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Zur Sozialepidemiologie der Tuberkulose in der Stadt Bremen

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1 Zu diesem Bericht<br />

In Deutschland spielen Infektionskrankheiten als Todesursache kaum noch e<strong>in</strong>e Rolle. 2006 hatten<br />

<strong>in</strong>fektiöse und parasitäre Krankheiten 1 e<strong>in</strong>en Anteil von 1,5% an allen Sterbefällen, 2 die weitaus<br />

meisten Todesfälle g<strong>in</strong>gen auf Herz-Kreislauferkrankungen 3 (43,7%) und auf Krebserkrankungen<br />

4 (26,4%) zurück. 5 Wie aber stets wie<strong>der</strong>kehrende Ängste vor <strong>der</strong> Ausbreitung von Krankheitserregern<br />

(z.B. SARS, „Vogelgrippe“) zeigen, ist die Er<strong>in</strong>nerung an Seuchenzüge, die e<strong>in</strong>st<br />

ganze Landstriche buchstäblich entvölkerten, immer noch Teil des kollektiven Gedächtnisses.<br />

Es ist noch nicht so lange her, dass Infektionskrankheiten, allen voran die auch als „weiße Pest“<br />

o<strong>der</strong> „Schw<strong>in</strong>dsucht“ bezeichnete <strong>Tuberkulose</strong>, das Gros <strong>der</strong> Todesfälle verursachten. Erst zu<br />

Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts sank <strong>in</strong> den Industrielän<strong>der</strong>n die Sterblichkeit aufgrund <strong>in</strong>fektiöser<br />

und parasitärer Krankheiten. Gleichzeitig traten chronisch-degenerative Erkrankungen – so<br />

nennt man durch körperlichen Abbau und dauerhafte Schädigungen hervorgerufene Leiden –<br />

als Todesursache <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund. Ursache dieses Wandels war <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Lebensbed<strong>in</strong>gungen, 6 <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> hygienischen Verhältnisse. Mit <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>richtung zentraler Tr<strong>in</strong>kwasserversorgungen und dem Bau <strong>der</strong> städtischen Kanalisationen<br />

wurden Cholera- und Typhusepidemien, die früher vor allem <strong>in</strong> den Armenvierteln <strong>der</strong> Städte<br />

immer wie<strong>der</strong> grassierten, verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t. H<strong>in</strong>zu kamen Fortschritte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> wie die Entdeckung<br />

von Krankheitserregern (Cholera, <strong>Tuberkulose</strong>), die Etablierung hygienischer Standards<br />

(E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> Des<strong>in</strong>fektion) sowie die Entwicklung effektiver Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten<br />

(Reihenuntersuchungen, Impfstoffe, Antibiotika). Dank verbesserter Lebensverhältnisse<br />

und mediz<strong>in</strong>ischer Erfolge erhöhte sich die Lebenserwartung, mith<strong>in</strong> aber auch das<br />

Risiko e<strong>in</strong>er chronisch-degenerativen Krankheit. Vor 100 Jahren erreichten die meisten Menschen<br />

schlicht nicht das Alter, ab dem die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit deutlich steigt, z.B. an Krebs zu<br />

erkranken. 7<br />

Auch <strong>Tuberkulose</strong> (TBC) ist <strong>in</strong> Deutschland selten geworden und als Todesursache epidemiologisch<br />

unbedeutend. Die Zahl <strong>der</strong> festgestellten Neuerkrankungen ist seit langem rückläufig, 2007<br />

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ICD/10 A00-B99.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> letzten zehn Jahre sowohl die Zahl <strong>der</strong> Sterbefälle aufgrund <strong>in</strong>fektiöser und parasitärer Krankheiten<br />

als auch <strong>der</strong>en Anteil an den gesamten Todesfällen kont<strong>in</strong>uierlich gestiegen. 1998 starben <strong>in</strong> Deutschland 7.801 Menschen<br />

an <strong>in</strong>fektiösen und parasitären Krankheiten, 2006 waren es 12.354 Menschen. Der Anteil an den gesamten Sterbefällen<br />

erhöhte sich von 0,9% (1998) auf 1,5% (2006).<br />

ICD/10 I00-I99<br />

ICD/10 C00-D48<br />

Daten: Gesundheitsberichterstattung des Bundes<br />

vgl. McKeown 1982<br />

Mit 69 Jahren liegt das mittlere Erkrankungsalter für Krebs bei Männern und Frauen erheblich über <strong>der</strong> durchschnittlichen<br />

Lebenserwartung im Deutschen Reich zu Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts: Damals betrug die mittlere Lebenserwartung e<strong>in</strong>es<br />

neugeborenen Jungen knapp 45 Jahre, die e<strong>in</strong>es neugeborenen Mädchens gut 48 Jahre (Robert Koch-Institut 2008b: 17,<br />

Wiesner 2001: 9).<br />

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