1947-Die Alpenpässe zur römischen Zeit - Burgenverein Untervaz
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Von allen andern Inschriften, die meist lediglich die schon erwähnte stereotype<br />
Floskel enthalten, seien noch die folgenden genannt: »Für die Rettung des<br />
Helius und seiner Herrschaft gab Apriclus, des Helius Sklave, eine Gabe und<br />
löste das Gelübde ein, Apriclus ist Sklave des Helius und dieser wiederum<br />
Sklave einer nicht näher bezeichneten Herrschaft. <strong>Die</strong>se Wendung »für die<br />
Rettung« steht auch auf einer am Anfang zerstörten Tafel, auf welcher ein<br />
gewisser Primus, Freigelassener das (….) »für seine und seiner Angehörigen<br />
Rettung« dankt.<br />
Allein am ergreifendsten sind wohl jene schlichten. formal schlechten, aber<br />
umso inniger gehaltenen, redlich gemeinten Verse. welche ein Gaius Julius<br />
Rufus geweiht hat. Sie lauten in gebundenem Übersetzungsversuch etwa so:<br />
»Bei deinem Tempel erfüllte ich gern das getane Gelübde. Dass es genehm dir<br />
sei, fleh deine Gottheit ich an. Freilich - nicht gross ist's an Wert. Dich.<br />
Heiliger, bitten wir: höher als unsern Geldbeutel schätz unsre Gesinnung du<br />
ein!<br />
S. 35: Geradezu rührend wirkt die Gegenüberstellung von Geldbeutel und Gesinnung.<br />
Der Mann ist nicht in der Lage, ein kostbares Weihgeschenk zu stiften und so<br />
bittet er den Poeninus, nicht auf den Wert des Geschenks, sondern mehr auf die<br />
Gesinnung zu achten, mit der Rufus die Weihe vollzogen hat. Gewiss ein<br />
beredtes Denkmal einfacher Dankbarkeit! Natürlich kommen auch andere<br />
Weihgaben vor, die ohne Votivtafeln, also ohne dass sich deren Stifter genannt<br />
hatte, dargebracht worden sind: einmal war es ein häufig geübter Brauch,<br />
Opfermünzen zu spenden. Schon in vorrömischer <strong>Zeit</strong> ist dies geschehen, die<br />
<strong>römischen</strong> Münzen reichen Vom 1. Jahrhundert nach Chr. wo sie am<br />
zahlreichsten auftreten, bis hinunter zu den Kaisern Honorius und Arcadius<br />
(395-408 resp. 395-423). Auch Statuetten mögen im Tempel, der sich nunmehr<br />
oben auf der Passhöhe befand und zugleich der höchstgelegene Tempel<br />
Europas gewesen ist, aufgestellt. worden sein, u.a. ist eine hübsche<br />
Jupiterstatuette gefunden worden. Aus all diesen Funden ergibt sich für uns<br />
heute noch ein lebendiges Bild des Verkehrs über den Grossen St. Bernhard,<br />
ein Bild, das wegen der Mannigfaltigkeit der erhaltenen Namen, Ämter, Grade<br />
und Hantierungen recht bunt und vielfarbig wirkt. Und überall vermögen wir<br />
noch jene ablehnende Haltung der Alpenwelt gegenüber nachzuempfinden.