TaTorT DeuTschlanD – Die lokalreDakTion DeckT auf - Drehscheibe
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Modellseminar: Tatort Deutschland<br />
Spiegel online, 26.3.2010<br />
Missbrauch im Sport: Trainer als<br />
Täter<br />
Von Jan Reschke<br />
In Sportvereinen sehen viele Eltern<br />
ihre Kinder gut <strong>auf</strong>gehoben. Doch<br />
auch hier ist sexueller Missbrauchs<br />
nicht selten. <strong>Die</strong> Täter, meist Trainer,<br />
nutzen das Vertrauensverhältnis<br />
aus. Sogar im Leistungssport leiden<br />
Athleten immer wieder unter sexuellen<br />
Übergriffen ihrer Ausbilder.<br />
Es geschah im Zeltlager. <strong>Die</strong> Handball-<br />
Abteilung des ESV Ingolstadt hatte<br />
sich für fünf Tage an den Weicheringer<br />
Weiher nahe Neuburg an der Donau<br />
zurückgezogen. 30 Jungen und Mädchen<br />
im Alter von acht bis elf Jahren waren<br />
mitgefahren. Außerdem einige Betreuer,<br />
darunter Martin G. (Name von der<br />
Redaktion geändert). Mindestens fünf<br />
Mädchen lockte G. im Verl<strong>auf</strong> des<br />
Lagers in sein Zelt. Dort forderte er sie<br />
<strong>auf</strong>, sich auszuziehen, anschließend<br />
missbrauchte er sie. Im November<br />
2009 gestand er vor Gericht seine Taten<br />
und wurde zu drei Jahren und sieben<br />
Monaten Haft verurteilt.<br />
Auch der mutmaßliche Kinderschänder<br />
Christoph G., der sich im August des<br />
vergangenen Jahres der Polizei gestellt<br />
hatte und Jungen im Alter von sieben<br />
bis 15 Jahren zum Teil mit grober<br />
Gewalt sexuell missbraucht haben soll,<br />
fand seine Opfer in einem Sportverein.<br />
Und vor wenigen Tagen gestand ein<br />
Sporttrainer aus Linz, zwei zur Tatzeit<br />
minderjährige männliche Athleten<br />
missbraucht zu haben.<br />
Ein Großteil sexueller Übergriffe kommt<br />
aus dem nahen sozialen Umfeld der<br />
Opfer, auch in Sportvereinen kommt<br />
es zu solchen Taten. Genaue Zahlen<br />
gibt es dazu nicht, Opferverbände<br />
vermuten jedoch ein erhebliches<br />
Ausmaß. Im Verein können erste<br />
Annäherungsversuche geschickt getarnt<br />
werden: Scheinbar zufällig werden<br />
Kinder bei Hilfestellungen zwischen den<br />
Beinen oder am Busen berührt. Beim<br />
Umziehen oder Duschen fallen Blicke<br />
<strong>auf</strong> die Geschlechtsteile nur wenig <strong>auf</strong>.<br />
Täter genossen im Verein großes<br />
Vertrauen<br />
Potentielle Täter, die als Trainer oder<br />
Trainerin arbeiten, können gezielt<br />
Situationen herbeiführen, um ungestört<br />
mit den ihnen anvertrauten Kindern<br />
zusammenzutreffen. Trainingslager<br />
bieten sich an, aber auch Einzeltraining<br />
oder -gespräche. Meist genießen die<br />
Täter im Verein großes Vertrauen, ihr<br />
überdurchschnittliches Engagement lässt<br />
sie positiv dastehen, was es im Falle von<br />
Übergriffen für die Opfer schwermacht,<br />
Gehör und Glauben zu finden.<br />
Elinor Burkett und Frank Bruni<br />
schrieben in ihrem 1995 veröffentlichten<br />
„Buch der Schande“ über die Täter: „Sie<br />
sind Rattenfänger in ihrer Umgebung,<br />
die von den Kindern verehrt und von<br />
den Eltern wegen ihrer Großzügigkeit,<br />
Geduld und ihrer Fähigkeit, mit Kindern<br />
umzugehen, gepriesen werden.“ <strong>Die</strong>se<br />
Rattenfänger finden sich als Priester in<br />
der Kirche, als Lehrer in der Schule oder<br />
als Trainer im Sport. Opfer können oft<br />
erst über die Übergriffe sprechen, wenn<br />
sie sich selbst aus dem Vereinsumfeld<br />
gelöst haben oder die betreffende<br />
Person nicht mehr dort ist. Dann sind<br />
die Fälle häufig schon verjährt. „Der<br />
Druck ist vorher einfach zu groß“, sagt<br />
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