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Grevener Geschichtsblätter 7 - Stadt Greven

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<strong><strong>Greven</strong>er</strong> <strong>Geschichtsblätter</strong> 7 (2012/2013)<br />

„den Kaiser als Friedenskaiser in zaubernden Worten“<br />

125 feierte. Dass der Geburtstag Sr. Majestät eine<br />

wichtige Veranstaltung war, wird dadurch deutlich,<br />

dass im Jahr 1910 trotz der Konflikte im Kriegerverein<br />

eine Kaiserfeier stattfand, auf der das „Kaiserhoch<br />

in der bekannten begeisterten Weise“ 126 gehalten<br />

wurde.<br />

Zu den wichtigen nationalen Feiertagen gehörte<br />

auch die Sedanfeier am 2. September, der zu einem<br />

„populären Nationalfeiertag“ 127 wurde, an dem auch<br />

die Kriegervereine beteiligt waren. Die Bedeutung<br />

einer angemessenen Präsentation des Kriegervereins<br />

am Sedantag wird durch ein Schreiben des Landrats<br />

deutlich. 1893 teilte der Landrat mit, dass es auch<br />

Kriegervereinen, deren Gesuch um Gestattung der<br />

Führung von Fahnen zwar schon eingereicht, aber<br />

noch nicht genehmigt worden war, erlaubt sei, ihre<br />

Fahnen am Sedantag trotzdem zu führen. 128 Der<br />

Kriegerverein <strong>Greven</strong> hatte die Genehmigung jedoch<br />

schon im Jahr 1873 erhalten. Zum 25-jährigen Jubiläum<br />

der Sedanfeier im Jahr 1895 wollte die Gemeinde<br />

Gimbte zusammen mit den anderen Gemeinden<br />

sogar eine Feier für die Krieger der drei Feldzüge<br />

veranstalten. 129<br />

Weitere nicht jährlich wiederkehrende Feiern<br />

waren die Einweihung des Kriegerdenkmals 1896,<br />

die Durchfahrt des Kaisers 1907 und die 100-Jahrfeier<br />

der Völkerschlacht bei Leipzig. Michael Siedenhans<br />

behauptet, dass den Kriegervereinen bei den<br />

meisten dieser Feiern nur eine statistenähnliche<br />

Funktion zugekommen sei. 130 Das mag besonders<br />

auf die Jahresfeier der Schlacht bei Leipzig zutreffen,<br />

bei der der Kriegerverein in dem Bericht nicht<br />

explizit erwähnt wird, sondern nur von der Teilnahme<br />

der Schulen und Vereine im Allgemeinen gesprochen<br />

wird. Bei der Kaiserdurchfahrt, die der<br />

Lehrer Heinrich Untiedt in seiner Chronik <strong>Greven</strong>s<br />

ebenfalls sehr detailliert beschreibt, wird der Kriegerverein<br />

zumindest separat und neben der Feuerwehr<br />

und dem Turnverein als Erster erwähnt. 131<br />

Im Jahre 1896 war das alte Kriegerdenkmal in<br />

Form eines gusseisernen Adlers nicht mehr ausreichend<br />

und musste durch ein neues ersetzt werden. 132<br />

Das neue Denkmal bestand aus einer Kriegerstatue<br />

mit einer eroberten französischen Fahne in der Hand<br />

und einem Relief Kaiser Wilhelms I. Die Abgrenzung<br />

nach außen, gegen den Erbfeind Frankreich, die<br />

nach innen hin die deutsche Nation bildete und auch<br />

den Kriegerverein zusammenhielt, spiegelt sich im<br />

Kriegerdenkmal wider. Bei der Einweihungsfeier<br />

des neuen Kriegerdenkmals nahm der Kriegerverein<br />

nun eine tragende Rolle ein, auch weil er einen Teil<br />

des Denkmals aus Spenden der Mitglieder finanziert<br />

hatte. 133 Bei der feierlichen Einweihung stellte sich<br />

der hiesige Kriegerverein zusammen mit den benachbarten<br />

Kriegervereinen auf dem Marktplatz auf.<br />

Außerdem hielten der Vorsitzende des Vereins und<br />

der Amtmann eine patriotische Ansprache. Abgeschlossen<br />

wurde die Einweihung mit Konzert und<br />

Ball. 134 Das Denkmal behielt nach der Einweihungsfeier<br />

weiterhin seine Bedeutung für den <strong><strong>Greven</strong>er</strong><br />

Kriegerverein, weil es traditionell der Zielpunkt seiner<br />

öffentlichen Paraden und Aufzüge war. Passend<br />

zu seinen in den Vereinsstatuten festgelegten Zielen<br />

und Zwecken lautete die Inschrift des Denkmals:<br />

„Vorderseite: Porträt Kaiser Wilhelm I.; 1. Tafel:<br />

‚Zur Erinnerung an die glorreichen Feldzüge 1864,<br />

1866, 1870/71‘; linke Tafel: ‚Mit Gott für König und Vaterland‘;<br />

Rückseite: ‚Den Gefallenen zum Gedächtnis,<br />

den Lebenden zur Erinnerung, den kommenden Geschlechtern<br />

zur Nacheiferung‘“ 135 .<br />

Obgleich der Masse der Vereinsmitglieder bei<br />

den Feiern eher eine Statistenrolle zukam, konnten<br />

sie durch die Teilnahme an den Veranstaltungen die<br />

Gemeinschaft, die der Verein bot, spüren und ihre<br />

nationalistische Gesinnung öffentlich demonstrieren.<br />

136<br />

Das Kriegerdenkmal auf dem Marktplatz um 1900<br />

(StaG F1-1004).<br />

Schließlich lässt sich zusammenfassend aus den genannten<br />

Feierlichkeiten und Aktivitäten der nationalistische<br />

und militaristische Charakter des Kriegervereins<br />

ableiten. Dennoch zeichnet sich bereits ein<br />

weiterer Aspekt ab, welcher das Vereinsleben sehr<br />

prägte, und zwar die Geselligkeit, die von manchen<br />

Teilen der Bevölkerung bereits als Vergnügungssucht<br />

kritisiert wurde. 137<br />

125 StaG, Emsdettener Anzeiger „Für Alle“ vom<br />

28.1.1908.<br />

126 StaG, Emsdettener Anzeiger „Für Alle“ vom<br />

31.1.1910.<br />

127 Siedenhans, Nationales Vereinswesen und soziale<br />

Militarisierung, S. 385.<br />

128 StaG A 2092, Schreiben des Landrats an den<br />

Amtmann, 21.8.1893.<br />

129 StaG A 2092, Schreiben der Gemeindevertretung<br />

Gimbte an den Amtmann, 18.8.1895.<br />

130 Vgl. Siedenhans, Nationales Vereinswesen und<br />

soziale Militarisierung, S. 385; Zimmermann, Der feste<br />

Wall, S. 477.<br />

131 StaG A 2212, Chronik <strong>Greven</strong>s angefertigt von<br />

Lehrer Heinrich Untiedt, 31.8.1907 und 1913.<br />

132 Vgl. Dreßler/Galen/Spieker, <strong>Greven</strong> 1918-1950,<br />

Bd. 1, S. 59.<br />

133 StaG Depositum 27 Nr. 1, Einnahmen- und Ausgabenbuch,<br />

loser Zettel datiert mit 17.3.1896.<br />

134 StaG A 2212, Chronik <strong>Greven</strong>s, 20.9.1896.<br />

135 Dreßler/Galen/Spieker, <strong>Greven</strong> 1918-1950, Bd.<br />

1, S. 57.<br />

136 Vgl. Siedenhans. Nationales Vereinswesen und<br />

soziale Militarisierung , S. 386.<br />

137 Vgl. Rohkrämer, Militarismus der „kleinen<br />

Leute“, S. 68; Zimmermann, Der feste Wall, S. 422<br />

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