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Recht<br />
BSK-Rechtslexikon<br />
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz<br />
(AGG)<br />
Das AGG verpflichtet Arbeitgeber<br />
dafür zu sorgen, dass<br />
ihre betrieblichen Abläufe und<br />
Strukturen und alle arbeitsrechtlichen<br />
Verträge und Maßnahmen mit diesem<br />
Gesetz vereinbar sind. Andernfalls<br />
drohen Schadensersatzklagen sowie<br />
Unwirksamkeit arbeitgeberseitiger<br />
Maßnahmen.<br />
Für unsere Leserinnen und Leser ist<br />
besonders das Benachteiligungsverbot<br />
wegen Behinderung interessant. Benachteiligungen<br />
sind unter anderem<br />
unzulässig in Bezug auf Bedingungen<br />
für den Zugang zu unselbstständiger<br />
und selbstständiger Erwerbstätigkeit,<br />
die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen,<br />
individual- und kollektivrechtliche<br />
Vereinbarungen und Maßnahmen<br />
bei der Durchführung und<br />
Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses<br />
sowie beim beruflichen<br />
Aufstieg.<br />
§ 3 AGG verbietet unmittelbare<br />
und mittelbare Benachteiligungen.<br />
Eine unmittelbare Benachteiligung<br />
liegt vor, wenn der Betroffene eine<br />
weniger günstige Behandlung erfährt<br />
als eine andere Person in vergleichbarer<br />
Situation, wobei die Behandlung<br />
durch Tun oder Unterlassen erfolgen<br />
kann. Bei der mittelbaren Benachteiligung<br />
liegen auf den ersten Blick<br />
neutrale Kriterien vor, die vorgeschoben<br />
werden, oder die Diskriminierung<br />
beruht tatsächlich auf anderen<br />
Gründen. Nicht jede unterschiedliche<br />
Behandlung ist jedoch eine verbotene<br />
Benachteiligung. Die §§ 8, 9 und 10<br />
AGG erlauben eine unterschiedliche<br />
Behandlung unter gesetzlich definierten<br />
Voraussetzungen.<br />
Liegt ein Verstoß gegen das AGG<br />
vor, hat der Betroffene gegenüber dem<br />
Arbeitgeber nach § 15 AGG einen<br />
Schadensersatzanspruch (bei Vermögensschäden)<br />
und unter Umständen<br />
auch einen Schmerzensgeldanspruch<br />
(bei immateriellen Schäden).<br />
So kann etwa wegen Nichteinstellung<br />
ein Ersatzanspruch von bis zu<br />
drei Monatsgehältern verlangt werden.<br />
Der materielle Schadensersatzanspruch<br />
entsteht nur, wenn der Arbeitgeber<br />
die Pflichtverletzung zu vertreten hat<br />
(vorsätzlich oder<br />
fahrlässig). Dem<br />
Benachteiligten<br />
steht kein Anspruch<br />
auf Einstellung,<br />
Wiedereinstellung<br />
oder<br />
Beförderung zu.<br />
Abgelehnte Bewerber<br />
haben keinen<br />
Anspruch auf<br />
Auskunft darüber, ob<br />
der Arbeitgeber einen<br />
anderen Bewerber<br />
eingestellt hat. Ihnen<br />
steht auch kein Einsichtnahmerecht<br />
in<br />
die Bewerbungsunterlagen<br />
des eingestellten<br />
Bewerbers zu. Allerdings<br />
kann die Verweigerung<br />
jeglicher Auskunft durch<br />
einen Arbeitgeber ein Indiz<br />
für eine Diskriminierung darstellen,<br />
urteilte der Europäische<br />
Gerichtshof (Urteil vom<br />
19.04.2012, Az.: C-415/10).<br />
Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot<br />
müssen gemäß § 15<br />
Abs. 4 AGG binnen zwei Monaten<br />
schriftlich geltend gemacht werden<br />
– es sei denn, im Tarifvertrag ist eine<br />
andere Frist vereinbart. Danach hat<br />
der Betroffene dann drei Monate Zeit,<br />
Klage beim Arbeitsgericht einzureichen.<br />
Betroffene, die sich auf eine Benachteiligung<br />
berufen, müssen<br />
zunächst den Vollbeweis führen,<br />
dass sie gegenüber einer anderen Person<br />
ungünstiger behandelt worden<br />
sind. Weiter müssen sie Indizien, also<br />
Hilfstatsachen, vortragen, aus denen<br />
sich schließen lässt, das diese unterschiedliche<br />
Behandlung auf einem<br />
nach dem AGG unzulässigen Grund<br />
beruht.<br />
Wenn Indizien bewiesen sind, die<br />
eine Benachteiligung wegen eines im<br />
Gesetz genannten Merkmals vermuten<br />
lassen, kehrt die Beweislast um: Dann<br />
hat der beklagte Arbeitgeber die<br />
volle Beweislast dafür zu tragen,<br />
dass doch kein Verstoß gegen<br />
das Benachteiligungsverbot<br />
vorliegt.<br />
© Carlo Schrodt/pixelio.de<br />
58 LEBEN&WEG 5/2013