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training und coaching<br />
Spielen kann man nicht<br />
ernst genug nehmen<br />
E-Learning. Ein kritischer Blick auf die zahllosen Beispiele für „Game-based Learning“<br />
zeigt: Was sich „Lernspiel“ nennt, garantiert noch lange keine gute Lernerfahrung.<br />
Umgekehrt gilt schon eher: Je<strong>de</strong>s gute E-Learning-Programm kann von einem<br />
geschickten Einsatz spielerischer Elemente profitieren.<br />
Warum überhaupt spielend lernen? Weil<br />
<strong>de</strong>r Mensch es schon immer getan hat.<br />
Man <strong>de</strong>nke nur an ein Kind, das sich<br />
die Welt von Anfang an spielerisch erschließt.<br />
Statt etwas erklärt zu bekommen,<br />
probieren Kin<strong>de</strong>r immer wie<strong>de</strong>r<br />
etwas aus. Sie üben freiwillig so lange,<br />
bis sie wahre Meister sind. Statt sich in<br />
einem Test unter Beweis zu stellen, geben<br />
sie sich selbst die Bestätigung, es toll gemacht<br />
zu haben (und bekommen sie natürlich<br />
auch von ihren Eltern). Beim spielerischen<br />
Lernen gehen die Kin<strong>de</strong>r völlig<br />
in ihrer Tätigkeit auf – sie spielen und<br />
lernen, weil sie genau das tun möchten.<br />
In <strong>de</strong>r Motivationsforschung spricht man<br />
von intrinsischer Motivation.<br />
Mit Beginn <strong>de</strong>r Schule tritt das Prinzip<br />
<strong>de</strong>s spielerischen Lernens nach und nach<br />
in <strong>de</strong>n Hintergrund. Statt zu spielen, wird<br />
man unterrichtet, bekommt Aufgaben<br />
und muss sich in Tests beweisen. Oft<br />
lernt man, um gelobt zu wer<strong>de</strong>n, einer<br />
Strafe zu entgehen o<strong>de</strong>r um ein bestimmtes<br />
Ziel zu erreichen. Das Lernen ist nicht<br />
mehr Selbstzweck, son<strong>de</strong>rn verfolgt ein<br />
äußeres Ziel. Man ist immer häufiger extrinsisch<br />
o<strong>de</strong>r manchmal auch gar nicht<br />
motiviert. Dabei nimmt das menschliche<br />
Hirn Neues sehr viel leichter und verlässlicher<br />
auf, wenn es dieses als relevant<br />
und interessant wahrnimmt.<br />
Seit einigen Jahren wer<strong>de</strong>n immer häufiger<br />
Computerspiele in <strong>de</strong>r Weiterbildung<br />
eingesetzt – in <strong>de</strong>r Hoffnung, bessere<br />
Lern er geb nis se zu erzielen. Erkennbar<br />
wäre dies etwa durch eine längere o<strong>de</strong>r<br />
tiefere Beschäftigung mit <strong>de</strong>m Thema,<br />
eine gesteigerte Freu<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Sache, eine<br />
größere Behaltensleistung o<strong>de</strong>r einen verbesserten<br />
Transfer in die Praxis.<br />
Gute Spiele haben die Eigenschaft, die<br />
Spieler zu fesseln, positive Emotionen<br />
hervorzurufen und Vergnügen zu bereiten.<br />
Ihre Qualität geht aber über <strong>de</strong>n<br />
Spaßfaktor noch weit hinaus, <strong>de</strong>nn ihr<br />
Erfolg beruht auf verschie<strong>de</strong>nen Spielmechanismen.<br />
In einer grafischen Spielwelt<br />
bieten Computerspiele eine interessante<br />
Spielhandlung („Story“), die das Interesse<br />
<strong>de</strong>s Spielers weckt. Im Normalfall<br />
muss zum Erreichen <strong>de</strong>s großen Spielziels<br />
eine Reihe kleinerer Zwischenziele<br />
bewältigt wer<strong>de</strong>n. Dabei kann <strong>de</strong>r Spieler<br />
sich in einer sicheren Umgebung ausprobieren<br />
und dabei vielfältige Erfahrungen<br />
machen – und zwar ohne Angst vor Konsequenzen<br />
in <strong>de</strong>r realen Welt.<br />
Statt mit umfangreichen Erklärungen<br />
zu starten, wird <strong>de</strong>r Spieler gleich von<br />
Anfang an vor Probleme gestellt, die er<br />
lösen muss. Im Sinne <strong>de</strong>s problem ba sierten<br />
Lernens sammelt er erfor<strong>de</strong>rliches<br />
Wissen und Kompetenzen im Laufe <strong>de</strong>s<br />
Spiels. Der Wunsch nach Erfolg motiviert<br />
dazu, sich immer wie<strong>de</strong>r neuen spielerischen<br />
Herausfor<strong>de</strong>rungen zu stellen.<br />
Viele Spiele passen ihren Schwierigkeitsgrad<br />
dabei an die Fähigkeiten <strong>de</strong>s Spielers<br />
an, sodass die Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
we<strong>de</strong>r zu schwer noch zu einfach sind.<br />
Regelmäßige Feedbacks (zum Beispiel in<br />
Form von Punkten o<strong>de</strong>r Belohnungen)<br />
informieren über <strong>de</strong>n Erfolg. Beson<strong>de</strong>rs<br />
motivierend ist, dass Misserfolge im Spiel<br />
nicht endgültig sind und man es immer<br />
wie<strong>de</strong>r von Neuem probieren kann.<br />
Zum spielerischen Lernen braucht man<br />
keine vollwertigen Computerspiele, die<br />
alle genannten Spielmechanismen in sich<br />
vereinen. Oft reicht es, auf einzelne Spielmechanismen<br />
zurückzugreifen und diese<br />
geschickt zu kombinieren. Damit erhält<br />
das Lernen einen spielerischen Anteil,<br />
ohne dass ein vollwertiges Computerspiel<br />
entwickelt wer<strong>de</strong>n muss. Egal, ob sich ein<br />
Lernprogramm „Spiel“ nennt o<strong>de</strong>r nicht,<br />
es kommt im En<strong>de</strong>ffekt doch nur darauf<br />
an, dass es wirklich be<strong>de</strong>utsame Lernerfahrungen<br />
ermöglicht. Dies muss <strong>de</strong>r Anspruch<br />
bei <strong>de</strong>r Konzeption spielerischer<br />
Lernanwendungen sein. Das Schwierige<br />
dabei ist: Jene Spielmechanismen, die<br />
sich auf <strong>de</strong>n ersten Blick anbieten, da<br />
sie sich relativ leicht in ein Lernangebot<br />
integrieren lassen, setzen häufig nur<br />
auf extrinsische Motivation und können<br />
manchmal sogar kontraproduktiv sein.<br />
Spielmechanismen, die zu<br />
häufig eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
Beson<strong>de</strong>re Vorsicht ist bei <strong>de</strong>r Vergabe<br />
von Punkten und extrinsischen Belohnungen<br />
geboten. Ein bereits vorhan<strong>de</strong>nes<br />
intrinsisches Interesse am Lerninhalt<br />
könnte dadurch sabotiert wer<strong>de</strong>n. Wer<strong>de</strong>n<br />
Punkte allerdings geschickt eingesetzt,<br />
sodass sie einen echten Informationsgehalt<br />
für <strong>de</strong>n Lerner haben, können<br />
sie auch zielführend sein. In <strong>de</strong>m Online-<br />
Training zum Thema „Methodisches<br />
Arbeiten“ für Büromitarbeiter eines<br />
<strong>de</strong>utschen Großunternehmens muss <strong>de</strong>r<br />
Lerner sich beispielsweise in vielen Praxissituationen<br />
im Büro beweisen. Effizientes<br />
Arbeiten führt in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />
Situationen zu einer Zeitersparnis für <strong>de</strong>n<br />
Mitarbeiter o<strong>de</strong>r für das gesamte Team.<br />
Ineffiziente Vorgehensweisen haben hingegen<br />
Mehrarbeit zur Folge. Anhand <strong>de</strong>r<br />
Höhe von Säulen in einer Grafik erkennt<br />
<strong>de</strong>r Lerner, welche Folgen seine Handlung<br />
42 wirtschaft+weiterbildung 09_2012