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Grevener Geschichtsblätter 7 - Stadt Greven

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<strong><strong>Greven</strong>er</strong> <strong>Geschichtsblätter</strong> 7 (2012/2013)<br />

Rudolf Paszyk 151 einen Diebstahl begangen haben.<br />

Bereits einen Tag nach der Anzeige wurde der Fall<br />

Banas/Paszyk der Gestapo Münster übergeben. 152<br />

Das Amtsgericht Münster verurteilte Franciszek Banas<br />

zu sechs Monaten Gefängnis, die er ab dem 24.<br />

Juni 1941 in der Haftanstalt Münster verbüßte. Am<br />

10. Dezember 1941 wurde er – zwei Wochen vor<br />

dem offiziellen Ende seiner Haftstrafe – schließlich<br />

von der Gestapo Münster abgeholt. 153<br />

Die Anzeige des Diebstahls gegen Franciszek Banas<br />

und Rudolf Paszyk, Ausschnitt (<strong>Stadt</strong>archiv <strong>Greven</strong> B<br />

3862, Strafsachenverzeichnis, Aktenzeichen Pol. 301/3<br />

C).<br />

Der mit Banas angezeigte Rudolf Paszyk wurde auf<br />

Anweisung des Amtsgerichts Münster wegen Diebstahls<br />

ebenfalls am 24. Juni 1941 in die Haftanstalt<br />

Münster eingewiesen (U.-Haft). Am 15. Dezember<br />

1941 wurde er von dort dem Gefängnis Hagen zugeführt.<br />

154 Wie lange seine Haft in Hagen dauerte<br />

bleibt unklar, nachweislich wurde er erst am 29. Oktober<br />

1943 wieder bei einem Bauern – diesmal in Bösensell<br />

– zur Arbeit eingesetzt. 155 Am 27. Februar<br />

1944 wurde er erneut wegen eines angeblichen Diebstahls<br />

in das AEL Marl-Hüls eingewiesen und am<br />

25. März 1944 im Zuge seiner Flucht erschossen. 156<br />

151 Der am 7.9.1911/12 in Ernsdorf (Bielitz)/Jaworze<br />

in Polen geborene Rudolf Paszyk/Par(c)zyk war als<br />

Unteroffizier des 3. Infanterieregiments in deutsche Gefangenschaft<br />

(Nr. 7645) gekommen. Zunächst war er im<br />

Stalag VI-A-16, dann im Stalag VI-D aus dem er „am<br />

27.9.40 nach AA [Arbeitsamt] Münster“ entlassen wurde<br />

und nach <strong>Greven</strong> kam. PRC Tracing Service, L. strat PCK<br />

- 20398, Stalag-Karte des Rudolf Parczyk und L. strat PCK<br />

- 20398, DRK-Kriegsgefangenenpostkarte des Rudolf<br />

Parzyk; StaG B 4215, Liste polnischer Zivilarbeiter, 1940.<br />

152 StaG B 3862, Strafsachenverzeichnis, Aktenzeichen<br />

Pol. 301/3 C. Schon im August 1940 war Franciszek<br />

Banas anscheinend in Kontakt mit den Polizeibehörden<br />

gekommen. Im Deutschen Kriminalpolizeiblatt vom<br />

10.8.1940 gibt es einen Eintrag zu einem Fernschreiben<br />

betreffend „Banas, Franz, 1.6.14“, der sich aber nicht weiter<br />

klären lässt. ITS Digitales Archiv, 1.2.2.1, 11422574,<br />

Deutsches Kriminalpolizeiblatt vom 10.8.1940.<br />

153 ITS Digitales Archiv, 1.2.2.1, 11360943, Liste<br />

Haftanstalt Münster, Blatt 3. In den aus diesem Zeitraum<br />

grundsätzlich noch im Landesarchiv NRW existierenden<br />

Gefangenenpersonalakten und Karteikarten der JVA<br />

Münster war zu seiner Person und auch zu Rudolf Paszyk<br />

leider nichts mehr zu finden. Schreiben des LAV NRW Abteilung<br />

Westfalen an den Verf. vom 23.5.2013.<br />

154 ITS Digitales Archiv, 1.2.2.1, 11360943, Liste<br />

Haftanstalt Münster, Blatt 3.<br />

155 ITS Digitales Archiv, 2.1.2.1, 70698281, Liste<br />

Landeskrankenkasse für den Landkreis Münster.<br />

156 Am 14.3.1944 war er aus Marl geflohen und<br />

wurde am 25.3.1944 bei seinem Arbeitgeber in Bösensell<br />

durch einen Gendarmen wieder verhaftet. Bei der Überführung<br />

zur Ortspolizeibehörde Roxel versuchte er mehrmals<br />

zu Fuß zu entkommen und wurde dabei von diesem<br />

erschossen. Detailliert beschrieben in: <strong>Stadt</strong>archiv Münster<br />

Amt Roxel Nr. 1009, Bericht vom Oberw. d. Gend. d.<br />

Ab wann der Vorwurf des „verbotenen Umgangs“<br />

gegen Franciszek Banas zum ersten Mal erhoben<br />

wurde und damit quasi sein Todesurteil gesprochen<br />

war, ist nicht mehr zu ermitteln. Tatsache<br />

ist, dass am 14. Oktober 1941 die ebenfalls bei Biederlack<br />

als Putzfrau arbeitende Anna R. verhaftet<br />

wurde, da sie sich angeblich mit mehreren Polen –<br />

darunter auch Franciszek Banas – „geschlechtlich<br />

eingelassen“ habe. 157 Wer sie anzeigte bzw. denunzierte,<br />

lässt sich nicht mehr genau klären. Wahrscheinlich<br />

wurde sie – nicht zuletzt auch wegen ihrer<br />

„antifaschistischen Gesinnung“ – von jemandem aus<br />

dem Betrieb angezeigt. 158 Für sie hatte die Denunziation<br />

die tragische Konsequenz, dass sie schließlich<br />

nach fast einem Jahr „Gewahrsam“ im Polizeigefängnis<br />

Münster (inklusive Gestapo-Verhören) in<br />

das KZ Ravensbrück eingewiesen wurde, wo sie bis<br />

zum Kriegsende inhaftiert blieb. 159<br />

Zum anderen Opfer der Hinrichtung, Waclaw<br />

Ceglewski, gibt es ebenfalls wenige Informationen<br />

über die Person selbst und erst recht zu den Hintergründen<br />

der Verhaftung. Er wurde am 13. Februar<br />

1917 in Hermannsbad (Ciechocinek) in Polen geboren<br />

und war von Beruf Friseur. 160 Als Soldat des polnischen<br />

Infanterieregiments 14 kam er in deutsche<br />

Gefangenschaft (Gef.-Nr. 724) und wurde am 27.<br />

September 1940 aus dem Stalag VI A in Hemer „als<br />

Zivilarbeiter nach Münster entl.[assen]”. 161 Zunächst<br />

wurde er in <strong>Greven</strong> eingesetzt. Gemeldet war<br />

er in der Wohnung eines Arbeiters in der Bismarckstraße<br />

9, was bzw. wo er arbeitete ist unklar. 162<br />

R. Wenning vom 26.3.1944 an die Ortspolizeibehörde des<br />

Amtes Roxel.<br />

157 LAV NRW Abteilung Westfalen, Q 225 Staatsanwaltschaft<br />

Münster Nr. 282 Bd. VIII (Bl. 15f.), Zeugenaussage<br />

der Änne R. vom 19.11.1962, hier Bl. 15. Sie<br />

wurde im Auftrag der Gestapo Münster durch den Gendarmeriemeister<br />

Göcke in ihrer Wohnung verhaftet und im<br />

Amtsgebäude eingesperrt, von wo aus sie noch am gleichen<br />

Tage von der Gestapo abgeholt wurde.<br />

158 Vgl. Dreßler, Galen und Spieker, <strong>Greven</strong>, Bd. 2,<br />

S. 142f. Es kursierte nach der Hinrichtung das Gerücht,<br />

dass „einer der Polen“ in einem Lagerraum der Firma Biederlack<br />

mit ihr „Geschlechtsverkehr“ hatte und sie „dabei<br />

von anderen überrascht“ wurden, die den Vorfall dann angezeigt<br />

hätten. LAV NRW Abteilung Westfalen, Q 225<br />

Staatsanwaltschaft Münster Nr. 282 Bd. VIII (Bl. 34-36),<br />

Zeugenaussage des PM i.R. Hans Schmidt vom<br />

14.12.1962, hier Bl. 36.<br />

159 LAV NRW Abteilung Westfalen, Q 225 Staatsanwaltschaft<br />

Münster Nr. 282 Bd. VIII (Bl. 15f.), Zeugenaussage<br />

der Änne R. vom 19.11.1962, hier Bl. 15. Am<br />

14.8.1942 - dem Tag der Hinrichtung von Banas und<br />

Ceglewski - verhängte das RSHA gegen Anna R. „Schutzhaft<br />

bis auf weiteres“ und ordnete die Überführung in das<br />

KZ Ravensbrück an. StaG B 3826, Schreiben der Gestapo,<br />

Staatspolizeileitstelle Münster, an den AB als Ortspolizeibehörde<br />

<strong>Greven</strong> vom 25.9.1942.<br />

160 LAV NRW Abteilung Westfalen, Q 225 Staatsanwaltschaft<br />

Münster Nr. 282 Bd. VIII (Bl. 6), Bericht des<br />

KM Thüte betr. „Exekution des polnischen Zivilarbeiters<br />

Ceglewski“ vom 29.11.1962; StaG B 4215, Liste polnischer<br />

Zivilarbeiter, 1940.<br />

161 PRC Tracing Service, L. strat PCK - 20398,<br />

DRK-Kriegsgefangenenpostkarte des Waclav Ceglewski.<br />

162 StaG B 4215, Liste polnischer Zivilarbeiter,<br />

1940.<br />

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