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Neue Armut und ökologische Verhaltensmöglichkeiten. - WZB

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wächst, je mehr die Befriedigung der entsprechenden Bedürfnisse für das Gros der<br />

Bevölkerung selbstverständlich ist. Der Wunsch nach Ausflügen oder gar größeren<br />

Reisen bleibt nicht nur aus finanziellen Gründe unrealisierbar, hinzu kommen auch<br />

rechtliche Beschränkungen bei Bezug von Arbeitslosengeld <strong>und</strong> -hilfe oder Sozialhilfe.<br />

Erwerbslose dürfen auf Antrag drei Wochen im Jahr mit Leistungsbezug Urlaub<br />

machen. Für SozialhilfebezieherInnen ist Abwesenheit vom Wohnort überhaupt<br />

nicht vorgesehen <strong>und</strong> führt meist zur Einstellung der Leistung.<br />

Zynischerweise wird genau diese armutsbedingte Einschränkung, die so ausdrücklich<br />

als Mangel empf<strong>und</strong>en wird, unter <strong>ökologische</strong>n Gesichtspunkten häufig als positiv<br />

bewertet, da weniger Fern-, Flug- oder Autoreisen unternommen werden. Zu dieser<br />

Bewertung kann man allerdings nur kommen, wenn man die soziale Frage außer acht<br />

läßt <strong>und</strong> in Kauf nimmt, daß ein Teil der Bevölkerung entgegen ihren eigenen Bedürfnissen<br />

aufgr<strong>und</strong> ökonomischer Zwänge von dem gesellschaftlichen Standard ausgeschlossen<br />

bleibt, während der Rest der Bevölkerung diesen hält.<br />

Kinder leiden besonders stark unter <strong>Armut</strong>. Vor allem in der Stadt werden die Räume<br />

für eine Freizeitgestaltung <strong>und</strong> Erlebnisse ohne finanziellen Aufwand immer weniger.<br />

Gleichzeitig werden auch Kinder immer reicher <strong>und</strong> der finanzielle Einsatz,<br />

um soziale Kontakte halten zu können, immer größer. Ob dies das Eis-essen-Gehen,<br />

der Besuch des Schwimmbads oder der Eislaufhalle oder die Geburtstagsparty, die<br />

man besucht oder gibt, betrifft: Alles kostet Geld. Der Mangel an Geld wirkt sich<br />

unweigerlich auf die sozialen Kontakte aus. Alternativen zu dieser konsumorientierten<br />

Freizeitgestaltung müssen schon sehr attraktiv sein, um die Akzeptanz der Kinder<br />

zu finden.<br />

2.2.6 Arbeit<br />

Das selbst verdiente Geld bedeutet relative Unabhängigkeit im Sinne von Handlungs<strong>und</strong><br />

Entscheidungsspielräumen im Gegensatz zu staatlich vergebenen Leistungen,<br />

wenn auch nur in den Grenzen des zur Verfügung stehenden Einkommens, da die<br />

Spielräume sich in dem Maße verringern, wie sich das Einkommen der <strong>Armut</strong>sgrenze<br />

nähert. Zugleich hat Erwerbsarbeit in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert,<br />

der über Identität, Anerkennung <strong>und</strong> Status bestimmt. Zwar ist diese Orientierung<br />

angesichts zunehmender Erwerbslosigkeit äußerst fragwürdig <strong>und</strong> wird von großen<br />

Teilen der Erwerbsloseninitiativen kritisiert, dennoch ist die Option auf Erwerbsarbeit<br />

(für alle, die arbeiten können <strong>und</strong> wollen) eine wichtiges Moment von Lebensqualität.<br />

Für alle, die noch gar nicht am Erwerbsleben teilgenommen haben oder länger<br />

aus dem Erwerbsprozeß herausgefallen sind, ist der Zugang besonders schwierig.<br />

„Sie sehen sich Arbeitgebern gegenüber, die bei der Auswahl von Bewerbern von einer<br />

normativ gesetzten Erwerbsbiographie, modifiziert nach spezifischen Berufswegen,<br />

ausgehen, der sie immer weniger entsprechen können“ (Kronauer/Vogel/Gerlach<br />

1993, S. 39f.).<br />

Zudem sind sie wesentlichen staatlichen Reglementierungen unterworfen. So wurde<br />

1997 die Zumutbarkeitsregelung für Erwerbslose verschärft. Nunmehr bestimmt<br />

§ 121 des Sozialgesetzbuchs III, das einem Arbeitslosen alle seiner Arbeitsfähigkeit<br />

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