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Ziele und Inhalte des Informatik- unterrichts

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ZDM 93/1<br />

stark propagiert. Die Sprache konnte sich in<strong>des</strong> nicht<br />

durchsetzen -vielleicht wegen der hinter ihr stehenden<br />

Erziehungsphilosophie. .Eine partiell betrachtet wertvolle<br />

Idee, nämlich die Entwicklung hochinteraktiver Programmierumgebungen<br />

mittels einer Programmiersprache,<br />

die so problemorientiert gemacht ist, daß sie die sinnvolle<br />

Ausgrenzung verschiedenster Teilmengen ('Mikrowelten')<br />

für unterschiedliche Benutzer bis hin zu relativ kleinen<br />

Kindern erlaubt, wird unter Verwendung maßloser<br />

Theoretisierungen aus den unterschiedlichsten Wissenschaften<br />

(Mathematik, Psychologie, Erkenntnistheorie,<br />

KI-Forschung) werbewirksam dargeboten <strong>und</strong> mit nicht<br />

einlösbaren pädagogischen <strong>und</strong> gesellschaftsutopischen<br />

Versprechen verknüpft" (Bußmann / Heymann 1986,<br />

$.79).<br />

Im Lehrbuch von Abelson & Sussman über "Struktur<br />

<strong>und</strong> Interpretation von Computerprogrammen" (mit dem<br />

Lisp-Dialekt $cheme) ist in<strong>des</strong> eine solche Fülle "f<strong>und</strong>amentaler<br />

Ideen" der <strong>Informatik</strong> versammelt, daß es äußerst<br />

schade wäre, wenn diese nicht auch (in didaktisch<br />

reduzierter Form) dem Schulunterricht zugute kommen<br />

könnten. Kröger (1991) führt Algorithmenentwicklung<br />

simultan im imperativischen <strong>und</strong> applikativen Kontext<br />

durch: ein überzeugen<strong>des</strong> Konzept. Vielleicht wird, nachdem<br />

Logo in der mathematikdidaktischen Diskussion<br />

"kaputtgeredet" wurde, das funktionale Programmierparadigma<br />

in der Gestalt von Scheme oder der NeuentWicklung<br />

Miranda nunmehr von der <strong>Informatik</strong>didaktik (wo<br />

es besser aufgehoben scheint) für die Schule fruchtbar<br />

gemacht werden können.<br />

4.2.3 Prädikative (logikorientierte) Sprachen<br />

Der traditionelle <strong>Informatik</strong>unterricht<br />

hat erheblichen Nachholbedarf bei der Entwicklung <strong>des</strong><br />

logischen Denkens.<br />

Bruckner<br />

Die meisten Programmiersprachen sind um die Berechnung<br />

der Werte von mathematischen Funktionen herum<br />

organisiert. Sprachen wie Fortran, Pascal, aber auch Lisp<br />

benutzen die Doppeldeutigkeit von Funktionstermen, die<br />

einerseits als Name für den Funktionswert stehen, andererseits<br />

aber auch als Abkürzung eines Rechenprozesses<br />

verstanden werden können. Die Berechnungen laufen dabei<br />

nur in einer Richtung, sie haben wohldefinierte Ein<strong>und</strong><br />

Ausgaben. Nun existiert ein ganz anderes "Programmierparadigma",<br />

das diesen Zug nicht aufweist. In einem<br />

Beschränkungssystem sind Richtung <strong>und</strong> Reihenfolge der<br />

Rechenprozesse nicht genau spezifiziert; bei der Durchführung<br />

der Rechnung muß das System daher mehr detailliertes<br />

" Wie-geht-das- Wissen" beisteuern.<br />

Prädikative (oder: Logik-) Programmie~ng entfernt<br />

sich noch weiter von der Sichtweise, nach der es beim<br />

Programmieren um die Konstruktion von Algorithmen<br />

zur unidirektionalen Berechnung von Funktionen geht.<br />

Objekte der Programmierung sind vielmehr Relationen,<br />

für die im allgemeinen eine Vielzahl von AntWorten zu<br />

einer Eingabemenge existiert. Daraus folgt, daß mit einer<br />

einzigen "Was-ist"-Aussage eine Anzahl verschiedener<br />

Lösungen erzeugt werden, die verschiedene" Wie-gehtdas"-Komponenten<br />

hätten. Das" Wie-geht-das"- Wissen<br />

steckt im Interpreter.<br />

Für die Programmiersprache Prolog liegen wohlbegründete<br />

didaktische Plädoyers (Krauskopf 1987, Pilz<br />

1990, Schubert 1991, Lehmann 1992) <strong>und</strong> erste erprobte<br />

Unterrichtsemwürfe vor, die zu hohen Erwartungen An-<br />

16<br />

laß geben. Hauptanwendungsgebiete sind logischer DatenbankentWUrf,<br />

Verarbeitung natürlicher <strong>und</strong> formaler<br />

Sprachen, Konzeption von Expertensystemen. Für das z.<br />

B. in der wirtschaftsberuflichen Ausbildung als Beschreibungs-<br />

<strong>und</strong> Gestaltungsverfahren eingesetzte .Entity-Relationship-Modell"<br />

(Borg 1991) ist Prolog ein ideales Darstellungsmittel.<br />

Damit läßt sich auch eine Brücke zwischen<br />

Allgemein- <strong>und</strong> beruflicher Bildung schlagen. .Die Logik<br />

liefert einen universellen einheitlichen sprachlichen Rahmen<br />

für die Kommunikation, insbesondere auch für die<br />

Kommunikation mit dem Computer, d. h. im Hinblick auf<br />

den Computer: eine <strong>und</strong> dieselbe Sprache für Spezifikationen,<br />

für Programme <strong>und</strong> für Datenbanken" (Krauskopf<br />

1987,5.201).<br />

Auf Grenzen der klassischen Prädikatenlogik weist E.<br />

Pilz (1990) hin: Logikorientiertes Problemlösen setzt die<br />

Zulässigkeit "monotoner Schlußweisen" voraus, d. h. zusätzliche<br />

Information darf vorher gezogene Schlußfolgerungen<br />

nicht ungültig machen. Diese Voraussetzung ist<br />

aber beim plausiblen Denken <strong>des</strong> Alltagslebens i. d. R.<br />

nicht erfüllt. Wie nichtmonotones Schließen mittels Prolog<br />

behandelt werden kann, zeigt Krauskopf (1991). Ferner<br />

bietet sich das Thema "Expertensysteme" zu einer<br />

"kritischen Diskussion darüber an, inwieweit eigentlich<br />

ein auf einer Maschine ablaufender Prozeß tatsächlich<br />

neues Wissen deduzieren kann (...). Die Expertensysteme<br />

scheitern in ihrem Universalitätsanspruch heute an genau<br />

der gleichen ProbleIJlatik, an der Leibniz' Versuche auch<br />

schon scheiterten. Leibniz wollte mit seiner 'Kunst <strong>des</strong><br />

Erfindens' (ars inveniendi) erreichen, daß auf rein formaler<br />

Gr<strong>und</strong>lage aus vor'iegendem Wissen neu es Wissen deduziert<br />

werden sollte <strong>und</strong> glaubte beweisen zu können, daß<br />

dazu lediglich die vorhandene Erkenntnis genau genug<br />

(<strong>und</strong> formal) beschrieben sein müßte" (Pilz 1990, 5.94).<br />

pie Auseinandersetzung mit Problemen solcher Art<br />

hebt den <strong>Informatik</strong>unterricht auf ein ganz anderes "geistiges<br />

Niveau" als z. B. Erkenntnisse der Art, daß eine<br />

lineare Liste den Zugriff nur am Anfang <strong>und</strong> am Ende<br />

gestattet. Eih Unterricht, der sich damit beschäftigt, ist der<br />

Frage nach seiner Bildungsbedeutsamkeit enthoben. Bisher<br />

ungelöst ist das didaktische Problem, daß ein vertieftes<br />

Verständnis <strong>des</strong> Prolqg- Inferenzmechanismus erhebliche<br />

logische Vorkenntnisse (Stichwörter: Unifikation, Resolution)<br />

erfordert. E. Pilz nimmt an, daß diese vom Mathematikunterricht<br />

geliefert werden, was wohl eine etwas zu<br />

optimistische Erwartung sein dürfte (siehe unten).<br />

4.2.4 Fazit<br />

Problemwahrnehmung, Denken <strong>und</strong> Problemlösung werden<br />

durch die verwendete Programmiersprache entscheidend<br />

geprägt. Wer nur eine einzige Sprache kennt, kann<br />

Methoden <strong>und</strong> Konzepte der <strong>Informatik</strong>von den jeweiligen<br />

Besonderheiten der Sprache nicht trennen <strong>und</strong> gewinnt<br />

damit nicht die erwünschte Urteilsfähigkeit. Wenn<br />

zur Problemanalyse auch die Entscheidung gehört, welche<br />

Sprache dem Problem bzw. seiner Lösung angemessen ist,<br />

müssen die Lernenden min<strong>des</strong>tens über zwei Sprachen<br />

(mit unterschiedlichem "Paradigma") verfügen. Neben einer<br />

imperativischen Sprache (z. B. Modula-2) sollte -nach<br />

heutiger Sicht- eine logikorientierte Sprache gelehrt werden.<br />

Ob man -wie s. Schubert meint -dabei auf "Fertigkeiten<br />

weitgehend verzichten" muß, wobei "die Einsichten<br />

dominieren" (Schubert 1991, 5.31) kann derzeit nicht<br />

entschieden werden. Die Forderung nach Zweisprachigkeit<br />

hat sich inzwischen so weit durchgesetzt, daß sie

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