Albvereinsblatt_2007-1.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Dieter Ebert<br />
Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß<br />
Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß<br />
Am 24. September 2006 nutzte der Schwäbische Albverein die<br />
Gelegenheit, seine Jugend-, Kinder- und Familienarbeit zu<br />
präsentieren (linke Seite). Den Rahmen bildeten Volkstanz- und<br />
Musikgruppen (oben rechts). Das Albvereinsgelände säumen<br />
Blütenpflanzen der Heideflächen der Ostalb (oben).<br />
Eine Anlage über die historische Nutzung der Bodenschätze der<br />
Ostalb war der Beitrag des Schwäbischen Albvereins auf der<br />
Landesgartenschau in Heidenheim: ein »Rennofen« nach einem<br />
Vorbild aus dem 7. Jahrhundert, dahinter ein Kohlenmeiler. In<br />
den Schalen befinden sich Eisenerze.<br />
Dieter Ebert<br />
11<br />
Härtsfeldes zwischen Brenztal und und dem Nördlinger<br />
Ries vor ca. 2.800 Jahren. Sie brachte den keltischen Völkern<br />
bereits in der Hallstattzeit in dieser sonst eher kargen<br />
Landschaft einen ansehnlichen Wohlstand. Diese keltische<br />
Tradition setzte sich durch die Vor- und Frühgeschichte<br />
fort, und die sogenannten Waldschmieden lassen sich auf<br />
dem Albuch und dem Härtsfeld bis in das Mittelalter hinein<br />
beobachten. Seit dem 14. Jahrhundert entstanden zudem<br />
regelrechte Hüttenbetriebe im Brenz- und Kochertal, weil<br />
man wegen der immer aufwändiger und grösser werdenden<br />
Anlagen und deren Betrieb auf die Wasserkraft der<br />
Bäche und Flüsse angewiesen war. Die ständig steigende<br />
Produktion und der steigende Bedarf an Holzkohle führten<br />
zu einem hemmungslosen Raubbau an den Wäldern<br />
und damit im 18. Jahrhundert zu einer ökologischen Katastrophe,<br />
welche auch die Wasserführung und Qualität des<br />
Wasser in der Brenz stark beeinträchtigte und als solche<br />
bisher nur wenig Beachtung in der Geschichtsschreibung<br />
fand. Sie wurde auch zu einer der Hauptursachen für den<br />
Niedergang der Hüttenbetriebe auf der Ostalb. Heute produzieren<br />
moderne Gießereien in Heidenhelm und Königsbronn<br />
für die heimische Industrie. Im Schwäbischen Hüttenwerk<br />
Wasseralfingen wurde der letzte Hochofen nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg abgebrochen; in den Stuferzgruben in<br />
Geislingen und am Braunenberg bei Aalen wurde der Erzabbau<br />
eingestellt.<br />
Ein Rennfeuerofen in Schachtform, wie er seit frühgermanischer<br />
Zeit in Gebrauch war, verdeutlichte den Besuchern<br />
der Landesgartenschau die mühsame Herstellung von<br />
schmiedbarem Eisen bis in das Mittelalter hinein. Das Modell<br />
eines Kohlenmeilers daneben wies auf die Holzkohle<br />
als das notwendige Heizmaterial bei der Gewinnung von<br />
Eisen hin. In nachgebildeten Erzschalen aus Gusseisen wurden<br />
verschiedene Arten von Bohnerz aus der Region der<br />
Ostalb und Stuferz aus dem Raum Aalen gezeigt, ausserdem<br />
originale Schlackenfunde von einem frühgermanischen<br />
Hüttenplatz auf dem Albuch bei Tauchenweiler.<br />
Eine Tafel mit Wanderwegen um Heidenheim zeigt, wie<br />
man zu den alten Erzgruben und einer Köhlerei findet, in<br />
der noch heute die Holzkohle nach der Jahrhunderte alten<br />
Methode hergestellt wird. Grillfreunde erhalten dort noch<br />
jene Buchenholzkohle, die allem Grillgut jenen unnachahmlichen<br />
Geschmack verleiht.<br />
Der dritte natürliche Reichtum der Ostalb, der angesprochen<br />
wurde, ist wegen seines Abbaues mit Kritik behaftet.<br />
Dennoch halten wir es für richtig, darüber zu berichten. Es<br />
handelt sich um die Kalke des Weißen Jura, die nicht nur<br />
für den allseits bekannten Strassenschotter und den sog.<br />
Mineralbeton stehen. Seit vielen Jahren sind diese Kalke<br />
von der Ostalb jener notwendige Stoff für die Rauchgasentschwefelung<br />
in Kohlekraftwerken. Bei diesem Prozess verwandelt<br />
sich der Kalk in Form von Gesteinsmehl in Gips<br />
um, der wiederum von der Baustoffindustrie weiter verabeitet<br />
wird. Inzwischen aber ist die Palette der Verwendungsmöglichkeiten<br />
des besonderen Kalkes ständig gewachsen<br />
und nur noch schwer zu überschauen. Gesteinsmehl aus<br />
dem Calciumcarbonat mit 98–99 % CaCo 3 findet in der Trinkwasseraufbereitung,<br />
in der Zuckerindustrie an Stelle von<br />
Holzkohle, als Dünge- und Futtermittelkalk in der Glas-und<br />
Keramikindustrie, als Füllstoff bei Edelputzen sowie in der<br />
Papier-, Lack- und Farbenindustrie vielseitige Verwendung.<br />
Inzwischen nutzt auch die kosmetische wie die pharmazeutische<br />
Industrie diesen vielseitigen Rohstoff von der Ostalb.<br />
Diese wertvollen Kalke von höchster Qualität gibt es nur<br />
in wenigen Vorkommen. An den Abbauplätzen aber entstehen<br />
große Wunden in der Landschaft. Ihr Anblick bereitet<br />
nicht nur engagierten Freunden einer ungestörten Landschaft,<br />
den Naturschützern und Archäologen, sondern auch<br />
den Hydrologen Sorge. Sie alle betrachten das Hineinwachsen<br />
der Brüche in die Berge und Wälder mit gemischten<br />
Gefühlen.