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Adelheid Kuhlmey, Doris Schaeffer (Hrsg.): Alter ... - Buch.de

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Teil 1: <strong>Alter</strong>(n), Gesundheit und Krankheit – Theoretische Grundlagen<br />

zurückgeht und das Risiko chronischer Erkrankungen<br />

(zu nennen sind vor allem Herz-Kreislauf-,<br />

Stoffwechsel-Erkrankungen sowie Erkrankungen<br />

<strong>de</strong>s Stütz- und Bewegungssystems)<br />

zunimmt, so ist doch festzustellen, dass <strong>de</strong>r<br />

Großteil <strong>de</strong>r „jungen Alten“ einen relativ guten<br />

o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st einen zufrie<strong>de</strong>nstellen<strong>de</strong>n Gesundheitszustand<br />

aufweist und zu<strong>de</strong>m unabhängig<br />

von Hilfe o<strong>de</strong>r Pflege ist (Überblick in<br />

Kruse 2002). Auch die Analyse zentraler Indikatoren<br />

<strong>de</strong>s psychischen Adaptationsniveaus<br />

(wie z. B. Grad <strong>de</strong>r Lebenszufrie<strong>de</strong>nheit, Häufigkeit<br />

<strong>de</strong>s Auftretens positiver versus negativer<br />

Emotionen, Ausprägung <strong>de</strong>pressiver Symptomatik)<br />

<strong>de</strong>utet beim Großteil <strong>de</strong>r „jungen Alten“<br />

auf ein – aus psychologischer Sicht – erfolgreiches<br />

<strong>Alter</strong>n hin; nur in einer relativ kleinen<br />

Gruppe sind Hinweise auf geringe Lebenszufrie<strong>de</strong>nheit,<br />

auf eine stärker ausgeprägte <strong>de</strong>pressive<br />

Symptomatik und auf das Überwiegen negativer<br />

Emotionen erkennbar (Staudinger &<br />

Pasupathi 2000). Darüber hinaus besteht nur bei<br />

wenigen Menschen im „dritten Lebensalter“<br />

eine Isolation, und es berichten auch nur wenige<br />

Menschen über Gefühle <strong>de</strong>r Einsamkeit.<br />

Schließlich lässt sich die Feststellung treffen,<br />

dass die materiellen Ressourcen älterer Menschen<br />

in <strong>de</strong>n vergangenen Jahrzehnten erkennbar<br />

gestiegen sind, so dass es sich bei <strong>de</strong>n von<br />

Armut betroffenen o<strong>de</strong>r bedrohten älteren Menschen<br />

um eine Min<strong>de</strong>rheit han<strong>de</strong>lt.<br />

Wählt man die genannten Definitionen erfolgreichen<br />

<strong>Alter</strong>ns als Grundlage für die Analyse<br />

<strong>de</strong>r physischen, seelisch-geistigen, sozialen<br />

und materiellen Situation im „vierten Lebensalter“<br />

(<strong>de</strong>finiert als Zeitspanne ab 80 Jahre), so<br />

sind diese optimistischen Aussagen über das<br />

<strong>Alter</strong> zu relativieren (Baltes 1999). Die Verletzbarkeit<br />

<strong>de</strong>s Organismus, d. h. die Anfälligkeit<br />

für gesundheitliche Störungen und funktionelle<br />

Einbußen, nimmt im vierten Lebensalter erkennbar<br />

zu und damit das Risiko <strong>de</strong>r chronischen<br />

körperlichen Erkrankungen, <strong>de</strong>r Multimorbidität<br />

sowie <strong>de</strong>r Hilfe- und Pflegebedürftigkeit<br />

(Ding-Greiner & Lang 2004, s. Büscher<br />

& Wingenfeld in diesem <strong>Buch</strong>). Auch das Zentralnervensystem<br />

ist von dieser erhöhten Verletzbarkeit<br />

betroffen: Diese spiegelt sich zum<br />

einen in <strong>de</strong>r verringerten Kapazität <strong>de</strong>r Informationsverarbeitung<br />

wi<strong>de</strong>r (die auf die verringerte<br />

Plastizität neuronaler Netzwerke zurückzuführen<br />

ist), zum an<strong>de</strong>ren in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utlichen<br />

Zunahme an psychoorganischen Erkrankungen<br />

(hier vor allem <strong>de</strong>r Demenz) (s. Riepe in diesem<br />

<strong>Buch</strong>). Im vierten Lebensalter nimmt die<br />

Wahrscheinlichkeit <strong>de</strong>s Verlusts von nahe stehen<strong>de</strong>n<br />

Personen zu, wodurch sich das Einsamkeitsrisiko<br />

erhöht (Lang et al. 2005). Und<br />

schließlich ist zu berücksichtigen, dass trotz<br />

einer im Allgemeinen gegebenen materiellen<br />

Sicherung älterer Menschen alleinstehen<strong>de</strong><br />

Frauen im vierten Lebensalter vom Risiko <strong>de</strong>r<br />

Armut bedroht sind (Bäcker 2002). Mit an<strong>de</strong>ren<br />

Worten: Während das dritte Lebensalter durchaus<br />

im Sinne <strong>de</strong>r späten Freiheit charakterisiert<br />

wer<strong>de</strong>n kann, die aus <strong>de</strong>m Fortfallen externer<br />

Verpflichtungen in Beruf und Familie erwächst<br />

(Rosenmayr 2003), ist das vierte Lebensalter<br />

eher im Sinne einer Kumulation von Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />

und Verlusten zu charakterisieren.<br />

Diese Aussage gilt vor allem für Frauen, bei<br />

<strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r körperliche, psychische, soziale und<br />

sozioökonomische Funktionsstatus im Durchschnitt<br />

geringer ist als bei Männern.<br />

Persönlichkeitsentwicklung<br />

im <strong>Alter</strong><br />

Die Verwendung <strong>de</strong>s Konzepts Persönlichkeit<br />

für die Erklärung und Vorhersage von interindividuellen<br />

Unterschie<strong>de</strong>n im Erleben und Verhalten<br />

setzt die Vorstellung hinreichend stabiler<br />

Persönlichkeitseigenschaften, im Sinne von individualtypischen<br />

Regelmäßigkeiten <strong>de</strong>s Erlebens<br />

und Verhaltens, voraus. Damit ist kein<br />

Wi<strong>de</strong>rspruch zwischen Persönlichkeit und Entwicklung<br />

impliziert, <strong>de</strong>nn: „Aus fluktuieren<strong>de</strong>n<br />

Zustän<strong>de</strong>n mit anfangs unvorhersagbarem Verlauf,<br />

z. B. im Säuglingsalter, kann sich durch<br />

Einschränkung <strong>de</strong>r Variabilität <strong>de</strong>s Erlebens<br />

o<strong>de</strong>r Verhaltens eine feste, vorhersagbare Ten<strong>de</strong>nz<br />

entwickeln. Aber auch umgekehrt können<br />

sich fest gefügte Persönlichkeitseigenschaften<br />

in <strong>de</strong>sorganisierte Fluktuationen auflösen, z. B.<br />

im hohen <strong>Alter</strong>. So betrachtet ist Persönlichkeit<br />

ein kurz- bis mittelfristiger stabiler Zustand<br />

eines dynamischen Systems, das von <strong>de</strong>r Zeugung<br />

bis zum Tod in ständiger Verän<strong>de</strong>rung begriffen<br />

ist“ (Asendorpf 2002, S. 48).<br />

Roberts und DelVecchio (2000) berücksichtigten<br />

in einer Metaanalyse zur Stabilität sozialemotionaler<br />

Persönlichkeitsmerkmale über die<br />

<strong>A<strong>de</strong>lheid</strong> <strong>Kuhlmey</strong>, <strong>Doris</strong> <strong>Schaeffer</strong> (<strong>Hrsg</strong>.): <strong>Alter</strong>, Gesundheit und Krankheit - Handbuch Gesundheitswissenschaften, Verlag Hans Huber, Bern 2008<br />

© 2008 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern<br />

Keine unerlaubte Weitergabe o<strong>de</strong>r Vervielfätigung.

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