdienstraum wird Jugendlichen für eine<br />

gewisse Zeit zur Gänze überlassen:<br />

http://www.krasse-kirche.de<br />

• Kirchliche Gebäude werden kreativ und neu genutzt,<br />

unter anderem als neue „Orte des Lebens“ für<br />

Trauernde: http://www.ptz-hl-kreuz.de<br />

• In den Kirchen Londons werden die Kommenden,<br />

wer auch immer sie sind, von Mitarbeitern der<br />

Gemeinden willkommen geheißen.<br />

• Dort, wo nach außen Kirche immer weniger wurde, haben<br />

Alpha-Kurse in London ihren Anfang genommen<br />

und sind mittlerweile in vielen Ländern verbreitet:<br />

http://www.alphakurs.at<br />

• Lunchtime talks: Junge Erwachsene lesen in der<br />

Bibel und tauschen ihre Erfahrungen, nach dem Wort<br />

Gottes zu leben, aus.<br />

• Die Diözesen Ostdeutschlands erarbeiten jährlich<br />

Ideen für „religiöse Kinderwochen“:<br />

www.religioesekinderwoche.de<br />

• Die Trennungserfahrungen zwischen Großeltern<br />

und Enkeln nach der Wende im Osten Deutschlands<br />

waren Ausgangspunkt für „Großeltern-Enkelwochen“<br />

deutscher Diözesen.<br />

• Gottesdienste werden auch mit konfessionsungebundenen<br />

Menschen gefeiert, etwa ein Weihnachtslob, ein<br />

monatliches Totengedenken …: http://www.bistumerfurt.de/front_content.php?idcat=1963<br />

Der deutsche Volksmund kennt ein Wort als<br />

Ausdruck des Erstaunens: „Du kriegst die<br />

Tür nicht zu!“ Unser Pfarrhaustor geht unangenehmerweise<br />

nur zu, wenn man sich unter<br />

dem Geschrei hier nicht wiederzugebender<br />

Ausdrücke voll dagegenwirft. Das ist aber<br />

keine Lösung des Problems. Die obere Angel<br />

sitzt nämlich schief. Ausgeleierte Angeln ergeben<br />

funktionsunfähige Türen – ob bei Kathedralen<br />

oder bei Besenschränken. Ohne Festigkeit<br />

der Angeln gibt es kein Öffnen, aber<br />

auch kein Schließen. Es gibt kein einladendes<br />

„Kommen Sie doch herein!“ und kein klärendes<br />

„Hier haben Sie nichts zu suchen!“.<br />

Ohne funktionierende Tür mit fester Angel<br />

kann ich nicht wählen, was für mich jetzt dran<br />

ist: rein oder raus.<br />

Der Mensch lebt einen Teil seines Lebens drinnen,<br />

einen Teil seines Daseins draußen. Dazwischen<br />

ist die Tür. Ich habe Freude daran,<br />

draußen bei den Leuten zu sein, ich mache<br />

aber auch gerne die Tür hinter mir zu. Wenn<br />

ich als Weltpriester nur draußen leben will,<br />

ist mein Leben und meine Sendung genauso<br />

aus den Angeln, wie wenn ich die Tür hinter<br />

mir zuschlage und nur noch drinnen hocken<br />

will. Ich gehöre sowohl nach drinnen als auch<br />

nach draußen – aber alles zu seiner Zeit.<br />

„Entweder rein oder raus!“<br />

Die dritte Variante ist unmöglich. Ich kann<br />

und darf nicht unentschieden zwischen Tür<br />

und Angel leben. Mein Vater pflegte uns aus<br />

dieser unentschlossenen Zwischensituation<br />

mit erheblicher Lautstärke zu vertreiben: „Entweder<br />

rein oder raus!“ Das war damals wegen<br />

der Kohleknappheit, hat aber bis heute<br />

seine Berechtigung. Allerdings gehört zu allen<br />

Zeiten Mut dazu, den Platz der Unentschiedenheit<br />

zwischen Tür und Angel zu verlassen.<br />

Im Buch der Sprüche findet sich im<br />

26. Kapitel eine bedenkenswerte Bemerkung<br />

zu diesem Thema: „Die Tür dreht sich in ihrer<br />

Angel und der Faule in seinem Bett.“<br />

Wenn die Unentschlossenheit zum Lebensstil<br />

wird, geht keine Tür mehr auf. Fragt sich nun,<br />

was denn in unserem Leben die Angel ist, die<br />

nicht schief sein darf und an der alles hängt.<br />

Man muss im dreizehnten Kapitel des Hebräerbriefes<br />

nachlesen. Martin Luther übersetzt<br />

die Stelle so: „Es ist ein köstlich Ding, dass<br />

das Herz fest werde, welches geschieht durch<br />

die Gnade.“ Da haben wir die feste Angel, die<br />

weder quietscht noch blockiert: unser Herz,<br />

festgemacht von Gott.<br />

Klaus Weyers ■

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