TaTorT DeuTschlanD – Die lokalreDakTion DeckT auf - Drehscheibe
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Modellseminar: Tatort Deutschland<br />
interview<br />
Peter Schwarz: Medien haben sich zu sehr <strong>auf</strong> Ermittlerkreise verlassen<br />
„Zuhören, nicht so viel reden!“<br />
Klare Absprachen helfen beim Umgang mit Opfern und Angehörigen<br />
Der türkische Zuwanderer Enver<br />
Simsek wurde am 9. September<br />
2000 an seinem Blumenstand im<br />
hessischen Schlüchtern erschossen<br />
<strong>–</strong> das erste Mordopfer des sogenannten<br />
Nationalsozialistischen<br />
Untergrunds (NSU). Peter Schwarz,<br />
Redakteur bei der Waiblinger Kreiszeitung,<br />
hat mit Semiya Simsek, der<br />
Tochter des Opfers, ein Buch geschrieben:<br />
„Schmerzliche Heimat“.<br />
Im Interview berichtet er darüber<br />
und was Journalisten beim Umgang<br />
mit Betroffenen beachten sollten.<br />
Herr Schwarz, wie kam es, dass<br />
Sie zusammen mit Semiya Simsek<br />
dieses Buch geschrieben haben?<br />
Ich habe nach dem Amokl<strong>auf</strong> von<br />
Winnenden im Jahr 2009 häufig mit<br />
Opfern und Angehörigen gesprochen.<br />
Sie wurden von einem Anwalt aus<br />
Waiblingen vertreten, Jens Rabe, über<br />
ihn lief der Kontakt. Wir haben miteinander<br />
gute Erfahrungen gemacht. Er übernahm<br />
auch das Mandat von Frau Simsek.<br />
Bei seinen Besuchen in der Familie merkte<br />
er, dass es sich nicht um herkömmliche Anwaltsgespräche<br />
handelt. Man saß in der Küche<br />
und hat über Gott und die Welt geredet:<br />
über Integration, über das deutsch-türkische<br />
Verhältnis und das, was passiert ist. Und er<br />
war der Meinung, das sei Stoff für ein Buch.<br />
Weil er mich von der Arbeit zum Thema Winnenden<br />
her kannte, hat er mich gefragt, ob<br />
ich daran mitwirken wolle.<br />
Wie sah die Arbeit an dem Buch aus?<br />
Wir haben viele Akten gesichtet, Vernehmungsprotokolle,<br />
Zeugenprotokolle, Zwischenberichte,<br />
alles, was uns an Unterlagen<br />
zur Verfügung stand. Wir wollten das objektivieren,<br />
was Semiya aus ihrer subjektiven<br />
Perspektive und dem Erinnerungsfundus<br />
ihrer Familie erzählen konnte. Da es ein<br />
Buch werden sollte, das die Geschichte<br />
der Familie erzählt, gehörte auch dazu, zu<br />
zeigen, wie zum Beispiel der Vater nach<br />
Deutschland gekommen war, wie er sich hier<br />
etwas <strong>auf</strong>gebaut hat etc. Deshalb haben<br />
wir uns mit vielen Verwandten getroffen und<br />
uns mit ihnen unterhalten. Hinzu kam, dass<br />
Semiya im Juli vergangenen Jahres in der<br />
Türkei geheiratet hat. Deshalb besuchten wir<br />
fünf Tage lang das Dorf, aus dem ihr Vater<br />
stammte. Freude und Trauer vermischten<br />
sich dabei unglaublich intensiv.<br />
Was sollte man als Journalist beim Umgang<br />
mit Opfern oder deren Angehörigen<br />
beachten?<br />
Man muss klare Voraussetzungen schaffen.<br />
Vor dem Gespräch sollte man klären:<br />
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