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Weihnachten, Weihnachten bin ich zuhaus und auf d'r ...

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Wenn das Glöckchen klingelt<br />

Von Wilma Mika-Scheufen<br />

Meine lieben Leserinnen <strong>und</strong> Leser, Weihnachtszeit ist für ältere Menschen<br />

auch eine Zeit der Erinnerung an die Weihnachtsfeste ihrer Kindheit.<br />

Drei Personen aus drei unterschiedl<strong>ich</strong>en Generationen haben<br />

s<strong>ich</strong> für unsere Leser erinnert.<br />

Kurt Hoffmann<br />

Juli 1926 geboren · seit seiner Kindheit<br />

ist er »Buscher Jung«<br />

»Am Morgen des Heiligen Abends gingen wir noch in die Schule.<br />

Natürl<strong>ich</strong> warteten alle Kinder schon gespannt <strong>auf</strong> den Abend. Tage<br />

vorher war bei uns <strong>zuhaus</strong>e das zur Bescherung vorgesehene Zimmer<br />

verschlossen. Zu allen Festen kamen auch immer Onkel Fritz <strong>und</strong> Tante<br />

Nana zu Besuch. Selbst kinderlos, liebten sie die Familienfeste. In der<br />

Vorweihnachtszeit stieg meine Neugierde <strong>und</strong> ebenso die meiner<br />

Geschwister. Es gab viele Heiml<strong>ich</strong>keiten, die wir Kinder uns n<strong>ich</strong>t erklären<br />

konnten. Es wurde viel gebastelt, <strong>und</strong> der Duft von <strong>Weihnachten</strong><br />

lag bereits in der Luft. Am Nachmittag vor dem Fest zogen wir alle<br />

unsere beste Sonntagskleidung an.<br />

Dann gab es ein schönes Festsessen<br />

in unserer Küche für die ganze Familie.<br />

Aufgetischt wurden Suppe, Kaninchen,<br />

Rotkohl, Kartoffeln <strong>und</strong> zum<br />

Nachtisch einen umgestülpten Pudding<br />

in Form eines kleinen Fisches<br />

oder Vögelchens; den Nachtisch liebte<br />

<strong>ich</strong> besonders.<br />

Nach dem Essen warteten wir Kinder gespannt <strong>auf</strong> das Klingeln des<br />

kleinen Glöckchens. Dann wussten wir, dass das Christkind unsere<br />

Geschenke gebracht hatte, <strong>und</strong> wir endl<strong>ich</strong> in das lang verschlossene<br />

Zimmer gehen durften. Ein geschmückter Tannebaum strahlte uns entgegen.<br />

Oft bekamen wir Kleidung oder andere nützl<strong>ich</strong>e Dinge<br />

geschenkt <strong>und</strong> von meinem Onkel <strong>und</strong> meiner Tante auch schon mal<br />

ein Spielzeug.<br />

In einem Jahr war die Freude besonders groß: da bekamen meine beiden<br />

Schwestern eine Puppenstube <strong>und</strong> meine Bruder <strong>und</strong> <strong>ich</strong> einen<br />

Spielzeugbauernhof mit Pferden, Kühen <strong>und</strong> mehreren Wagen. Unsere<br />

Weihnachtsfeste waren aus heutiges S<strong>ich</strong>t bescheiden, trotzdem erinnere<br />

<strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> gerne zurück.«<br />

Gerhard Mika<br />

April 1938 geboren · seit 50 Jahren in<br />

Alsdorf-Zopp <strong>zuhaus</strong>e<br />

»Ich erinnere m<strong>ich</strong> gern an <strong>Weihnachten</strong>, auch wenn meine Kindheitszeit<br />

n<strong>ich</strong>t einfach war, denn wir hatten mit Armut <strong>und</strong> unserer Existenz<br />

zu kämpfen. Ich wohnte mit Mutter <strong>und</strong> zwei Geschwistern in einem<br />

kleinen Dorf namens »Klein Peterwitz«, nahe der tschechischen Grenze.<br />

Wir lebten dort zusammen mit im Haus meiner beiden Tanten. Vater war<br />

am Heilig Abend n<strong>ich</strong>t dabei, weil er wie die meisten Männer zu dieser<br />

Zeit im Krieg war.<br />

Meine Geschwister <strong>und</strong> <strong>ich</strong> warteten in freudiger Aufregung <strong>auf</strong> das<br />

Christkind. Die gute Stube war schon Tage zuvor verschlossen.<br />

Meine Tanten <strong>und</strong> meine Mutter waren bemüht, trotz schwerer Zeiten<br />

für uns einen schönen heiligen Abend herzur<strong>ich</strong>ten. Wir waren eine sehr<br />

gläubige Familie, <strong>und</strong> weil der heilige Abend früher ein Fasten- <strong>und</strong><br />

Abstinenztag war, wurde dies auch bei uns <strong>zuhaus</strong>e eingehalten. Erst<br />

abends, als der erste Stern zu sehen war, gab es das Abendessen:traditionell<br />

Karpfen, in Filetstücke geschnitten <strong>und</strong> paniert, dazu gesegnetes<br />

Brot <strong>und</strong> Kartoffeln mit eine süßen Printensoße.<br />

Zum Nachtisch gab es Mohnklöße mit Vanillesoße - die mochte <strong>ich</strong><br />

besonders gerne; das war schon etwas sehr Festl<strong>ich</strong>es.<br />

Nach dem Essen gab es für uns Kinder endl<strong>ich</strong> die Bescherung. Das<br />

Glöckchen klingelte <strong>und</strong> wir gingen in die gute Stube. Dort stand ein<br />

prächtig geschmückter Tannenbaum mit Kugeln, Engelshaar, echten Kerzen<br />

<strong>und</strong> Lametta (Lametta war kostbar <strong>und</strong> wurde jedes Jahr <strong>Weihnachten</strong><br />

wieder verwendet). Wir haben Weihnachtslieder gesungen <strong>und</strong> das<br />

Lukas-Evangelium gelesen. Traditionell gab es für jedes Kind einen Weihnachtsteller<br />

mit Plätzchen,<br />

Nüssen <strong>und</strong> Süßigkeiten. Die<br />

Geschenke fielen eher spärl<strong>ich</strong><br />

aus, meist waren es nützl<strong>ich</strong>e<br />

Dinge wie Socken, eine Mütze<br />

oder ein Schal, alles Dinge, die<br />

meine Mutter oder meine Tanten<br />

selber machen konnten.<br />

Zum späteren Abend gingen<br />

wir zusammen zu unseren Tieren,<br />

wir hatten Kühe, Schweine, Ziegen, Gänse <strong>und</strong> Enten, diese fütterten<br />

wir Kinder mit gesegnetem Brot. Um Mitternacht gingen wir dann<br />

noch alle gemeinsam in die Christmette.<br />

Marianne Kaußen<br />

Oktober 1951 geboren, Ehrenamtlerin im St. Josefhaus Alsdorf<br />

»Wenn s<strong>ich</strong> der Himmel am Abend in der Adventszeit rose färbt dann backt das<br />

Christkind im Himmel die Plätzchen, so erzählte es uns unsere Mutter mir <strong>und</strong><br />

meinen drei Geschwistern. Damit wir Kinder daran glaubten, backte sie die Plätzl<strong>ich</strong> heiml<strong>ich</strong> in<br />

der Nacht, wenn wir in unseren Betten lagen. Tage vor <strong>Weihnachten</strong> machten wir uns <strong>auf</strong> den Weg<br />

zusammen mit meinen Eltern in den Wald, um dort Moos <strong>und</strong> Ilex für die Krippe zu sammeln - wir immer<br />

eine w<strong>und</strong>erschöne Krippe. Am morgen des Heiligabends gab es immer ein Frühstück mit Speck <strong>und</strong><br />

Eiern. Mittags noch eine Kleinigkeit, <strong>und</strong> dann wurde gemeinsam <strong>auf</strong>geräumt. Alles sollte schön <strong>und</strong><br />

ordentl<strong>ich</strong> sein, wenn das Christkind zu Besuch kam. Schon Tage vorher waren meine Geschwistern <strong>und</strong> <strong>ich</strong> in <strong>auf</strong>geregter,<br />

freudiger Stimmung.<br />

Doch ob wir wollten oder n<strong>ich</strong>t, gegen Nachmittag wurden wir gebadet <strong>und</strong> alle noch einmal ins Bett geschickt. Denn »das Christkind<br />

kommt nur, wenn es ganz leise im Haus ist«, sagten meine Eltern. Nach dem Nachmittagsschlaf wurden wir für den Abend fein herausgeputzt:<br />

unsere schönsten Kleider wurden uns angezogen, die Haare zurecht gemacht, <strong>und</strong> die Schühchen waren blitzeblank. Dann hörten wir<br />

das Klingeln des Glöckchens, das bedeutete für m<strong>ich</strong> <strong>und</strong> meine Geschwister: wir durften endl<strong>ich</strong> ins Wohnzimmer. Wir hatten einen großen<br />

geschmückten Tannebaum mit goldenen Kugeln <strong>und</strong> Lametta, daneben stand unsere große Krippe mit einem kleinen See <strong>und</strong> dar<strong>auf</strong> schwimmenden<br />

Enten. Ged<strong>ich</strong>te wurden <strong>auf</strong>gesagt <strong>und</strong> Weihnachtslieder gesungen, dann bekamen wir unsere Geschenke. Mein Vater war Schreiner<br />

bei der Bahn <strong>und</strong> hatte einen Kollegen, der Anstre<strong>ich</strong>er war. Die beiden hatten all unsere Geschenke selber gemacht; <strong>und</strong> die konnten s<strong>ich</strong><br />

wirkl<strong>ich</strong> sehen lassen. Einmal gab es einen Puppenwagen, ein Karussell mit Motor, einen K<strong>auf</strong>laden, eine Puppenstube. Alles war bunt <strong>und</strong><br />

liebevoll angemalt. Natürl<strong>ich</strong> gab es auch ein festl<strong>ich</strong>es Abendessen, mit allem was dazu gehörte.<br />

Nach dem Essen wurden die Spielzeuge ausprobiert. Wie alle Kinder sind wir nur ungern ins Bett gegangen. Als wir älter waren, durften wir<br />

auch Plätzchen backen <strong>und</strong> das Zimmer schmücken. Bis heute bedeutet das Klingeln des Glöckchens für m<strong>ich</strong>: es ist <strong>Weihnachten</strong>!«<br />

ALSDORFER STADTMAGAZIN 5/2013<br />

64<br />

Dezember / Januar

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