Kooperationsstrategie Bolivien 2013-2016 - Deza - admin.ch
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<strong>Kooperationsstrategie</strong> <strong>Bolivien</strong> <strong>2013</strong>-<strong>2016</strong><br />
1 Der Aussenhandel ist von ents<strong>ch</strong>eidender<br />
Bedeutung für Entwicklung<br />
und Wa<strong>ch</strong>stum <strong>Bolivien</strong>s, da das<br />
Land von Gas- und Mineralausfuhren<br />
abhängig ist. 2011 waren die<br />
wi<strong>ch</strong>tigsten Aussenhandelspartner<br />
die Na<strong>ch</strong>barländer Brasilien und<br />
Argentinien.<br />
Als wi<strong>ch</strong>tige Zwis<strong>ch</strong>energebnisse der<br />
Regierung unter Präsident Evo Morales<br />
zählen folgende Punkte:<br />
■ Die neue Verfassung vom Februar<br />
2009 fördert die Chancenglei<strong>ch</strong>heit<br />
und garantiert glei<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te für<br />
Frauen und Männer. Der Einbezug<br />
der indigenen Mehrheit und anderer<br />
früher marginalisierter Gruppen hat das<br />
Gesi<strong>ch</strong>t der bolivianis<strong>ch</strong>en Demokratie<br />
grundlegend verändert.<br />
■ Auf Umverteilung angelegte Sozialprogramme<br />
haben zwis<strong>ch</strong>en 2005 und<br />
2011 zu einem Rückgang der extremen<br />
Armut von 38% auf 24% geführt. Die<br />
Sozialpolitik verzei<strong>ch</strong>net klare Forts<strong>ch</strong>ritte<br />
auf dem Weg zur Errei<strong>ch</strong>ung<br />
der MDGs. Mit Ausnahme der MDGs 4<br />
und 5 (Kinder- und Müttersterbli<strong>ch</strong>keit)<br />
dürften alle Ziele errei<strong>ch</strong>t werden.<br />
■ Weltweite Aufmerksamkeit erregte<br />
<strong>Bolivien</strong> mit seinem Gesetz über die<br />
Re<strong>ch</strong>te der Mutter Erde. Dieses gibt der<br />
Natur eine eigene Re<strong>ch</strong>tspersönli<strong>ch</strong>keit.<br />
Armut und Unglei<strong>ch</strong>heit in <strong>Bolivien</strong><br />
Armut in % der Gesamtbevölkerung 2005 2008 2011<br />
Gemässigte Armut 61 59 49<br />
Extreme Armut 38 33 24<br />
Gemässigte Armut in den Städten 51 51 41<br />
Gemässigte Armut auf dem Land 78 74 64<br />
Extreme Armut in den Städten 24 22 15<br />
Extreme Armut auf dem Land 63 53 44<br />
Gini-Koeffizient für Einkommen 2005 2007 2009<br />
<strong>Bolivien</strong> 0.60 0.53 0.50<br />
Städtis<strong>ch</strong>e Gebiete 0.54 0.48 0.45<br />
Ländli<strong>ch</strong>e Gebiete 0.62 0.56 0.53<br />
Quelle: Instituto Nacional de Estadística<br />
Bei den makroökonomis<strong>ch</strong>en Werten wie<br />
Bruttoinlandsprodukt, Teuerungsrate,<br />
Fiskalübers<strong>ch</strong>uss, Aussenhandelsbilanz<br />
sowie der Stand der internationalen Währungsreserven<br />
weist <strong>Bolivien</strong> eine gesunde<br />
gesamtwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Performance auf.<br />
Das Land ist ein aktives Mitglied der Welthandelsorganisation<br />
(WTO) und beteiligt<br />
si<strong>ch</strong> an der regionalen Integration im<br />
Rahmen der Andengemeins<strong>ch</strong>aft und<br />
der Union Südamerikanis<strong>ch</strong>er Nationen 1 .<br />
Innerhalb von se<strong>ch</strong>s Jahren ist <strong>Bolivien</strong> in<br />
die Kategorie der Middle Income Countries<br />
aufgestiegen. Das Prokopfeinkommen ist<br />
von 1‘010 USD im Jahre 2005 auf 1‘870 USD<br />
im Jahr 2010 angestiegen, ein Forts<strong>ch</strong>ritt,<br />
der von den Internationalen Finanzorganisationen<br />
ausdrückli<strong>ch</strong> gelobt wurde.<br />
Trotz aller positiven wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Resultate und trotz bedeutender Erdgas-Reserven<br />
bleibt <strong>Bolivien</strong> das ärmste<br />
Land Südamerikas. 50% der Bevölkerung<br />
leben unter der Armutsgrenze. Besonders<br />
betroffen sind Haushalte, die von alleinerziehenden<br />
Müttern geführt werden,<br />
sowie indigener Familien. Sowohl in den<br />
Landgebieten als au<strong>ch</strong> in den Städten geht<br />
Armut einher mit ungenügend genutzten<br />
Bürgerre<strong>ch</strong>ten, Gewalt in der Familie,<br />
sozialer Ausgrenzung sowie Erwerbs- und<br />
Einkommensunsi<strong>ch</strong>erheit.<br />
Unglei<strong>ch</strong>heit ist in erster Linie eine Folge<br />
von mangelnden Opportunitäten. Dies<br />
betrifft vor allem den Zugang zu qualitativ<br />
guter Ausbildung und zu Produktionsmitteln.<br />
Weitere Faktoren sind die Segmentierung<br />
des Arbeitsmarktes sowie die<br />
Diskriminierung von Frauen und Indigenen.<br />
Dank sozialer Umverteilungsprogramme<br />
ist die Einkommensunglei<strong>ch</strong>heit zurückgegangen.<br />
Obs<strong>ch</strong>on der Gini-Index von 0,6<br />
auf 0,5 gesunken ist, sind die Einkommensunters<strong>ch</strong>iede<br />
markant. Überproportional<br />
betroffen sind Indigene und Frauen. Der<br />
Human Development Index lag 1990 no<strong>ch</strong><br />
bei 0.560 und hat si<strong>ch</strong> bis 2011 auf 0.663<br />
verbessert. Damit nimmt <strong>Bolivien</strong> den<br />
Rang 108 von 187 Ländern ein.<br />
Die Lage der Frauen hat si<strong>ch</strong> in den letzten<br />
Jahren zwar verbessert, aber Gewalt<br />
gegen Frauen bleibt ein wi<strong>ch</strong>tiges Problem.<br />
Über die Hälfte der Bolivianerinnen sind<br />
Gewalt von Seiten ihrer Partner ausgesetzt.<br />
Frauen sind mehrheitli<strong>ch</strong> im Tieflohnberei<strong>ch</strong><br />
bes<strong>ch</strong>äftigt, wo Unsi<strong>ch</strong>erheit und<br />
Ausbeutung am grössten sind. Generell<br />
können sie ihre Re<strong>ch</strong>te nur ungenügend<br />
wahrnehmen. 2011 betrug der Index<br />
für Gender-Unglei<strong>ch</strong>heit 0.476. Damit<br />
rangierte <strong>Bolivien</strong> auf Platz 88 von 146<br />
Ländern.<br />
Entwicklungsrelevant sind weiterhin folgende<br />
Elemente:<br />
1.1 Gouvernanz bleibt eine<br />
grosse Herausforderung<br />
Breit gefä<strong>ch</strong>erte, verfassungsmässig abgestützte<br />
Re<strong>ch</strong>te haben bei der Bevölkerung<br />
grosse Erwartungen geweckt – Erwartungen,<br />
die die Regierung ni<strong>ch</strong>t umfassend<br />
zu erfüllen vermag. Die Zahl der sozialen<br />
Konflikte nimmt zu. Dies ist ein untrügli<strong>ch</strong>es<br />
Zei<strong>ch</strong>en dafür, dass die Kapazität der<br />
demokratis<strong>ch</strong>en Institutionen, auf Forderungen<br />
der Bevölkerung einzugehen und<br />
Normen dur<strong>ch</strong>zusetzen, in Frage gestellt<br />
ist. Eine ges<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>te Gewaltenteilung,<br />
zentralistis<strong>ch</strong>e Tendenzen und autoritäres<br />
Vorgehen der Regierung gegen eine hoffnungslos<br />
zerstrittene Opposition s<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>en<br />
die Dur<strong>ch</strong>setzung der Prinzipien des<br />
Re<strong>ch</strong>tsstaates und bedrohen individuelle<br />
und kollektive Re<strong>ch</strong>te. Was insbesondere<br />
fehlt, ist die dringend nötige Konsolidierung<br />
der Institutionen. Diese sind oft ni<strong>ch</strong>t<br />
in der Lage, die Managementaufgaben<br />
einer öffentli<strong>ch</strong>en Verwaltung effizient<br />
wahrzunehmen. Um eine na<strong>ch</strong>haltige<br />
Entwicklung des Landes zu garantieren,<br />
ist die Stärkung der Institutionen zur<br />
Umsetzung der zahlrei<strong>ch</strong>en Staatsreformen<br />
unumgängli<strong>ch</strong>. Dies betrifft insbesondere<br />
das Justizsystem und den Dezentralisierungsprozess.<br />
1.2 Makroökonomis<strong>ch</strong>e<br />
Stabilität ohne<br />
na<strong>ch</strong>haltige<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Entwicklung<br />
Die gegenwärtige Wirts<strong>ch</strong>aftsentwicklung<br />
wird stark von Ausgaben und Investitionen<br />
der öffentli<strong>ch</strong>en Hand geprägt.<br />
<strong>Bolivien</strong>: Wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Indikatoren 2005-2010<br />
INDIKATOR 2005 2010<br />
BIP (Mio. USD) 9'521 19'501<br />
BIP pro Kopf (USD) 1'010 1'870<br />
Ausfuhren (Mio. USD) 2’867 6'952<br />
Ausfuhren von Brennstoffen und Mineralstoffen 69% 74%<br />
(%-Anteil an Gesamtausfuhren)<br />
Übrige Ausfuhren (%-Anteil an Gesamtausfuhren) 31% 26%<br />
Investitionen dur<strong>ch</strong> den Staat (Mio. USD) 629 1’521<br />
Direkte ausländis<strong>ch</strong>e Investitionen (Mio. USD) 488 508 (2008 p)<br />
Steuereinnahmen (Mio. USD) 3'012 8'709<br />
Externe und interne Staatss<strong>ch</strong>ulden (% des BIP) 73% 34%<br />
Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>er We<strong>ch</strong>selkurs (BOB/USD) 8.09 7.07<br />
Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>e Wa<strong>ch</strong>stumsraten 2000-2005 und<br />
2006-2010 (%)<br />
p = provisoris<strong>ch</strong>; Quelle: UDAPE<br />
Dabei stammen die Staatseinnahmen<br />
zum Grossteil von nationalisierten Unternehmen<br />
in der Öl- und Gasproduktion<br />
sowie den hohen Steuereinnahmen aus<br />
der Erdgasproduktion und dem Bergbau.<br />
Folgli<strong>ch</strong> sind die Staatseinnahmen<br />
stark abhängig von den fluktuierenden<br />
Weltmarktpreisen für Rohstoffe. Zudem<br />
leidet die bolivianis<strong>ch</strong>e Wirts<strong>ch</strong>aft unter<br />
mangelnder Diversifizierung. Sie wird<br />
na<strong>ch</strong> wie vor von der Landwirts<strong>ch</strong>aft<br />
dominiert. 23% des BIP entfallen auf die<br />
Landwirts<strong>ch</strong>aft und Agroindustrie. Einer<br />
kleinen ho<strong>ch</strong>spezialisierten Agroindustrie<br />
stehen Landwirts<strong>ch</strong>aftsgüter mit tiefem<br />
te<strong>ch</strong>nologis<strong>ch</strong>em Niveau gegenüber, die<br />
auf der grossen Mehrheit der Betriebe<br />
produziert werden, aber ledigli<strong>ch</strong> 30%<br />
des landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en BIP generieren.<br />
Weitere strukturelle Probleme wie<br />
etwa ein überdimensionierter informeller<br />
Sektor oder illegale Aktivitäten, die<br />
hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> mit dem Drogenhandel<br />
und dem S<strong>ch</strong>muggel verbunden sind,<br />
werden ni<strong>ch</strong>t energis<strong>ch</strong> genug angegangen.<br />
Zudem wird der Privatsektor häufig<br />
marginalisiert. Öffentli<strong>ch</strong>e und private<br />
Investitionen sind ungenügend, um die<br />
Produktivität zu verbessern. Obs<strong>ch</strong>on die<br />
verbesserte makroökonomis<strong>ch</strong>e Situation<br />
Bes<strong>ch</strong>äftigung und Einkommen positiv<br />
beeinflusste, ist ein Grossteil der Bevölkerung<br />
in prekären Arbeitsverhältnissen<br />
3.00 4.60<br />
Trotz aller positiven<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Resultate und trotz<br />
bedeutender Erdgas-<br />
Reserven bleibt<br />
<strong>Bolivien</strong> das ärmste<br />
Land Südamerikas.<br />
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