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Albvereinsblatt_2007-1.pdf

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Malerische Blickpunkte – ein Ratespiel<br />

Galerie Albstadt, Städtische Kunstsammlungen<br />

Maria Caspar-Filser<br />

Schneeschmelze (Balinger Alb) 1909<br />

Lochenhörnle und Grat 1911<br />

Links: Schneeschmelze (Balinger Alb), 1909, Öl auf Leinwand<br />

(83 x 103 cm)<br />

Rechts: Blick zum Lochenhörnle und Grat, 1911, Öl auf Leinwand<br />

(73 x 91 cm)<br />

Einunddreißig Jahre ist sie alt, die Studienzeit an der Stuttgarter<br />

Akademie liegt seit gut fünf Jahren hinter ihr und<br />

seit zwei Jahren ist sie verheiratet mit dem Maler Karl Caspar,<br />

dem früheren Nachbarssohn aus Heidenheimer Zeiten,<br />

den sie 1896 an der Stuttgarter Akademie nach vierzehn<br />

Jahren wiedergetroffen hatte: Maria Caspar-Filser<br />

(1878–1968) weilt im Jahr 1909 mit ihrem Mann in Balingen<br />

bei ihren Eltern, wo die Familie des Oberamtmanns Filser<br />

lebt. Von hier aus entsteht im Blick auf die Balinger Alb<br />

die »Schneeschmelze«.<br />

Das Maler-Paar war kurz nach seiner Hochzeit 1907 nach<br />

München gezogen. Schon 1908 verlassen die beiden die<br />

süddeutsche Kunstmetropole wieder und gehen zurück<br />

nach Balingen. Karl Caspar versucht hier – allerdings vergeblich<br />

– eine Künstlerexistenz aufzubauen. In dieser Zeit<br />

malte Maria Caspar-Filser unter anderem mehrere Alblandschaften,<br />

die zum Bedeutendsten nicht nur in ihrem eigenen<br />

Werk, sondern in der Landschaftsmalerei dieser Jahre<br />

überhaupt zählen. Nicht umsonst zählt die »Schneeschmelze«<br />

zu den Publikums-Lieblingen in der Galerie<br />

Albstadt – dieses Gemälde, in dem die rauhe Schönheit<br />

der Alb mit ihren langen Wintern so treffend in der Malerei<br />

empfunden ist – mit seiner ganz unbunten Farbigkeit<br />

und den »gegen den Strich gebürsteten« Bäumen, die sich<br />

unter dem Wind gegen den diagonalen Verlauf der Berglinie<br />

gebeugt haben. Das Gemälde zeugt von einem überaus<br />

sicheren Umgang mit den Mitteln der Bildarchitektur,<br />

die wesentlich die Aussage des Werkes begründen. Im November<br />

desselben Jahres 1909 verlässt das Paar die Alb<br />

und siedelt wieder nach München über, dem damaligen<br />

Kunstzentrum Süddeutschlands. Dort beginnt sich die<br />

Avantgarde zu organisieren. 1911 zählt das Ehepaar Caspar-Filser<br />

zusammen mit Max Oppenheimer, Paul Klee, Alfred<br />

Kubin und anderen zu den Begründern der Künstlervereinigung<br />

»Sema«.<br />

20<br />

Im selben Jahr 1911 erhält Karl Caspar den Auftrag zu einem<br />

Wandbild in der Kirche von Maselheim (Diözese Rottenburg).<br />

Abermals hält sich das Paar in Balingen auf und<br />

wieder malt Maria Caspar-Filser die Alb. Nunmehr beweist<br />

sie, dass mit fast den gleichen Bergen im Hintergrund wie<br />

bei der »Schneeschmelze« auch ein ganz anderes Bild zu<br />

bauen ist. In dem Gemälde »Lochenhörnle und Grat« setzt<br />

sie im Vordergrund Bäume und eine Mauer parallel zum<br />

linken und unteren Bildrand. Wie ein gemalter Rahmen geben<br />

diese Motive den Blick in die Ferne frei auf die Berge<br />

der Balinger Alb. Die Farbigkeit ist eine gänzlich andere.<br />

Die schmutzigen Weiß- und Brauntöne der »Schneeschmelze«<br />

sind einem zarten rötlich-violetten Vorfrühlings-Farbklang<br />

gewichen. Oft schlägt Maria Caspar-Filser in ihrer Malerei<br />

sehr farbenkräftige Dur-Akkorde an. Hier jedoch bleibt<br />

sie verhalten, wie es dem Motiv und der jahreszeitlichen<br />

Stimmung angemessen ist, und beweist damit ihre hohe<br />

Malkultur im Kolorit wie in der Komposition, ihre Sensibilität<br />

für die malerischen Mittel. Auch mit einem heimatlichen<br />

Motiv schafft sie, jenseits der Heimatmalerei des 19.<br />

Jahrhunderts, ein Stück moderner Malerei aus dem Geiste<br />

der Farbtektonik Cezannes entstehen zu lassen.<br />

Veronika Mertens<br />

Unsere Frage: Welche Standpunkte suchte Maria Caspar-Filser 1909<br />

und 1911 für ihre Sicht auf die Albberge? Schicken Sie uns Fotos von<br />

einem möglichen Standpunkt der Malerin. Dokumentieren Sie Ihren<br />

Weg dorthin (Parkplatz, Wanderweg, besondere Merkmale etc.). Legen<br />

Sie Ihrer Einsendung eine Kopie Ihrer Wanderkarte mit dem eingezeichneten<br />

Blickpunkt bei. Und wer Lust hat, kann auch die GPS-Koordinaten<br />

angeben. Bitte senden Sie Ihre Lösung an:<br />

Blätter des Schwäbischen Albvereins, Waldburgstr. 48,<br />

70563 Stuttgart. Einsendeschluss: 30. April <strong>2007</strong><br />

GALERIE ALBSTADT, Städtische Kunstsammlungen, Kirchengraben<br />

11, 72458 Albstadt (Ebingen), Tel. 07431/160-1491, Fax<br />

07431/160-1497, galerie@albstadt.de, www.galerie-albstadt.de. Öffnungszeiten:<br />

Di – Fr 11-13 und 14 – 17 Uhr, Sa, So, Fei 11 – 17 Uhr.

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