Ausgabe
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Titelthema<br />
da der Alltag vielfältig ist. Dieser lässt<br />
sich nur mit menschlicher statt technischer<br />
Hilfe bewältigen, also akzeptierte<br />
das Integrationsamt doch die Finanzierung<br />
von Arbeitsassistenz und tut<br />
es bis heute.<br />
„Freie“ Mitarbeiter<br />
Selbstverständlich gibt es auch Menschen<br />
mit Behinderung, die selbstständig<br />
sind, also ein Unternehmen führen<br />
oder auch freiberuflich tätig sind. Allerdings<br />
ist dieser Weg steinig und so<br />
manche Förderungsmöglichkeit greift<br />
nicht. Je nach Ausgangslage kann<br />
das dennoch attraktiv sein: Wer von<br />
Grundsicherung lebt, kann auch bei<br />
kleinen Aufträgen mit selbstständiger<br />
Arbeit ein spannendes Leben führen,<br />
und das ist dann immer noch besser,<br />
als zuhause herumzusitzen.<br />
Andererseits kann die Selbstständigkeit<br />
auch eine Alternative sein,<br />
wenn die Kräfte nachlassen und man<br />
einfach freier in seiner Zeiteinteilung<br />
sein will. So machte eine Rollstuhlfahrerin<br />
eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin<br />
und arbeitete<br />
bald bei einer internationalen Behörde.<br />
Daneben übernahm sie Übersetzungsaufträge<br />
einer großen Autofirma, und<br />
als der Arbeitsaufwand immer mehr<br />
zunahm, reduzierte sie ihren Angestelltenjob.<br />
Inzwischen hat sie diesen<br />
gekündigt und lebt ganz gut von den<br />
Übersetzungen. Man sollte sich aber<br />
dessen bewusst sein, dass solche Wege<br />
oft steinig sind. Es muss schon viel<br />
Spaß machen oder andere Vorteile bieten<br />
– rechnet man den Aufwand um<br />
auf eine Art Stundenlohn, dann wird<br />
Mitarbeiter im Aktiv-Reha-Center in Heidelberg<br />
oft klar, dass das eher ein Hungerlohn<br />
wird – von bezahltem Urlaub, Lohnfortzahlung<br />
im Krankheitsfall und<br />
ähnlichem ganz abgesehen.<br />
Werkstatt „für“ Menschen mit<br />
Behinderung?<br />
Ganz denkwürdig wird die Stellung<br />
von Menschen in der Werkstatt „für“<br />
© BSK<br />
Standpunkt: „Den Spieß umdrehen“<br />
Die Landesarbeitsgemeinschaft<br />
WfbM in Baden-Württemberg<br />
schreibt zur Teilhabe: „Der Allgemeine<br />
Arbeitsmarkt bietet nicht die Rahmenbedingungen<br />
für die Teilhabe behinderter<br />
Menschen am Arbeitsleben,<br />
sondern es ist ein oftmals knallharter<br />
Verdrängungswettbewerb des immer<br />
höher, schneller, weiter.<br />
Ergo ist der Allgemeine Arbeitsmarkt<br />
kein inklusiver Arbeitsmarkt,<br />
sondern vielleicht immer mehr ein exklusiver!<br />
Wenn aber der Arbeitsmarkt schon<br />
nicht inklusiv ist, warum sollten wir dann<br />
den Spieß nicht umdrehen? Könnten<br />
nicht Werkstätten sich öffnen für andere<br />
und inklusive Betriebe des Allgemeinen<br />
Arbeitsmarktes werden?<br />
Warum sollten wir nicht die zweifellos<br />
vorhandenen Kompetenzen in Werkstätten<br />
zu Arbeitsgestaltung, Arbeitsvorbereitung,<br />
Arbeitsabläufen, Vermittlung<br />
von Qualifikationen usw. nutzen und<br />
Integrationsarbeitsplätze für beispielsweise<br />
Langzeitarbeitslose schaffen?<br />
Oder ist es abwegig, an die Einrichtung<br />
von Werkstätten in Betrieben des<br />
Allgemeinen Arbeitsmarktes zu denken?“<br />
(aus einem Positionspapier der<br />
LAG WfbM Baden-Württemberg (2010)<br />
zur Weiterentwicklung der Werkstätten<br />
für Menschen mit Behinderung)<br />
44 LEBEN&WEG 5/2013