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Kurz mal einkaufen

Madame Hovestadt war eine angesehene Rechtsanwältin in ihrem Bezirk. Aber dieses Wochenende war sie absolut frei. Keine Termine, keine Besuche, nur einkaufen musste sie noch. Fast übermütig gute Laune hatte sie. Ein junger Mann sprach sie an und lud sie zum Kaffee ein. Er war verrückt, aber Elli Hovestadt heute nicht weniger. Ein kompletter Jux war es für sie, doch die Begegnung beim Tomaten kaufen sollte Folgen haben.

Madame Hovestadt war eine angesehene Rechtsanwältin
in ihrem Bezirk. Aber dieses Wochenende
war sie absolut frei. Keine Termine, keine Besuche,
nur einkaufen musste sie noch.
Fast übermütig gute Laune hatte sie.
Ein junger Mann sprach sie an und lud sie zum Kaffee ein.
Er war verrückt, aber Elli Hovestadt
heute nicht weniger. Ein kompletter Jux
war es für sie, doch die Begegnung
beim Tomaten kaufen sollte Folgen haben.

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für physiologisch bedingt gehalten. In so einem Zusammenhang wie gestern, hätte<br />

ich Sex nie erlebt und gar nicht gewusst, was ich mir hätte wünschen können oder<br />

wovon ich hätte träumen sollen. Alles nur Hirngespinste, Gefühlsduselei, Kitsch<br />

eben hätte ich geurteilt, wenn mir jemand davon erzählt hätte. „Natürlich mag ich<br />

dich gern wegen gestern Abend und heute Nacht, aber da war vorher auch schon<br />

etwas anderes. Ich konnte es mir nicht eingestehen, weil ich dich ja gar nicht kannte<br />

und du ja so schrecklich jung warst, aber es war schon etwas da, das starkes Interesse<br />

an dir bewirkte. Ich denke, dass ich deine Haltung, dich nicht zu trauen,<br />

sehr gut nachempfinden kann, weil es nichts anderes ist, als was meiner Lebenseinstellung<br />

zu Grunde liegt. Wenn dir die Pflichterfüllung das Wichtigste ist, und geordnete<br />

Verhältnisse oberste Priorität haben, ist das nicht gerade ein Ausdruck von<br />

protzigem Selbstvertrauen und überbordender Selbstwertschätzung. Was ich bei dir<br />

ausgeschimpft habe, das bin ich zum Teil selber. Erst spät ist etwas Anderes, Neues<br />

entstanden. Mein Mann hat sich ziemlich rausgehalten, mit den Kindern das war<br />

meine Welt, und die spielte auf einem anderen Planeten, auf dem eine neue Persönlichkeit<br />

von mir entstanden ist, durch einen kleinen vier Wochen alten Säugling, der<br />

mir vermittelt hat, dass ich etwas wert bin, dass ich etwas kann, etwas ganz anderes<br />

kann, das dort liegt, wo ich sonst Gefühlsduselei angesiedelt hätte, aber in<br />

Wirklichkeit für die Beziehung untereinender ganz wichtig und keine Tändelei oder<br />

unbedeutender Krimskrams ist. Und diese neue Person kann die andere Eleonora<br />

überhaupt erst erkennen und einschätzen. Manch<strong>mal</strong> streiten sich die beiden in mir.<br />

Ich schaue mir zum Beispiel im Fernsehen gerne Dokumentationen und Reportagen<br />

von unbekannten Völkern und deren Lebensweisen an. Ich beneide die Reporterinnen<br />

oder Kameraleute, möchte gern selbst dabei sein, es live erleben und nicht<br />

nur auf dem Bildschirm sehen. Im Urlaub könnte ich nach China, Nepal oder Afrika<br />

fliegen und selber dort oder an ähnlich ungewöhnlichen Orten sein. Was mache ich?<br />

Jeden Sommer immer wieder ordnungsgemäß ins kleine Massalfassar bei Valencia.<br />

Das braucht meine arme ängstliche unsichere Seele. Da ist alles klar und geregelt,<br />

da kenne ich mich aus. Alles andere wäre zu verwirrend, zu unsicher. Ein<strong>mal</strong>, im<br />

letzten Jahr ist mir ein wilder Ausbruch gelungen. Ich hatte eine Reportage über<br />

Karelien mit den entsprechenden Sehnsüchten gesehen, und später war mir zufällig<br />

ein Reiseprospekt mit einer Karelientour begegnet. Meine beiden Egos lieferten sich<br />

heftige Konflikte, bis mir deutlich wurde, welches ich unbedingt gewinnen lassen<br />

musste. Und nur das Ego, das Karelien gewonnen hat, war in der Lage, das<br />

geschehen zu lassen, was sich gestern entwickelt hat. Es ist in einem anderen<br />

Leben geschehen, als in dem sich sonst Sexualität für Eleonora Hovestadt<br />

abgespielt hatte und bewertet wurde. Die andere Elly hätte im Einkaufsmarkt<br />

wahrscheinlich nicht <strong>mal</strong> zurück gelächelt. Ronnie, weißt du, hier, in diesem Haus ist<br />

das Karelien-Kinderego entstanden, hier ist es gewachsen, hat hier gelebt, na ja<br />

und jetzt sogar … . Aber jetzt müsste ich dies, mein liebgewonnenes Haus<br />

verkaufen, weil es für mich allein zu groß ist. Wenn ich nur etwas vermieten<br />

könnte, dann könnte ich es ja halten. Nur mir fällt überhaupt niemand ein, der<br />

Wohnraum gebraucht und eventuell bei mir im Haus leben wollen würde.“ erklärte<br />

ich mich Ronnie.<br />

Erinnerungen festigen<br />

Er hatte natürlich verstanden und grinste. „Na und wie oft müsste ich dann mit dir<br />

ins Bett?“ feixte er. „Einiges nachzuholen wäre da natürlich schon, aber ich dachte<br />

Schnell <strong>mal</strong> <strong>einkaufen</strong> – Seite 18 von 24

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