Adelheid Kuhlmey, Doris Schaeffer (Hrsg.): Alter ... - Buch.de
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Teil 1: <strong>Alter</strong>(n), Gesundheit und Krankheit – Theoretische Grundlagen<br />
Persönlichkeitsverän<strong>de</strong>rungen auftreten, die als<br />
Hinweis auf eine vermin<strong>de</strong>rte „psychologische<br />
Funktionalität“ ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n können. Die<br />
Ergebnisse bestätigen zunächst die getroffene<br />
Annahme hinsichtlich <strong>de</strong>r persönlichen und sozialen<br />
Erwünschtheit <strong>de</strong>r Dimensionen Extraversion<br />
und Neurotizismus, insofern diese be<strong>de</strong>utsame<br />
Korrelationen in <strong>de</strong>r erwarteten Richtung<br />
mit <strong>de</strong>r <strong>Alter</strong>szufrie<strong>de</strong>nheit aufwiesen. Des<br />
Weiteren zeigte sich, dass die Untersuchungsteilnehmer<br />
mit zunehmen<strong>de</strong>m <strong>Alter</strong> zum einen<br />
geringere Werte für Extraversion und Offenheit<br />
aufwiesen sowie weniger positive Emotionen<br />
und subjektives Lebensinvestment angaben.<br />
Zum an<strong>de</strong>ren erlebten sich die älteren Untersuchungsteilnehmer<br />
in stärkerem Maße als external<br />
kontrolliert und emotional vereinsamt.<br />
Die beschriebenen <strong>Alter</strong>sunterschie<strong>de</strong> waren in<br />
ihrem Ausmaß vergleichsweise gering. Während<br />
externale Kontrolle und emotionale Einsamkeit<br />
mit r = .33 bzw. r = .29 mit <strong>de</strong>m <strong>Alter</strong><br />
noch vergleichsweise korrelierten, waren die<br />
Zusammenhänge für Offenheit (r = -.20) und<br />
Extraversion (r = -.19) <strong>de</strong>utlich geringer, für die<br />
Dimension Neurotizismus ergab sich kein be<strong>de</strong>utsamer<br />
Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Lebensalter.<br />
Im Bereich <strong>de</strong>r Persönlichkeit erklärte das<br />
Lebensalter <strong>de</strong>utlich weniger Varianz als im<br />
Bereich <strong>de</strong>r Intelligenz. Dennoch können die<br />
ermittelten Unterschie<strong>de</strong> in ihrer Gesamtheit<br />
nach Smith und Baltes (1996, S. 234) „in Richtung<br />
geringerer psychologischer Funktionalität<br />
und mehr Dysfunktionalität als Hinweis auf<br />
eine Art chronischer Stressreaktion im hohen<br />
<strong>Alter</strong>“ interpretiert wer<strong>de</strong>n.<br />
In ihrer Analyse von Profilen „psychologischer<br />
Funktionstüchtigkeit“ haben Smith und<br />
Baltes (1997) zwölf Merkmale zur Erfassung<br />
von intellektueller Leistungsfähigkeit, Selbst<br />
und Persönlichkeit sowie sozialer Beziehungen<br />
einer Clusteranalyse unterzogen. Während insgesamt<br />
53 % <strong>de</strong>r Männer unter ein „günstiges“<br />
Cluster subsumiert wer<strong>de</strong>n konnten, lag <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong><br />
Anteil unter <strong>de</strong>n Frauen bei 41 %.<br />
Dieser Geschlechtsunterschied trat sowohl in<br />
<strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>r 70- bis 84-Jährigen als auch in<br />
<strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>r 85-Jährigen und Älteren auf: In<br />
<strong>de</strong>r jüngeren Gruppe fan<strong>de</strong>n sich 76 % <strong>de</strong>r<br />
Männer und 63 % <strong>de</strong>r Frauen, in <strong>de</strong>r älteren<br />
Gruppe 30 % <strong>de</strong>r Männer und 19 % <strong>de</strong>r Frauen<br />
in einem als „günstig“ charakterisierten Cluster.<br />
Der berichtete Geschlechtsunterschied geht vor<br />
allem auf zwei Cluster zurück: Auf ein durch<br />
hohe Werte für Neurotizismus, soziale Externalität<br />
und erlebte Unterstützung gekennzeichnetes<br />
sowie auf ein durch schwere kognitive Beeinträchtigungen,<br />
hohe Neurotizismuswerte und<br />
geringe Werte für Extraversion und internale<br />
Kontrolle gekennzeichnetes Cluster. In ersterem<br />
ist <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Männer mehr als doppelt<br />
so hoch wie <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Frauen, in letzterem<br />
ist <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Frauen mehr als doppelt<br />
so hoch wie <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Männer.<br />
Verän<strong>de</strong>rbarkeit kognitiver<br />
Leistungen im <strong>Alter</strong> durch<br />
Intervention<br />
Die Analyse <strong>de</strong>r Intelligenzentwicklung wird in<br />
<strong>de</strong>r gerontologischen Forschung vielfach im<br />
Kontext eines Zwei-Komponenten-Mo<strong>de</strong>lls<br />
vorgenommen, das zwischen kristalliner und<br />
flui<strong>de</strong>r Intelligenz bzw. kognitiver Pragmatik<br />
und kognitiver Mechanik differenziert. Dabei<br />
bezieht sich <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r kristallinen Intelligenz<br />
o<strong>de</strong>r kognitiven Pragmatik auf die Fähigkeit,<br />
vertraute kognitive Probleme zu lösen. In<br />
dieser Intelligenzkomponente spiegeln sich die<br />
vom Individuum rezipierten und organisierten<br />
Wissensinhalte und Wissenssysteme wi<strong>de</strong>r, die<br />
für jene Gesellschaft und Kultur charakteristisch<br />
sind, in <strong>de</strong>r es lebt. Die kristalline Intelligenz<br />
ist ein Indikator für das Ausmaß, in <strong>de</strong>m<br />
sich ein Individuum Verhaltensweisen und<br />
Strategien angeeignet hat, die in <strong>de</strong>r jeweiligen<br />
Gesellschaft als intelligentes Verhalten betrachtet<br />
wer<strong>de</strong>n, also <strong>de</strong>r inhaltlichen Ausgestaltung<br />
<strong>de</strong>s Denkens und Wissens. Der Begriff <strong>de</strong>r<br />
flui<strong>de</strong>n Intelligenz o<strong>de</strong>r Mechanik bezieht sich<br />
dagegen auf solche Fähigkeiten, die sich relativ<br />
unabhängig von systematischen Akkulturationseinflüssen<br />
entwickeln. Mit <strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>r<br />
flui<strong>de</strong>n Intelligenz o<strong>de</strong>r kognitiven Mechanik<br />
sind kognitive Basisoperationen angesprochen,<br />
die vor allem für die Bewältigung neuartiger<br />
kognitiver Probleme notwendig sind. Die bei<strong>de</strong>n<br />
Intelligenzkomponenten unterschei<strong>de</strong>n sich<br />
hinsichtlich ihres Verlaufs im mittleren und<br />
höheren Erwachsenenalter <strong>de</strong>utlich voneinan<strong>de</strong>r:<br />
Während die Leistungsfähigkeit in <strong>de</strong>r kristallinen<br />
Intelligenz über weite Abschnitte <strong>de</strong>s<br />
<strong>A<strong>de</strong>lheid</strong> <strong>Kuhlmey</strong>, <strong>Doris</strong> <strong>Schaeffer</strong> (<strong>Hrsg</strong>.): <strong>Alter</strong>, Gesundheit und Krankheit - Handbuch Gesundheitswissenschaften, Verlag Hans Huber, Bern 2008<br />
© 2008 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern<br />
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