27.12.2013 Aufrufe

Neue Armut und ökologische Verhaltensmöglichkeiten. - WZB

Neue Armut und ökologische Verhaltensmöglichkeiten. - WZB

Neue Armut und ökologische Verhaltensmöglichkeiten. - WZB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

zu hoher Mieten bleibt für viele Betroffene ein großer Teil des Wohnungsmarktes<br />

verschlossen. Für SozialhilfebezieherInnen sind die Spielräume ganz besonders eng.<br />

Die Mieten, die als angemessen vom Sozialamt übernommen werden, orientieren sich<br />

an den unrealistischen, veralteten <strong>und</strong> viel zu niedrigen Obergrenzen für die Wohngeldgewährung,<br />

mit leichten kommunalen Modifizierungen. Ist die Miete höher, fordert<br />

das Sozialamt nach einer kurzen Übergangszeit zum Umzug auf oder kürzt die<br />

Mietübernahme auf die „angemessene“ Höhe mit der Folge, daß ein Teil der Miete<br />

vom Regelsatz getragen werden muß. Wünsche bezüglich Größe, Lage, Umfeld etc.<br />

oder gar <strong>ökologische</strong> Kriterien im engeren Sinne wie <strong>ökologische</strong> Bauweise u. -<br />

materialien, Dämmung, Garten, Wohnen im Grünen, Anbindung an den öffentlichen<br />

Nahverkehr können deshalb nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.<br />

Auf billigen Wohnraum angewiesen zu sein heißt im Ergebnis, beengt, laut <strong>und</strong> oft<br />

unges<strong>und</strong> (z. B. in der Nähe von Industriegebieten) zu wohnen. Werden Sozialhilfeberechtigte<br />

zum Umzug aufgefordert, bedeutet dies häufig, daß sie „ihren“ Stadtteil<br />

verlassen <strong>und</strong> in einen „Problemstadtteil“ ziehen müssen. Dies wird von den Betroffenen<br />

als große Bedrohung für weiteren sozialen Abstieg erlebt <strong>und</strong> führt in der Konsequenz<br />

zur beschriebenen sozialräumlichen Polarisierung. Die begrenzte Wohnungsgröße<br />

wird besonders, wenn Kinder im Haushalt leben, als Einschränkung in<br />

vielen Lebensbereichen erlebt. Oft begnügen sich die Eltern mit sehr wenig Platz, um<br />

den Kindern mehr Raum zu ermöglichen (Busch-Geertsema/Ruhstrat 1993, S. 65).<br />

Vom <strong>ökologische</strong>n Standpunkt aus betrachtet mag die Beschränkung auf wenig<br />

Wohnraum (= geringerer Ressourcenverbrauch) zunächst sinnvoll erscheinen, allerdings<br />

hängt von der Größe auch entscheidend die Wohnqualität ab. Hier soll nicht<br />

einem „je größer desto besser“ das Wort geredet werden. Unangemessen beengte<br />

Wohnverhältnisse beeinträchtigen jedoch die Lebensqualität <strong>und</strong> verhindern darüber<br />

hinaus ganz konkret <strong>und</strong> praktisch <strong>ökologische</strong> Verhaltensweisen. Begrenzte Räumlichkeiten<br />

erschweren eine sinnvolle Lagerhaltung <strong>und</strong> werden auch häufig als Hindernis<br />

für Mülltrennung genannt, da es schon Mühe macht, mehrere verschiedene<br />

Behälter unterzubringen (vgl. Poferl/Schilling/Brand 1997, S. 119).<br />

Ansonsten lassen sich im Bereich der Wohnnebenkosten <strong>ökologische</strong> Verhaltensweisen<br />

am ehesten realisieren, da sich der sparsame Umgang mit Energie wie Wasser,<br />

Heizung, Strom nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell positiv auswirkt. Das<br />

gleiche gilt für Mülltrennung. Die Motivation für solche Verhaltensweisen ist aber<br />

dort begrenzt, wo der (finanzielle) Nutzen nicht direkt spürbar ist. Dies ist im sozialen<br />

Wohnungsbau der Fall, wenn keine individuelle Müllentsorgung <strong>und</strong> Verbrauchsabrechnung<br />

vorgenommen wird oder Einsparungen im Verbrauch nur dazu<br />

führen, daß das Sozialamt geringere Energiekosten übernehmen muß <strong>und</strong> der sich<br />

ökologisch sinnvoll verhaltende Sparer nicht davon profitiert. Neben dem finanziellen<br />

Nutzen orientiert sich die eigene Bereitschaft zu <strong>ökologische</strong>m Verhalten an der<br />

Bereitschaft der anderen (vgl. Poferl/Schilling/Brand 1997, S. 121), ist also stark vom<br />

sozialen Umfeld abhängig.<br />

Nicht zuletzt kompliziert <strong>und</strong> behindert die Struktur staatlicher Leistungen wie<br />

Wohngeld <strong>und</strong> Sozialhilfe alternative Wohnformen wie z. B. Wohngemeinschaften.<br />

Diese unter <strong>ökologische</strong>n Gesichtspunkten sinnvolle kollektive Wohnform (sparsa-<br />

- 16 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!