hu wissen 3 (pdf) - Humboldt-Universität zu Berlin
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Kommentar von Alexander von Aphrodisias aus der Spätantike,<br />
aber auch Diskussionen von William von Ockham im Mittelalter<br />
und von den Renaissance-Gelehrten Pietro Pomponazzi und<br />
Jacopo Zabarella.<br />
Neben den philosophischen Werken gab es auch schon in<br />
der Antike medizinische Forsc<strong>hu</strong>ng über die Frage nach dem<br />
Ort des seelischen Vermögens und den Strukturen des Seelenorgans.<br />
Der berühmte Arzt Galen von Pergamon hat im zweiten<br />
Jahr<strong>hu</strong>ndert hierüber insbesondere die beiden Schrien »Über<br />
die affizierten Orte« und »Dass die Vermögen der Seele den Misc<strong>hu</strong>ngen<br />
des Körpers folgen« verfasst, die praktisch noch Neuland<br />
für die Philologie sind und im Rahmen der Topoi-Arbeitsgruppe<br />
erstmals erschlossen und inhaltlich analysiert werden.<br />
Fragen über die Seele wurden in der Antike durchaus schon<br />
mit empirischen Methoden erforscht. Dabei wurden aus sichtbaren<br />
Zeichen, wie Funktionsstörungen, Ausscheidungen,<br />
Schmerzberichten, Hautverfärbungen oder anderen Symptomen,<br />
Rückschlüsse auf deren Ursprung an unsichtbaren Orten<br />
im Körperinneren gezogen. Die Funktion von Organen erfährt<br />
man aus pathologischen Fällen, wo lokalisierte Verlet<strong>zu</strong>ngen<br />
oder Erkrankungen im Zusammenhang mit eindeutigen Funktionsausfällen<br />
stehen. Dass in der Antike dem Herz der Rang als<br />
zentrales Seelenorgan <strong>zu</strong>gesprochen wurde, liegt gerade daran,<br />
dass beispielsweise zwar ein Arm und ein Auge zerstört werden<br />
kann, ohne dass die Seele selbst oder ihre Vermögen offensichtlich<br />
betroffen wären, hingegen die Zerstörung des Herzens notwendig<br />
auch die Zerstörung der Seele nach sich zieht.<br />
Trotz des fast modern anmutenden Forsc<strong>hu</strong>ngsprogramms<br />
der antiken Wissenschaler erscheinen die damals entworfenen<br />
»geographischen« Karten von Körper und Seele uns heutigen<br />
Menschen auf den ersten Blick recht seltsam und unverständlich.<br />
Doch genau hier kommt der Vorteil eines großen<br />
Exzellenzclusters <strong>zu</strong>r Geltung: Keine Fachrichtung und keine<br />
Forschergruppe ist nur auf sich selbst bezogen. Über die Entschlüsselung<br />
der Bedeutung antiker Karten arbeiten in Topoi<br />
auch andere Gruppen mit ganz anderen Perspektiven und Vorausset<strong>zu</strong>ngen.<br />
Beispielsweise gibt es ein Team, das sich mit<br />
imaginierten Räumen nicht in der <strong>wissen</strong>schalichen, sondern<br />
mythologischen und schöngeistigen Literatur der Antike beschäigt.<br />
GEISTESWISSENSCHAFTEN / THE HUMANITIES<br />
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