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Detmolder Kurier 126

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<strong>Detmolder</strong> <strong>Kurier</strong> Nr. <strong>126</strong> 13. Dezember 2013 Seite 14<br />

Die Alte Schule in Diestelbruch im Jahre 1954.<br />

900 Jahre Diestelbruch in 2016: Arbeiten an der Ortschronik haben begonnen - von Roland Linde<br />

Spurensuche in Diestelbruch<br />

Der <strong>Detmolder</strong> Ortsteil Diestelbruch<br />

kann 2016 auf eine über 900-jährige<br />

Geschichte zurückblicken und die<br />

Bewohner nehmen das Datum nicht<br />

nur als Anlass zum Feiern, sondern<br />

auch zum Forschen: In einer Ortschronik<br />

soll die Geschichte von Diestelbruch<br />

und Leistrup-Meiersfeld dokumentiert<br />

werden.<br />

In einem Corveyer Güterverzeichnis<br />

aus der Zeit um 1116 wird mit Leistrup<br />

erstmals eine Örtlichkeit im heutigen<br />

<strong>Detmolder</strong> Ortsteil Diestelbruch urkundlich<br />

erwähnt. Die Köttersiedlung<br />

Diestelbruch entstand seit dem späten<br />

16. Jahrhundert, überflügelte die alten<br />

Bauernhöfe in Leistrup und Meiersfeld<br />

aber schon bald an Bevölkerungszahl,<br />

doch noch bis zur Eingemeindung<br />

1970 hieß die Gemeinde Leistrup-<br />

Meiersfeld. 1999 schuf die Stadt Detmold<br />

dann den Ortsteil Diestelbruch<br />

mit Leistrup, Alt-Meiersfeld, Döringsfeld<br />

und Hülsen: Ein junger Ortsteil mit<br />

einer lebendigen Dorfgemeinschaft.<br />

Eine 12-köpfige Arbeitsgruppe unter<br />

Leitung von Gerhard Hansmeier begibt<br />

sich nun auf Spurensuche im Ortsteil<br />

Diestelbruch. An Themen mangelt<br />

es nicht: Leistruper Wald und Feriendorf,<br />

alte Handwerksbetriebe und<br />

Geschäfte, Pensionen und Gasthäuser,<br />

Vereinswesen und Feste, Arbeitsund<br />

Alltagsleben, Kindheit und Schule,<br />

Auswanderung nach Amerika und<br />

Integration der Neubürger seit der<br />

Nachkriegszeit, auch die politische<br />

Entwicklung vom Kaiserreich über<br />

Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg<br />

bis in die Gegenwart soll dokumentiert<br />

werden. In den nächsten zwei<br />

Jahren möchte die Arbeitsgruppe zu all<br />

diesen Themen Fotos und Unterlagen<br />

zusammenzutragen und Zeitzeugen<br />

Foto: privat<br />

befragen. Im „Treffpunkt – Haus der<br />

Diestelbrucher“ werden die Fäden zusammenlaufen<br />

und alle Unterlagen<br />

gescannt und archiviert, um die Originale<br />

schnell wieder den Eigentümern<br />

zurückgeben zu können.<br />

Auch für fachmännische Unterstützung<br />

ist gesorgt: Der Historiker Roland<br />

Linde aus Münster, der schon<br />

zahlreiche lippische Ortschroniken<br />

betreute, wird alle vor Ort gesammelten<br />

Informationen zu anschaulichen<br />

Texten verarbeiten und selbst die Überlieferung<br />

im Landesarchiv Detmold<br />

sichten. Manfred Hütte wird eine Bildreportage<br />

über das heutige Diestelbruch<br />

beisteuern. Auch das Stadtarchiv<br />

Detmold, das Lippische Landesmuseum<br />

und der Lippische Heimatbund<br />

werden das Vorhaben begleiten.<br />

Gerhard Hansmeier von „Unser Diestelbruch<br />

– Verein für Heimat, Kultur<br />

und Zukunft e.V.“ ist guter Dinge:<br />

„Wir sind ein sehr motiviertes Team<br />

und haben uns in mehreren Vorgesprächen<br />

genau überlegt, was wir<br />

wollen und wie wir das anstellen. Mit<br />

dem Buch wollen wir unsere lebendige<br />

Dorfgemeinschaft dokumentieren und<br />

das Wissen über unsere Geschichte für<br />

die Zukunft sichern.“<br />

Auf der Suche<br />

nach den Ursprüngen<br />

Die Frage nach dem Alter unserer<br />

Ortschaften ist oft gar nicht so leicht zu<br />

beantworten, das gilt auch für Diestelbruch,<br />

Leistrup und Meiersfeld. Dank<br />

des Buches „Die Ortsnamen des Kreises<br />

Lippe“ von Birgit Meineke, das<br />

2010 erschienen ist, verfügen wir heute<br />

über eine weitaus zuverlässigere<br />

Grundlage als vorangegangene Heimatforscher.<br />

Um die Erforschung der Geschichte<br />

Diestelbruchs hat sich Wilhelm Tiemann<br />

große Verdienste erworben. Er<br />

veröffentlichte bereits 1982 eine kleine<br />

Schrift zur Ortsgeschichte und regte<br />

auch die 600-Jahr-Feier von 1991 an.<br />

Das Jahr 1391 als Jahr der Ersterwähnung<br />

Diestelbruchs hatte er einem älteren<br />

Buch über die lippische Siedlungs-<br />

und Waldgeschichte entnommen.<br />

Woher der Verfasser jenes Buches,<br />

Hans Schmidt, das Datum hatte,<br />

lässt sich nicht mehr feststellen.<br />

Wahrscheinlich steckte ein schlichter<br />

Übertragungsfehler dahinter und<br />

Schmidt bezog sich auf ein altes Schriftstück,<br />

dass um 1863 noch den Historikern<br />

Otto Preuß und August Falkmann<br />

vorgelegen hatte, im Landesarchiv<br />

Detmold aber nicht mehr auffindbar<br />

ist. Preuß und Falkmann datierten<br />

es in die Zeit „nach 1361“. Darin werden<br />

die Einkünfte des Edelherrn zur<br />

Lippe aus dem Amt Blomberg aufgeführt,<br />

unter anderem aus einem Wald<br />

namens „Dysselbrock“. Ob es sich<br />

dabei wirklich um Diestelbruch handelte,<br />

muss allerdings offenbleiben.<br />

Denkbar ist auch, dass damit ein Waldstück<br />

am Diestelbach, einem Zufluss<br />

der Emmer, gemeint war.<br />

Erst in einem Schatzregister von 1590<br />

wird unter Leistrup-Meiersfeld ein<br />

Stättenbesitzer namens „Distellmeiger“<br />

(später Leistrup-Meiersfeld Nr. 10)<br />

genannt. Die Hausstätte hatte er wohl<br />

kurz zuvor gegründet. Gemeinsam mit<br />

der Stätte „Witthenrich“ (Nr. 7) steht<br />

sie am Beginn der Entwicklung Diestelbruchs.<br />

Der Ortsname selbst findet<br />

sich aber erst in den Quellen des 17.<br />

Jahrhunderts.<br />

Ähnlich wie beispielsweise Pivitsheide<br />

bei Detmold und Wüsten bei Bad<br />

Salzuflen ist Diestelbruch eine typische<br />

Köttersiedlung der Zeit zwischen<br />

etwa 1560 und 1620, als die Grafschaft<br />

Lippe einen enormen Bevölkerungsboom<br />

erlebte. Lippe profitierte damals<br />

wie der ganze Weserraum vom Aufschwung<br />

der Niederlande, die ihr Getreide<br />

zu einem erheblichen Teil aus<br />

dem Wesergebiet bezog und auch Saisonarbeitskräfte<br />

in größerer Zahl benötigte.<br />

Auch der Fernhandel mit lippischem<br />

Leinen begann in dieser Zeit.<br />

Der Anstieg der Bevölkerungszahl<br />

führte zu einer großen Nachfrage nach<br />

Land. Die gräfliche Verwaltung erlaubte<br />

daher zunehmend, dass sich<br />

„kleine Leute“ auf den bis dahin nur zur<br />

Viehhaltung und Holzversorgung genutzten<br />

„Gemeinheiten“ niederließen,<br />

den genossenschaftlich verwalteten<br />

Heide- und Niederwaldflächen. Die<br />

Neusiedler erhielten – häufig gegen<br />

den Widerstand der Altsiedler – einen<br />

Bauplatz mit einem Garten und ein<br />

wenig Ackerland.<br />

Was bedeutet der Name Diestelbruch?<br />

Ein Bruch, niederdeutsch<br />

„Brok“, ist eine feuchte Niederung und<br />

war sehr häufig Gemeinheitsland. Das<br />

vorangestellte Bestimmungswort „Diestel-“<br />

hat man bislang auf die gleichnamige<br />

Pflanze bezogen, doch Birgit<br />

Meineke meldet in ihrem Ortsnamenbuch<br />

Zweifel daran an, denn ein feuchter<br />

Standort verträgt sich nicht gut mit<br />

einem auffälligen Diestelbewuchs.<br />

Zweifelsfrei zu klären ist der Name<br />

nicht. Möglicherweise ist „Diestel-“<br />

auf ein älteres „Dis-loh“ zurückzuführen.<br />

„Loh“ ist ein altes niederdeutsches<br />

Wort für „Wald“ und „Dis-“ bedeutete<br />

„breiige Masse, Schlamm“.<br />

Diestelbruch gehörte früher zur Bauerschaft<br />

Leistrup-Meiersfeld und seit<br />

der Bildung des <strong>Detmolder</strong> Ortsteils<br />

Diestelbruch 1999 gehören Leistrup<br />

und Alt-Meiersfeld zu Diestelbruch.<br />

Es ist daher legitim, auch Leistrup und<br />

Meiersfeld in die Geschichte des Ortsteils<br />

einzubeziehen. Der Ortsname<br />

Meiersfeld ist erstmals 1342 als „tho<br />

deme Eckerckesvelde“ bezeugt, 1488<br />

als „tom Eyggersfelde“, 1497 als „Meggersfelde“<br />

und 1614 als „Meyersfeldt“.<br />

Das „M-“ geht als auf niederdeutsch<br />

„tom“, „zum“ zurück, genauso wie bei<br />

Mossenberg (eigentlich „tom Ossenberg“,<br />

„zum Ochsenberg“) und Marsberg<br />

(eigentlich „tom Eresberg“, „zum<br />

„Eresberg“). Der Ortsname Meiersfeld<br />

hat demnach nichts mit dem Wort<br />

bzw. Namen „Meier“ zu tun, sondern<br />

bedeutet soviel wie „zum Feld des<br />

Ekkerik“ bzw. „zum Ekkeriks Feld“.<br />

„Ekkerik“ ist ein alter niederdeutscher<br />

Personenname.<br />

Den ältesten Ortsnamen im Ortsteil<br />

Diestelbruch führt Leistrup, das in einem<br />

Güterverzeichnis des Klosters<br />

Corvey aus dem frühen 12. Jahrhundert<br />

als „Listincdorf“ genannt wird.<br />

Über die Zwischenstufen „Lestinchtorpe“<br />

(um 1390), „Lestentorpe“ (1467),<br />

Leystentrupp (1507) und Leissentrup<br />

(1545) entwickelte sich gegen Ende<br />

des 16. Jahrhunderts die heutige Namenform<br />

„Leistrup“. Die Zahl der Hofstellen<br />

in Leistrup hat sich von drei im<br />

frühen 12. Jahrhundert im 15. Jahrhundert<br />

auf zwei verringert und im 19.<br />

Jahrhundert konnte der Hof Berghahn<br />

auch noch den Nachbarhof Kersting<br />

erwerben, so dass Leistrup seitdem ein<br />

Einzelhof ist. Nach Leistrup ist auch<br />

der Leistruper Wald benannt, ein bei<br />

Spaziergängern und Heimatfreunden<br />

geschätztes Naherholungsgebiet mit<br />

seinen bekannten archäologischen<br />

Denkmälern.<br />

Was bedeutet der Name „Leistrup“?<br />

Das in Lippe sehr häufige Grundwort<br />

„-trup“ geht auf das alte niederdeutsche<br />

„thorp“, „Dorf“ zurück, wobei damit<br />

ursprünglich Einzelhöfe und Höfegruppen<br />

gemeint waren, Dörfer im<br />

heutigen Sinne entstanden erst seit dem<br />

Spätmittelalter. Im vorangestellten<br />

Namensteil der „-trup“-Orte liegt meist<br />

ein alter Personenname vor,<br />

beispielsweise Brüntrup, „Bruningdorpe“:<br />

Dorf der „Bruninge“, der Leute<br />

des Brun, oder Wellentrup, „Walderingdorpe“:<br />

Dorf der „Walderinge“,<br />

der Leute des Waldes. Doch ein alter<br />

Rufname „Lest“ oder ähnlich ist nicht<br />

bekannt. Birgit Meineke vermutet daher,<br />

dass hier das alte niederdeutsche<br />

Wort „lest“: „am Boden gezogene Spur,<br />

Gleise, Furche“ Pate stand.<br />

Das zitierte Güterverzeichnis des<br />

Klosters Corvey trägt kein genaues<br />

Datum. Es stammt aus der Zeit des<br />

Abtes Erkenbert, der von 1107 bis<br />

1128 die Geschicke des bedeutenden<br />

Benediktinerklosters bei Höxter an der<br />

Weser leitete. Damit ist kein exaktes<br />

Jahr vorgegeben, aber einer Jubiläumsfeier<br />

im Jahr 2016 steht damit<br />

nichts im Wege. Als Fazit bleibt: Auch<br />

wenn die Siedlung Diestelbruch selbst<br />

jünger ist, so kann der <strong>Detmolder</strong> Ortsteil<br />

Diestelbruch mit der Altsiedlung<br />

Leistrup mit gutem Grund in drei Jahren<br />

auf eine mehr als 900-jährige Geschichte<br />

zurückblicken.<br />

Roland Linde<br />

Fragen zur Chronik?<br />

Am Mittwoch, den 18.<br />

Dezember 2013 zwischen<br />

16.30 Uhr und 18.00 Uhr<br />

ist Gerhard Hansmeier im<br />

„Treffpunkt“ in Diestelbruch<br />

anzutreffen.<br />

Unser Diestelbruch e.V.<br />

Treffpunkt -Haus der<br />

Diestelbrucher-<br />

Leistruper-Wald-Str. 2<br />

32760 Detmold<br />

Das Büro ist Montag von<br />

10:30 – 11:30 Uhr<br />

und Mittwoch und Freitag<br />

von 16:30 bis 18:00 Uhr<br />

besetzt.<br />

Tel.: 05231 - 5466<br />

Fax: 05231 - 569185<br />

EMail: Info@diestelbruchdetmold.de

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