TaTorT DeuTschlanD – Die lokalreDakTion DeckT auf - Drehscheibe
TaTorT DeuTschlanD – Die lokalreDakTion DeckT auf - Drehscheibe
TaTorT DeuTschlanD – Die lokalreDakTion DeckT auf - Drehscheibe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Modellseminar: Tatort Deutschland<br />
Zulassungsstelle.<br />
<strong>Die</strong> Varianten, wie Korruptions-Beziehungen<br />
entstehen, sind nach Darstellung<br />
des Wissenschaftlers vielfältig. Oft steht Gier<br />
im Vordergrund, als häufig gilt aber auch das<br />
„Anfüttern“ mittels Geschenken, etwa einer<br />
Flasche Wein. Ebenso spielt die Verführung<br />
durch Nähe, Information und Macht<br />
eine Rolle <strong>–</strong> auch bei Journalisten. Anhand<br />
mehrerer Beispiele illustriert Frank Überall<br />
die Auswüchse im kommunalen Bereich. Im<br />
Fall der „Lustreisen“ etwa hatten Gasversorger<br />
Behördenvertreter und Mandatsträger<br />
zu Reisen eingeladen: unter dem Etikett der<br />
Informationsvermittlung. Dabei ging es unter<br />
anderem in ein Luxushotel an der Ostsee.<br />
„<strong>Die</strong> haben´s da mächtig krachen lassen“, so<br />
Überall.<br />
Bei der Recherche empfiehlt er vor allem<br />
eins: „Das Unmögliche für möglich halten.“<br />
Dazu gehört, einfach mal zu spekulieren,<br />
wer mit wem eine Korruptionsbeziehung unterhalten<br />
könnte, um dann <strong>auf</strong> Verdacht an<br />
den entsprechenden Stellen nachzufragen,<br />
getreu dem Motto: „Ich habe gehört, dass ...“<br />
Außerdem rät Überall herauszubekommen,<br />
in welchen Aufsichtsräten Politiker sitzen,<br />
welche Nebentätigkeiten sie ausüben,<br />
welche Ehrenämter. Auch bei großzügigen<br />
Spenden und gemeinnützigem finanziellen<br />
Engagement etwa von Unternehmern ruft<br />
er zur Wachsamkeit <strong>auf</strong> <strong>–</strong> aber auch zur<br />
Zurückhaltung: „Ich habe große Bauchschmerzen<br />
dabei, immer <strong>auf</strong> solche Fälle<br />
dr<strong>auf</strong>zuhauen, weil es ja tatsächlich Unternehmer<br />
gibt, die sich uneigennützig für die<br />
Allgemeinheit einsetzen.“<br />
Ganz genaues Hinsehen hält er für<br />
unabdingbar, wenn es um die Arbeit von<br />
Ombudsleuten oder Korruptionsbe<strong>auf</strong>tragten<br />
in Behörden geht. „Wir als Journalisten<br />
haben die Aufgabe, diesen Leuten <strong>auf</strong> den<br />
Füßen zu stehen und Berichte einzufordern“,<br />
betont er. Auf keinen Fall sollte man sich von<br />
interessierter Seite einschüchtern lassen:<br />
„<strong>Die</strong>, die am härtesten schießen, haben das<br />
Meiste zu verbergen“, spricht Frank Überall<br />
aus Erfahrung.<br />
Auch sollte sich niemand <strong>auf</strong>s falsche<br />
Gleis führen lassen, wenn Korruptionsverfahren<br />
eingestellt werden: „Damit ist nicht<br />
die Unschuld desjenigen bewiesen, sondern<br />
zunächst nur seine Schuld nicht nachgewiesen.“<br />
Zum Aufbau und zur Pflege von<br />
Kontakten empfiehlt er unter dem Stichwort<br />
„Socialising“, immer wieder mit Verantwortlichen<br />
bei Polizei, Gerichten, Staatsanwaltschaft<br />
zu sprechen <strong>–</strong> nicht nur dann, wenn<br />
es um konkrete Informationen geht. Anwälte,<br />
Vergabekammern bei der Bezirksregierung,<br />
kommunale Rechnungsprüfungsämter,<br />
Industrie- und Handelskammern sowie<br />
Handwerkskammern nennt er als weitere<br />
Anl<strong>auf</strong>stellen. Als schwierig beschreibt er<br />
aber die journalistische Präsentation der<br />
Recherchen: „Das sind nicht die Fälle, wo<br />
Blut fließt, sondern alles ist so unglaublich<br />
abstrakt.“<br />
Kontakt<br />
Tel.: 0171 8379214<br />
E-Mail: buero@politikinstitut.de<br />
Web: www.politikinstitut.de<br />
Das Buch<br />
Abgeschmiert <strong>–</strong> Wie Deutschland durch<br />
Korruption heruntergewirtschaftet wird<br />
Lübbe-Verlag 2011, 19,99 €<br />
Z<br />
ur Person<br />
Prof. Dr. Frank Überall<br />
Geboren 1971; Studium der<br />
Politikwissenschaft an der<br />
Universität Köln. Danach freier<br />
Journalist, u. a. für Hörfunk<br />
und Fernsehen, etwa für den<br />
WDR, die tageszeitung und<br />
dpa. 2007 Promotion in Tübingen<br />
über den Klüngel in der<br />
politischen Kultur Kölns; seit<br />
Oktober 2011 Professor an<br />
der Hochschule für Medien,<br />
Kommunikation und Wirtschaft<br />
in Köln, wo er Journalismus<br />
sowie Politik/Soziologie lehrt.<br />
Autor und Mitautor mehrerer<br />
politischer Sachbücher.<br />
Seite 14