Der Schneckenweg - Georg Britting
Der Schneckenweg - Georg Britting
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Wenn ich mich umdrehte, dachte Veronika, ich tu<br />
es aber nicht, so sähe ich Valentin hinter uns hergehen,<br />
und wie wird er sich jetzt schämen und<br />
traurig sein! Sie sah nach links hin, wo Emilio neben<br />
ihr ging, und seine rote Wolljacke glühte feurig<br />
in der Dämmerung, und er pfiff vor sich hin,<br />
und das gefiel ihr nicht. Nach einer Weile wurde<br />
ihr Schritt langsamer, vielleicht wußte sie das gar<br />
nicht, und dann schien sie ein Geräusch hinter sich<br />
zu hören, lauschend drehte sie den Kopf ein wenig,<br />
deutlich vermeinte sie Valentins eiligen Tritt<br />
zu vernehmen, des Gefährten, der hinter ihnen<br />
herlief in seiner Not, und da tat er ihr leid, der gehetzte<br />
Läufer, unbarmherzig und wenig großmütig<br />
dünkte es sie, nicht auf ihn zu warten, den Unterlegenen,<br />
der seine Schuld eingestehen wollte, und<br />
so drehte sie sich plötzlich um, und Emilio tat es<br />
auch, und pfiff nicht mehr. Sie erblickte den Reumütigen<br />
nicht, wie sie sich das eingebildet hatte,<br />
dicht hinter sich auf der Landstraße, und auch<br />
nicht zwanzig oder dreißig Schritte entfernt, hinter<br />
ihnen hertrabend mit gesenktem Kopf, weit zurück<br />
und hoch oben auf dem Bahndamm stand er,<br />
im letzten sinkenden Licht, das im Westen noch<br />
war, und als könne er sehen, daß sie sich nach ihm<br />
umgewandt hatte, erhob er den Arm und winkte.<br />
Dann sprang er vom Damm hinab, ins Finstere<br />
hinein, dorthin, wo die Straße nach Eilsprunn weiterlief.<br />
Veronika hatte nicht gleich zurückgewinkt –<br />
und wie hätte sie jetzt noch winken sollen, da<br />
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