Im geplanten Exzellenzcluster »Bild Wissen Gestaltung« wollen Geistes- und Natur<strong>wissen</strong>schaler mit Gestaltern <strong>zu</strong>sammenarbeiten In the planned »Image Knowledge Gestaltung« Cluster of Excellence, researchers from the <strong>hu</strong>manities and natural sciences are hoping to work alongside designers Text: Constanze Haase 84
k deutsch Sie betrachten das Bild neben diesem Text? Was erkennen Sie darin? Das, was Sie sehen ist ein Glasschwamm, meist an<strong>zu</strong>treffen in der Tiefsee, und das seit etwa 545 Millionen Jahren. Doch dieser skurril anmutende gläserne Vielzeller hat ganz besondere Fähigkeiten: er besteht aus Silikatglas und Protein, einem »Verbundwerkstoff«, der elastischer ist als reines Glas. Das macht es möglich, seine Schwammnadeln bis in Kreisform <strong>zu</strong> biegen – beim Loslassen kehren sie unbeschädigt in ihre Ausgangsform <strong>zu</strong>rück. Sie fragen sich, was der Glasschwamm mit der Exzelleninitiative <strong>zu</strong> tun hat? Viel, denn Wissenschaler unterschiedlicher Disziplinen möchten seine besonderen Fähigkeiten beispielsweise für neue Baustoffe produktiv machen. »Bild Wissen Gestaltung. Ein interdisziplinäres Labor« lautet der Antragstitel für einen neuen Exzellencluster der <strong>Humboldt</strong>- Universität in der laufenden Runde des Wettbewerbs. Kurz umschrieben geht es darum, dass Gestaltung ins Zentrum der Forsc<strong>hu</strong>ng rücken soll. »Bilder sind gestaltet und sie gestalten das Wissen, das sie wiedergeben«, erklärt Kunsthistoriker Horst Bredekamp. »Ob Sammlungszeichnungen des 16. Jahr<strong>hu</strong>nderts, frühe Röntgenbilder oder die heutige Nano-Mikroskopie – Bilder sind für die Geistes- und Natur<strong>wissen</strong>schaen wichtig, ohne Bilder kann kein Wissenschaler agieren«, sagt Kultur<strong>wissen</strong>schaler Wolfgang Schäffner, der gemeinsam mit seinem Kollegen Bredekamp die Clusterinitiative leitet. Beide verstehen ihre Disziplinen auch als Vermittlungsdisziplinen zwischen den Geistes- und Natur<strong>wissen</strong>schaen und gerade deshalb prädestiniert für ein solches Vorhaben. »Geistes<strong>wissen</strong>schaler sind in der Gegenwart nicht unbedingt diejenigen, die gefragt werden, was <strong>zu</strong> tun ist, sondern die, die erklären müssen, wie etwas war. Wir möchten die Geistes<strong>wissen</strong>schaen auf die Zukun ausrichten, indem wir die Geschichte und die Gegenwartsforsc<strong>hu</strong>ng <strong>zu</strong>sammenlegen«, erläutert Schäffner das Format. Das neue dabei: Die gemeinsame Forsc<strong>hu</strong>ng lässt geistes<strong>wissen</strong>schaliche Historisierung direkt in den Laboren der Natur<strong>wissen</strong>schaler wirksam werden – dort, wo die Bilder entstehen. Horst Bredekamp ist seit 1993 Professor für Kunstgeschichte an der <strong>Humboldt</strong>-Universität und seit 2003 Permanent Fellow des Wissenschaskollegs <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong>. 2000 gründete er das Projekt »Das Technische Bild« am Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik (HZK) der HU. Seit 2008 leitet er die DFG-Kolleg-Forschergruppe »Bildakt und Verkörperung«. Bredekamp studierte Kunstgeschichte, Archäologie, Philosophie und Soziologie und promovierte 1974 an der Universität Marburg. 1982 wurde er Professor für Kunstgeschichte an der Universität Hamburg. Gastaufenthalte führten ihn nach Princeton, Los Angeles und Budapest. Seine Forsc<strong>hu</strong>ngsschwerpunkte sind: Kunst und Technik, Skulptur des Mittelalters, Kunst der Renaissance und des Manierismus, Sammlungsgeschichte und neue Medien. Er hat eine Reihe von bedeutenden Preisen und Auszeichnungen erhalten: Sigmund Freud-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt (2001), Max-Planck-Forsc<strong>hu</strong>ngspreis der Max-Planck-Gesellscha und der <strong>Humboldt</strong>-Stiung (2006) sowie den Fritz Meyer-Struckmann-Preis für geistes- und sozial<strong>wissen</strong>schaliche Forsc<strong>hu</strong>ng (2010). Bredekamp ist ordentliches Mitglied der <strong>Berlin</strong>- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaen und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, Halle. Bredekamp und Schäffner sind designierte Sprecher des Clusters »Bild Wissen Gestaltung«. horst.bredekamp@culture.<strong>hu</strong>-berlin.de Tel 030 · 2093 4498 Horst Bredekamp has been Professor for Art History at <strong>Humboldt</strong>-Universität since 1993 and became a Permanent Fellow at the Wissenschaskolleg (Institute for Advanced Study) in <strong>Berlin</strong> in 2003. He established the project The Technical Image at the Hermann von Helmholtz-Centre for Cultural Techniques (HZK) at HU in 2000 and has headed the Collegium for the Advanced Study of Picture Act and Embodiment since 2008. Bredekamp studied art history, archaeology, philosophy and sociology and earned his PhD in Marburg in 1974. He was appointed Professor of Art History at the University of Hamburg in 1982. He has held appointments as a visiting scholar in Princeton, Los Angeles and Budapest. The main focuses of his academic work are art and technology, mediaeval sculpture, Renaissance and Mannerist art, the history of collection, and new media. Bredekamp has received a number of prestigious prizes and awards, including the Sigmund Freud Prize of the German Academy for Language and Literature, Darmstadt (2001), the Max Planck Research Prize jointly awarded by the Max Planck Society and the Alexander von <strong>Humboldt</strong> Foundation (2006), and the Meyer-Struckmann Award for research in the <strong>hu</strong>manities and social sciences (2010). Bredekamp is a regular member of the <strong>Berlin</strong>-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities and of the German National Academy of Sciences, Leopoldina, Halle. Bredekamp and Schäffner are designated coordinators of the cluster »Image Knowledge Gestaltung«. GEISTESWISSENSCHAFTEN / THE HUMANITIES 85