Ziele und Inhalte des Informatik- unterrichts
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Ansatz) verständlich. Ein .geläuterter" algorithmenorientierter<br />
Ansatz hat diese einseitige Sicht längst revidiert <strong>und</strong><br />
nutzt z. B. die algorithmische Nachbildung von Rechnerstrukturen<br />
als methodisches Hilfsmittel.<br />
2.4 Systemorientierter Ansatz (seit 1990)<br />
Eine zeitgemäße didaktische WeiterentWicklung <strong>des</strong> <strong>Informatik</strong>unternchts<br />
könnte bzw. müßte sich systemorientiert<br />
nennen. Dem liegt folgende Überlegung zugr<strong>und</strong>e:<br />
Der Systembegriff ist der umfassende Strukturbegriff aller<br />
Wissenschaft; in ihmkommt zur Sprache, daß es neben den<br />
Kategorieff Materie <strong>und</strong> Energie noch ein Drittes gibt,<br />
nämlich Ordnung bzw. Organisation. Letzteres aber ist<br />
ein Synonym für Information -insofern. verweist der<br />
Systembegriff auf den Informationsbegriff zurück. Als<br />
angemessene Bezeichnung für "DV-System", "informationsverarbeiten<strong>des</strong>technisches<br />
System", "Programmiersystem"<br />
usw. wird hiermit der Begriff lnfonnatiksystem<br />
vorgeschlagerl; der aus den Anfangsjahren der <strong>Informatik</strong><br />
in Deutschland stammt (Steinbuch 1957).<br />
Wie je<strong>des</strong> informationsverarbeitende System (der belebten<br />
<strong>und</strong> der unbelebten Welt) ist ein <strong>Informatik</strong>system<br />
aus materiellen (Hardware-) <strong>und</strong> immateriellen (SoftWare-<br />
) Bestandteilen zusammengesetzt. Es besteht aus (min<strong>des</strong>tens)<br />
einer Dialogkomponente, einer Gedächtniskomponente<br />
<strong>und</strong> einer Verarbeitungskomponente (siehe auch<br />
4.1). Bei dieser Sicht ist klar, daß der <strong>Informatik</strong>unterricht<br />
weder einseitig die Hardware-, noch ausschließlich die<br />
SoftWareseite favorisieren daif. Ferner ist auch die Perspektive<br />
<strong>des</strong> Benutzers einzubeziehen, denn dieser erfährt<br />
das System nicht so sehr als materielles Gerät <strong>und</strong> erst recht<br />
nicht als Programm, sondern er kommuniziert mit ihm<br />
über die "Benutzeroberfläche" .Deren Gestaltung kommt<br />
beim Entwurf von <strong>Informatik</strong>systemen somit entscheidende<br />
Bedeutung zu.<br />
Damit ist informatisches Problemlösen als Systementwicklung<br />
(EntWicklung eines <strong>Informatik</strong>systems) charakterisiert,<br />
wobei natürlich die genannten <strong>Informatik</strong>methoden<br />
ihre zentrale Stellung behalten. Ferner wird der Computer<br />
nicht als isoliertes Einzelgerät, sondern als Teil umfassender<br />
Systeme gesehen. In diesem Sinne läßt sich der<br />
systemorientierte Ansatz als Synthese der bisherigen Ansätze<br />
( einschließlich der Vorgeschichte) verstehen.<br />
3. Richtziele <strong>des</strong> <strong>Informatik</strong><strong>unterrichts</strong><br />
Jede neue Technik entWickelt sich vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> eines impliZiten Verständnisses vom Wesen <strong>des</strong><br />
Menschen <strong>und</strong> von menschlicher Arbeit. Der Umgang mit<br />
Technik wiederum führt zu gr<strong>und</strong>legenden Änderungen<br />
unseres HandeIns -<strong>und</strong> damit letztlich unserer Auffassung<br />
<strong>des</strong>sen, was es heißt, Mensch zu sein.<br />
Winograd / Flores<br />
Anknüpfend an die herkömmliche Dreiteilung der <strong>Ziele</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Inhalte</strong> <strong>des</strong> <strong>Informatik</strong><strong>unterrichts</strong> nach den Gesichtspunkten<br />
"Problemlösen mit dem Computer", "StruktUr<br />
<strong>und</strong> Funktionsweise von Rechenanlagen" sowie "theoretische<br />
Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Grenzen der Informationstechnik"<br />
werden im folgenden drei Leitfragen <strong>des</strong> <strong>Informatik</strong><strong>unterrichts</strong><br />
formuliert:<br />
A)Wie werden <strong>Informatik</strong>systeme entworfen, programmiert<br />
<strong>und</strong> damit zum Lösen lebensweltlicher Probleme<br />
befähigt?<br />
Im Begriff <strong>des</strong> <strong>Informatik</strong>systems kommt zur Sprache,<br />
daß es in der <strong>Informatik</strong> nicht nur um den Entwurf von<br />
Algorithmen, sondern um den von Systemen (aus<br />
Hard- <strong>und</strong> Software) geht, die damit einerseits "vom<br />
Menschen" geschaffen werden <strong>und</strong> andererseits auf diesen<br />
zurückwirken. Das Abstraktum ~Mensch" muß<br />
dabei in verschiedenen sozialen Rollen (als Auftraggeber,<br />
Entwickler, Anwender usw.) konkretisiert, <strong>und</strong> der<br />
Prozeß der Systementwicklung auch als sozialer Prozeß<br />
begriffen werden. Der Terminus ~befähigen" soll die<br />
Frage provozieren, ob <strong>Informatik</strong>systemen Problemlösefähigkeiten<br />
(<strong>und</strong> damit Intelligenz) oder gar Personalität<br />
zugesprochen werden kann bzw. muß, <strong>und</strong> wie es in<br />
diesem Zusammenhang um die Autonomie <strong>des</strong> Menschen<br />
als Handlungs- <strong>und</strong> Verantwortungssubjekt bestellt ist.<br />
B) Wie sind I nformatiksysteme aufgebaut, wie wirken ihre<br />
Komponenten zusammen <strong>und</strong> wie ordnen sie sich in<br />
umfassendere soziotechnische Systemzusammenhänge<br />
ein?<br />
Hier ist zu thematisieren, daß <strong>Informatik</strong>systeme aus -<br />
untereinanderwechselwirkenden -Teilsystemen aufgebaut<br />
sind, daß sie in andere technische Systeme "eingebettet"<br />
werden <strong>und</strong> sich zu größeren Systemen (Netzen,<br />
verteilten Systemen) zusammenschließen können-<br />
Hinsichtlich der Teilsysteme geht es u. a. um die Idee<br />
der Programmierbarkeit (Computer als universelle<br />
symbolverarbeitende Maschine). Das Stichwort "soziotechnisch"<br />
weist darauf hin, daß Informationstechnik<br />
in die Gesellschaft verwoben ist, <strong>und</strong> daß Informa -<br />
tiksysteme aus einer sozialen Lebenswelt entstehen <strong>und</strong><br />
umgekehrt auf diese zurückwirken.<br />
C)Wo liegen die prinzipiellen Grenzen technischer InformationS'Verarbeitung,<br />
<strong>und</strong> was ist unter Information<br />
<strong>und</strong> Kommunikation überhaupt zu verstehen?<br />
Diese Frage zielt -auf höherer Reflexionsstufe als in<br />
Leidrage A -auf das Verhältnis von Individuum, Informationstechnik<br />
<strong>und</strong> Gesellschaft bzw. Natur. Es geht<br />
einerseits um die Grenzen <strong>des</strong> verantwortbaren Computereinsatzes;<br />
dabei wird "Grenze" als moralische Kategorie<br />
verstanden. Andererseits geht es um prinzipielle<br />
Grenzen der Idee der Information <strong>und</strong> ihrer Verarbeitung,<br />
<strong>und</strong> zwar im Hinblick auf menschliches Denken,<br />
Sprechen <strong>und</strong> Handeln, also das Bild <strong>des</strong> Menschen von<br />
sich selbst. Mit der Frage nach "Information <strong>und</strong> Kommunikation<br />
überhaupt" wird zum einen die Tatsache<br />
angesprochen, daß es nicht nur <strong>und</strong> nicht erst beim<br />
Menschen bzw. in der menschlichen Gesellschaft Informations-<br />
bzw. Kommunikationsprozesse gibt, <strong>und</strong><br />
zum anderen, daß die <strong>Informatik</strong>nicht nur praktische<br />
Konstruktionslehre, sondern Gr<strong>und</strong>lagenwissenschaft<br />
aller Informations- bzw. Kommunikationsprozesse<br />
<strong>und</strong> damit zur interdisziplinären Zusammenarbeit mit<br />
anderen Schulfächern verpflichtet ist.<br />
Im folgenden werden die fachlichen Richtziele (Groblernziele)<br />
<strong>des</strong> <strong>Informatik</strong><strong>unterrichts</strong> in Korrespondez zu den<br />
oben angegebenen drei Leidragen entwickelt.<br />
A) Problemlösen als methodischer Entwurf von <strong>Informatik</strong>systemen<br />
Die Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen sollen:<br />
Al Typische Einsatzbereiche <strong>und</strong> exemplarische Anwendungen<br />
der Informationstechnik in Wissenschaft,<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft kennen <strong>und</strong> ihren Einsatz<br />
hinsichtlich der Folgen für die soziale <strong>und</strong> natürliche<br />
Umwelt reflektieren;<br />
Al Methoden der ModelIierung von Realitätsausschnitten<br />
kennen, anwenden <strong>und</strong> kritisch hinterfragen (z. B. im<br />
Hinblick auf die Grenzen dieser Methoden, das Interesse<br />
an ihrer Verwendung);<br />
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