Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung
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Peru<br />
<strong>Marcel</strong> <strong>Kolvenbach</strong><br />
Und es soll Versuche gegeben haben, Teilnehmer der Veranstaltung gezielt<br />
– auch mit Geld – für die Interessen der Kokain-Produzenten zu gewinnen.<br />
Die Teilnehmer die mir davon berichteten, hatten empört abgelehnt.<br />
Offensichtlich ist die Trennlinie zwischen „guten“ und „bösen“ Koka-<br />
Freunden ein sehr schmaler Grad.<br />
7.2 Aufstand der „hässlichen Wilden”<br />
Während die geladenen Experten ihre Thesen zur Rolle der Koka-Pflanze<br />
darlegen, wird die Stadt lahm gelegt. 15.000 Demonstranten sind aus Bolivien<br />
und Peru angereist, um gegen die Politik der Regierung zu demonstrieren.<br />
Aufgerufen hat der charismatische und umstrittene Führer der indigenen<br />
Bewegung in Bolivien, Evo Morales, der Führer der Koka-Bauern, der als<br />
Abgeordneter für die MAS dem „Movimiento al Socialismo“ (Bewegung<br />
zum Sozialismus) im Parlament sitzt und als zukünftiger Präsident Boliviens<br />
gehandelt wird. Später wird er auf dem Hauptplatz vor der Kathedrale im<br />
Zentrum von La Paz sprechen.<br />
Vor einem Jahr gab es bei einer ähnlichen Demonstration 60 Tote.<br />
Condeleezza Rice verteidigte aus US-amerikanischer Perspektive damals<br />
die Reaktion der bolivianischen Regierung als legitime Verteidigung der<br />
Demokratie. Es half nichts, der Präsident musste zurücktreten.<br />
Jetzt sind die Menschen in noch größerer Zahl auf die Straße gegangen,<br />
um die „Helden“ der Ausschreitungen vor einem Jahr zu würdigen, aber<br />
auch um gegen die Privatisierung der Erdgasvorkommen in Bolivien zu<br />
demonstrieren. «Mesa cabrón, el gás no se vende» an den Präsidenten Mesa<br />
gewandt die Beschimpfung, er sei ein Schwein und das Gas würde man nicht<br />
verscherbeln. Die Straßen sind gefüllt mit Frauen in indigener Tracht, in<br />
ihren Röcken und schwarzen Hüten auf dem Kopf. Und die Männer, Koka-<br />
Bauern und Minenarbeiter. Die Minenarbeiter sind nicht zu überhören, sie<br />
schmeißen mit Dynamitstangen, Scheiben gehen zu Bruch, die ganze Stadt<br />
erzittert, zwei Minenarbeiter verlieren dabei ihren Arm, steht am nächsten Tag<br />
in der Zeitung. Ich filme und bekomme eine dieser explosiven Wurfgeschosse<br />
an den Allerliebsten – ein dicker blauer Fleck am nächsten Tag.<br />
Nach der schmerzhaften Begegnung mit der Protestbewegung halte ich<br />
Abstand, warte an einer Kreuzung auf die Rede von Evo Morales, eine Frau<br />
kommt auf mich zu, schüttelt den Kopf und meint: „Ich schäme mich für<br />
mein Land, das sind Wilde! Diese Indios!“. Ich schaue sie erstaunt an, denn<br />
unter der dicken Schminke dieser elegant angezogenen älteren Dame erkennt<br />
man deutlich die indigenen Züge. Sie sieht genau so aus, wie die „Wilden“<br />
für die sie sich schämt.<br />
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