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Politikwissenschaft 148 - DVPW

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Frühjahr 2013<br />

Nr. <strong>148</strong><br />

der <strong>DVPW</strong> erinnern sich noch gern an seine Scharmützel mit Jürgen Habermas<br />

auf dem Duisburger <strong>DVPW</strong>-Kongress von 1975.<br />

Die oft ätzende Kritik an politischen und wissenschaftlichen Verirrungen<br />

zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk. Das Motiv der Kritik hat<br />

wiederum unmittelbar mit dem korrespondierenden Motiv der Sorge zu<br />

tun. Die Politische Wissenschaft war für Hennis ein „Kind der Sorge“ um<br />

den Zustand der politischen Gemeinschaft, wie er in der Dankesrede bei<br />

der Verleihung des Theodor-Eschenburg-Preises auf dem Kieler <strong>DVPW</strong>-<br />

Kongress 2009 deutlich machte. Scharfe Kritik übte er seit den achtziger<br />

Jahren insbesondere am bundesdeutschen Parteienstaat, der „zunehmend<br />

unerfreuliche Züge“ trage, da die Parteien sich den ganzen Staat zur Beute<br />

machten. Das Motiv der Sorge führte Hennis immer wieder zu leidenschaftlicher<br />

Kritik an politischen Fehlentwicklungen. Er sah die Kritik letztlich<br />

als die zentrale Aufgabe der <strong>Politikwissenschaft</strong>, so dass er über den<br />

hehren Monopolanspruch der Frankfurter Schule als „Kritische Theorie“<br />

nur den Kopf schütteln konnte: „Kritisch? Was denn sonst!“<br />

Schon der junge Wilhelm Hennis lehnte eine „wertfreie“ Politologie ab, für<br />

die es unwissenschaftlich war, nach Sinn und Zweck der Politik zu fragen.<br />

Demgegenüber stritt er für die Legitimität des politischen Werturteils. Er<br />

war davon überzeugt, ein <strong>Politikwissenschaft</strong>ler sei „zum politischen Urteilen<br />

quasi von Beruf und Amts wegen verpflichtet“. Seit Platon sei es stets<br />

die wichtigste Aufgabe des politischen Denkens gewesen, über Zweck und<br />

Ziel der Politik zu reflektieren. Angesichts der punktuellen Orientierung an<br />

Platon und Aristoteles, der zeitweiligen Sympathien für Leo Strauss und<br />

der generellen Antipathien gegenüber dem Positivismus hat man Hennis<br />

häufig in die sogenannte „normativ-ontologische“ Schule der bundesdeutschen<br />

<strong>Politikwissenschaft</strong> eingeordnet. Falls es eine solche Schule überhaupt<br />

je gab, hat Hennis nie zu ihr gehört. Er wies eine solche Zuordnung<br />

stets belustigt zurück: „Ich weiß ja nicht einmal, was ‚ontologisch’ überhaupt<br />

heißen soll.“ Zum Glück erledigte sich mit der Auflösung der intellektuell<br />

unbedarften Einteilung der bundesdeutschen <strong>Politikwissenschaft</strong> in<br />

jene drei „Schulen“ bald auch das zwanghafte Zuordnungsdenken.<br />

Hennis war in gewisser Weise ein Solitär in der deutschen <strong>Politikwissenschaft</strong>.<br />

Wer die scharfe Auseinandersetzung liebt, der schwimmt nicht mit<br />

im Strom. Er gehörte keiner Schule an und gründete auch selbst keine solche.<br />

Der Kreis seiner Schüler ist so heterogen, dass man daraus nie einen<br />

Club hätte formen können. Angesichts seiner Aversion gegen jeden<br />

Gleichklang wie auch aufgrund seines impulsiven Naturells hätte Hennis<br />

sich als Haupt einer Schule ohnehin nicht geeignet. Er liebte die Kritik, den<br />

Widerstreit. Die eigene Meinung von anderen zu hören, war ihm verhasst.<br />

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