Der Schneckenweg - Georg Britting
Der Schneckenweg - Georg Britting
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<strong>Der</strong> <strong>Schneckenweg</strong><br />
Um die Jahrhundertwende war der Freiherr von<br />
Zeeh, ein großer, magerer Mann mit feurigen Augen,<br />
schon weit über fünfzig Jahre alt, aber das sah<br />
man ihm nicht an, und seit über zwanzig Jahren<br />
war er Maler, nachdem er vorher Reitoffizier gewesen<br />
war, und das konnte man ihm eher ansehen,<br />
oder sich einbilden, es ihm angesehen zu haben,<br />
wenn man es dann erfuhr. Den kurzen Krieg gegen<br />
Frankreich im Jahre 187o hatte er als Leutnant<br />
mitgemacht und war verwundet worden, und der<br />
schlecht verheilte Schuß zwang ihn sein Leben<br />
lang, beim Gehen das linke Bein etwas nachzuziehen,<br />
aber das sah gut aus an ihm und gab seinem<br />
Gang etwas fröhlich Nachlässiges, damit er gleich<br />
auffiel. Zu reiten und seinen Dienst zu tun, daran<br />
hatte ihn der kleine Mangel nicht gehindert, und<br />
auch nicht einmal daran, zu Rennen in den Sattel<br />
zu steigen und über die grüne Grasbahn hinzufegen,<br />
und nicht seines verkürzten Beines wegen<br />
hatte er von der geliebten Waffe dann Abschied<br />
genommen, da war er schon Rittmeister, sondern<br />
weil es ihn unwiderstehlich vor die Staffelei hingezwungen<br />
hatte, Maler zu werden, und man zählte<br />
ihn bald zu den besten seiner Zeit.<br />
Aber er vergaß über dem Malen nicht zu leben,<br />
und tat das eine wie das andere mit aller Herzensund<br />
Sinnenkraft, und hatte nur Staunen für die, die<br />
es anders damit hielten, oder halten mußten, in ih-<br />
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