1947-Die Alpenpässe zur römischen Zeit - Burgenverein Untervaz
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»Der Weg ist dort stellenweise so schmal, dass er den Fussgängern und den<br />
nicht eingewöhnten Zugtieren Schwindel verursacht, die einheimischen Tiere<br />
dagegen tragen die Lasten sicher.« Es gäbe dort solche Eismassen die, wenn<br />
sie sich von oben heranwälzten (Lawinen), eine ganze Weggesellschaft<br />
hinwegrissen usw. Auch hier wird besonderer Nachdruck auf das Abstürzen in<br />
bodenlose Tiefe gelegt.<br />
Eine drastische Darstellung des Verkehrs über den Mont Genevre bietet uns<br />
dann der späte Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus (2. Hälfte des<br />
nachchristlichen Jahrhunderts). Spricht Ammian auch vom Mont Genèvre, so<br />
darf man seine Worte doch ruhig auf jeden Alpenpass übertragen. In der<br />
Frühlingszeit, heisst es da, sei der Abstieg an der Ostseite des Berges sehr<br />
gefährlich, Menschen und Vieh, die da herabstiegen, fielen um, weil ihre Füsse<br />
keinen Halt fänden, ebenso ginge es mit Wagen. Es gäbe nur ein Mittel <strong>zur</strong><br />
Abwehr der Gefahr: »<strong>Die</strong> meisten Wagen werden an grossen Seilen befestigt<br />
und von Männern oder Ochsen unter gewaltiger Anstrengung hinten gebremst,<br />
auf diese Weise würden sie etwas sicherer herabgelassen, indem man sehr<br />
langsam, im Schleichtempo, einher zog.« Im Winter sei das Abrutschen und<br />
Ausgleiten aber noch viel ärger: Wanderer versänken oft im Abgrund.<br />
»Deshalb stecken die Ortskundigen an sicheren Stellen Holzstangen ein, die<br />
aus dem Schnee herausragen, damit ihre Reihe den Wanderer ohne Schaden<br />
führe, sind diese Stangen aber von Schnee bedeckt und unsichtbar oder von<br />
herabstürzenden Bergbächen weggerissen, dann vermag man diese Wege nur<br />
unter Führung von Einheimischen mit grosser Schwierigkeit zu begehen.«<br />
S. 32: Und endlich beschreibt der letzte grosse römische Dichter, Claudius<br />
Claudianus (nach 400 n. Chr.) in ein paar schwungvollen Versen die<br />
Schrecklichkeit der Alpen. In dem zu Ehren des Feldherrn Stilicho, der kurz<br />
vorher Alarichs Heer bei Pollentia geschlagen hatte, im Jahre 402 verfassten<br />
Gedicht heisst es (ich habe versucht, Claudians Verse ebenfalls in solchen zu<br />
geben): »Doch wo Raetien stösst an hesperisch (d.h. italisch) Gefilde, die Seite<br />
reicht zu den Sternen mit steil abfallenden Bergen und öffnet Sommers kaum<br />
den fruchtbaren Pfad: wie vor der Meduse ist manch einer vor Kälte erstarrt<br />
(d.h. wie die Menschen beim Anblick des scheusslichen Gorgonenhauptes starr<br />
werden...), gar ,viele verschlangen riesige Massen des hohen Schnees, und<br />
berstende Wagen samt ihren Ochsen, versanken schon oft im Abgrund.