Der Schneckenweg - Georg Britting
Der Schneckenweg - Georg Britting
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sunken. Er sei voll Sorge hingelaufen, sagte der<br />
Diener, aber der Freiherr sei schon tot gewesen, als<br />
er bei ihm ankam, und in seinem Bart und in seinen<br />
Haaren hätten die Wassertropfen geblitzt wie<br />
der Tau im Gras, daß er nicht gewagt habe, sie mit<br />
seinem Taschentuch abzuwischen.<br />
<strong>Der</strong> Neffe ging dann allein zu dem Brunnen.<br />
Weiß hob sich der Strahl und sank und stieg mit<br />
neuer Kraft, wie vor Erregung zitternd, und der<br />
Neffe tauchte die Hand in die Schale. Das Wasser<br />
war von eisiger Frische, und der Neffe ließ die<br />
Hand so lange darin, bis ihm war, sie würde gefühllos.<br />
Es lockte ihn, auch das Gesicht in das<br />
Nasse zu tauchen, aber er tat es nicht und sah zum<br />
Haus hin, wo das Küchenfenster sein mochte, und<br />
von wo aus man ihn vielleicht beobachtete. Da<br />
nahm er die Hand aus dem Wasser und ging ein<br />
Stück tiefer in den Garten hinein, bis an den hölz–<br />
ernen Zaun, der ihn vom Nachbargarten trennte.<br />
Am Zaun wuchsen Himbeerstauden in großer<br />
Menge. Die roten Früchte waren reif und überreif,<br />
und das Rankenwerk glühte in der Sonne, und geflügeltes<br />
Getier, Hummel und Biene, umschwirrte<br />
es. <strong>Der</strong> Neffe pflückte sich eine Handvoll der Beeren,<br />
die waren trocken und heiß, und legte sie auf<br />
ein großes, grünes, kühles Blatt. Dann schlug er<br />
einen Bogen und kam auf einen Nebenpfad und<br />
ging den, von den Beeren essend, und sah eine<br />
Sandsteinfigur stehen, halb verwittert, vom Regen<br />
ausgewaschen, und es war nicht zu erkennen, ob<br />
das ein Heiliger sein sollte oder ein heidnischer<br />
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