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Download (6,5 MB) - Aids-Hilfe - Deutsche AIDS-Hilfe e.V.

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engagieren Janek Scholz – Der <strong>Aids</strong>fan 23<br />

Über einen längeren Zeitraum merkte ich, dass etwas mit mir<br />

nicht so war, wie es sein sollte. Ich interessierte mich nicht<br />

für Mädchen, sondern für Kochrezepte und Mode. Irgendwann<br />

wusste ich, dass ich schwul bin und startete erste Gehversuche<br />

in dieser neuen Welt. Meine Eltern nahmen es gut auf, wäre<br />

da nicht das heikle Thema HIV gewesen. Doch weil ich mich<br />

bereits so lange und ausführlich damit befasste, wussten sie<br />

bald, dass ihre Sorgen unbegründet waren, obwohl sie auch<br />

heute noch immer etwas unsicher damit umgehen. Jedenfalls<br />

stieß ich in meiner Selbstfindung auf www.sweet-dreamer.de,<br />

die bald mit dem neuen Projekt www.seidu.de, einem Onlinemagazin<br />

für Jugendliche, fusionierte. Da ich gerne schreibe und<br />

mir bei SeiDu die Möglichkeit geboten wurde, dies öffentlich<br />

zu tun, bewarb ich mich als Redakteur. Nun bin ich seit einem<br />

guten Jahr Teil der Redaktion und mit ganzem Herzblut dabei.<br />

HIV und <strong>Aids</strong> als Thema ist mir dabei sehr wichtig. Einige meiner<br />

Artikel ergänzen die Seite und ich bin froh, mein Bestreben<br />

nach Aufklärung auf diese Weise einem größeren Publikum<br />

zugänglich zu machen.<br />

Seit 2003 beschäftige ich mich noch intensiver mit dem Thema<br />

und verfasste eine siebenseitige Schrift, die ich in geringer Auflage<br />

in meiner Schule auslegte. Da sie bald vergriffen war, musste<br />

ich nachdrucken. Zum Welt-<strong>Aids</strong>-Tag startete ich eine Plakataktion<br />

und verteilte Zettel in der ganzen Schule. Kurz nachdem<br />

ein Vortrag über „das <strong>Aids</strong>problem in Afrika“ viele unserer Schüler<br />

anzog, fragte mich meine Biologielehrerin, ob ich Interesse<br />

hätte, über HIV zu sprechen. Sie hatte meine Schrift gelesen<br />

und festgestellt, dass ich über gute Kenntnisse verfügte.<br />

Die Mitschüler reagierten eher ablehnend: „Schon wieder<br />

<strong>Aids</strong>?“ oder: „Der <strong>Aids</strong>fan wird wieder aktiv“. Ich ließ mich<br />

nicht abschrecken, sondern hielt einen Vortrag mit Folien,<br />

Video und Praxisbezügen.<br />

Einen Therapieplan mit festen Zeiten und Pillenmengen stellte<br />

ich der Klasse ebenso vor, wie die Nebenwirkungen dieser Therapie.<br />

Der ganze Vortrag lief ohne Stichpunktzettel ab, sodass<br />

ich frei und anschaulich über den biologischen, aber auch über<br />

den gesellschaftlich-menschlichen Hintergrund von HIV und<br />

<strong>Aids</strong> reden konnte. Die Reaktionen nach dem Vortrag überwältigten<br />

mich. Alle Kursteilnehmer kamen nach der Stunde zu mir<br />

und sagten, dass der Vortrag gut und aufklärend gewesen sei.<br />

Sie hätten eine völlig neue Sicht der Dinge erlangt. Selbst Schüler,<br />

mit denen ich nichts zu tun habe, kamen mit Lob auf mich zu.<br />

Auch auf einen Artikel bei SeiDu kamen ähnliche Reaktionen:<br />

„Der Text hat mir die Augen geöffnet!“ Was will man mehr?<br />

Ich habe festgestellt, dass viele Jugendliche sich für das Thema<br />

interessieren und es nicht einfach abgetan wird. Kampagnen<br />

wie „mach’s mit“ finde ich dagegen einen eher wenig aufklärenden<br />

Effekt haben. Solche Aktionen sollten überdacht werden,<br />

da sie in meinen Augen und in denen vieler Jugendlicher eher<br />

humorvoll wirken, als dass sie zum Nachdenken anregen. Das<br />

Thema ist noch immer äußerst brisant und junge Menschen<br />

müssen von allen Seiten ehrlich herangeführt werden. Ich frage<br />

mich, ob ein Kondom, welches vorbeirast, um einen „Quickie“<br />

darzustellen, dieser Aufgabe gerecht wird.<br />

Durch die Arbeit bei SeiDu wurde ich um einen Artikel in „Lauffeuer“,<br />

dem Magazin der Jugendfeuerwehr, gebeten. Hierfür<br />

führte ich ein Interview mit einem HIV-Positiven. Um eine geeignete<br />

Person zu finden, knüpfte ich zahlreiche Kontakte, wobei<br />

ich durchweg positive Erfahrungen machte und einen Interviewpartner<br />

fand. Obwohl der Text von der Redaktion stark gekürzt<br />

wurde, war er begeistert, dass seine Aussage nicht verloren<br />

ging. Wir haben noch immer Kontakt und schreiben uns viel<br />

über unsere Sorgen. Ich habe gelernt, dass viele Positive ohne<br />

weiteres über ihre Infektion sprechen können. Ich war anfangs<br />

sehr unsicher, was ich ansprechen kann. Doch oftmals kam<br />

mein Gesprächspartner auf Themen, die mir zu heikel erschienen.<br />

Sicher ist es mit jedem Menschen anders, doch ist es besser,<br />

Kontakte zu Betroffenen herzustellen und ihren Umgang mit<br />

dem Thema kennen zu lernen, als alles Wissen aus Büchern zu<br />

nehmen.<br />

Meine Erfahrungen zeigen, dass man aktiv werden kann und<br />

sollte, wenn man merkt, dass in der eigenen Region die Aufklärung<br />

am Boden liegt. Lesen und reden ist eine Sache, Plakate<br />

erstellen, auf Menschen zugehen und die Praxis kennen lernen,<br />

eine andere. Junge Leute sollten mehr gegen Unwissenheit und<br />

eingeschränktes Denken tun. Es reicht schon, Flugblätter zu<br />

verteilen oder Plakate aufzuhängen; ein paar Menschen erreicht<br />

man immer. Und umso mehr Menschen sich gegen Intoleranz<br />

und Abwehr gegen HIV einsetzen, umso besser wird die Einstellung<br />

zum geschützten Geschlechtsverkehr und der Umgang<br />

mit anderen Menschen. Menschen, die mit einem schrecklichen<br />

Virus belastet sind. Wenn HIV-Negative vernünftig handeln, können<br />

sie eine Last der HIV-Positiven mindern: Die unbegründete<br />

Ablehnung der Gesellschaft gegenüber HIV und <strong>Aids</strong>.

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