25.12.2013 Aufrufe

Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung

Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung

Marcel Kolvenbach - Heinz-Kühn-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Marcel</strong> <strong>Kolvenbach</strong><br />

Peru<br />

Amaru“ (MRTA), die den Namen des peruanischen Freiheitskämpfers<br />

gegen die Spanier im Namen trägt, und auf deren Konto ebenfalls zahlreiche<br />

politische Morde gingen, wurden vom Sendero nicht verschont. „Guzmán<br />

war ein Wahnsinniger im Blutrausch. Tupac Amaru, die MRTA, das waren<br />

Leute wie ich, wie du, oder sie, jeder von uns könnte es sein.“ beendet Carlos<br />

Tapia unser Gespräch und zeigt mit dem Finger in die Runde, auf mich und<br />

Judith. Wir schauen uns erstaunt an. So schnell wird man in Peru Mitglied<br />

einer Guerillaorganisation.<br />

2.2 Marx und Hegel im Außenministerium,<br />

Terroristen live im Fernsehen<br />

Ich hatte mich entschlossen, ganz offiziell ein Journalistenvisum zu<br />

beantragen und musste mich innerhalb der ersten Tage in Lima akkreditieren.<br />

Auf dem Weg zum Außenministerium erklärt mir der Taxifahrer, warum es<br />

nicht klappt mit der Demokratie in Peru. Wie die meisten Geschichten hier,<br />

beginnt auch seine mit den Inkas – Yuyanapaq.<br />

„Die Inkas“, beginnt er, „die hatten ein totalitäres, brutales Regime. Sie<br />

haben die Bauern unterdrückt und ausgebeutet. Das sind unsere Wurzeln.<br />

Dann kamen die Spanier und haben uns mit ihrer katholischen Kirche zu<br />

Sündern gemacht und uns mal gezeigt, wie es in der Hölle aussieht. Mit<br />

der Unabhängigkeit kamen die Diktatoren – Du weißt, was ein Diktator ist?<br />

Woher kommst Du?“ „Aus Deutschland“ „Du verstehst, was ich meine.<br />

Demokratie oder so etwas ähnliches, kennen wir in Peru erst seit acht Jahren.“<br />

Und während wir uns durch den qualmenden, hupenden und verknoteten<br />

Verkehr der Innenstadt schlängeln, vorbei an großen gelben Werbetafeln mit<br />

der Aufschrift „INCA KOLA“, der zuckersüßen peruanischen Antwort auf<br />

das amerikanische Erfolgsgetränk, betont er noch einmal „Demokratie in<br />

Anführungsstrichen. Die meisten von uns haben noch nicht die demokratische<br />

Kultur verinnerlicht, sie wissen gar nicht, was es bedeutet. Toledo haben wir<br />

gewählt, weil wir „el Chino“ satt hatten, so nennen die Peruaner ihren Ex-<br />

Präsidenten Fujimori, der sich ins japanische Exil geflüchtet hat.<br />

Alejandro Toledo, der aktuelle Präsident sei gewählt worden,<br />

weil er Sympathie und Hoffnungsträger vor allem für die indigene<br />

Bevölkerungsmehrheit war, der erste indigene Präsident Perus. Er sei als<br />

Mensch sehr sympathisch, aber seine Politik sei gescheitert. Das gute<br />

daran, dass Toledo jetzt scheitere sei, erklärt mein Taxifahrer, dass die<br />

Menschen lernen, ihren Präsidenten nicht nach Sympathie, sondern nach<br />

Qualifikation zu wählen. Es reiche nicht, dass ein Kandidat die besseren<br />

„Huayno“-Konzerte – die Volksmusik der Anden mit viel Alkohol im Spiel<br />

286

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!