TaTorT DeuTschlanD – Die lokalreDakTion DeckT auf - Drehscheibe
TaTorT DeuTschlanD – Die lokalreDakTion DeckT auf - Drehscheibe
TaTorT DeuTschlanD – Die lokalreDakTion DeckT auf - Drehscheibe
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Modellseminar: Tatort Deutschland<br />
es unerlässlich, den Redaktionsleiter,<br />
andere Kollegen und im Zweifel auch die<br />
Rechtsabteilung einzubinden.<br />
Der journalistische Aufwand, die Angst<br />
vor unangenehmen Folgen, die personelle<br />
Ausdünnung vieler Redaktionen und<br />
eingeschliffene Routinen stehen einer<br />
kritischen Berichterstattung im Weg und<br />
nehmen den Kollegen den Mut, unbequem<br />
zu sein.<br />
Unsere Leser haben einen Anspruch<br />
dar<strong>auf</strong>, dass die Zeitung gesellschaftliche<br />
Zustände kritisch betrachtet. So wird die<br />
Gesellschaft besser informiert, kontroverse<br />
Positionen werden besser abgewogen und<br />
entschieden.<br />
Voraussetzungen, Werkzeuge, Tipps und<br />
Hinweise für unbequeme Geschichten<br />
Wir müssen das Rad nicht neu erfinden,<br />
es reicht, sich die Grundsätze und<br />
Selbstverständlichkeiten ins Gedächtnis zu<br />
rufen. Voraussetzungen dafür sind:<br />
• Rückgrat (Selbstverständnis)<br />
• kritischer Blick: Was ist die Nachricht?<br />
Stimmt die Nachricht?<br />
• Neugier<br />
• Präsenz zeigen, rausgehen, ansprechbar<br />
sein<br />
• Netzwerke <strong>auf</strong>bauen, pflegen und nutzen.<br />
Vertrauen <strong>auf</strong>bauen und nicht enttäuschen;<br />
bei Interessenskonflikten die Geschichte<br />
an einen Kollegen abgeben<br />
• Unbedingter Informantenschutz<br />
• Rückhalt in der Redaktion nach innen<br />
und außen <strong>–</strong> zur Bestätigung und wenn’s<br />
ungemütlich wird<br />
• Eigene Kompetenz macht fundierte Kritik<br />
und Berichterstattung erst möglich.<br />
Wichtige Werkzeuge<br />
• Ein gut gepflegtes Archiv<br />
• Wichtige Themen in der Wiedervorlage, so<br />
ist Kontinuität gewährleistet<br />
• Qualitätskontrolle (innerhalb der<br />
Redaktion)<br />
• Fehler offen korrigieren<br />
• Zugang zu nichtöffentlichen<br />
(Sitzungs-)Unterlagen<br />
• Ideenbörsen in der Redaktion<br />
• Nutzung von sozialen Netzwerken als<br />
Rechercheinstrument<br />
Tipps und Hinweise<br />
• Recherchewege transparent machen<br />
• Leser als Tippgeber nennen, sofern der<br />
das will<br />
• Bei Pressereisen, Autotests und Ähnlichem<br />
Ross und Reiter nennen („<strong>Die</strong>ses Auto<br />
wurde der Redaktion von xy zur Verfügung<br />
gestellt.“)<br />
• Eigenes Verhalten zumindest hinterfragen<br />
(Stichwort Presserabatt). Wer selber<br />
angreifbar ist, ist weniger glaubwürdig.<br />
<strong>Die</strong> Folgen einer unbequemen<br />
Berichterstattung<br />
<strong>Die</strong> positiven Auswirkungen einer<br />
kritischen, investigativen Recherche<br />
übertreffen die negativen Konsequenzen.<br />
Dennoch können Probleme <strong>auf</strong>treten: Der<br />
Journalist kann durch den Betroffenen vom<br />
Informationsfluss abgeschnitten werden<br />
(Verwaltung, Behörden, Unternehmen,<br />
Pressestellen mauern). Das erschwert eine<br />
weitere Berichterstattung in der konkreten<br />
Angelegenheit, aber auch bei neuen<br />
Themen.<br />
Enttäuschte Leser reagieren <strong>auf</strong> in ihren<br />
Augen unangemessene Berichterstattung<br />
mit kritischen Briefen (Shitstorm,<br />
lancierte Aktionen) oder drohen mit Abo-<br />
Kündigungen, Anzeigenkunden damit, keine<br />
Anzeigen mehr zu schalten. Der Redakteur/<br />
Journalist kann zum Feindbild in Teilen der<br />
Öffentlichkeit werden.<br />
<strong>Die</strong> positiven Aspekte betreffen unter<br />
anderem folgende Punkte:<br />
• <strong>Die</strong> Redaktion erwirbt sich durch ihre<br />
Recherchearbeit Respekt weit über die<br />
Chronistenpflicht hinaus.<br />
• Durch diese vertiefende Berichterstattung<br />
wird die Leser-Blatt-Bindung verstärkt.<br />
• Der Leser erhält Informationen, an die er<br />
selbst ohne die journalistische Arbeit nicht<br />
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