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Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung

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Peru<br />

<strong>Marcel</strong> <strong>Kolvenbach</strong><br />

4.3 Entführte Touristen, wütende Koka-Bauern<br />

Kurz vor meiner Abreise aus Deutschland erreichte mich eine Meldung<br />

von AP: „Aus Protest gegen die Regierungspläne zur Eindämmung des<br />

Koka-Anbaus haben peruanische Bauern in der alten Inkastadt Cusco eine<br />

Touristengruppe in ihre Gewalt gebracht. Nach rund einer Stunde stürmte<br />

die Polizei am Dienstag unter Einsatz von Tränengas die Tempelanlage von<br />

Coricancha, um die Europäer zu befreien. Nach Rundfunkangaben handelte<br />

es sich um 17 Franzosen und zwei Deutsche. Etwa 70 der rund 100 beteiligten<br />

Kidnapper, die alle unbewaffnet waren, wurden festgenommen.“<br />

Schon eine Straße hinter dem Touristen-Platz, schlagen mir in Cusco<br />

„ausländerfeindliche“ Parolen – so würde man das wohl in Deutschland<br />

nennen – entgegen: Männer in traditioneller Kleidung schwenken bunte<br />

karierte Flaggen mit Regenbogenfarben und rufen dazu: „Ausländer raus,<br />

Peru den Peruanern!“ Nach einem ersten Gespräch mit ihnen stellt sich<br />

heraus, dass sie nicht primär die Gäste meinen, sondern das ausländische<br />

Kapital, die chilenische Fluggesellschaft LAN Peru etwa, aber auch die<br />

US-Militärhilfe zur Drogenbekämpfung. Ich möchte mehr über den Protest<br />

der Koka-Bauern erfahren und sie laden mich ein, das Tal runter nach<br />

Quillabamba zu reisen. Dort könnten mir die Leute erklären, welche Folgen<br />

die „Erradicación Forcosa“ die Zwangsvernichtung der Koka-Pflanzen auf<br />

die soziale und kulturelle Struktur der Bauerngemeinschaften habe.<br />

Ich treffe Genaro Ccahuana, den Vizepräsidenten der Bauerngewerkschaft<br />

FEPCACYL aus Quillabamba und seinen jüngeren Vertreter und<br />

Medienberater Shurik Yabar Mezo. Genaro umgibt die Aura eines<br />

entschlossenen, gewissenhaften älteren Mannes, der sich den Traditionen<br />

verpflichtet fühlt und sich immer gewählt, aber unmissverständlich<br />

ausdrückt. Eines wolle er zu Beginn unserer Unterhaltung klarstellen,<br />

er unterstütze in keiner Weise die Produktion der Koka-Pflanze zum<br />

Drogenhandel. Es ginge bei dem Streit mit der Regierung ausdrücklich nur<br />

um die traditionelle Nutzung. Seit Hunderten, vielleicht Tausenden Jahren<br />

haben die Menschen die Koka-Blätter zur rituellen und medizinischen<br />

Nutzung angebaut und in der gesamten Geschichte habe es nie einen<br />

Drogenmissbrauch gegeben. Wissenschaftliche Studien bestätigen den<br />

Koka-Blättern einen hohen Reichtum an Calcium und anderen wichtigen<br />

Vitaminen und Spurenelementen, sie hätten eine leicht euphorisierende,<br />

lokal betäubende und insgesamt stärkende Wirkung, die Alkaloide, aus<br />

denen Kokain gewonnen werden könne, wären in dem Blatt nur mit einer<br />

Konzentration von 0,1 Prozent enthalten. Neben dem traditionellen Kauen<br />

der Blätter, der „Chajchapada“, sei die Anwendung als Tee gegen die<br />

Höhenkrankheit auch bei Touristen sehr beliebt. Das traditionelle Kauen<br />

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