DER RING - Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
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4. Pflegefachtagung Epilepsie in <strong>Bethel</strong><br />
Rehabilitation beginnt beim ersten Anfall<br />
Die Rehabilitation chronisch<br />
erkrankter Menschen konzentriert<br />
sich im deutschen<br />
Gesundheitswesen zu einseitig<br />
auf die Wiederherstellung<br />
körperlicher Funktionen.<br />
Das kritisierten Pflegewissenschaftler<br />
und Rehabilitationsexperten<br />
Mitte Oktober<br />
bei der 4. Pflegefachtagung<br />
Epilepsie in Bielefeld-<strong>Bethel</strong>.<br />
Rehabilitative Maßnahmen<br />
müssten bereits in frühen<br />
Krankheitsstadien beginnen<br />
und verstärkt psychosoziale<br />
Aspekte sowie die Folgen<br />
einer Erkrankung berücksichtigen.<br />
Mit der Zunahme chronischer<br />
Erkrankungen steigt in Deutschland<br />
auch der Stellenwert der<br />
Rehabilitation in der gesundheitlichen<br />
Versorgung. Allerdings<br />
liegt das Gewicht bislang<br />
deutlich auf einer stationären<br />
und ambulanten Rehabilitation<br />
nach einer Primär- und Akutversorgung.<br />
»Das entspricht aber<br />
nicht dem Grundgedanken von<br />
Rehabilitation, der vorrangig auf<br />
das Leben der betroffenen Menschen<br />
ausgerichtet ist«, sagte<br />
Hedi Sudbrock von Bildung &<br />
Beratung <strong>Bethel</strong>. Gemeinsam<br />
mit dem Pflegewissenschaftler<br />
Hermann Steffen vom Ev. Krankenhaus<br />
Bielefeld (EvKB) hatte<br />
sie die zweitägige Veranstaltung<br />
organisiert. Rund 100 Epilepsie-<br />
Fachleute aus nahezu allen Bundesländern<br />
nahmen unter dem<br />
Titel »Rehabilitation beginnt<br />
beim ersten Anfall« an der<br />
Tagung in der Klinik Mara des<br />
Epilepsie-Zentrums <strong>Bethel</strong> teil.<br />
Hermann Steffen (v. l.), Hedi Sudbrock, EvKB-Pflegedirektor Christoph Schmidt sowie<br />
die Referenten Prof. Dr. Doris Tacke, Dr. Ulrich Specht, Diplom-Psychologin Margarete<br />
Pfäfflin und Ingrid Coban, Leiterin der Sozialtherapeutischen Dienste im EvKB, stellten<br />
die Rehabilitation in den Mittelpunkt.<br />
»Man muss Reha von Anfang an,<br />
ab dem ersten Anfall, mitdenken«,<br />
sagte Dr. Ulrich Specht,<br />
leitender Arzt der Rehabilitationsklinik<br />
im Epilepsie-Zentrum<br />
<strong>Bethel</strong>. Außerdem müsse die<br />
medizinische Rehabilitation eine<br />
ganzheitliche Behandlung umfassen,<br />
die frühzeitig die Weichen<br />
für eine gute Lebensqualität<br />
stelle. Dabei gehe es auch um<br />
die Verbesserung beruflicher und<br />
sozialer Teilhabe und darum, das<br />
Krankheitsselbstmanagement der<br />
Patienten zu stärken.<br />
Rehabilitativ pflegen<br />
Für die Verbesserung der Lebensqualität<br />
und ein gelingendes<br />
Krankheitsselbstmanagement<br />
sei die Pflege von besonderer<br />
Bedeutung, betonte Hermann<br />
Steffen. Die Leitgedanken pflegerischen<br />
Handelns würden sich<br />
auch auf die Folgen und nicht<br />
ausschließlich auf die Behandlung<br />
und Heilung einer Krankheit<br />
konzentrieren. »Die Pflege<br />
hat den Erhalt und die Wiederherstellung<br />
selbstbestimmter<br />
Lebenspraxis im Blick«, so Hermann<br />
Steffen.<br />
Viele Pflegende könnten sich<br />
allerdings nur schwer von einem<br />
akutpflegerischen oder akutmedizinischen<br />
Blickwinkel lösen,<br />
stellte Prof. Dr. Doris Tacke von<br />
der Fachhochschule der Diakonie<br />
in Bielefeld-<strong>Bethel</strong> fest. Dabei<br />
täte es dem Akutbereich gut,<br />
nach rehabilitativen Grundsätzen<br />
zu pflegen und »nicht nur<br />
funktionsorientiert und medizinzentriert«.<br />
Wie Dr. Ulrich Specht ist Prof.<br />
Dr. Doris Tacke der Ansicht, dass<br />
in den vergangenen Jahren im<br />
Rehabilitationsbereich und in der<br />
»rehabilitativen Pflege« ein Perspektivwechsel<br />
hin zu einer »biopsychosozialen<br />
Betrachtung«<br />
stattgefunden habe – also zu<br />
einem ganzheitlicheren Krankheitsverständnis.<br />
Die Expertin<br />
für Pflegeentwicklung betonte<br />
den Stellenwert der Pflege für<br />
das Alltagsleben der betroffenen<br />
Menschen. Durch Information,<br />
Schulung und Beratung müsse<br />
die Pflege die Betroffenen und<br />
ihre Angehörigen dabei unterstützen,<br />
trotz krankheitsbedingter<br />
Einschränkungen ein möglichst<br />
hohes Maß an Autonomie<br />
zu erhalten oder wiederzuerlangen.<br />
Das funktioniere unter<br />
anderem über die Aktivierung<br />
von vorhandenen Ressourcen<br />
und die Stärkung eines selbstbewussteren<br />
Umgangs mit der<br />
Erkrankung.<br />
– Gunnar Kreutner –<br />
Foto: Elbracht<br />
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