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Grevener Geschichtsblätter 7 - Stadt Greven

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<strong><strong>Greven</strong>er</strong> <strong>Geschichtsblätter</strong> 7 (2012/2013)<br />

militärischer Vereine Schwerte an der Ruhr, 50 die aus<br />

einer Spaltung vom Westfälischen Provinzialverband<br />

hervorgegangen war. In Verhandlungen mit<br />

dem Innenministerium und dem Oberpräsidenten<br />

wurde diese Spaltung jedoch rückgängig gemacht<br />

und der <strong><strong>Greven</strong>er</strong> Kriegerverein trat 1910 wieder<br />

dem PLVK bei. 51 Dieser Austritt fällt genau in die<br />

Zeit der „Hottentottenwahlen“ 1907, bei denen der<br />

DKB und vermutlich auch alle Landesverbände<br />

Wahlagitation gegen das Zentrum betrieben haben.<br />

Es ist wahrscheinlich, dass dem katholisch geprägten<br />

und dem Zentrum nahestehenden Kriegerverein <strong>Greven</strong><br />

das Verhalten der Verbände widerstrebte. 52<br />

Kriegerverein <strong>Greven</strong><br />

In einem Schreiben vom 20. September 1871 teilte<br />

der fünfköpfige Vorstand des Kriegervereins dem<br />

Amtmann Tümler mit, dass sich zehn Tage zuvor ein<br />

Kriegerverein unter dem Namen „Kriegerverein im<br />

Amtsbezirk <strong>Greven</strong>“ gegründet habe. 53 Die eingereichten<br />

Statuten wurden an den Landrat des Kreises<br />

Münster weitergeleitet, dieser sandte sie ohne Beanstandungen<br />

zurück und bestätigte, dass der Kriegerverein<br />

nach den die Vereine betreffenden Gesetzen<br />

vom 11. März 1850 behandelt werde. 54<br />

Auf wessen Initiative hin es zu der Vereinsgründung<br />

kam, ist den Quellen leider nicht zu entnehmen,<br />

aber es ergeben sich naheliegende Vermutungen. Zunächst<br />

ist es möglich, dass die <strong><strong>Greven</strong>er</strong> Krieger von<br />

der Provinzialregierung dazu ermuntert worden waren,<br />

einen Kriegerverein zu gründen, wie es z.B. in<br />

Nettelstedt geschehen war. 55 Des Weiteren wurde<br />

der Verein noch im Jahr der Heimkehr der Soldaten<br />

aus dem deutsch-französischen Krieg gegründet,<br />

weshalb sie zu diesem Zeitpunkt sicherlich ein großes<br />

Bedürfnis hatten, sich mit ihren Kameraden auszutauschen<br />

und die an der Front unter extremen Bedingungen<br />

entstandenen Freundschaften auch in der<br />

Heimat zu pflegen. 56 Dass auch im Dorf eine allgemeine<br />

Begeisterung für den Krieg und besonders für<br />

die Soldaten herrschte, wird daran deutlich, dass auf<br />

Initiative des katholischen Gesellenvereins in Zusammenarbeit<br />

mit dem Pfarrer Steenberg und dem<br />

Amtmann Tümler ein Kriegerfest organisiert werden<br />

sollte, um die heimkehrenden Soldaten gebührend zu<br />

empfangen. Außerdem wurde dieses Fest auf häufig<br />

geäußerten Wunsch hin soweit ausgedehnt, dass<br />

„alle zu den Fahnen [...] Berufenen“ 57 an demselben<br />

50 StaG A 2091, Schreiben des Amtmanns an den<br />

Landrat, 20. 7.1910.<br />

51 Vgl. Henning, Kriegervereine in den preußischen<br />

Westprovinzen, S. 451, 455.<br />

52 Vgl. Rohkrämer, Militarismus der „kleinen<br />

Leute“, S. 46f.<br />

53 StaG A 2092, Schreiben des Kriegervereins an<br />

den Amtmann, 20. 9.1871.<br />

54 StaG A 2092, Schreiben des Landrats an den Amtmann,<br />

9.10.1871.<br />

55 Vgl. Hanna Wilde u.a., Dörfliche Vereine in Nettelstedt:<br />

der Kriegerverein von 1874, in: Neue Nettelstedter<br />

Blätter für Ortsgeschichte 23 (1994), S. 1-12, hier S. 2.<br />

56 Vgl. Henning, Kriegervereine in den preußischen<br />

Westprovinzen, S. 436.<br />

57 StaG A 2092, Schreiben des Gesellenvereins an<br />

teilnehmen konnten. 58 Es ist somit gut möglich, dass<br />

auf diesem Fest bzw. in Folge desselben der Entschluss<br />

gefasst wurde, einen Kriegerverein zu gründen.<br />

Fest steht, dass die Gründung des Kriegervereins<br />

nicht ungewöhnlich war, da sie sich in der Hochphase<br />

der Kriegervereinsgründungen ereignete. 59<br />

In den darauf folgenden Jahren veranstaltete der<br />

Verein jährlich, von einzelnen Ausnahmen abgesehen,<br />

ein Stiftungsfest und beteiligte sich an Veranstaltungen<br />

zu den nationalen Feiertagen. Mehrmals<br />

im Jahr wurde eine Generalversammlung in einem<br />

der Wirtshäuser einberufen, auf der alle wichtigen<br />

Anliegen des Vereins besprochen wurden. Hinzu kamen<br />

noch weitere Tätigkeiten, auf die noch näher<br />

eingegangen werden wird.<br />

Im Jahr 1910 kam es zu Konflikten innerhalb<br />

des Kriegervereins, die zu einer Spaltung und<br />

schließlich zur Gründung des Militärvereins führten.<br />

Bis der Militärverein im Jahre 1913 offiziell bestätigt<br />

wurde, gab es wegen der Haltung der preußischen<br />

Regierung und des PLVK einige Verzögerungen.<br />

Schließlich bestanden die Vereine bis zu ihrer<br />

Verschmelzung nach dem Ersten Weltkrieg parallel.<br />

60<br />

Ziele und Zwecke des <strong><strong>Greven</strong>er</strong> Kriegervereins<br />

Der Zweck der preußischen Kriegervereine, die sich<br />

seit den Freiheitskriegen 1815 gegründet hatten, ist<br />

zunächst in den Beerdigungszeremonien zu finden.<br />

Die ehemaligen Soldaten schlossen sich in den Vereinen<br />

zusammen, um ihren verstorbenen Mitgliedern<br />

ein angemessenes Begräbnis in militärischer Form<br />

zu ermöglichen. 61 Die Statuten des <strong><strong>Greven</strong>er</strong> Kriegervereins<br />

legen im § 12 fest, dass, falls ein Mitglied<br />

sterbe, der Verein „in corpore seinem Sarge folgt“ 62 .<br />

Außerdem erhielten die Kriegervereine durch die<br />

Kabinettsorder vom 22. Februar 1842 seitens des<br />

preußischen Königs die rechtliche Erlaubnis zu den<br />

Beerdigungen. Diese bestanden meist aus Paraden<br />

mit Musikbegleitung und einem Festessen sowie<br />

dem Salutschießen am Grab. Zunächst galt dies nur<br />

für verstorbene Feldzugteilnehmer. Diese Beschränkung<br />

wurde 1844 aber aufgehoben. 63 Neben den Beerdigungszeremonien<br />

entwickelten sich auch andere<br />

Zwecke. Einem Schreiben des Amtmanns ist zu entnehmen,<br />

dass es sich bereits 1874 beim <strong><strong>Greven</strong>er</strong><br />

den Amtmann, 6.3. und 11.4.1871.<br />

58 Ebd.<br />

59 Vgl. Zimmermann, Der feste Wall, S. 129.<br />

60 Vgl. Dreßler Detlef/Hans Galen/Christoph<br />

Spieker, <strong>Greven</strong> 1918-1950. Republik, NS-Diktatur und<br />

ihre Folgen, Bd. 1, 2. Aufl. <strong>Greven</strong> 1994, S. 58.<br />

61 Vgl. Josef Baron, Das Deutsche Vereinswesen<br />

und der Staat im 19. Jahrhundert, Göttingen 1962, S. 107.<br />

62 StaG A 2092, Statuten des Kriegervereins von<br />

1871, § 12.<br />

63 Vgl. Zimmermann, Der feste Wall, S. 472f. Ab<br />

1844 erhielten auch Soldaten, die zwölf Jahre gedient, sich<br />

in der Landwehr eine Auszeichnung für pflichttreue<br />

Dienste erworben hatten oder versorgungsberechtigte Invaliden<br />

aufgrund eines Dienstausfalls waren, ein militärisches<br />

Begräbnis.<br />

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