Adelheid Kuhlmey, Doris Schaeffer (Hrsg.): Alter ... - Buch.de
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Vorwort<br />
Das Thema Gesundheit und Krankheit im <strong>Alter</strong><br />
hat in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren national wie international<br />
an gesellschaftlicher Be<strong>de</strong>utung gewonnen.<br />
Grün<strong>de</strong> dafür sind <strong>de</strong>r beschleunigte<br />
<strong>de</strong>mografische Wan<strong>de</strong>l und die nicht mehr zu<br />
übersehen<strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Krankheitspanoramas.<br />
So ist die durchschnittliche Lebenserwartung<br />
in <strong>de</strong>n vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich<br />
gestiegen und damit einhergehend<br />
hat sich <strong>de</strong>r Anteil älterer Menschen an <strong>de</strong>r<br />
Weltbevölkerung sukzessive erhöht. Dem 2005<br />
erschienenen UN-Expertenbericht zufolge sind<br />
bereits 600 Mio. Menschen über 60 Jahre alt<br />
und bis 2050 soll sich ihre Zahl auf mehr als<br />
2 Mrd. verdreifachen. Heute weist Deutschland<br />
im weltweiten Vergleich <strong>de</strong>n dritthöchsten Anteil<br />
über 60-Jähriger auf 20,5 Mio. <strong>de</strong>utsche<br />
Frauen und Männer sind älter als 60 Jahre, und<br />
bis 2050 wird ihre Zahl – so die Prognosen <strong>de</strong>s<br />
Bun<strong>de</strong>sseniorenministeriums – auf circa 25<br />
Mio. ansteigen. Bleiben die Geburtenraten so<br />
niedrig wie jetzt, wird sich damit ihr Anteil an<br />
<strong>de</strong>r Gesamtbevölkerung auf circa 36 % erhöhen.<br />
Mit Blick auf das höchste Durchschnittsalter<br />
<strong>de</strong>r Bevölkerung nimmt Deutschland weltweit<br />
betrachtet bereits Platz vier ein. Dabei ist<br />
es beson<strong>de</strong>rs die Gruppe <strong>de</strong>r Hochaltrigen, die<br />
überaus schnell wächst. Sie hat in <strong>de</strong>n letzten<br />
50 Jahren um beinahe 300 % zugenommen.<br />
Auch diese Entwicklung ist <strong>de</strong>n Prognosen zufolge<br />
anhaltend: Für das Jahr 2050 wird in<br />
Deutschland mit knapp acht Mio. Menschen gerechnet,<br />
die über 80 Jahre alt sind, so dass vermutlich<br />
gut 11 % <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Gesamtbevölkerung<br />
hochaltrig sein wird.<br />
Ein langes Leben wird also immer häufiger<br />
zur individuellen und gesellschaftlichen Realität.<br />
So bleibt zu fragen, wie sich <strong>de</strong>r Gewinn an<br />
Lebenszeit unter Gesundheitsgesichtspunkten<br />
ausnimmt und ob er auch mit einer Zunahme an<br />
mehr gesun<strong>de</strong>n Lebensjahren einhergeht. Obschon<br />
diese Frage nach wie vor nicht ein<strong>de</strong>utig<br />
beantwortet wer<strong>de</strong>n kann, ist mit einiger Sicherheit<br />
von einer wachsen<strong>de</strong>n Zahl an älteren<br />
Menschen auszugehen, <strong>de</strong>ren <strong>Alter</strong> relativ beschwer<strong>de</strong>frei<br />
und „gesund“ verläuft. Konzentriert<br />
ist diese Entwicklung vor allem auf das<br />
junge <strong>Alter</strong>. Im höheren und höchsten <strong>Alter</strong><br />
steigt die Wahrscheinlichkeit von gesundheitlicher<br />
Beeinträchtigung.<br />
Schon heute sind chronische Erkrankungen<br />
die Hauptursache für Behin<strong>de</strong>rung, Pflegebedürftigkeit<br />
sowie Tod: Weit mehr als die Hälfte<br />
aller To<strong>de</strong>sfälle wer<strong>de</strong>n durch chronische<br />
Lei<strong>de</strong>n verursacht. Auch diese Entwicklung<br />
wird künftig voranschreiten: In <strong>de</strong>n nächsten 25<br />
Jahren wer<strong>de</strong>n weltweit immer mehr To<strong>de</strong>sfälle<br />
durch chronische Krankheiten begrün<strong>de</strong>t sein.<br />
Gegenwärtig geht die WHO davon aus, dass<br />
chronische Erkrankungen allein in Europa drei<br />
Viertel <strong>de</strong>r Krankheitslast ausmachen und für<br />
fast 90 % <strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sfälle verantwortlich sind.<br />
Mit zunehmen<strong>de</strong>m <strong>Alter</strong> steigt aber nicht nur<br />
das Risiko chronischer Erkrankung, son<strong>de</strong>rn<br />
auch die Gefahr mehrdimensionaler und komplexer<br />
Gesundheitseinbußen wie Multimorbidität.<br />
Häufig sind die körperlichen Erkrankungen<br />
gepaart mit psychischen Einbußen o<strong>de</strong>r Verlusten<br />
<strong>de</strong>r Funktionsfähigkeit. Dabei entstehen<br />
vulnerable Zustän<strong>de</strong>, die mehr sind als die<br />
Summe einzelner chronischer Krankheiten.<br />
Funktionsverluste, körperliche Gesundheitseinbußen,<br />
psychische Störungen, verstärken sich in<br />
synergetischer Weise. Beson<strong>de</strong>rs jenseits <strong>de</strong>s<br />
80. Lebensjahres kommt es damit einhergehend<br />
nicht selten zu Pflegebedürftigkeit, <strong>de</strong>r die Situation<br />
vorausgeht, dass die Aktivitäten <strong>de</strong>s täglichen<br />
Lebens nicht mehr autonom bewältigt<br />
wer<strong>de</strong>n können. Pflegebedürftigkeit sowie<br />
dauerhafte Angewiesenheit auf Fremdhilfe und<br />
auf unterschiedlichste Leistungen <strong>de</strong>s Versorgungssystems<br />
stellen in dieser <strong>Alter</strong>sphase<br />
keine Ausnahmeerscheinung dar. Dies <strong>de</strong>utet<br />
an, wie sehr <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mografische Wan<strong>de</strong>l nicht<br />
nur das Gesundheits- und Krankheitsgeschehen,<br />
son<strong>de</strong>rn auch die Inanspruchnahme von Gesundheits-<br />
sowie Versorgungsleistungen verän<strong>de</strong>rt.<br />
Dieser Verän<strong>de</strong>rungsprozess wird sich fortsetzen.<br />
Allerdings sind Denkmuster, <strong>de</strong>nen zufolge<br />
sich allein die quantitativen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an die Gesundheitsversorgung erhöhen,<br />
zur Prognose und Bewältigung <strong>de</strong>r zukünftigen<br />
Situation nicht geeignet. Prozesse <strong>de</strong>r Krankheitsentwicklung<br />
lassen sich nicht einfach fortschreiben.<br />
Nutzer von Gesundheitsleistungen<br />
<strong>A<strong>de</strong>lheid</strong> <strong>Kuhlmey</strong>, <strong>Doris</strong> <strong>Schaeffer</strong> (<strong>Hrsg</strong>.): <strong>Alter</strong>, Gesundheit und Krankheit - Handbuch Gesundheitswissenschaften, Verlag Hans Huber, Bern 2008<br />
© 2008 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern<br />
Keine unerlaubte Weitergabe o<strong>de</strong>r Vervielfätigung.