Ziele und Inhalte des Informatik- unterrichts
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Analysen<br />
A3 Eine problemadäquate Auswahl von Werkzeugen zur<br />
Lösung von Problemen treffen <strong>und</strong> die Auswahl begründen<br />
(z. B. Programmiersprachen, standardsoftware,<br />
Entwicklungsumgebungen, Rahmensysteme<br />
(Shells»;<br />
A4 Methoden <strong>des</strong> EntWUrfs von <strong>Informatik</strong>systemen kennen<br />
<strong>und</strong> anwenden (z. B. Top-Down- Vorgehen, Modularisierung,<br />
objektorientierte bzw. deklarative Methoden,<br />
Prototyping);<br />
AS Probleme hinsichtlich ihrer Komplexität sowie Algorithmen<br />
hinsichtlich Zuverlässigkeit (Korrektheit, Validität)<br />
<strong>und</strong> Effizienz beurteilen.<br />
B) Struktur <strong>und</strong> Funktion von <strong>Informatik</strong>systemen im<br />
soziotechnischen Kontext<br />
Die Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen sollen:<br />
B I Die Prinzipien der Digitalisierung <strong>und</strong> der binären<br />
Codierung von Daten als Gr<strong>und</strong>lage technischer Informationsverarbeitung<br />
kennen <strong>und</strong> bewerten;<br />
Bl Die Idee der Informationsverarbeitung durch programmgesteuerte<br />
Automaten <strong>und</strong> die zugehörige<br />
Rechnerarchitekturen ( von- N eumann- Architektur,<br />
Parallelarchitekturen) verstehen;<br />
B3 Funktion <strong>und</strong> logische Strukturvon Datenbank- <strong>und</strong><br />
Informationssystemen kennen;<br />
B4 Struktur <strong>und</strong> Funktion von Netzen zur Informationsübertragung<br />
in ihrer Eigenschaft als soziotechnische<br />
Systeme begreifen <strong>und</strong> analysieren;<br />
BS Risiken komplexer Hard- <strong>und</strong> Softwaresysteme kennen<br />
<strong>und</strong> hinsichtlich ihres Einsatzes für Planungs- <strong>und</strong><br />
Entscheidungsprozesse abschätzen.<br />
C) Prinzipielle Grenzen technischer Informationsverarbeitung<br />
sowie gr<strong>und</strong>legende Konzepte von Information<br />
<strong>und</strong> Kommunikation<br />
Die Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen sollen:<br />
Cl Computer als universelle symbolverarbeitende Maschinen<br />
begreifen <strong>und</strong> in die geschichtliche Entwicklung<br />
von Technik <strong>und</strong> Kultur einordnen;<br />
Cl Prinzipien formaler <strong>und</strong> natürlicher Sprachen, deren<br />
Zusammenhang sowie die Grenzen formaler Kommunikation<br />
kennen;<br />
C3 Gr<strong>und</strong>legende Konzepte symbolischer <strong>und</strong> subsymbolischer<br />
Informationsverarbeitung (Konnektionismus,<br />
neuronale Netze) kennen <strong>und</strong> miteinander vergleichen;<br />
C4 Prinzipielle Grenzen der Berechenbarkeit <strong>und</strong> der Effizienzsteigerung<br />
kennen;<br />
Cs Die Grenzen <strong>des</strong> Einsatzes von Informationstechnik<br />
aufgr<strong>und</strong> individueller <strong>und</strong> gesellschaftlicher Verantwortung<br />
kennen <strong>und</strong> beachten.<br />
4. Einzelfragen<br />
4.1 Theoretische <strong>Informatik</strong> im Unterricht<br />
\<br />
Daß Theorie ihre Selbständigkeit zurückgewinnt, ist das<br />
Interesse von Praxis selber.<br />
Adomo<br />
Der <strong>Informatik</strong>unterricht muß stets die theoretischen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen stärker akzentuieren als die heute wichtigenmorgen<br />
aber vielleicht überholten Anwendungen.<br />
Goos<br />
Wie jede Wissenschaft hat die Infonnatik ein theoretisches<br />
F<strong>und</strong>ament -eine Tatsache, an der auch der Schulunterricht<br />
nicht vorbeikommt. Was bliebe beispielsweise vom<br />
Bildungsgehalt der Physik, wenn die theoretischen <strong>Inhalte</strong><br />
der Kinematik, der Warmelehre oder der Elektrik im Unterricht<br />
ausgespart würden?<br />
Nur mit Hilfe theoretischer Begriffe läßt sich über die<br />
prinzipiellen Grenzen der Informationstechnik etwas aussagen,<br />
denn das "Prinzipielle", d. h. das durch keinen<br />
technischen Fortschritt je Einholbare, ist selbst ein theoretisches<br />
Konstrukt. Die Meinung, "mit genügend schnellen<br />
<strong>und</strong> genügend vielen Computern können wir alle unsere<br />
Probleme bewältigen, ist ein Irrglaube" (Kerner<br />
1990). Ihm nicht zu verfallen ist ein Moment kritischen<br />
Vernunftgebrauchs <strong>und</strong> damit von Bildung (siehe 1.1).<br />
Nur das überzeugende Eintreten für Algorithmenbzw.<br />
Systementwicklung als methodisch geleitete, theoretisch<br />
f<strong>und</strong>ierte T.itigkeit wirkt der bei vielen Schülern<br />
verbreiteten Hacker-Mentalität entgegen, die das Wesen<br />
der <strong>Informatik</strong> im versierten Umgang mit dem Betriebssystem<br />
bzw. in Fertigkeiten beim (trickreichen, maschinennahen)<br />
Programmieren erblickt, <strong>und</strong> in denen jene<br />
Schüler sich dem Lehrer häufig überlegen glauben (<strong>und</strong> oft<br />
tatsächlich auch sind).<br />
Methodisch ist dabei lolgen<strong>des</strong> zu beachten: Die Behandlung<br />
von Themen der theoretischen <strong>Informatik</strong> darf<br />
nicht nach Art der Hochschule geschehen, d. h. nicht<br />
isoliert <strong>und</strong> auf Vorrat, sondern sollte möglichst aus einem<br />
Anwendungszusammenhang heraus entstehen <strong>und</strong> in ein<br />
praktisches Programmierprojekt münden. Die <strong>Inhalte</strong><br />
sind elementarisiert <strong>und</strong> didaktisch reduziert darzubieten,<br />
ohne dabei die wesentlichen Einsichten zu verfälschen.<br />
Das soll am Beispiel "Aufbau <strong>und</strong> Funktionsweise von<br />
Rechenanlagen" verdeutlicht werden. Dieses Thema war<br />
ja dadurch in Verruf geraten, daß es sich zur Spielwiese für<br />
technisch begeisterte Lehrer <strong>und</strong> Schüler entwickelt hatte,<br />
die ihre Freude an technischen Detailfragen ungehemmt<br />
auslebten. Dabei überwogen zeitbedingte, also vom technischen<br />
Fortschritt rasch überholte Lösungen. Schnell<br />
veraltetes technisches Detailwissen aber ist der Überlieferung<br />
bzw. der unterrichtlichen Behandlung, welche ja auf<br />
das Prinzipielle, Wesentliche <strong>und</strong> Invariante zielt, nicht<br />
würdig. Der hardwareorientierte didaktische Ansatz (siehe<br />
2.2) hatte offenbar den Nachweis nicht zu erbringen<br />
vermocht, daß die techriischen Ideen, die zur Realisierung<br />
<strong>des</strong> heutigen Computers führen, durchaus überlieferungswürdig<br />
sind, da ohne ihr Verständnis dieser nicht begriffen<br />
werden kann. Zum Herausarbeiten der "f<strong>und</strong>amentalen<br />
Ideen" sind nun gewisse theoretische Begriffe <strong>und</strong> Denkmethoden<br />
erforderlich-<br />
Gr<strong>und</strong>legend ist das Prinzip der Zweiwertigkeit, welches<br />
sowohl die klassische Logik als auch die Digitaltechnik<br />
beherrscht: (1) Jede Information läßt sich binär, d. h.<br />
als Folge von Binärzeichen darstellen. Die Gründe, dies zu<br />
tun, sind sowohl technischer als auch philosophischer<br />
Natur (Leibniz). (2) Jede Verarbeitung binär dargestellter<br />
Zeichen ist sowohl arithmetisch als auch logisch interpretierbar;<br />
Logik <strong>und</strong> Rechnen mit Zahlen stützen sich auf<br />
die gleichen binären Operationen. (3) Die technische Realisierung<br />
der binären Funktionen sind die digitallogischen<br />
Gatter <strong>und</strong> die daraus aufgebauten Schaltnetze. Damit ist<br />
bereits im Gr<strong>und</strong>zug erklärt, daß scheinbar "geistige" T.itigkeiten<br />
wie Rechnen <strong>und</strong> logisches Schließen materiellen<br />
Geräten überantwortet werden können, <strong>und</strong> wie dies heute<br />
technisch bewerkstelligt wird.<br />
Als nächstes muß der Begriff <strong>des</strong> Systems bzw. <strong>des</strong><br />
Automaten präzisiert werden. Je<strong>des</strong> System läßt sich in<br />
seinem Aufbau durch drei Komponenten kennzeichnen,<br />
nämlich (A) Ein-/ Ausgabekomponente, (B) Gedächtniskomponente<br />
<strong>und</strong> (C) Verarbeitungskomponente (einschließlich<br />
Steuerung). Dies gilt sowohJ für lebende als<br />
auch für technische Systeme. Zur Verhaltensbeschreibung<br />
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