Ziele und Inhalte des Informatik- unterrichts
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AnaJysc;n<br />
rithmen werden in Gestalt von Flußdiagrammen beschrieben,<br />
Variablenbegriff <strong>und</strong> Wertzuweisung am Modell der<br />
Schließfachanlage veranschaulicht. Der didaktische Stand<br />
ist etWa in der "Rechnerk<strong>und</strong>e" von Frank <strong>und</strong> Meyer<br />
dokumentiert.<br />
Zusammenfassend läßt sich dieser Ansatz wie folgt<br />
kennzeichnen: die Lernziele richten sich auf die logischen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen der Datenverarbeitung <strong>und</strong> ihre technische<br />
Realisierung, die Anwendungen liegen hauptsächlich auf<br />
numerischem Gebiet, als Geräte stehen neben Digitalbausteinen<br />
<strong>und</strong> Modellrechnern tastenprogrammierbare<br />
Tischrechner (HP 9810, Wang, Monroe usw.) zur Verfügung.<br />
Etwa seit 1970 werden in zunehmendem Maß Modellversuche<br />
auf Länderebene zum Thema "<strong>Informatik</strong>unterricht<br />
in der Sek<strong>und</strong>arstufe II" durchgeführt; diese<br />
bilden die Gr<strong>und</strong>lage der ersten LehrplanentWürfe.<br />
2.3 Softwareorientierte Ansätze (seit 1976)<br />
Mitte der siebziger Jahre beginnt eine Umorientierung der<br />
didaktischen Diskussion; richtungweisend dafür ist die<br />
Empfehlung der Gesellschaft für <strong>Informatik</strong> über "Zielsetzungen<br />
<strong>und</strong> <strong>Inhalte</strong> <strong>des</strong> <strong>Informatik</strong><strong>unterrichts</strong>" (GI<br />
1976). Die Abkehrvom bisherigen Konzeptwird wiefolgt<br />
artikuliert: " Gegenstand <strong>des</strong> <strong>Informatik</strong><strong>unterrichts</strong> ist in<br />
erster Linie nicht die technische Funktion <strong>des</strong> Rechners.<br />
Vielmehr erscheint es wesentlich, Möglichkeiten der Anwendung<br />
<strong>des</strong> Rechners sowie Auswirkung <strong>und</strong> Grenzen<br />
<strong>des</strong> Einsatzes von Rechenanlagen zu kennen <strong>und</strong> zu erkennen".<br />
Als Zielsetzungen <strong>des</strong> <strong>Informatik</strong><strong>unterrichts</strong><br />
werden genannt: (1) die Fähigkeit, algorithmische Lösungen<br />
von Problemen systematisch zu finden, {2) diese als<br />
Programm zu formulieren, (3) das Gelernte durch Anwendung<br />
auf praxisorientierte Probleme zu vertiefen, (4) die<br />
Auswirkungen der DatenverarbeitUng auf die Gesellschaft<br />
zu erkennen <strong>und</strong> (5) das Gelernte möglicherweise durch<br />
Erarbeitung theoretischer oder technischer Gr<strong>und</strong>lagen<br />
der <strong>Informatik</strong> zu vertiefen.<br />
2.3.1 Anwendungsorientierung<br />
Mit erstaunlicher Naivität wird etWas für praktisch gehalten,<br />
nur weil es die Theorie meidet.<br />
Schubert<br />
Im Modellversuch "Ecis" <strong>des</strong> B<strong>und</strong>eslan<strong>des</strong> Berlin, der<br />
bereits die Sek<strong>und</strong>arstUfe I einbezieht, wird am GI-Konzept<br />
Kritik geübt. Man wirft diesem vor, daß es erstens zu<br />
stark an der Systematik <strong>des</strong> Hochschulfaches <strong>Informatik</strong><br />
orientiert sei ("Algorithmik pur"), daß es zweitens nicht<br />
oder zu wenig auf die individuelle LebenssitUation <strong>und</strong> die<br />
Interessen der Schüler eingehe <strong>und</strong> schließlich drittens<br />
Problemlösefähigkeiten unabhängig von <strong>Inhalte</strong>n zu vermitteln<br />
suche. Die Berliner vertreten einen Ansatz, den sie<br />
"anwendungsorientiert" nennen, da er den Vorgang der<br />
M odellbild~ng stärker betont <strong>und</strong> sich an den Methoden<br />
<strong>des</strong> professionellen Software-Entwurfs orientiert. Es wird<br />
ein im Software Engineering entWickeltes FÜnf-Phasen-<br />
Modell als "didaktisches Modell" in den Unterricht übernommen.<br />
Die gesellschaftlichen Auswirkungen sollen in<br />
der letzten Phase mitbehandelt werden.<br />
Trotz offenbar berechtigter Einwände- vor allem gegen<br />
die herrschende Unterrichtspraxis -konnte der "anwendungsorientierte"<br />
Ansatz in<strong>des</strong> seinen eigenen Ansprüchen<br />
nicht genügen. Zwei kritische Stimmen aus jüngster<br />
Zeit seien dazu zitiert. Forneck weist daraufhin,daß jenem<br />
"eine soziologische bzw. kultUrkritische <strong>und</strong> historische<br />
Analyse der Auswirkungen der <strong>Informatik</strong>" vorgeordnet<br />
sei. Da aber gleichzeitig am algorithmischen Problemlösen<br />
festgehalten werde, "stellt sich das Problem, wie all das in<br />
einem Fach <strong>und</strong> von einem Lehrer verantwortlich geleistet<br />
werden soll". Und weiter: "Dieser Anspruch, die vielschichtigen<br />
Probleme der Computeranwendung zu behandeln,<br />
muß ein Fach <strong>und</strong> die lehrenden Personen überfordern"<br />
{Forneck 1990, S. 37).<br />
Zur ausschließlichen Orientierung <strong>des</strong> "anwendungsorientierten"<br />
<strong>Informatik</strong><strong>unterrichts</strong> an den Arbeitsmethoden<br />
<strong>des</strong> Software Engineering {Koerber 1991, S. 306)<br />
nimmt Ambros dezidiert wie folgt Stellung: "Ich halte<br />
diese Vorstellung für unrealistisch, didaktisch verfehlt <strong>und</strong><br />
pädagogisch fragwürdig". Begründung: "Es ist geradezu<br />
absurd, unter Berufung auf das pädagogische Projekt der<br />
Arbeitsschule als Vorbild für soziales, emanzipatorisches,<br />
humanes, möglichst noch leistungsneutrales, Lernen einen<br />
Berufszweig zu nehmen, zu <strong>des</strong>sen Wesen knallharte Konkurrenz,<br />
Kalkulation <strong>und</strong> Leistungsausbeutung gehör-en.<br />
Soziale <strong>und</strong> selbstbestimmte Lernkomponenten in der<br />
pädagogischen Schutzhütte <strong>und</strong> industrielle Effizienz in<br />
der Wettbewerbssituation sind unvereinbar wie Feuer <strong>und</strong><br />
Wasser" {Ambros 1993, S. 5).<br />
Falsch verstandene Anwendungsorientierung unternimmt<br />
es, die Schüler über Handlungsfelder <strong>des</strong> praktischen<br />
Lebens {von der Heizölgewinnung über das Algenwachstum<br />
in Teichen bis zur Rolle der Gewerkschaften in<br />
einem Autohaus) zu informieren <strong>und</strong> wird damit zu einer<br />
ArtSach-, Sozial- <strong>und</strong> Umweltk<strong>und</strong>e. Richtig verstandene<br />
Anwendungsorientierung nimmt jene Situationen lediglich<br />
als Ausgangspunkt eines gedanklichen Prozesses, der von<br />
den wechselnden Anwendungsfällen abstrahiert, um die<br />
invarianten informatischen Strukturen herauszuarbeiten.<br />
Das Verdienst <strong>des</strong> "anwendungsorientierten" Ansatzes<br />
besteht darin, auf die Bedeutung der <strong>Ziele</strong> {3) <strong>und</strong> {4) der<br />
GI-Empfehlungen hingewiesen <strong>und</strong> erste Schritte in Richtung<br />
einer Unterrichtsmethodik für <strong>Informatik</strong>projekte<br />
getan zu haben. Anfechtbar ist seine Überschätzung der<br />
Anwendungen: Wie wichtig diese auch sind, zur ausschließlichen<br />
Legitimation <strong>des</strong> <strong>Informatik</strong><strong>unterrichts</strong> <strong>und</strong><br />
zu seiner Strukturierung taugen sie nicht.<br />
2.3.2 Algorithmenorientierung<br />
Bezugnehmend auf die GI-Empfehlung von 1976 bestimmen<br />
Claus <strong>und</strong> Schwill die <strong>Informatik</strong> als algorithmen<strong>und</strong><br />
anwendungsbezogene Methodenwissenschaft, die<br />
Methoden zur Spezifikation <strong>und</strong> zum EntwUrf von Software<br />
bereitstellt, den Programmerstellungsprozeß unterstützt<br />
<strong>und</strong> Techniken zur Darstellung <strong>und</strong> Realisierung<br />
von Problemlösungen sowie zur Analyse <strong>und</strong> Verifikation<br />
von Programmen erarbeitet {Claus / Schwill 1986).<br />
Es werden u. a. folgende <strong>Informatik</strong>methoden genannt:<br />
{1) Strukturierte Programmierung, Modularisierung, begleitende<br />
Dokumentation; {2) Zerlegung komplexer Abläufe<br />
in Einzelschritte; {3) Spezifikation von Anforderungen<br />
an die zu entWickelnde Software; {4) Denken in Datenstrukten,<br />
Datenabstraktion; {5) Verifikation (Korrektheitsnachweis<br />
bzw. Teststrategien); {6) Verständnis für Syntax<br />
<strong>und</strong> Semantik von Spezifikations- <strong>und</strong> Programmiersprachen;<br />
{7) Bewertung von Algorithmen bzw. Programmen<br />
durch Aufwandsanalyse bezügl. Zeit <strong>und</strong>/oder Speicherplatz;<br />
{8) Programmierkonzepte wie z. B. Rekursion,<br />
Nichtdeterminismus, Nebenläufigkeit; {9) Modellierungsbzw.<br />
Simulationstechniken; {10) Arbeitsteiliges Vorgehen.<br />
Kritisch ließe sich einwenden, daß <strong>Inhalte</strong> zum Thema<br />
"Aufbau <strong>und</strong> Funktionsweise von Computersystemen"<br />
gemieden werden. Diese Haltung ist in<strong>des</strong> aus der historischen<br />
Situation {Abkehr vom hardwareorientierten<br />
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