Der Schneckenweg - Georg Britting
Der Schneckenweg - Georg Britting
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den wollte wie je, sie verlangte es herrisch. Aber<br />
sie selber war nicht mehr so leuchtend und morgenfrisch,<br />
und ihr Abbild darum auch nicht. Aber<br />
das mußte ertragen werden, und das tat er schweigend<br />
und gewann eine heitere Gelassenheit daraus<br />
und eine Verachtung für die Stümper, die sich ü-<br />
bernehmen.<br />
Einmal hatte ihn einer seiner Schüler gesehen, in<br />
der großen Gemäldesammlung der Stadt, wie er<br />
lang vor einem Bild verweilte, bis er sich endlich<br />
abwandte, und dem Schüler konnte es nicht entgehen,<br />
daß dem Freiherrn die Tränen übers Gesicht<br />
liefen. <strong>Der</strong> winkte ihn, als er ihn dann erkannte, zu<br />
sich heran, und seine Augen waren noch naß, aber<br />
seine Stimme klang voll und zufrieden, als er dann<br />
sagte: Man sollte vielleicht doch nicht mehr malen!<br />
Als der Schüler, bestürzt, daß der, der ihm unerreichbar<br />
schien, so redete, etwas Abwehrendes<br />
stammeln wollte, lachte der Freiherr, mit ganz<br />
plötzlich wieder strahlendem Gesicht und sagte,<br />
und rüttelte ihn zärtlich an der Schulter wie einen<br />
Sohn: Jetzt gehen wir beide aber gleich und erst<br />
recht wieder vor unsere Leinwand! und ließ ihn<br />
stehen und ging mit eiligen Schritten davon, und<br />
das war die schönste Lehrstunde, die der Schüler je<br />
gehabt hatte.<br />
In dem Haus am Fluß war der Freiherr verheiratet<br />
gewesen, mit einer ungewöhnlich schönen<br />
Frau aus dem Volke, in einer kurzen und wilden<br />
Ehe, die nicht dauern konnte, wie man das allgemein<br />
und spöttisch vorausgesagt hatte. Die Frau,<br />
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