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Kurz mal einkaufen

Madame Hovestadt war eine angesehene Rechtsanwältin in ihrem Bezirk. Aber dieses Wochenende war sie absolut frei. Keine Termine, keine Besuche, nur einkaufen musste sie noch. Fast übermütig gute Laune hatte sie. Ein junger Mann sprach sie an und lud sie zum Kaffee ein. Er war verrückt, aber Elli Hovestadt heute nicht weniger. Ein kompletter Jux war es für sie, doch die Begegnung beim Tomaten kaufen sollte Folgen haben.

Madame Hovestadt war eine angesehene Rechtsanwältin
in ihrem Bezirk. Aber dieses Wochenende
war sie absolut frei. Keine Termine, keine Besuche,
nur einkaufen musste sie noch.
Fast übermütig gute Laune hatte sie.
Ein junger Mann sprach sie an und lud sie zum Kaffee ein.
Er war verrückt, aber Elli Hovestadt
heute nicht weniger. Ein kompletter Jux
war es für sie, doch die Begegnung
beim Tomaten kaufen sollte Folgen haben.

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schaut, ob mich eine anlächelt, deren Blick ich nicht widerstehen kann und die mich<br />

beim Tomaten kaufen magisch anzuziehen versteht.“<br />

Ihr Model wartet<br />

„Man könnte auch heute Abend schon Fotos machen, im Haus, im Zwielicht und<br />

dann in schwarz-weiß aber auch in gedämpften Farben könnte ich mir sehr stimmungsvoll<br />

vorstellen.“ meinte Ronnie. „Herr Fotograf warum zögern sie, ihr Model<br />

erwartet ihre Anweisungen.“ Oh je, das dauerte. Aber die ersten Fotos am Küchentisch<br />

waren wundervoll. So toll hatte ich mich noch nie gesehen. Dass ich die problematische<br />

Entwicklung der moralischen Wertvorstellungen der abendländischen<br />

Kulturgeschichte öfter überdachte, war mir schon klar, aber dass ich das auch bei<br />

Messer, Brot und Butter am Abendbrottisch tat, sah nur Ronnie. Jetzt Schreibtisch,<br />

die Diva spielte in allen Posen, aber am schönsten fand ich noch Fotos auf denen<br />

ich ihn einfach direkt anschaute, mir die Kamera wegdachte, und dem freundlichen<br />

jungen Mann im Supermarkt zulächelte. So wunderbare Bilder hatte ich von mir<br />

noch nie gesehen. Wahrscheinlich muss man dazu erst fünfundfünfzig werden und<br />

einen Fotografen treffen, der von sich sagt: 'Ich kann keine Menschen.' Am<br />

unerlässlichsten schien aber zu sein, dass sich beide extrem gut drauf fühlten und<br />

Lust am Spielen, Ausprobieren und auf Extraordinäres hatten. Narzisstisch musste<br />

ich meine Bilder immer und immer wieder betrachten, suchte etwas von mir, mich<br />

selber darin. Narziss hatte sich doch auch immer in sein Spiegelbild verlieben<br />

müssen, ich schien auf dem besten Wege dorthin zu sein. „Du bist eben eine sehr<br />

schöne Frau und von der Duse scheinst du doch ein wenig geerbt zu haben.“ meinte<br />

Ronnie. Jetzt sollten noch Modefotos gemacht werden, aber ich hatte fast nur<br />

Kostümchen und Hosenanzüge. So etwas mochte man heute Abend nicht. Am<br />

besten fand ich mich immer in Jeans mit Blusen, Pullovern oder sonstigen Tops,<br />

aber da fiele ihm Besseres bei Tageslicht draußen ein, meinte Ronnie. Abendkleider?<br />

Drei hatte ich, aber im Grunde mochte ich keins von denen. Vielleicht weil sie eben<br />

Behänge für offizielle Veranstaltungen waren.<br />

Schulterfrei<br />

„Hast du kein schulterfreies, das fördert das Porträt ungemein. Ich mag das sehr<br />

gern.“ erkundigte sich Ronnie. „Ja stimmt, jetzt, da ich zum Topmodel aufgestiegen<br />

bin, brauchte ich so etwas schon, nur bislang hätten die meisten wahrscheinlich ein<br />

wenig indigniert geschaut, wenn die ältere, seriöse Frau Rechtsanwältin schulterfrei<br />

und am übrigen Rücken wahrscheinlich ebenso zur Abendgesellschaft erschienen<br />

wäre.“ antwortete ich ihm. „Dann tun wir einfach so als ob, du knöpfst die Bluse ein<br />

wenig auf und streifst sie an den Seiten über die Schulter.“ schlug Ronnie vor. Er<br />

wollte abdrücken, da fielen ihm die Träger vom BH auf. Ihn nebenan ausziehen, die<br />

Bluse wieder anziehen? „Ronnie, du bist ein erwachsener Mensch, mach mir <strong>mal</strong><br />

den BH auf. Aber nicht meine Brüste fotografieren.“ wies ich ihn an. Die Fotos waren<br />

ein<strong>mal</strong>ig und das Fotografieren erreichte höchste Spaßgrenzen. Ich musste mir<br />

immer kurz die Hände vor's Gesicht halten, um mich in eine andere Stimmung oder<br />

Rolle einzufühlen und hinterher lachten wir uns tot über die Fotos. Ich wusste gar<br />

nicht, dass ich so etwas konnte, aber es machte ungeheuren Spaß. Wir fielen uns<br />

Schnell <strong>mal</strong> <strong>einkaufen</strong> – Seite 14 von 24

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