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Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1110 Wien, P.b.b., 02Z031058M<br />

Wirtschaft<br />

Innovation<br />

Wissenschaft<br />

austriainnovativ.at<br />

5-13<br />

26 Bewegende Innovationen für Österreichs Zukunft<br />

12 Interview mit Siemens-GD Hesoun 16 Interview mit OMV-GD Roiss 34 Alpbach-Rückschau


JOANNEUM RESEARCH<br />

THE INNOVATION COMPANY<br />

Facts & Figures<br />

Die JOANNEUM RESEARCH entwickelt Lösungen und Technologien<br />

für Wirtschaft und Industrie in einem breiten Branchenspektrum<br />

und betreibt Spitzen forschung auf internationalem<br />

Niveau. Mit dem Fokus auf angewandte Forschung und<br />

Technologie entwicklung nimmt sie als INNOVATION COMPANY<br />

eine Schlüsselfunktion im Technologie­ und Wissenstransfer in<br />

der Steiermark ein.<br />

a Innovation: JOANNEUM RESEARCH arbeitet mit der Wirtschaft<br />

und der öffentlichen Hand aktiv an der Generierung<br />

neuer Innovationen und betreibt konsequent Technologietransfer<br />

in die Wirtschaft durch die Entwicklung anwendungsorientierter<br />

Forschungs­ und Entwicklungsprojekte.<br />

a Vernetzung: JOANNEUM RESEARCH nimmt eine<br />

Schlüssel position in nationalen und internationalen<br />

Forschungs netz werken ein und übernimmt als » Customer<br />

Interface « eine starke Vermittlungs­ und Beratungs funktion<br />

zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlicher Hand.<br />

a Wissenstransfer: JOANNEUM RESEARCH eröffnet<br />

durch ihre Forschungstätigkeit den Zugang zu Wissen und<br />

Erkenntnissen für den Standort.<br />

Weitere Informationen über unsere Forschungsleistungen und<br />

Lösungen finden Sie unter: www.joanneum.at<br />

oef ins 12219


Zum Einstieg<br />

3<br />

Inhalt 5-13<br />

Editorial<br />

… was Morgen<br />

wichtig wird!<br />

Mit der vorliegenden Ausgabe verdoppelt<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> seine Schlagzahl Richtung<br />

Zukunft. Denn die Welt ändert sich.<br />

Und <strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> ändert sich mit ihr.<br />

Das augenscheinlichste Merkmal wird Ihnen<br />

bereits aufgefallen sein. Aber nicht nur<br />

das Layout hat ein radikales Facelifting erhalten,<br />

auch die Struktur sowie die inhaltliche<br />

Ausrichtung wurde kräftig nachjustiert.<br />

Unser Anspruch ist es, Ihnen jene<br />

Hintergrundinfos zu liefern, die Sie als Orientierungshilfe<br />

durch eine im Transformationsprozess<br />

komplexer werdende Wirtschafts-<br />

und Forschungswelt benötigen.<br />

Auf einen Blick sollen Sie durch uns erkennen<br />

können, was heute wichtig ist, sowie –<br />

und vor allem –, was morgen wichtig wird.<br />

Diesen Blick durfte ich Ihnen die letzten<br />

zehn Jahre liefern. Es waren zehn spannende<br />

und aufregende Jahre. Nach zwei<br />

Legislaturperioden als Chefredakteur ist es<br />

jedoch nun an der Zeit, das Steuer abzugeben.<br />

Vielen Dank für Ihre Treue und Ihre<br />

zahlreichen Rückmeldungen.<br />

Das Beständigste im Leben ist die Veränderung!<br />

Christian Klobucsar<br />

12 Wolfgang Hesoun,<br />

GD Siemens Österreich, über<br />

seine Strategien, den Siemens-<br />

Standort Österreich innerhalb der<br />

Konzerngruppe als Forschungsstandort<br />

weiter auszubauen.<br />

28 Eine aktuelle Studie belegt,<br />

dass E-Mobiliät im Aufwind ist.<br />

Rund 10.000 Batterie- und Hybridfahrzeuge<br />

sind bereits auf Österreichs<br />

Straßen unterwegs.<br />

Impressum: Medieninhaber und Verleger: Bohmann Druck und Verlag GesmbH & Co.KG.,<br />

A-1110 Wien, Leberstraße 122, Telefon: +43-1/740 95-0, Fax: +43-1/740 95-430, E-Mail: austriainnovativ.zv@bohmann.at,<br />

DVR: 0408689, Geschäftsführung: MMag. Dr. Gabriele Ambros – KR<br />

Gerhard Milletich, Chef redakteur: Christian Klobucsar – DW 435, Autoren dieser Ausgabe: Mag.<br />

Alfred Bankhamer, Mag. Emilie Brandl, Verlagsleitung: Mag. Patrick Lenhart, Marketing & Sales:<br />

Mag. Sandra Kreuzer – DW 560, Grafik Design: Elisabeth Pirker/OFFBEAT, Produktion: Markus<br />

Frühwirth (REPROMEDIA), Druck: Druckerei Odysseus, Haideäckerstraße 1, A-2325 Himberg,<br />

Titelfoto: iStock.com/77studio, Erscheinungsweise: 6-mal jährlich, Abonnementpreis: 47,90 Euro, Das Abonnement ist spätestens<br />

30 Tage vor Bezugsjahresende schriftlich kündbar, <strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> wird von der Redaktion in völliger Unabhängigkeit inhaltlich<br />

gestaltet und erscheint mit finanzieller Unterstützung durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMWF), den<br />

Rat für Forschung und Technologieentwicklung, sowie durch die Stadt Wien. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach<br />

§ 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden bei Personen nicht durchgängig<br />

die männliche und die weibliche Form angeführt. Gemeint sind selbstverständlich immer beide Geschlechter.<br />

Kurzmeldungen<br />

4 need2know<br />

8 Neues aus aller Welt<br />

10 Skurriles<br />

Serie<br />

11 … jetzt erst Recht!<br />

Wirtschaft<br />

12 Interview mit<br />

Siemens-Generaldirektor<br />

Wolfgang Hesoun<br />

16 Interview mit<br />

OMV-Generaldirektor<br />

Gerhard Roiss<br />

22 Forschen à la France<br />

41 Design. Thinking. Erfolg.<br />

Schwerpunkt Mobility<br />

26 Bewegende Innovationen<br />

für Österreichs Zukunft<br />

28 Status E-Mobilität in Österreich<br />

29 Gestern Science Fiction,<br />

heute Realität<br />

30 Fresh Money für E-Mobilität<br />

Wissenschaft/<br />

Forschung/Bildung<br />

20 MS-Wissenschaft 2013:<br />

Chance Demografie<br />

24 Hochschulkonferenz:<br />

Empfehlungen liegen am Tisch<br />

32 Oberösterreichs Forschung<br />

im Spitzenfeld<br />

34 Alpbach Rückschau:<br />

Wer bin ich im Internet?<br />

Und wer liest mit?<br />

36 Bilderreise durch<br />

die Technologiegespräche<br />

38 Interview mit CDG-Präsident<br />

Reinhart Kögerler<br />

42 RISC Software: Virtueller Patient<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


4 Kurzmeldungen<br />

need2know<br />

Veranstaltungen, Meinungen & Forschungsnews –<br />

auf den Punkt gebracht.<br />

Alle Nobelpreisträger<br />

erhalten eine<br />

Urkunde, eine Goldmedaille<br />

und acht<br />

Millionen Kronen<br />

(etwa 920.000 Euro).<br />

Nobelpreise 2013<br />

Der Chemie-Nobelpreis geht an den in Wien geborenen (und 1938<br />

in die USA emigrierten) Wissenschaftler für Theoretische Chemie,<br />

Martin Karplus, sowie an seine beiden US-Kollegen Michael Levitt<br />

und Arieh Warshel. Sie erhalten die Auszeichnung für die Entwicklung<br />

von Computermodellen zur Beschreibung chemischer Prozesse.<br />

Die Arbeit der drei Wissenschaftler ist laut der Nobelpreisjury<br />

bahnbrechend, da es ihnen gelungen ist, die Physik-Erkenntnisse<br />

Newtons mit der grundlegend verschiedenen Quantenphysik<br />

zu vereinen.<br />

Der diesjährige Medizin-Nobelpreis geht an die beiden US-Amerikanischen<br />

Wissenschaftler James Rothman und Randy Schekman<br />

sowie an den aus Göttingen stammenden Deutschen Thomas Südhof<br />

für ihre Entdeckung, wie in Zellen Proteine transportiert werden<br />

und damit an die für Stoffwechselabläufe richtigen Stellen kommen.<br />

Wenn Botenstoffe & Co zu einem falschen Zeitpunkt oder an<br />

einer falscher Stelle verortet sind, geraten so elementare Prozesse<br />

wie etwa die Immunabwehr außer Kontrolle. Die diesjährigen Nobelpreisträger<br />

haben gezeigt, wie das System funktioniert und vor<br />

allem, wie es kontrolliert wird.<br />

Der Brite Peter Higgs und der Belgier Francois Englert erhalten<br />

den Physik-Nobelpreis für die Entdeckung des „Gottesteilchens“.<br />

Konkret für ihre Interpretation von Mechanismen, die zum Verständnis<br />

beitragen, woher subatomare Teilchen ihre Masse erhalten. Dies<br />

sei kürzlich durch die Entdeckung des beschriebenen Elementarteilchens<br />

im Teilchenbeschleuniger LHC des Kernforschungszentrums<br />

CERN bestätigt worden, so die Begründung der Jury. Dieses Teilchen<br />

wird seit seiner Identifizierung im Wissenschaftsbereich Higgs-<br />

Boson-Teilchen genannt – weltweit kennt man es, aufgrund der<br />

Simplifizierung durch die Presse, primär als „Gottesteilchen“. n<br />

Kongress<br />

„Zero Emission<br />

Cities“<br />

Im Mittelpunkt des diesjährigen Kongresses<br />

„Zero Emission Cities“, am 6. November im<br />

Wiener Rathaus, stehen Sonnen-/Windenergie,<br />

innovative Speicher sowie die Energiewende.<br />

Den Eröffnungsvortrag hält Jens<br />

Bartholmes von der Generaldirektion für<br />

Energie der Europäischen Kommission. Er<br />

wird unter anderem über einen strategischen<br />

Implementationsplan berichten, den<br />

die EU dieser Tage beschließt. Vizebürgermeisterin<br />

Maria Vassilakou wird anschließend<br />

auf die Bedeutung der erneuerbaren<br />

Energie für Wien eingehen, mit deren Hilfe<br />

die Stadt zu einer Umweltschutzmetropole<br />

werden soll. Für die Diskussionsrunde über<br />

die Herausforderungen der Energiewende<br />

konnten unter anderem Wolfgang Anzengruber<br />

(Verbund), Wolfgang Hesoun (Siemens)<br />

und Marc H. Hall (Wr. Stadtwerke)<br />

gewonnen werden. Zero Emission Cities<br />

wird von der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer<br />

Wien sowie der Fachgruppe<br />

Ingenieurbüros der WK Wien veranstaltet.<br />

Infos: www.zeroemissioncities.at■<br />

Ideen – Erfindungen – Neuheiten<br />

Vom 31. Oktober bis 3. November blickt die internationale Erfinderszene nach Nürnberg,<br />

denn im Messezentrum findet mit der iENA, Internationale Fachmesse „Ideen-Erfindungen-Neuheiten“<br />

die bedeutendste internationale Fachmesse des Erfindungswesens statt.<br />

Die veranstaltenden AFAG Messen und Ausstellungen erwarten auch in diesem Jahr rund<br />

750 Einzelerfindungen von vorwiegend freien Erfindern aus aller Welt. Dabei reicht das<br />

Spektrum von Hightech-Entwicklungen bis hin zu praktischen Erfindungen für die Freizeit<br />

und den alltäglichen Gebrauch. Bei Fragen zu Schutzrechten, zur Finanzierung und zur<br />

professionellen Vermarktung von Erfindungen bieten die zahlreich vertretenen Organisationen<br />

des Erfindungswesens wertvolle Hilfestellung. Infos: www.iena.de<br />

■<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Haidingers Querforschung<br />

Martin Haidinger,<br />

Wissenschafts redakteur im ORF (Ö1)<br />

Die Sache mit<br />

dem Gen-Schalter …<br />

„Chromosomensatz xy“ ungelöst – so lautete der Titel<br />

eines legendären Kabarettprogramms von „Heilbutt und<br />

Rosen“. Und in der Tat tauchen im Geschlechter-Cocktail<br />

immer mehr Ungereimtheiten im Rezept auf, je weiter die<br />

Forschung fortschreitet.<br />

Dass Männer XY- und Frauen XX-Chromosomen haben<br />

ist Schulwissen. US-WissenschaftlerInnen berichten<br />

nun von einer Frau mit einer XY-Variante in ihrem Erbgut.<br />

Die Entwicklung zum männlichen Geschlecht scheint eine<br />

wackelige Angelegenheit zu sein …<br />

Anlass für die Veröffentlichung der ForscherInnen aus<br />

Cleveland/Ohio ist eine Familie mit einer ungewöhnlichen<br />

Genetik. Der Vater besitzt ein X- und ein Y-Chromosom,<br />

seine Tochter ebenfalls. Das ist möglich, weil der Vater<br />

der Tochter eine seltene Mutation im „SRY-Gen“ vererbt<br />

hat, dem Hauptschalter für die männliche Entwicklung –<br />

beim Menschen wie auch bei allen anderen höheren Säugetieren.<br />

Im beobachteten Fall hat die Tochter weibliche Geschlechtsorgane<br />

entwickelt, obwohl sie das Y-Chromosom<br />

im Erbgut trägt. Allerdings kann sie keine Kinder<br />

bekommen. Die Aktivität der Gene von Vater und Tochter<br />

unterscheidet sich statt einem erwartbaren Faktor von<br />

100 nur um einen Faktor von zwei, also kaum. Die WissenschaftlerInnen<br />

schließen daraus, dass sich die männliche<br />

Entwicklungslinie hart an der Grenze zur sexuellen<br />

Mehrdeutigkeit bewegt. Das so differenziert dosierte gehirnsteuernde<br />

Hormon Testosteron hätte im Lauf der<br />

Evolution eine reiche Auswahl von Geschlechterrollen<br />

bewirkt. Frei nach Ernst Jandl gilt also: manche meinen<br />

wännlich und meiblich kann man nicht velwechsern<br />

werch ein illtum …<br />

n<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13<br />

AUSTRIA


6 Kurzmeldungen<br />

Veranstaltungen, Meinungen & Forschungsnews –<br />

auf den Punkt gebracht.<br />

Wolkenbildung<br />

verstehen<br />

Innsbrucker Ionen-Physiker an Großexperiment<br />

„CLOUD“ beteiligt.<br />

Wolken sind für unser Klima bekanntlich<br />

zentral. Wie sie in der Atmosphäre entstehen,<br />

wird derzeit am CERN im Rahmen des<br />

Experimentes „CLOUD“ erforscht. In der<br />

Fachzeitschrift „Nature“ publizierte das<br />

Team jetzt erste Ergebnisse zur „Nukleation“<br />

und enträtselt damit auf molekularer<br />

Ebene den ersten Schritt bei der Bildung<br />

einer Wolke. Ionen-Physiker der Uni Innsbruck<br />

lieferten dazu die entsprechende<br />

Messtechnik. Infos: www.uibk.ac.at n<br />

Neuer WU-Campus im Prater<br />

WU setzt auf Neupositionierung.<br />

Auf dem am 4. Oktober offiziell eröffneten<br />

neuen Campus WU wurde ein modernes<br />

Universitätskonzept in eine räumliche Form<br />

gegossen. Die spektakuläre Architektur ist<br />

laut Rektor Christoph Badelt für die WU<br />

nun Anlass, sich auch inhaltlich neu zu positionieren:<br />

„Die WU sieht die Investition,<br />

die die Republik getätigt hat, als eine Herausforderung<br />

und als eine Aufforderung<br />

an, ihre Rolle in diesem Staat und in der<br />

Wissenschaft neu zu definieren.“ Wirtschaft<br />

soll neu gedacht werden, gemäß<br />

dem Motto: Rethink Economy.<br />

Infos: www.wu.ac.at<br />

■<br />

WU-Rektor<br />

Christoph Badelt<br />

sprach im Rahmen<br />

der Campus-Eröffnung<br />

von einem<br />

Neustart der WU.<br />

<strong>Austria</strong><strong>Innovativ</strong>_Inserat_TUWien.pdf 1 07.10.2013 10:21:28<br />

50 Gene gegen<br />

Erbgut-Parasiten<br />

In den Geschlechtsorganen der Taufliege<br />

Drosophila melanogaster treiben<br />

es Genomparasiten (Transposons)<br />

ziemlich bunt.<br />

Sie springen im Erbgut umher und lösen<br />

gefährliche Mutationen aus. Die Fliege<br />

wehrt sich durch einen raffinierten Mechanismus,<br />

den sogenannten „piRNA-Signalweg“.<br />

Dieser legt die lästigen Transposons<br />

still. Über die evolutionär uralte Schutzmethode<br />

gegen Unfruchtbarkeit, die vermutlich<br />

auch für die Gesundheit des Menschen<br />

allen lebenden Organismen konserviert ist<br />

Symposium Industrie und damit 4.0 auch im Menschen essenziell<br />

eine bedeutende Mittwoch, Rolle 6. November spielt, waren 2013, bis-<br />

17.00 ist.“ Infos: Uhrwww.imba.oeaw.ac.at<br />

n<br />

Kuppelsaal der TU Wien<br />

Anmeldung unter office@tualumni.at<br />

lang kaum Details bekannt. Nun haben<br />

ForscherInnen am Wiener Institut für Molekulare<br />

Biotechnologie (IMBA) der österreichischen<br />

Akademie der Wissenschaften<br />

(ÖAW) rund 50 Gene identifiziert, die für<br />

den reibungslosen Ablauf des piRNA-Signalwegs<br />

entscheidend sind.<br />

Unsere DNA ist dicht besiedelt mit Genom-Parasiten,<br />

ebenso wie die DNA von<br />

Pflanzen, Mäusen und Fischen. So besteht<br />

auch das Genom der Taufliege Drosophila<br />

melanogaster zu rund 15 bis 20 Prozent<br />

(Mensch: ca. 50 Prozent) aus sogenannten<br />

Transposons. Viele dieser ‚egoistischen‘<br />

DNA-Elemente sind mobil: Sie springen im<br />

Erbgut ihres Wirts umher und können auf<br />

diese Weise DNA-Brüche, Mutationen und<br />

ihrer neuesten Arbeit konnte IMBA-Grupin<br />

Richtung Aufklärung des piRNA-Signalwegs<br />

tun. Die aktuelle Arbeit, die rund zwei<br />

Jahre in nahm, ließ folgende athway in<br />

Die TU Wien präsentiert die nächste Stufe der technologischen Revolution<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


„Intelligente<br />

Stromnetze“:<br />

EU-Projekt<br />

soll Netzwerke<br />

optimieren<br />

Vor allem erneuerbare Energieträger<br />

sollen noch besser eingebunden werden<br />

können.<br />

Innerhalb des EU-Projekts INCREASE, bei<br />

dem von einem Gesamtprojektvolumen von<br />

4,4 Millionen Euro rund 460.000 Euro in die<br />

Steiermark gehen, werden ExpertInnen der<br />

Energieforschung dazu beitragen, in Kooperation<br />

mit Netzwerkbetreibern bestehende<br />

Netze zu optimieren und neue Geschäftsmodelle<br />

für Netzbetreiber zu entwickeln.<br />

„Dieses Europa-Projekt stellt eine hervorragende<br />

Chance für die Steiermark dar, sich<br />

international zu diesem Thema weiter zu<br />

vernetzen“, so Andreas Türk von JOANNE-<br />

UM RESEARCH. Gemeinsam mit Reinhard<br />

Padinger begleitet er die Arbeiten mit den<br />

technischen Versuchsmodellen.<br />

Eingesetzt werden sowohl Simulationsals<br />

auch Versuchsmodelle zur Optimierung<br />

bestehender Niederspannungsnetzwerke.<br />

Dabei wird die ungleichmäßige Verfügbarkeit<br />

der Erneuerbaren Energieträger berücksichtigt,<br />

bedingt beispielsweise durch<br />

die Abhängigkeit der Energieerzeugung<br />

von Sonnentagen oder Windverhältnissen.<br />

Außerdem wird das Verhalten von dezentralen<br />

Erzeugern und Nutzern in den Modellen<br />

miteinbezogen.<br />

Infos: www.joanneum.at<br />

■<br />

Straßenbahnen lernen sehen,<br />

denken und reagieren<br />

Künftig werden Straßenbahnen in der<br />

Lage sein, Hindernisse zur erkennen und<br />

ihr Gefahrenpotenzial korrekt einzuschätzen.<br />

Ein speziell für den Einsatz bei leichten<br />

Schienenfahrzeugen wie z. B. Straßenbahnen<br />

entwickeltes optisches 3D-Sensorsystem<br />

macht diese künftig vorausschauend,<br />

intelligent und damit noch sicherer. Schienenfahrzeugweltmarktführer<br />

Bombardier<br />

Transportation hat gemeinsam mit dem<br />

Forschungspartner AIT <strong>Austria</strong>n Institute<br />

of Technology eine Technologie entwickelt,<br />

die auf die besonderen Anforderungen von<br />

Schienenfahrzeugen hinsichtlich Reduktion<br />

von Kollisionsgefahr ausgerichtet ist.<br />

Dabei lernt die Straßenbahn, verschiedene<br />

Objekte wie z. B. Fahrzeuge und Personen,<br />

aber auch kleine Gegenständen wie<br />

beispielsweise Fußbälle, zu erkennen, ihr<br />

Gefahrenpotenzial selbständig zu beurteilen<br />

und darauf entsprechend zu reagieren.<br />

Personen auf der Strecke<br />

werden durch das Sensorsystem<br />

als Hindernis erkannt.<br />

Damit wird die Straßenbahn-Sicherheit revolutioniert.<br />

In einer weiteren Ausbaustufe<br />

soll das System eigenständig Bremsmanöver<br />

und andere Schutzmaßnahmen einleiten<br />

können, um Fußgänger, Radfahrer<br />

und andere Verkehrsteilnehmer besser zu<br />

schützen. Infos: www.ait.ac.at<br />

n<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


8 Kurzmeldungen<br />

Neues aus<br />

aller Welt<br />

Vielversprechende wissenschaftliche Entwicklungen,<br />

Erkenntnisse und Forschungsprojekte.<br />

Softmachine<br />

mit Ionenleiter<br />

Wenn der Weltklimabericht naht, erhöht<br />

sich die Anzahl klimarelevanter<br />

Studien beträchtlich. Vor allem die Frage,<br />

warum die Erderwärmung seit gut zehn<br />

Jahren trotz stark steigendem CO 2<br />

-Ausstoß<br />

eine Pause eingelegt hat, stellt sich den<br />

ForscherInnen. Eine Studie des Alfred-<br />

Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung<br />

schenkt besonders dem<br />

Meer bzw. der Tiefsee mehr Aufmerksamkeit.<br />

Konkret wurde das Tiefenwasser zwischen<br />

Grönland und Spitzbergen untersucht,<br />

das sich seit 1980 um 0,3 Grad Celsius<br />

erwärmt hat. Das ist rund das Zehnfache<br />

des Meeresdurchschnittstemperaturanstiegs.<br />

Beunruhigend sei vor allem das<br />

rasche Abschmelzen des arktischen Eises.<br />

Heuer ergaben Satellitenmessungen einen<br />

18 Prozent geringeren Wert als im letzten<br />

Flächenverlust-Rekordjahr 2007. Der weltweite<br />

Meeresspiegel erhöhte sich seit 1993<br />

durchschnittlich um drei Millimeter.<br />

Maschinen wirken heute mit ihren Antrieben sehr starr. PhysikerInnen<br />

an der Harvard University wollen Maschinen nun deutlich<br />

softer machen – ähnlich dem menschlichen Körper. Wie in Nervenzellen<br />

sollen die elektrischen Impulse nicht durch Elektronen, sondern<br />

Ionen geleitet werden. Das Team entwickelte einen dehnbaren<br />

Ionenleiter. Das Besondere ist, dass sich erstmals Ionen in einem<br />

Gel mit wenig Energieaufwand im Kilohertz-Bereich kontrolliert<br />

bewegen lassen. Das soll uns dem Einsatz in elektronischen Geräten<br />

und Robotern einen Schritt näher bringen.<br />

n<br />

[Keplinger, Christoph, et. al.: Stretchable, Transparent, Ionic Conductors,<br />

Science (2013), doi: 10.1126/science.1240228]<br />

Unstete Erderwärmung<br />

2012 zählt zu den<br />

zehn heißesten<br />

Jahren der Erde.<br />

Eine britische Studie hat sich wiederum in<br />

Europa die stark unterschiedlichen Temperaturentwicklungen<br />

vorgenommen. Die<br />

Studie analysierte die Daten von 2.316<br />

Wetterstationen innerhalb der letzten 60<br />

Jahre. Heiße Sommernächte wurden beispielsweise<br />

um über zwei Grad Celsius<br />

wärmer, kalte Winternächte gar um bis zu<br />

2, 5 Grad Celsius. n<br />

[Somavilla, R., et. al.: Increasing amount of Arctic Ocean<br />

deep waters in the Greenland Sea, Geophysical Research<br />

Letters (2013), doi: 10.1002/grl.50775<br />

Erschreckende<br />

Studie über<br />

Vergewal tigungen<br />

Die Medienberichte über Massenvergewaltigungen<br />

in Indien haben international<br />

für großes Aufsehen gesorgt. Eine<br />

UNO-Studie hat sich die Situation in Bangladesch,<br />

China, Indonesien, Kambodscha,<br />

Papua-Neuguinea und Sri Lanka näher angeschaut.<br />

10.178 Männer aus einem repräsentativen<br />

Sample stimmten einer Befragung<br />

bzw. teils auch Tonbandaufnahmen<br />

zu. Gefragt wurde nach eindeutigen Situationen,<br />

die auf eine Vergewaltigung hinweisen.<br />

Je nach Region und Land lag die<br />

Rate innerhalb von Beziehungen bei 2,8<br />

Prozent in städtischen Gebieten, in Bangladesch<br />

bis zu 22,3 Prozent, in Jayapura in<br />

Indonesien. Mit Zurechnung körperlicher<br />

Gewalt stieg die Mißbrauchsrate in Papua-<br />

Neuguinea gar auf 41,2 Prozent. Bei der<br />

Vergewaltigung außerhalb einer Beziehung<br />

lagen die Raten bei 2,5 Prozent bis<br />

26,6 Prozent. Im Gesamtdurchschnitt hatten<br />

schon 24 Prozent der Befragten eine<br />

oder mehrere Frauen vergewaltigt.<br />

Als Gründe wurden etwa das „Recht auf<br />

Sex“ (73,3 Prozent), „Suche nach Abwechslung“<br />

(58,7 Prozent), „Wut und Bestrafung“<br />

(37,9 Prozent) und Alkohol (27 Prozent) angegeben.<br />

Die Mehrzahl der Täter stammten<br />

aus Schichten mit geringer Ausbildung<br />

und Einkommen und hatten oft selbst Gewalt<br />

erlitten. 55,2 Prozent der Männer fühlten<br />

sich nach der Tat schuldig, 35,7 Prozent<br />

wurden von Freunden oder der Familie bestraft,<br />

22,9 Prozent bekamen eine Gefängnisstrafe.<br />

n<br />

[Jewkes, R., Fulu, E., et. al.: Lancet Global Health, Volim1,<br />

Issue 4, Lancet (2013), doi:10.1016/S2214-109X(13)70069-<br />

X; doi:10.1016/S2214-109X(13)70074-31]<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Kurzmeldungen<br />

9<br />

Foto: iStock.com<br />

Ausgestorbene<br />

Rekordsäuger<br />

Vor 130 Millionen Jahren – vom mittleren<br />

Jura (also vor rund 165 Millionen Jahren)<br />

bis zum frühen Oligozän – beherrschte<br />

ein im Aussehen rattenähnliches Tier mit<br />

nur 65 bis 80 Gramm Gewicht die Welt der<br />

Kleinsäuger. Das Pelztier überlebte damit<br />

sogar einige Naturkatastrophen, die große<br />

Artensterben zur Folge hatten. Erst vor 35<br />

Millionen Jahren starb die Multituberculata<br />

aus und ist somit das bislang erfolgreichste<br />

Säugetier der Erdgeschichte, das<br />

in vielen Unterarten existiert hat. Ein jüngst<br />

gefundenes Fossil der neuen Art Rugosodon<br />

eurasiaticus aus dem späten Jura in<br />

Ostchina belegt die damals schon große<br />

Verbreitung: der Fund hat nämlich ähnliche<br />

Zähne wie ein Multitberculata-Exemplar<br />

aus der gleichen Epoche in Portugal.<br />

Die sehr anpassungsfähigen Tiere besiedelten<br />

also den gesamten eurasischen<br />

Kontinent. Den Gar aus machten ihnen<br />

wahrscheinlich die Nagetiere.<br />

n<br />

Im Zentrum der Milchstraße<br />

Schwarzes Loch im Zentrum der<br />

Milchstraße mit enormem Appetit.<br />

[Yuan, Chong-Xi, et. al.: Earliest Evolution of Multituberculate<br />

Mammals Revealed by a New Jurassic Fossil,<br />

Sience (2013), doi: 10.1126/science.1237970]<br />

Ein supermassives Schwarzes Loch<br />

rund 26 Millionen Lichtjahre entfernt<br />

im Zentrum der Milchstraße hat bislang<br />

schon riesige Mengen an Gas mit einer<br />

Masse von rund vier Millionen Sonnen<br />

verschluckt. Über die genauen Vorgänge<br />

im Herzen unserer Galaxie wird schon lange<br />

gerätselt. Nun ist es mit dem Radioteleskop<br />

Effelsberg in Nordrhein-Westfalen<br />

mit 100 Meter Durchmesser gelungen, endlich<br />

einen Pulsar zu finden, anhand dessen<br />

zahlreiche neue Informationen gewonnen<br />

werden können. Die schnell rotierenden<br />

Neutronensterne, die aus dem Rest ausgebrannter<br />

Sonnen entstehen, senden pulsartig<br />

stark gebündelte Lichtstrahlen aus.<br />

Das Schwarze Loch selbst ist nur sehr<br />

schwer zu beobachten. Es verschluckt nicht<br />

nur Unmengen an Materie, sondern versteckt<br />

sich auch noch hinter einem Gasnebel.<br />

Mit den Pulsar-Lichtblitzen ließen<br />

sich die Existenz der Magnetfelder nahe<br />

des Schwarzen Lochs belegen. Die stark<br />

polarisierten Lichtwellen werden in ihrer<br />

Schwingungsebene umso mehr verdreht,<br />

je stärker das Magnetfeld ist. Dieses wirkt<br />

beim Gaszufluss als starke Bremse. So<br />

lässt sich erklären, dass andere Schwarze<br />

Löcher weit mehr Materie schlucken. n<br />

[Eatough, Ralph P., et al.: A strong magnetic field around<br />

the supermassive black hole at the centre of the Galaxy,<br />

Nature (2013), doi: 10.1038/nature12499]<br />

Ozeanversauerung<br />

Während über die genauen Zusammenhänge<br />

zwischen CO 2<br />

-Anstieg und<br />

Erderwärmungen noch heftig debattiert<br />

wird, schreitet die Versauerung<br />

der Ozeane voran. Rund ein Viertel des<br />

ausgestoßenen Kohlendioxid nehmen die<br />

Ozeane auf, das mit Wasser Kohlensäure<br />

bildet, die wiederum den pH-Wert der<br />

Meere sinken lässt. Betroffen sind vor allem<br />

Lebewesen mit Kalkgerüsten wie Korallen,<br />

Stachelhäuter wie Seesterne oder<br />

Weichtiere. Krebstiere kommen hingegen<br />

mit der sauren Umgebung besser zurecht<br />

und Fische sogar ganz gut. Das zeigt eine<br />

Studie des Alfred-Wegener-Instituts für<br />

Polar- und Meeresforschung. Bislang gab<br />

es zu diesem Thema nur einzelne Ergebnisse.<br />

Das Forscherteam hat deswegen 167<br />

wissenschaftliche Studien, die 153 Arten<br />

untersucht hatten, neu ausgewertet. Erläutert<br />

wurden auch bekannte Zeiten des Massensterbens<br />

in den Ozeanen, die vor 250<br />

und vor 55 Millionen Jahren stattgefunden<br />

hatten: zu dieser Zeit war die Kohlendioxid-Konzentration<br />

in der Atmosphäre sehr<br />

hoch.<br />

n<br />

[Wittmann, Astrid C., Hans-Otto Pörtner.: Sensitivities of<br />

extant animal taxa to ocean acidification, Nature Climate<br />

Change (2013), doi: 10.1038/nclimate1982.]<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


10 Kurzmeldungen<br />

Skurriles<br />

Aktuelle Erkenntnisse und Forschungsprojekte<br />

zum Schmunzeln und Staunen.<br />

Pandabären-Sprit<br />

Wer fürchtet<br />

die Katze?<br />

Katzen sind sehr beliebte Haustiere,<br />

erkranken aber sehr häufig an Toxoplasmose.<br />

Diese Infektionskrankheit löst<br />

im Normalfall bei Mensch und Tier so gut<br />

wie keine Symptome aus. Zudem ist der<br />

Organismus nach einer einmaligen Erkrankungen<br />

immun. Eine sehr ernste Gefahr<br />

hingegen stellt Toxoplasmose für schwangere<br />

Frauen dar. Sie kann zu Fehlgeburten<br />

oder Missbildungen führen. Sonst zeigten<br />

bei dieser „Katzenkrankheit“ nur infizierte<br />

Mäuse wirkliche Symptome. Für Aufsehen<br />

sorgte 2007 eine Standford-Studie, die belegte,<br />

dass erkrankte Mäuse die Angst vor<br />

ihrem Erzfeind, der Katze, verlieren. Nun<br />

fanden Wendy Ingram von der University<br />

of California und ihr Team heraus, dass die<br />

Angstfreiheit vor Katzen bei Mäusen selbst<br />

nach der Erkrankung ein Leben lang bestehen<br />

bleibt. Davon profitieren wohl eher die<br />

Katzen.<br />

[Ingram, W., et. al: Mice Infected with Low-<br />

Virulence Strains of Toxoplasma gondii Lose<br />

Their Innate Aversion to Cat Urine, Even after<br />

Extensive Parasite Clearance. PLoS ONE<br />

(2013), doi:10.1371/journal.pone.0075246] n<br />

Die Erforschung eines schon fast ausgestorbenen<br />

Tiers und dessen, was<br />

aus ihm austritt, könnte helfen, ein<br />

wenig die Welt zu retten.<br />

Eine Forschergruppe rund um Ashli Brown<br />

von der Mississippi State University nahm<br />

sich den Kot Großer Pandas genauer unter<br />

die Lupe und fand bei den Bambusliebhabern<br />

Mikroorganismen, die sich sehr gut<br />

für eine kostengünstige Bioethanol-Produktion<br />

eignen könnten. In Summe wurden<br />

über 40 unterschiedliche Mikroorganismen<br />

entdeckt, die bei der Verdauung der fasrigen<br />

Pflanzenkost helfen. Bald könnten sie<br />

auch ihren Beitrag zur Öko-Treibstoffproduktion<br />

liefern.<br />

Pandas haben einen sehr kurzen Verdauungstrakt,<br />

weshalb im Innersten der<br />

putzigen Zooattraktion Bakterien mit besonders<br />

potenten Enzymen gefragt sind.<br />

Sie müssen unter anderem die Lignozellulose-Zellwände<br />

von Bambus und Co. in<br />

nahrhafte Zuckermo leküle spalten. Diese<br />

sind zugleich die Basis für die Biotreibstoffproduktion,<br />

die derzeit vor allem aus Zuckerrohr,<br />

Mais oder Sojabohnen erfolgt.<br />

Die Bakterien werden künftig den Pandas<br />

nicht den Bambus streitig machen, sondern<br />

diverse Pflanzenabfälle zerlegen. „Es ist<br />

erstaunlich, dass wir von einer vom Aussterben<br />

bedrohten Art noch so viel lernen<br />

können. Die entdeckten Mikroben sind vielleicht<br />

die Lösung bei der Suche nach nachhaltigen<br />

Energiequellen“, so Brown.<br />

[Brown Ashli, et. al: Microbiome mining:<br />

Panda conservation and biofuels. Studie<br />

wurde am Jahrestreffen der American Chemical<br />

Society am 10. 9. 2013 präsentiert.] n<br />

Wonnegefühl per Stromreiz<br />

Die Hirnforschung arbeitet schon seit<br />

Jahrzehnten intensiv an der Funktionserkundung<br />

der unterschiedlichen<br />

Hirnregionen. Viele Erkenntnisse brachte<br />

die Erforschung der Epilepsie – etwa im<br />

Zuge von Operationen. In Österreich leiden<br />

rund 80.000 Menschen unter dem zerebralen<br />

Anfallsleiden. Erstaunliches entdeckte<br />

kürzlich ein Team an der Universitätsklinik<br />

Genf bei einer jungen Patientin: Sie fanden<br />

offensichtlich das „Wonnezentrum“. Mittels<br />

neun Elektroden wurden spezielle Hirnregionen<br />

gereizt. Ziel war, vor allem jene<br />

Regionen zu lokalisieren, die einen Anfall<br />

auslösen. Bei der Untersuchung konnte<br />

zwar nicht die Quelle für die epileptischen<br />

Anfälle gefunden werden, dafür löste die<br />

Stimulation in der Großhirnrinde angenehme<br />

Lustempfindungen aus. „Ich fühlte mich<br />

wirklich wohl, wie bei einem süßen Schauer“,<br />

berichtete die Patientin. Auch andere<br />

neurologische Studien verbinden die vordere<br />

Insula mit Wonne, Liebe und religiösen<br />

Gefühlen wie die Nähe zu Gott.<br />

[Picard, Fabienne, et. al: Induction of a sense<br />

of bliss by electrical stimulation of the<br />

anterior insula, Cortex (2013), doi: 10.1016/<br />

j.cortex.2013.08.013]<br />

n<br />

Fotos: 123rf<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Serie<br />

11<br />

Eine Serie in Zusammenarbeit mit<br />

der Kanzlei Lansky, Ganzger + Partner<br />

Jetzt<br />

erst Recht!<br />

Wer haftet für die<br />

Auto-Complete-Funktion?<br />

Foto: iStock.com/LeventKonuk; Lansky, Ganzger + partner<br />

Im Mai 2013 hatte der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) darüber<br />

zu entscheiden, ob ein Internet-Suchmaschinenbetreiber für<br />

die von ihm angebotene Auto-Complete-Funktion haftet. Im zugrunde<br />

liegenden Sachverhalt beanstandete der Kläger, dass bei<br />

Eingabe seines Namens durch die vom Suchmaschinenbetreiber<br />

angebotene Auto-Complete-Funktion weitere Begriffe als Suchvorschläge<br />

angeboten würden, die nach Ansicht des Klägers ehrenrührig<br />

seien, so insbesondere die Begriffe „Scientology“ bzw „Betrug“.<br />

Diese Vorschläge bot das System aufgrund des der jeweiligen<br />

Anfrage vorangegangenen Userverhaltens an. Rechtsfrage<br />

war in diesem Verfahren daher, ob der Suchmaschinenbetreiber<br />

für diese Vervollständigungen, die sich aus den bisherigen Suchanfragen<br />

von Usern ergeben, haftet oder nicht. In Zusammenhang<br />

damit stellt sich zunächst ganz grundsätzlich die Frage, wie Internetdiensteanbieter<br />

für von ihnen verbreitete Inhalte haften bzw.<br />

von einer solchen Haftung freigestellt sind.<br />

In Österreich regelt das E-Commerce-Gesetz (ECG) die Verantwortlichkeit<br />

von Diensteanbietern. Unterschieden wird dabei insbesondere<br />

zwischen Durchleitung (Access-Providing), Suchmaschinen,<br />

Hosting und Linksetzung. Für diese Arten von Service-Providern<br />

sieht das ECG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit<br />

einer Haftungsbefreiung vor. Gemeinsam ist diesen Diensteanbietern<br />

vereinfacht gesagt, dass die von ihnen verbreiteten Inhalte<br />

nicht von ihnen selbst generiert werden.<br />

Internet-Service-Provider lassen sich in zwei Gruppen einordnen,<br />

was den Umfang der Voraussetzungen zur Haftungsbefreiung<br />

angeht: einerseits Durchleiter und Suchmaschinenbetreiber, bei<br />

denen die Haftungsausschlüsse weiter, andererseits Hosting-Provider<br />

und Linksetzer, bei denen diese enger gezogen sind. Für beide<br />

Gruppen gilt jedenfalls, dass sie nicht verpflichtet sind, die<br />

von ihnen gespeicherten, übermittelten oder zugänglich gemachten<br />

Informationen allgemein zu überwachen oder von sich aus<br />

nach Umständen zu forschen, die auf rechtswidrige Tätigkeiten<br />

hinweisen.<br />

Notwendigkeit einer funktionellen Betrachtungsweise<br />

Obwohl es im eingangs beschriebenen Sachverhalt um einen<br />

Suchmaschinenbetreiber geht, für den grundsätzlich ein großzügiges<br />

Haftungsbefreiungsregime gilt, so mutiert dieser in Zusammenhang<br />

mit der Auto-Complete-Funktion letztlich zum Content-<br />

Provider, weshalb er sich auf die Haftungsbefreiung nach TMG<br />

nicht berufen kann. Dennoch machte der BGH die Haftung letztlich<br />

von einer Verletzung von Prüfpflichten abhängig, weshalb im vorliegenden<br />

Sachverhalt im Ergebnis dasselbe Haftungsregime wie<br />

für Hosting-Provider anzuwenden ist.<br />

Auch wenn der BGH somit nicht judiziert hat, ob der Suchmaschinenbetreiber<br />

im konkreten Fall haftet, so lässt sich aus seiner Entscheidung<br />

dennoch ganz allgemein ablesen, dass es für die Haftung<br />

eines Internet-Service-Providers letztlich auf den jeweils infrage<br />

kommenden Dienst ankommt, daher eine technisch-funktionelle<br />

Betrachtung erfolgen muss. Es ist daher bei bereits entwickelten<br />

sowie zukünftigen Funktionen wie jener des Auto-Completings<br />

jeweils im Einzelfall zu überprüfen, wie diese Informationen<br />

– ob eigene oder fremde – generieren bzw verarbeiten, um die<br />

Frage nach dem Haftungsrisiko beantworten zu können.<br />

n<br />

Lansky, Ganzger + Partner, 1010 Wien, Rotenturmstraße 29<br />

Telefon +43 1 533 33 30-0, E-Mail office@lansky.at<br />

Franz Lippe<br />

und Rainer Lassl<br />

sind Rechtsanwaltsanwärter<br />

in der<br />

Kanzlei Lansky,<br />

Ganzger + Partner<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


12 Wirtschaft<br />

Interview<br />

Hesoun:<br />

„Das Zauberwort<br />

lautet<br />

Wettbewerb“<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> sprach mit Wolfgang Hesoun,<br />

Generaldirektor der Siemens AG Österreich, über seine<br />

Strategien, den Siemens-Standort Österreich innerhalb der<br />

Konzerngruppe als Forschungsstandort weiter auszubauen.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>: Ein altes Sprichwort sagt „Neue Besen kehren<br />

gründlich“. Kann der Wechsel des Siemens Vorstandes in München<br />

auch Auswirkungen auf die Ausrichtung bzw. die Kernstrategie<br />

von Siemens Österreich bringen?<br />

Wolfgang Hesoun: Der neue CEO der Siemens AG, Joe Kaeser,<br />

kennt aus seiner Funktion als Aufsichtsrat der Siemens AG Österreich<br />

unser Unternehmen aus nächster Nähe und er weiß daher<br />

um die ausgeprägten Stärken von Siemens Österreich. Siemens<br />

Österreich ist und bleibt auch weiterhin ein bedeutender Infrastrukturlieferant<br />

für den heimischen Wirtschaftsstandort. Darunter<br />

fällt der gesamte Schienenverkehrsbereich, intelligente Energietechnologien,<br />

Gesundheitstechnik und auch Kooperationen, wie<br />

im Rahmen der Seestadt Aspern. Hier haben wir es innerhalb des<br />

Konzerns geschafft, ein europaweit einzigartiges Forschungsprojekt<br />

in Österreich aufzubauen und zu entwickeln. Diese Position gilt<br />

es weiterzuentwickeln. Hierfür haben wir auch die Unterstützung<br />

des Vorstandes der Siemens AG.<br />

AI: Erst kürzlich hat Ihre Konzernmutter die Umsetzung der Energiewende<br />

in Deutschland scharf kritisiert, da die wesentlichen Elemente<br />

zur Förderung der erneuerbaren Energien ineffizient seien.<br />

Ist die Förderstruktur für erneuerbare Energien in Österreich effizienter?<br />

WH: Das Zauberwort lautet Wettbewerb. Einen freien Wettbewerb<br />

sehe ich im Fall der finanziellen Förderung von erneuerbaren Energien<br />

nicht durchgängig gegeben. Garantierte Förderungen über<br />

einen zu langen Zeitraum hinweg senken den Druck für Neuentwicklungen<br />

und Innovationen. Diese sind aber wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Im Vergleich zu Deutschland haben wir in Österreich<br />

ein gedeckeltes und degressives Fördersystem verbunden mit<br />

der Möglichkeit, Tarife zu kürzen, um die Entwicklung zur Marktreife<br />

zu beschleunigen. De facto geht es derzeit nicht mehr um<br />

Energie, sondern um Finanzierungsmodelle. <strong>Innovativ</strong>e Technologien<br />

werden derzeit gar nicht gefördert. Die Energiewende wird<br />

nur dann funktionieren, wenn wir diese auch zu volkswirtschaftlich<br />

vertretbaren Kosten, ohne Gefährdung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Industrie und Europas, erreichen und dies<br />

schlussendlich für die Nutzer auch bezahlbar bleibt.<br />

AI: Wirtschaftsminister Mitterlehner wünscht sich eine EU-weite<br />

Versteigerung der Ökostrom-Volumina sowie eine Förderung der<br />

Investition statt des eingespeisten Stroms. Sehen Sie das auch so?<br />

WH: Die Energiewende kann nur zum Erfolg führen, wenn sie als<br />

gemeinsames europäisches Projekt gesehen und in enger Zusammenarbeit<br />

der einzelnen Staaten vorangetrieben wird. Regionale<br />

und nationale Einzellösungen erhöhen die Kosten für alle Länder,<br />

die sich mit dem Umbau des Energiesystems beschäftigen. Was<br />

eine europaweite Koordinierung und Optimierung bei den erneuerbaren<br />

Energien bringen würde, haben wir in einer Studie im<br />

Frühjahr aufgezeigt: Alleine durch eine vernünftige Standortwahl,<br />

also einen Ausbau an den ertragreichsten Standorten Europas,<br />

könnten wir uns bis 2030 rund 45 Milliarden Euro an Investitionen<br />

sparen. Und dabei ist der dadurch bedingte zusätzliche Netzausbau<br />

bereits berücksichtigt.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Wirtschaft<br />

13<br />

Fotos: Rita Newman<br />

AI: Der Begriff „Smart Cities“ zählt nicht nur in Wien zur Zauberformel<br />

für zukunftsfitte Urbanisierung. Wobei kann Siemens die<br />

Stadt Wien auf ihrem Weg zur Smart City unterstützen? In welchen<br />

Bereichen haben Sie entsprechende Lösungen entwickelt?<br />

WH: Wir haben mit der Stadt Wien ein europaweit einzigartiges<br />

Projekt in Aspern aufgesetzt, das vor kurzem seine interdisziplinären<br />

Forschungstätigkeiten aufgenommen hat – mit Expertinnen<br />

und Experten aus Energiewissenschaft, Netzwerktechnik, aber<br />

auch Sozialwissenschaft. Unsere gemeinsame Gesellschaft wird<br />

sich nun mit einem Budget von 40 Millionen Euro fünf Jahre lang<br />

mit den Zukunftsthemen Energie, Umwelt, Gebäudetechnik und<br />

intelligente Netze im Zusammenspiel mit den Nutzerinnen und<br />

Nutzern in der sogenannten Seestadt befassen. Das Besondere<br />

dabei ist die Forschung im realen Umfeld, nicht im Labor, sondern<br />

anhand einer konkreten Infrastruktur. Im Fokus der Forschung<br />

steht die Vernetzung von Technologien bzw. Erzeugungs- und Speicherarten<br />

mit dem Ziel, mehr Intelligenz in das Gesamtsystem zu<br />

bringen. Für uns steht die Beteiligung an der Forschungsgesellschaft<br />

in direktem Zusammenhang mit unseren Aktivitäten und<br />

Entwicklungen in den Bereichen Energieeffizienz und nachhaltige<br />

Stadtentwicklung – insbesondere mit den Themen intelligente<br />

Energiesysteme und Gebäudetechnik in Kombination mit smarten<br />

Informationstechnologien. Mit diesem Projekt stärken wir den<br />

Forschungsstandort und durch innovative Technologieentwicklungen<br />

können wir auch Exportchancen für den Wirtschaftsstandort<br />

schaffen.<br />

AI: Wie viel investiert der Gesamtkonzern Siemens in Forschung<br />

und Entwicklung und wie viel investiert Siemens Österreich?<br />

WH: Die Siemens AG investierte im Geschäftsjahr 2012 rund 4,2<br />

Milliarden Euro, Siemens Österreich 256 Millionen.<br />

AI: Österreich ist für Siemens traditionell ein wichtiger Standort für<br />

industrielle Forschung. Ist diese Rolle Österreichs aus gesamtkonzern-technischer<br />

Sicht stabil?<br />

WH: Ausschlaggebend sind die Rahmenbedingungen. Österreich<br />

hat im Bereich Forschung, Technologie und Innovation bis zum Jahr<br />

2010 eine erstaunliche Performance hingelegt. Diese gilt es mehr<br />

denn je aufrechtzuerhalten und zu festigen. Wir haben in Österreich<br />

hervorragend ausgebildete Technikerinnen und Techniker, sehr gute<br />

Kooperationen mit Universitäten und eine herzeigbare Förderlandschaft.<br />

Solange dies stabil bleibt, und es gibt keine Anzeichen, dass<br />

sich etwas daran ändert, wird sich Siemens Österreich im Konzern-<br />

Wettbewerb als Forschungsstandort auch in Zukunft gut behaupten<br />

können. Ein schönes Indiz, dass die Forschung in Österreich geschätzt<br />

wird, ist die Investition in die bereits erwähnte Forschungsgesellschaft<br />

in der Seestadt Aspern, zu der die Konzernzentrale einen<br />

wesentlichen Finanzierungsbeitrag leistet. Trotz allem meine<br />

klare Empfehlung, der ich hier nur Nachdruck verleihen kann, geht<br />

in Richtung a) fokussierte Förderung von Innovationsanstrengungen<br />

und b) Ausbau der Stärkefelder der heimischen Wirtschaft.<br />

Wenn wir dies schaffen, wird sich auch Siemens Österreich weiterhin<br />

mit Experten-Know-How im Gesamtkonzern behaupten und dabei<br />

mithelfen können, Arbeitsplätze in Österreich abzusichern. ➞<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


14 Wirtschaft<br />

➞ AI: Rund 60 Prozent der Forschung wird bei Siemens von internen<br />

Kunden bezahlt, 30 Prozent stehen vom Konzern zur Verfügung<br />

und zehn Prozent werden aus externen Fördermitteln gedeckt.<br />

Bleibt dieses Finanzierungsmodell auch unter dem neuen<br />

Konzernvorstand erhalten?<br />

WH: Dieses konzernweite F & E-Finanzierungsmodell hat sich bislang<br />

gut bewährt. Ich gehe davon aus, dass sich hier in absehbarer<br />

Zeit nichts ändern wird. Die Aufteilung 60:30:10 ist ein Durchschnittssatz.<br />

Bei sehr anwendungsnahen Themen ist der Konzernbeitrag<br />

deutlich geringer, bei starken Vorfeldthemen entsprechend<br />

höher. So wird gewährleistet, dass einerseits langfristig gedacht<br />

werden kann und andererseits keine unnötige Subventionierung<br />

erfolgt. Die Zufriedenheit der Kunden mit diesem Modell ist hoch,<br />

weil die daraus gewonnenen Lösungsansätze zu mehr Effizienz<br />

und Produktivität führen und gleichzeitig auf ein internationales<br />

Netzwerk an Kooperationspartnern zurückgegriffen werden kann.<br />

AI: Wie weit muss ein Technologiekonzern wie Siemens vordenken?<br />

Inwieweit berücksichtigen Sie Foresight-Forschung bei Ihren<br />

Zukunftskonzepten?<br />

WH: Unser Blick ist stets in die Zukunft gerichtet. Demografischer<br />

Wandel, Urbanisierung, Klimawandel und Globalisierung – diese<br />

Megatrends stellen die Menschheit vor Aufgaben von bisher unbekannten<br />

Dimensionen. Hier gilt es Lösungen für die Zukunft zu<br />

finden. Siemens hat sich auf innovations- und technologiegetriebene<br />

Wachstumsmärkte fokussiert. Unsere Forschungsaktivitäten<br />

zielen daher darauf ab, für diese Märkte wegweisende Technologien<br />

zu entwickeln. Nur so schaffen wir es auch unsere Marktposition<br />

zu halten und auszubauen. Siemens hat ein Bündel leistungsfähiger<br />

Instrumente wie zum Beispiel Road Mapping und Szenariotechnik<br />

zusammengefasst, mit denen sich die F & E-Strategien<br />

systematisch und nachhaltig optimieren lassen. Damit werden<br />

Trends aufgespürt, die die Geschäfte von morgen prägen werden:<br />

Sozio-ökonomische Trends, Markttrends, Kundentrends und vor<br />

allem technologische Trends. Ein wichtiger Aspekt ist auch das<br />

identifizieren und partnerschaftliche Umsetzen von Innovationsimpulsen<br />

von außen.<br />

AI: Findet Siemens Österreich noch ausreichend Fachkräfte, um<br />

in den definierten Forschungsbereichen vorn zu bleiben?<br />

WH: Gut ausgebildete Fachkräfte zu finden ist nicht immer leicht.<br />

Das größte Asset jedes Unternehmens sind qualifizierte Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter. Siemens investiert daher auch umfassend<br />

in Ausbildung und fördert „Key expert“-Karrieren im Unternehmen.<br />

Wenn wir die Produktivität trotz der verhältnismäßig hohen<br />

Lohnkosten in Österreich halten wollen, tun wir in Österreich gut<br />

daran, die Aus- und Fortbildung an die veränderten Rahmenbedingungen<br />

so anzupassen, dass wir auch in Zukunft gut ausgebildete<br />

Fachkräfte in Österreich haben. Die organisatorische und technologische<br />

Komplexität im Arbeitsalltag hat stark zugenommen. Gerade<br />

deshalb sind immer öfter ganz konkrete und zugleich qualitativ<br />

hochwertige Bildungsabschlüsse gefragt.<br />

AI: Die weltweite Wirtschaftsentwicklung ist nach wie vor sehr<br />

fragil. Worin bestehen in diesem Zusammenhang aus Ihrer Sicht<br />

die größten Risiken für einen Weltkonzern wie Siemens?<br />

WH: Aus der Sicht von Siemens Österreich ist das größte Risiko<br />

zweifellos die verhaltene Investitionstätigkeit der öffentlichen<br />

Hand. Das spüren wir, weil wir als wichtiger Infrastrukturlieferant<br />

viele Kunden aus diesem Bereich haben. Auf der anderen Seite<br />

haben wir aber als regionales Siemens-Headquarter für insgesamt<br />

19 Länder in Zentral- und Südosteuropa die Chance, konjunkturelle<br />

Bewegungen auszugleichen. In der Region CEE gibt es was die<br />

Infrastruktur betrifft – vom Verkehr über die Industrie bis zur Energie<br />

– einen großen Nachholbedarf und hier sind wir als integrierter<br />

Technologiekonzern bestens aufgestellt. Natürlich gibt es auch in<br />

CEE budgetäre Restriktionen, aber dort gibt es noch mehr durch<br />

EU-Mittel gestützte Investitionen.<br />

AI: Inwieweit kämpft Siemens damit, dass große Infrastrukturprojekte<br />

immer weniger direkt zwischen Lieferanten und Kunden ausgehandelt<br />

werden, sondern mehr und mehr Bestandteil synergetischer<br />

volkswirtschaftlicher Verständigung werden? Sehen Sie<br />

dieses Geflecht wechselseitiger Interessen aufstrebender Staaten<br />

als Gefahr für Europa, oder ist das eher nur ein kurzfristiger Effekt?<br />

WH: Wie immer auch die Vorgeschichte von Projekten sein möge,<br />

gibt es letztlich eine Seite, die Leistungen bestellt und oft mehrere<br />

Anbieter, die diese Leistungen anbieten. Siemens ist in über 190<br />

Ländern der Erde vertreten – das ist schon ein beachtlicher Aktionsradius<br />

für Ausschreibungen auf der ganzen Welt. Zur Situation<br />

in und von Europa: Hier bedarf es in jedem Fall massiver Anstrengungen,<br />

um als Wirtschaftsraum attraktiv zu bleiben. Der Weg<br />

dorthin kann nur über Innovationen führen – flankiert von Ausbildungs-<br />

und Bildungsrahmenbedingungen, die hochqualifizierte<br />

und talentierte Fachkräfte hervorbringen bzw. anziehen. Wir müssen<br />

Kostennachteile gegenüber anderen Wirtschaftsstandorten<br />

durch Hightech-Entwicklungen und Wertschöpfung aus dem Export<br />

ausgleichen. In Österreich sind wir in einigen Bereichen der<br />

Umwelttechnologie bereits weltweit führend. Hier müssen wir dran<br />

bleiben und uns weitere Spitzenpositionen erarbeiten.<br />

AI: Was sollten aus Ihrer Sicht Politik und Wirtschaft tun, damit<br />

auch die nächste Generation im Wohlstand leben kann?<br />

WH: Das für den Wohlstand notwendige Wirtschaftswachstum<br />

fußt vor allem auf naturwissenschaftlich-technischen Erkenntnissen<br />

und darauf basierenden Innovationen, die insbesondere aus<br />

der Industrie kommen. Daher ist die Absicherung und Forcierung<br />

einer industriellen Basis so wichtig und die Politik kann viel dazu<br />

beitragen. Vor allem sind Reformen in den Bereichen Bildung, Forschung<br />

und Innovation sowie Infrastruktur unabdingbar. Es muss<br />

uns gelingen, die Ausbildung an veränderte Rahmenbedingungen<br />

anzupassen. Unser Schulsystem muss wieder eine bessere Grundbildung<br />

gewährleisten, die Schulabgänger auf ihr Berufsleben vorbereitet<br />

und es Unternehmen leichter macht, qualifizierte und gut<br />

ausgebildete Mitarbeiter zu finden. Notwendig ist auch ein viel<br />

stärkerer Fokus auf Forschung und Entwicklung sowie Investitionen<br />

in die Infrastruktur. Grundlage dafür ist auch eine umfassende<br />

Verwaltungsreform mit Hilfe derer die Strukturen Österreichs –<br />

ohne Verluste für die Standortqualität – der Landesgröße angepasst<br />

werden. Gemeinsam sollten Unternehmen und Politik dafür<br />

sorgen, dass Österreich ein Land mit einer modernen, weltoffenen<br />

Wirtschaft und Gesellschaft ist.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Wirtschaft<br />

15<br />

AI: Sie sind neben Ihrer Funktion als Siemens Österreich-Generaldirektor<br />

unter anderem auch Präsident der Wiener Industriellenvereinigung.<br />

In dieser Funktion stehen Sie ja auch vor der Herausforderung,<br />

den Forschungs- und Industriestandort Wien international<br />

schmackhaft zu machen. Was sind aus Ihrer Sicht die größten<br />

Assets Wiens im globalen Wettbewerb?<br />

WH: Wien hat es schon geschafft, sich als internationale Tourismus-,<br />

Kongress- und Kulturmetropole mit bester Lebensqualität zu<br />

positi onieren. Noch mehr in den Fokus rücken muss aber die Vermarktung<br />

als Standort zukunftsfähiger, innovativer und produktiver<br />

Unternehmen. An dem gedeihlichen Nebeneinander von Stadt<br />

und Industrie wird von beiden Seiten sehr konstruktiv gearbeitet<br />

– das ist keine Selbstverständlichkeit und stellt für mich schon das<br />

erste Asset dar. Wien ist daher nicht ohne Grund der drittgrößte<br />

Produktionsstandort Österreichs. Jetzt schon international punkten<br />

kann Wien mit einer leistungsfähigen Infrastruktur – im umfassenden<br />

Sinne, inklusive Verkehr, IT, Energie etc. –, international anerkannten<br />

Universitäten und Forschungseinrichtungen, hochwertigen<br />

Dienstleistungen, Rechtssicherheit und maßgeschneiderten<br />

Förderungen.<br />

AI: Gilt aus Ihrer Sicht noch das einst gültige Mantra von Wien als<br />

„Drehscheibe in den Osten“?<br />

WH: Alle Vorzüge Wiens, die ich erwähnt habe, gewinnen durch<br />

die Lage als Tor zu CEE, Russland und darüber hinaus noch mehr<br />

an Gewicht, besonders für große Unternehmen, die einen idealen<br />

Standort für ein regionales Headquarter suchen. Wir führen ja<br />

selbst von Wien aus die Geschäfte in insgesamt 19 Ländern in der<br />

Region. Sicher gibt es in der Investitionsdynamik Unterschiede zu<br />

den Boomjahren rund um die EU-Erweiterung auf Mittel- und Osteuropa<br />

im Jahr 2004 und der krisenhaften Zeit heute. Nichtsdestotrotz<br />

ist Wien nach wie vor einer der wichtigsten und hochattraktivsten<br />

Wirtschaftsstandorte im Herzen Europas. Aktuelle Bei spiele<br />

von neuen CEE-Zentralen in Wien, wie von einer Merck-Pharmasparte<br />

und CSC, einem weltweit führenden IT-Dienstleistungsunternehmen<br />

aus den USA, belegen das.<br />

AI: Gelten für ansiedlungswillige Industrielle die im internationalen<br />

Vergleich besonders zahlreichen Umweltauflagen nicht als enormer<br />

Nachteil?<br />

WH: Wie wichtig alle Bemühungen sind, unser Klima vor umweltschädlichen<br />

Einflüssen zu schützen, hat vor kurzem erst wieder der<br />

neue UN-Klimabericht deutlich gemacht. Gerade die Industrie hat<br />

schon sehr viel zu einer besseren CO 2<br />

-Bilanz Österreichs beigetragen.<br />

Wir haben heute eine der energieeffizientesten Industrien der<br />

Welt. Die Bereiche Verkehr und Gebäude bzw. Raumwärme könnten<br />

aus meiner Sicht aber noch stärker in den Fokus rücken, wenn es<br />

um die Realisierung von Energieeffizienzpotentialen geht. Ökologie<br />

und Ökonomie dürfen kein Widerspruch sein und Europa muss<br />

zeigen, dass Klimaschutz mit Standort- und Arbeitsplatz sicherung<br />

vereinbar ist. In der Beschäftigung mit umweltscho nenden Technologien<br />

liegen für Europa und Österreich große öko nomische Chancen<br />

– etwa durch den weltweiten Export von innovativen Lösungen.<br />

Österreich hat ja in diesem Bereich schon eine gute Ausgangsposition,<br />

zum Beispiel bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft oder<br />

in den Gebieten Biomasse, Solarwärme und Ab fall-Recycling.<br />

Wolfgang Hesoun<br />

Geboren am 15. Februar 1960,<br />

verheiratet, ein Sohn<br />

seit 9/2010<br />

Siemens AG Österreich,<br />

Vorsitzender des Vorstands<br />

seit 9/2012<br />

Präsident der<br />

Industriellenvereinigung Wien<br />

1987–2010<br />

PORR Umwelttechnik AG und<br />

Allgemeine Baugesellschaft – A. PORR AG,<br />

die letzten vier Jahre als Generaldirektor<br />

und Vorsitzender des Vorstandes<br />

1982–1987<br />

KRAFTWERK UNION<br />

(Siemens Konzern)<br />

Bauleitung und Inbetriebsetzung<br />

von Großkraftwerken in Deutschland<br />

AI: Wächst oder schrumpft der Industriestandort Wien? Denn je<br />

nach Auslegung – entweder aus Sicht der Wertschöpfung oder<br />

aber dem Beschäftigtenstand – gibt es gegensätzliche Expertenmeinungen.<br />

WH: Die Industrie hat in Wien einen Anteil von rund 15 Prozent am<br />

gesamten produzierenden Bereich. Wien liegt hier im Österreichvergleich<br />

hinter den klassischen Industriebundesländern Niederösterreich<br />

und Oberösterreich, gleichauf mit der Steiermark. Die<br />

Exportquote der Industrie ist in Wien sogar am Höchsten. In den<br />

Jahren von 2000 bis 2010 hat sich die Wertschöpfung der Industrie<br />

in Wien von 9,5 Milliarden auf 11,8 Milliarden Euro erhöht. Diese<br />

gute industrielle Basis gilt es noch weiter zu stärken. In den letzten<br />

Jahren konnte man sehr gut sehen, dass sich Länder mit starker<br />

industrieller Basis in der Krise besser halten konnten als zu einseitig<br />

auf Dienstleistung ausgerichtete Volkswirtschaften. Es geht hier<br />

nicht um ein Entweder-Oder, sondern um eine enge Vernetzung.<br />

So hat sich in Wien etwa um die Wertschöpfung der Industrie herum<br />

ein unterstützender Dienstleistungssektor, etwa in den Bereichen<br />

Reinigung, Sicherheit, Verwaltung oder Werbung, etabliert,<br />

der ebenfalls zum Wachstum beiträgt. Diesen Sektor muss man<br />

auch berücksichtigen, wenn man sich die Entwicklung der Arbeitsplätze<br />

in der Industrie anschaut. Denn in den Dienstleistungsbereich<br />

wurden Jobs ausgelagert bzw. sind dort Jobs durch die Industrie<br />

entstanden.<br />

AI: Abschließend der Blick in die Glaskugel: Wo sehen Sie Siemens<br />

in 20 Jahren?<br />

WH: Dort, wo immer der Platz von Siemens war und ist: als Technologie-<br />

und Innovationsführer an der Spitze des internationalen<br />

High-Tech-Wettbewerbs.<br />

n<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


16 Wirtschaft<br />

Gerhard Roiss<br />

Geboren am 2. April 1952,<br />

verheiratet, drei Kinder.<br />

Seine Wirtschaftsausbildung<br />

absolvierte er in Wien, Linz<br />

und Stanford (USA). 1990 übernahm<br />

er die Leitung des OMV<br />

Marketing. Im selben Jahr wurde<br />

er als Vorstandsmitglied der<br />

PCD Polymere GmbH berufen.<br />

1997 wechselte er in den Vorstand<br />

des OMV Konzerns, wo<br />

er für die Bereiche Kunststoffe<br />

und Chemie verantwortlich<br />

zeichnete. 2000 übernahm er<br />

zusätzlich den Verantwortungsbereich<br />

Exploration und Produktion.<br />

Von 1. Jänner 2002 bis<br />

31. März 2011 war Gerhard Roiss<br />

Stellvertretender Vorstandsvorsitzender<br />

und für den Bereich<br />

Refining & Marketing verantwortlich.<br />

Seit 1. April 2011 fungiert<br />

er als Generaldirektor der<br />

OMV Aktiengesellschaft.<br />

Fotos: OMV Aktiengesellschaft<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Wirtschaft<br />

17<br />

Interview<br />

OMV:<br />

21 Millionen<br />

Euro jährlich<br />

für Forschung<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> sprach mit<br />

Gerhard Roiss, Generaldirektor der OMV,<br />

über aktuelle Explorationsprojekte sowie über Szenarien,<br />

wie das Geschäftsmodell des heimischen Öl-Konzerns<br />

in der Post-Öl-Ära aussehen könnte.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>: Aufgrund von Unruhen muss die OMV die<br />

Ölförderung in Libyen immer wieder unterbrechen. Bleibt dieser<br />

Standort dennoch auf der OMV-Förderlandkarte, oder wollen Sie<br />

sich von derartigen Krisenländern unabhängiger machen?<br />

Gerhard Roiss: Wir sind seit vielen Jahren in Libyen tätig und<br />

werden das auch in Zukunft sein. Selbstverständlich steht für uns<br />

die Sicherheit unserer Mitarbeiter im Vordergrund. Seit Mitte<br />

September läuft die Produktion wieder auf normalem Niveau von<br />

rund 30.000 Barrel pro Tag.<br />

AI: Jedenfalls legte der OMV-Aktienkurs seit Ihrer Investition in<br />

Anteile an Nordsee-Ölfeldern um rund zehn Prozent zu. Liegen<br />

auch noch weitere politisch stabile Regionen am OMV-Akquise-<br />

Radar?<br />

GR: Die Strategie der OMV zielt darauf ab, ein ausgewogenes Portfolio<br />

im Bereich Exploration und Produktion zu halten. Einen wesentlichen<br />

Anteil daran stellen Assets in politisch stabilen Regionen<br />

dar. Die Nordsee Region und das Schwarze Meer sind unsere<br />

wichtigsten Wachstumsregionen für die kommenden Jahre.<br />

AI: Gegenüber der herkömmlichen Förderung – etwa in Wüsten –<br />

ist die Rohölgewinnung via Bohrinseln natürlich erheblich kostenintensiver.<br />

Inwieweit wird sich das für die OMV im globalen Wettbewerb<br />

auswirken, wenn jetzt immer mehr auf Offshore-Exploration<br />

gesetzt wird?<br />

GR: Wir sind dabei, im Bereich Offshore-Bohrungen massiv Knowhow<br />

aufzubauen. Unsere neue Partnerschaft mit dem norwegischen<br />

Öl- und Gasunternehmen Statoil unterstreicht das. Wir bringen<br />

unsere technologische Kompetenz beim Umgang mit reifen Feldern<br />

auf dem Festland ein, von Statoil kommt viel Know-how im<br />

Offshore-Segment. Solche Partnerschaften sind der Schlüssel für<br />

erfolgreiche Explorations-Projekte.<br />

AI: Ihr Konzernumsatz belief sich 2012 auf rund 42,65 Milliarden<br />

Euro. Womit machte die OMV im letzten Jahr ihre größten Umsätze?<br />

Das renditeschwache Geschäft mit Tankstellen wird es wohl<br />

nicht sein?<br />

GR: Der Bereich Exploration und Produktion stellt ein wichtiges<br />

Standbein für unser Unternehmen dar. Die OMV Strategie sieht<br />

eine Schärfung des Unternehmensportfolios vor. Das bedeutet eine<br />

schrittweise Verschiebung vom Bereich Refining und Marketing<br />

hin zu Exploration und Produktion. Der Geschäftsbereich Raffinerien<br />

und Marketing bleibt dennoch weiterhin ein wichtiges Geschäftsfeld<br />

für uns, durch diese Maßnahme passen wir den Anteil<br />

am Gesamtportfolio dem herausfordernden Marktumfeld an.<br />

AI: Ihr Kernland ist neben Österreich auch Rumänien. Warum gerade<br />

Rumänien?<br />

GR: Rumänien ist unser größtes Produktionsland und bietet ein<br />

attraktives Tankstellen-Netz. Ab 2012 liegt hier unser Fokus auf<br />

neuen Entwicklungsprojekten speziell im Schwarzen Meer, der<br />

Stabilisierung der inländischen Produktion sowie der Modernisierung<br />

der Raffinerie in Petrobrazi. Die jüngste Evaluierung der Bohrung<br />

im Schwarzen Meer (preappraisal evaluation) ergibt eine<br />

potenzielle Gasproduktion von 6 Mio. m 3 jährlich, der Anteil von<br />

OMV Petrom dabei ist 50 Prozent. Weitere Explorationsaktivitäten<br />

sind im Laufe des Jahres geplant.<br />

AI: Bevor Sie 2009 Ihre 20-Prozent-Anteile an der MOL verkauften,<br />

stand die OMV als Marktführer in Zentral- und Osteuropa knapp ➞<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


18 Wirtschaft<br />

Alternative Antriebskonzepte für<br />

Fahrzeuge mit Wasserstoff und<br />

Brennstoffzelle sind seit Jahren<br />

ein Forschungs thema der OMV.<br />

Damit wird ein weiterer Schritt<br />

Richtung Nachhaltigkeit und<br />

emissionsfreie Mobilität gesetzt.<br />

Forschungsfelder die sich aus der Natur der neuen Öl- und Gasförderung<br />

ergeben, wie im Bereich Offshore.<br />

AI: Sind innovative Entwicklungen in Sicht, um kostengünstiger an<br />

derzeit noch aufwändig zu fördernde Quellen zu kommen?<br />

GR: Die OMV investiert in neueste Methoden, um die Öl- und Gasförderung<br />

in reifen Feldern abzusichern. So konnten wir z. B. die<br />

Förderung in Rumänien stabilisieren und auf einem konstanten<br />

Level halten.<br />

➞ davor, auch Ungarns führenden Mineralölkonzern zu übernehmen.<br />

Ist dieses Kapitel damit abgeschlossen, oder denken Sie bei<br />

all fälligen Expansionsstrategien Ungarn nach wie vor mit?<br />

GR: Wir sehen uns laufend interessante Projekte an. Ungarn ist<br />

momentan nicht im Fokus.<br />

AI: Die angestrebte MOL-Aktienmehrheit hätte Sie damals rund<br />

zehn Milliarden Euro gekostet. Steht also zumindest dieses Kapital<br />

für Expansion zur Verfügung?<br />

GR: Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Unsere Investitionen<br />

fließen zu rund 70 Prozent in den Bereich Exploration und Produktion.<br />

Insgesamt werden wir heuer 2,8 Milliarden Euro investieren.<br />

AI: Rund zwei Milliarden davon wurden für die norwegische Statoil<br />

reserviert, oder?<br />

GR: Für die Übernahme von Anteilen an den Öl- und Gasfeldern<br />

Gullfaks und Gudrun sowie die Erhöhung der Anteile an der Feldneuentwicklung<br />

Schiehallion und der Tiefwasserentwicklung Rosebank<br />

ist mit Statoil ein Kaufpreis von rund zwei Milliarden Euro<br />

vereinbart. Dazu kommt eine Kostenbeteiligung für das laufende<br />

Jahr in der Höhe von 500 Millionen US-Dollar.<br />

AI: Ist die Schiefergas-Gewinnung auch ein Thema für die OMV?<br />

GR: Im September 2012 ist für uns die Entscheidung gefallen, von<br />

Schiefergas in Österreich abzusehen.<br />

AI: Wieviel Budget stellen Sie für Forschung und Entwicklung zur<br />

Verfügung?<br />

GR: Unser Forschungsbudget liegt momentan bei etwa 21 Millionen<br />

Euro für klassische F & E Projekte. Zusätzlich geben wir im<br />

Bereich Demonstration, d. h. erstmalige Erprobung neuer Technologien,<br />

vorwiegend bei Exploration und Produktion nochmals 10<br />

Millionen Euro abhängig von den Projekten aus.<br />

AI: Was sind die aktuellen Herausforderungen aus forschungstechnischer<br />

Sicht in Ihrer Branche?<br />

GR: Eine der wichtigsten Fragen, mit der wir uns beschäftigen, ist<br />

die Zukunft der Mobilität und des Transportes, da 70 Prozent der<br />

Produkte einer Raffinerie in diese Segmente gehen. Wir investieren<br />

so zum Beispiel in die Erforschung von Biokraftstoffen der zweiten<br />

Generation und beteiligen uns an unterschiedlichen zukunftsweisenden<br />

Projekten wie der Mobilität mit Wasserstoff. Auch die Absicherung<br />

der Öl- und Gasförderung in reifen Feldern ist ein Forschungsgebiet,<br />

bei dem die OMV führend ist. Neu hinzu kommen<br />

AI: Mit welchen Forschungsinstitutionen arbeiten Sie zusammen?<br />

GR: Die OMV arbeitet in Projekten mit vielen Universitäten und<br />

außeruniversitären Forschungsstellen zusammen, vorwiegend in<br />

Deutschland, Österreich und Rumänien. Neben den technischen<br />

Universitäten sind das die Montanuniversitäten, aber auch z. B. im<br />

Bereich der Geologie die entsprechenden Institute an anderen Universitäten<br />

sowie im Bereich des nachhaltigen Managements mit<br />

der WU Wien.<br />

AI: Beyond Petroleum – BP investiert beispielsweise seit langem<br />

auch in Alternative Energien. Mit welchen Konzepten wird die OMV<br />

der Post-Öl-Ära begegnen?<br />

GR: Für uns sind Treibstoffe und Antriebssysteme der zweiten<br />

Ge neration interessant. Zum Beispiel ist das alternative Antriebskonzept<br />

für Fahrzeuge mit Wasserstoff und Brennstoffzelle seit<br />

Jahren ein Forschungsthema der OMV. Damit wird ein weiterer<br />

Schritt Richtung Nachhaltigkeit und emissionsfreie Mobilität gesetzt.<br />

Die OMV betreibt bereits zwei Wasserstofftankstellen, um<br />

wertvolle Erfahrungen bei Genehmigung, Transport und Speicherung<br />

von Wasserstoff sowie bei der Betankung von Brennstoffzellenfahrzeugen<br />

im Alltagsbetrieb zu sammeln. OMV ist auch Partner<br />

in einem Konsortium, das in Deutschland den ersten Wasserstoffmarkt<br />

in der Mobilität, d. h. Tankstellen und Brennstoff zellenautos,<br />

aufbauen will. Mit der Wasserstoff-Tankstelle in der Shuttleworthstraße<br />

in Wien macht die OMV jetzt diesen emissionsfreien Kraftstoff<br />

der Zukunft in Österreich verfügbar.<br />

AI: Zurück nach Österreich: Im vergangenen Jahr förderte Ihr Unternehmen<br />

rund 300.000 Barrel täglich. Wie hoch ist der tägliche<br />

Gesamtbedarf in Österreich?<br />

GR: Die OMV förderte in Österreich im Jahr 2012 durchschnittlich<br />

38.000 Barrel Öläquivalent (boe) pro Tag. Damit deckten wir rund<br />

10 Prozent des heimischen Rohölbedarfs und 15 Prozent des heimischen<br />

Erdgasbedarfs ab. Auf Basis der heutigen konventionellen<br />

Reserven geht die OMV davon aus, dass die Öl- und Gasförderung<br />

in Österreich für einen Zeitraum von weiteren 20 bis 30 Jahren<br />

wirtschaftlich möglich ist.<br />

AI: Die sicheren Öl- und Gasreserven der OMV betragen rund 1,12<br />

Milliarden Barrel. Wie lang würde Österreich mit dieser Menge im<br />

Notfall versorgt werden können?<br />

GR: Es handelt sich dabei um unsere weltweiten Reserven. Im<br />

Jahr 2012 lag der Erdölverbrauch in Österreich bei etwas mehr als<br />

12,4 Mio Tonnen, das entspricht wiederum rund 90 Mio Barrel.<br />

Theoretisch könnten wir also den österreichischen Bedarf für etwas<br />

mehr als zwölf Jahre decken.<br />

n<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


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20 Forschung<br />

Upper <strong>Austria</strong>n Research<br />

MS-Wissenschaft 2013:<br />

Chance Demografie<br />

Dialog an Deck: „Selbstbestimmtes,<br />

langes Leben durch innovative Technik“<br />

Die Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH<br />

lud am 16. 9. zum Dialog an Deck<br />

der MS-Wissenschaft.<br />

150 Gäste, darunter Spitzen von Wissenschaft<br />

und Wirtschaft, folgten am 16. 9. der<br />

Einladung und diskutierten das brandaktuelle<br />

Thema: „Selbstbestimmtes, langes<br />

Leben durch innovative Technik“. ExpertInnen<br />

zeigten eindrucksvoll, wie die<br />

Forschung uns frühzeitig auf den demografischen<br />

Wandel einstimmt und hilft, uns<br />

auf die kommenden Herausforderungen<br />

vorzubereiten.<br />

Schwerpunkt des Dialoges waren die Auswirkungen<br />

der demografischen Entwicklung<br />

auf Gesellschaft und Wirtschaft, soziale,<br />

gesellschaftliche und technologische<br />

Faktoren des Alterungsprozesses, „Quality<br />

of Life Technologies“, Hightech-Lösungen<br />

in der Medizintechnik oder neueste Ansätze<br />

zum Arbeitsplatz der Zukunft.<br />

Am Podium diskutierten International<br />

renommierte Wissenschafter/<br />

innen aus Oberösterreich:<br />

❚ Univ.-Prof. Dr. Rudolf Winter-Ebmer,<br />

Institut für Volkswirtschaftslehre JKU<br />

❚ Univ.-Prof. Mag. Dr. Alois Ferscha,<br />

Institut für Pervasive Computing JKU<br />

❚ DI Dr. Thomas Buchegger,<br />

MBA, Linz Center of Mechatronics<br />

❚ Mag. David Hofer,<br />

LIFEtool gemeinnützige GmbH<br />

❚ DI Dr. Andreas Pichler,<br />

PROFACTOR GmbH, sowie aus Wien<br />

❚ DIin Mag.a Dr.in Isabella Buber-Ennser<br />

vom Wittgenstein Centre for Demography<br />

and Global Human Capital<br />

(IIASA, VID/ÖAW, WU).<br />

Expertendiskussion<br />

beim Dialog an Deck<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Forschung<br />

21<br />

MS-Wissenschaft in Linz –<br />

ein Besuchermagnet<br />

Gastgeber und ReferentInnen<br />

beim Dialog an Deck: (v. li.):<br />

Univ.-Prof. Alois Ferscha (JKU),<br />

Moderatorin Judith Weissenböck (ORF),<br />

Dr. Isabella Buber-Ennser (Wittgenstein<br />

Centre), Univ.-Prof. Rudolf Winter-<br />

Ebmer (JKU), Dr. Wilfried Enzenhofer<br />

(Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH),<br />

Dr. Dorothea Sturn (FWF), Mag. David<br />

Hofer (LIFEtool), Dr. Thomas Buchegger<br />

(LCM), DI Dr. Andreas Pichler<br />

(PROFACTOR)<br />

Dialog an Deck<br />

Die Upper <strong>Austria</strong>n Research<br />

GmbH, Leitgesellschaft für<br />

die außeruniversitäre Forschung<br />

in Oberösterreich,<br />

koordiniert die MS-Wissenschaft<br />

in Linz und lud zum<br />

Dialog an Deck.<br />

Dr. Wilfried Enzenhofer,<br />

GF Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH<br />

Fotos: Land OÖ/Kauder (Abdruck honorarfrei); Ilja Hendel/Wissenschaft im Dialog<br />

Die MS-Wissenschaft 2013 „Alle Generationen in einem<br />

Boot – der demografische Wandel als Chance“ in Linz<br />

war ein voller Erfolg.<br />

Das schwimmende Science Center konnte während ihres Aufenthaltes<br />

in Linz rund 35 Schulkassen begrüßen und konnte heuer<br />

insgesamt wieder einen Besucherrekord aufstellen. Bereits zum<br />

vierten Mal lädt der FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen<br />

Forschung) mit Unterstützung des BMWF (Bundesministerium<br />

für Wissenschaft und Forschung) die Bevölkerung zum<br />

Ausprobieren und Mitmachen ein.<br />

Die Besucher erfuhren in der Ausstellung spielerisch, wie es sich<br />

im demografischen Wandel lebt, wie gesellschaftliche Entwicklungen<br />

das Leben auf der Erde beeinflussen, wie sich Altern anfühlt,<br />

wie sich unser Familienbild verändert, warum die Gesellschaft<br />

insgesamt älter wird oder welche neuen Ideen es für altersgerechte<br />

Städte gibt.<br />

Mehr Infos unter www.uar.at<br />

n<br />

„Es freut uns, dass wir international<br />

renommierte Wissenschafter/innen<br />

als Referenten und ein<br />

hochkarätiges Publikum für den<br />

Dialog an Deck gewinnen konnten.<br />

Dieser beleuchtete brandaktuelle<br />

Forschungsfragen, denn<br />

die Anforderungen an das Gesundheitswesen<br />

und an den Arbeitsplatz<br />

der Zukunft werden sich<br />

aufgrund der steigenden Lebenserwartung<br />

verändern. Die Themen<br />

Gesundheit/Alternde Gesellschaft<br />

und Industrielle Produktionsprozesse<br />

stellen auch einen<br />

zentralen Bestandteil des neuen<br />

Forschungs- und Wirtschaftsprogramms<br />

„Oberösterreich 2020“,<br />

das derzeit erstellt wird, dar.“, so<br />

Dr. Wilfried Enzenhofer, GF Upper<br />

<strong>Austria</strong>n Research GmbH.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Forschungsstandort<br />

Wien<br />

Diese Beilage erscheint<br />

als entgeltliche Kooperation<br />

mit der Stadt Wien


2<br />

Forschungsstandort Wien<br />

Inhalt<br />

3 Forschung findet Stadt –<br />

Hotspot für innovative<br />

Betriebe<br />

6 Wissen schaf(f)t<br />

Infrastruktur<br />

11 Entwicklungszonen der<br />

Stadt aus Forschungssicht<br />

14 Keine gläsernen<br />

Decken in Wien<br />

Impressum: Medieninhaber, Herausgeber und Verleger:<br />

Verlag Holzhausen GmbH | A-1110 Wien, Leberstraße 122 |<br />

Telefon: +43-1/740 95-435 | Fax: +43-1/740 95-111 | DVR:<br />

0408689 | Chefredaktion: Christian Klobucsar | Autorin<br />

dieser Ausgabe: Dr. Silvia Anner | Grafisches Konzept:<br />

Elisabeth Pirker, www.offbeat.at | Druck: Druckerei Odysseys,<br />

2325 Himberg | Fotos: 123rf, pixelio, Stadt Wien, Wiener<br />

Linien, Kengo Kuma, Keosk, MedUni Wien | Aus Gründen<br />

der besseren Lesbarkeit wurde bei Personen nicht durchgängig<br />

die männliche und die weibliche Form angeführt.<br />

Gemeint sind selbstverständlich immer beide Geschlechter.<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


Forschungsstandort Wien<br />

3<br />

Forschung findet Stadt<br />

Hotspot für innovative Betriebe:<br />

Über die Hälfte der wissenschaftlichen<br />

Forschungsleistung Österreichs wird in der<br />

Bundeshauptstadt erbracht. Damit Wien auch<br />

weiterhin zentaler Standort für forschungsintensive<br />

Unternehmen bleibt, wurden in der neuen<br />

FTI-Strategie der Stadt die Rahmenbedingungen<br />

für innovative Betriebe neuerlich verbessert. ➞<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


4 Forschungsstandort Wien<br />

➞ Innovations- und Wissenschaftsstandort<br />

Wien fungiert nicht nur als Wirtschaftsdrehscheibe innerhalb der<br />

Europaregion CENTROPE, sondern hat sich auch als nationale<br />

Drehscheibe für internationale Forschungstätigkeiten etabliert. Mit<br />

1.329 Forschungseinrichtungen ist die Bundeshauptstadt das Zentrum<br />

der Forschung und experimentellen Entwicklung in Österreich.<br />

40 Prozent aller österreichischen Forschungs-, Technologieund<br />

Innovationsarbeitsplätze sind in Wien angesiedelt. Über die<br />

Hälfte der wissenschaftlichen Forschungsleistung des Landes werden<br />

hier erbracht, was auch entsprechende Auswirkungen auf den<br />

Arbeitsmarkt hat. 2009 waren rund 20.254 Vollzeitäquivalente in der<br />

Forschung tätig. Mit neun Universitäten, an denen etwa 18.000<br />

wissenschaftliche und künstlerische MitarbeiterInnen in rund 400<br />

Forschungseinrichtungen beschäftigt sind, vier Privat universitäten,<br />

sechs Fachhochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />

wie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, dem<br />

<strong>Austria</strong>n Institute of Technology, Kompetenzzentren, geistes-, sozial-<br />

und kulturwissenschaftlichen Instituten sowie Einrichtungen im<br />

Unternehmenssektor bietet die Stadt das umfassendste Angebot<br />

an Forschungsinstitutionen. An 83 öffentlich zugänglichen Bibliotheken<br />

(abseits der Wiener Büchereien) können Studierende und<br />

WissenschaftlerInnen auf die Wissensbestände der Stadt zugreifen.<br />

Fördermaßnahmen<br />

Bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung liegt Wien mit<br />

rund 38 Prozent der österreichischen Gesamtausgaben im Bundesländervergleich<br />

an der Spitze. Die Hälfte des Gesamtvolumens<br />

an Fördergeldern der Europäischen Union für Forschung und Entwicklung<br />

in Österreich wurde nach Wien geholt. Die Wiener Forschungsförderung<br />

unterstützt mit einer Vielzahl an Maßnahmen,<br />

strategischen Projekten und Veranstaltungen die Positionierung<br />

Wiens als Innovations- und Wissenschaftsstandort. Die Stadt hat<br />

Fördermaßnahmen im Rahmen der<br />

FTI-Strategie der Stadt Wien (Auswahl)<br />

In den Jahren 2006 und 2007 hat<br />

die Stadt Wien einen Forschung-<br />

Technologie-Innovations-Prozess<br />

(FTI) durchgeführt, auf dessen Ergebnissen<br />

eine FTI-Strategie entwickelt<br />

wurde, die kontinuierlich evaluiert<br />

wird. Eines der fünf definierten<br />

Handlungsfelder betrifft die Entwicklung<br />

Wiens als Forschungs- und<br />

Innovationsstandort in Europa und<br />

internationalen Netzwerkknoten.<br />

Das 2010 ins Leben gerufene „Vienna International<br />

Postdoctoral Program“ (VIPS)<br />

für Postdocs bietet JungforscherInnen im<br />

Bereich der Lebenswissenschaften Raum<br />

für unabhängige, eigene Forschungsideen.<br />

Mit einem Drei-Jahres-Vertrag und zusätzlich<br />

einem unabhängigen Forschungsbudget<br />

können sie an den Max F. Perutz Laboratories<br />

(MFPL), einem Forschungs- und<br />

Ausbildungszentrum der Universität Wien<br />

und der Medizinischen Universität Wien,<br />

unter Anleitung von erfahrenen Forscher-<br />

Innen eigene Ideen entwickeln, planen und<br />

umsetzen. Das Programm wird als gemeinsame<br />

Initiative vom Wissenschaftsministerium<br />

und der Stadt Wien mit insgesamt<br />

rund fünf Millionen Euro gefördert. In den<br />

ersten drei Ausschreibungen haben sich<br />

insgesamt mehr als 800 internationale ForscherInnen<br />

beworben.<br />

Die Initiative „WienWin“ ist eine Datenbank<br />

für innovative Produkte und Dienstleistungen<br />

von Wiener UnternehmerInnen.<br />

Sie bietet Projektverantwortlichen im Magistrat<br />

und den Unternehmen der Stadt<br />

Wien einen klar strukturierten Überblick<br />

auf das Wiener Innovationspotential mit<br />

detaillierten Informationen zu Innovationen<br />

von energieeffizienten Bauten über<br />

intelligente Verkehrssteuerung bis hin zur<br />

fortschrittlichen medizinischen Infrastruktur.<br />

Wiener UnternehmerInnen eröffnet<br />

WienWin die Chance, ihre innovativen Produkte<br />

und Dienstleistungen sichtbar zu<br />

machen und auch Pilot- und Referenzprojekte<br />

zu realisieren. Im Optimalfall ist die<br />

Stadt Wien als Referenzkundin die Initialzündung<br />

für den erfolgreichen Einstieg in<br />

nationale- und internationale Märkte. Dieser<br />

Innovations-Pool versteht sich als Netzwerk<br />

zukunftsorientierter Projekte der<br />

Stadt Wien.<br />

Der Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds<br />

fördert „Vienna Research Groups<br />

for Young lnvestigators“ (Schwerpunkt Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien)<br />

ebenso wie Call-Projekte im Rahmen<br />

des Wiener Impulsprogramms für<br />

Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.<br />

Ziel ist es, vielversprechende junge<br />

ForscherInnen nach Wien zu holen, um<br />

hier eine Forschungsgruppe aufzubauen<br />

und somit längerfristig an den Standort zu<br />

binden. 2012 wurde die dritte Ausschreibung<br />

im WWTF-Schwerpunkt „Mathematik<br />

und …“ durchgeführt. Zwei Mathematiker<br />

wurden mit insgesamt drei Millionen<br />

Euro gefördert: Stefan Hetzl von der TU<br />

Wien (Institut für Diskrete Mathematik und<br />

Geometrie) für sein Forschungsprojekt, in<br />

dem er die Beweistheorie, ein Teilgebiet<br />

der Logik, mit der Theorie formaler Sprachen<br />

verbinden will, und Martin Ehler, der<br />

an der Universität Wien eine Arbeitsgruppe<br />

aufbauen wird, die sich mit der Entwicklung<br />

neuer mathematischer Methoden zur<br />

Analyse der riesigen und weiter wachsenden<br />

Bild- und Datenmengen in Medizin,<br />

Biologie und anderen Gebieten beschäftigt.<br />

2013 erfolgt die Ausschreibung des<br />

VRG-Programms im Bereich Kognitionswissenschaften.<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


Forschungsstandort Wien<br />

5<br />

in den letzten Jahren sechs Fonds gegründet und verfügt mit den<br />

bereits bestehenden über neun aufeinander abgestimmte Instrumente<br />

zur Wissens-, Wissenschafts-, Forschungs- und Technologieförderung.<br />

Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen<br />

Forschung (FWF) oder der Wiener Wissenschafts-, Forschungsund<br />

Technologiefonds (WWTF) betreiben mittels Ausschreibungen<br />

kompetitive Forschungsförderung. Ausschreibungen, wie etwa der<br />

„Green Innovation“ Call 2011 – durchgeführt von der Technologieagentur<br />

der Stadt Wien (ZIT) – gelten Ideen und Projekten im Bereich<br />

der erneuerbaren Energien. Außerdem fördert der WWTF<br />

durch die Vergabe von Stiftungsprofessuren Nachwuchskräfte, um<br />

WissenschaftlerInnen an Wiener Universitäten oder Forschungseinrichtungen<br />

zu holen. Sei es, um eine führende Position des<br />

Wissenschaftsstandortes noch weiter auszubauen oder um die<br />

Entwicklung eines klar definierten Forschungsfeldes voranzutreiben<br />

und etwaige Lücken zu schließen. Seit 2003 hat der Wiener<br />

Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) 86<br />

Millionen Euro Forschungsförderung vergeben.<br />

<strong>Innovativ</strong>e Ideen von ihrem Entstehen über ihre Weiterentwicklung<br />

und Umsetzung in Produkte und Services bis hin zur Vermarktung<br />

zu unterstützen, ist das Ziel der Technologieagentur der Stadt<br />

Wien GmbH. ZIT, eines Unternehmens der Wirtschaftsagentur<br />

Wien, das Ende 2000 gegründet wurde. Das Angebot der ZIT GmbH<br />

umfasst die Analyse des Technologiesektors hinsichtlich seiner<br />

Entwicklungen und Funktionsweisen und dementsprechende Konzepte<br />

zur Unterstützung technologieorientierter Unternehmen,<br />

direkte finanzielle Unterstützungen für Unternehmen, die Bereitstellung<br />

technologiespezifischer Infrastruktur sowie flankierende<br />

Maßnahmen in allen Phasen des Innovationsprozesses. Um speziell<br />

die Creative Industries in Wien zu unterstützen, wurde 2003<br />

departure – Die Kreativagentur der Stadt Wien GmbH ebenfalls als<br />

Tochterunternehmen der Wirtschaftsagentur Wien gegründet.<br />

Schwerpunkte der Wiener Forschung<br />

Zu den Stärkefeldern der Wiener Forschung, die auch international<br />

reüssieren und gezielt gefördert werden, zählen die Life Sciences,<br />

die Informations- und Kommunikationstechnologie und die Creative<br />

Industries ebenso wie beispielsweise Spitzenforschung in den<br />

Bereichen Quantenphysik mit ihren Teildisziplinen Quantenoptik<br />

und Quanteninformation, Informatik oder Mathematik. In den letzten<br />

Jahren hat sich die Bundeshauptstadt dank entsprechender<br />

Lehr- und Forschungseinrichtungen, der langjährigen Präsenz internationaler<br />

Konzerne und vielfältiger Kooperationen zwischen<br />

Wissenschaft und Wirtschaft zu einem zukunftsorientierten Life<br />

Sciences Standort entwickelt. Seit den späten 1990er Jahren haben<br />

auch zahlreiche junge Firmen hier ihren Betrieb aufgenommen.<br />

Als Schwerpunktthema der Wiener Technologiepolitik wurde der<br />

Bereich Life Sciences durch ein Bündel an Maßnahmen unterstützt:<br />

die Betreuungseinrichtung Life Science <strong>Austria</strong> Vienna (LISAvienna),<br />

eine Arbeitsgemeinschaft zwischen ZIT – Die Technologieagentur<br />

der Stadt Wien GmbH und <strong>Austria</strong> Wirtschaftsservice (AWS)<br />

sowie die Entwicklung von Technologiestandorten wie dem Campus<br />

Vienna Biocenter und regelmäßig durchgeführte Förder-Calls.<br />

Die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bilden<br />

mit rund 5.700 Unternehmen, 55.000 Beschäftigten und über<br />

17 Milliarden Euro Umsatz jährlich ein zentrales Stärkefeld der Wiener<br />

Wirtschaft. Fast 40 Prozent der IKT-Unternehmen führen Forschungs-<br />

und Entwicklungstätigkeiten durch.<br />

Die Kreativwirtschaft umfasst erwerbsorientierte Unternehmen,<br />

die sich mit der Schaffung, Produktion und (medialen) Distribution<br />

von kreativen und kulturellen Gütern und Dienstleistungen beschäftigen.<br />

Dazu zählen Architektur, Design, Musik, Buch & künstlerische<br />

Tätigkeit, Radio & TV, Software & Games, Verlage, Video & Film,<br />

Werbung und Bibliotheken, Museen sowie botanische und zoologische<br />

Gärten. Jedes zehnte Unternehmen in Österreich gehört der<br />

Kreativwirtschaft an; das waren im Jahr 2008 rund 36.100 Betriebe,<br />

Zu den Stärkefeldern der Wiener Forschung, die auch international<br />

reüssieren und gezielt gefördert werden, zählen neben der IKT-Forschung<br />

und den Creative Industries vor allem die Life Sciences.<br />

in denen mehr als 127.000 Beschäftigte tätig waren. Damit gehört<br />

Österreich neben Schweden, Großbritannien, den Niederlanden<br />

und Dänemark zu jenen Ländern in der EU, die über eine stark<br />

entwickelte Kreativwirtschaft verfügen. 2012 wurde von der Kreativagentur<br />

der Stadt Wien departure ein White Paper zum Thema<br />

Kooperation von Kreativunternehmen mit der klassischen Wirtschaft<br />

erstellt.<br />

Grenzüberschreitende Kooperationen<br />

Verstärkte grenzüberschreitende Kooperationen in Wissenschaft<br />

und Forschung tragen einerseits dazu bei, Wien noch stärker im<br />

internationalen Kontext zu positionieren, andererseits aus der Vernetzung<br />

und dem Wissensaustausch wertvolle Synergien zu schaffen.<br />

Mit dem Fokus auf die Europa Region Mitte CENTROPE – an<br />

der Schnittstelle von Österreich, Tschechien, der Slowakei und<br />

Ungarn – setzt die centrope Strategie 2013+ wichtige Impulse für<br />

eine verstärkte Zusammenarbeit bei Forschung und Innovation<br />

sowie bei der Stärkung von Humankapital. Sie ist das Ergebnis<br />

eines mehrjährigen Entwicklungs- und Abstimmungsprozesses in<br />

der grenzüberschreitenden Vierländerregion. Forschungs- und Bildungskooperationen,<br />

strategische Allianzen zwischen den Universitäten,<br />

verbesserte Möglichkeiten für den Wissenstransfer zwischen<br />

Forschung und Unternehmen sowie die Förderung unternehmerischer<br />

Innovation tragen direkt zur Entfaltung von Technologie-<br />

und Forschungsclustern und damit zu den wirtschaftlichen<br />

Erfolgschancen der Europa Region Mitte bei.<br />

www.forschung.wien.at<br />

n<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


6 Forschungsstandort Wien<br />

Wissenschaf(f)t<br />

Infrastruktur<br />

Forschungen und Programme der Stadtverwaltung<br />

zu innovativen Stadtentwicklungskonzepten und neuen<br />

Stadttechnologien besonders im Bereich Umwelt und Energie<br />

sollen Wien fit für die Herausforderungen von Bevölkerungszuwachs,<br />

Klimawandel und der globalen Veränderung in<br />

Wirtschaft und Gesellschaft machen.<br />

Das Konzept der Smart City Vienna<br />

Die erfolgreiche Wissenschaftsarbeit Wiens dokumentiert sich<br />

auch darin, dass die Stadtverwaltung ein impulsgebender Knoten<br />

im Forschungs- und Wissensnetzwerk der Stadt wurde. Wobei das<br />

Spektrum der Aktivitäten von eigener Forschung, der Beauftragung<br />

von Forschungsprojekten, der aktiven Zusammenarbeit mit<br />

Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die innovative Produkte<br />

und Dienstleistungen entwickeln, bis zum Einkauf von neu<br />

am Markt erhältlichen Produkten und Dienstleistungen sowie der<br />

Bereitstellung von Daten für Forschungsprojekte reicht. Thematisch<br />

dominieren Umwelt- und Energiethemen sowie Informationsund<br />

Kommunikationstechnologien.<br />

Vor allem in ihren Kernkompetenzen fördert die Wiener Stadtverwaltung<br />

innovative Entwicklungen von Stadttechnologien, in den<br />

Bereichen Energie und Umwelt sowie Ver- und Entsorgung. Das<br />

Planungskonzept der „Smart City“ steht für die „intelligente Stadt“,<br />

die für Herausforderungen wie den Bevölkerungszuwachs, die Umwelt-<br />

und Klimaproblematik oder die globale Veränderung in Wirtschaft<br />

und Gesellschaft gerüstet ist. Der Begriff „Smart Cities“<br />

bezeichnet Städte, die Ressourcen intelligent und effizient nutzen<br />

und innovative Technologien – speziell in den miteinander verknüpften<br />

Bereichen Energie, Gebäude, Mobilität und Infrastruktur<br />

– einsetzen, um Kosten und Energie zu sparen. Gleichzeitig geht<br />

es darum, das Dienstleistungsangebot zu erweitern und die Lebensqualität<br />

zu erhöhen. Auf dem Weg zur emissionsarmen Wirtschaft<br />

werden der ökologische Fußabdruck und damit die Umweltbelastung<br />

reduziert. Im Vordergrund steht die effiziente und nachhaltige<br />

Nutzung von vorhandenen Ressourcen wie Energie, Verkehrsinfrastruktur,<br />

Wohnraum, (öffentlichem) Stadtraum, aber auch die<br />

intelligente Verbindung von innovativen (Informations-)Technologien<br />

mit dem Wissen der Menschen und Unternehmen einer Stadt.<br />

Die vorhandenen Potenziale sollen dort eingesetzt werden, wo sie<br />

gerade gebraucht werden. Dafür ist es wichtig, auf die Bedürfnisse<br />

unterschiedlicher Gruppen in der Stadt einzugehen und intelligente<br />

Kommunikationskanäle zwischen den Menschen und ihrer Stadt<br />

zu schaffen. Aktivitäten wie „Open Government Data“, womit Daten<br />

der Stadt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, und<br />

die Entwicklung von Online-Dienstleistungen sind wichtige ➞<br />

Ziele der „Smart<br />

City Wien Initiative“<br />

❚ Ganzheitliche Betrachtungsweisen<br />

❚ Bedeutende Reduktion des CO 2<br />

-Ausstoßes<br />

und des Energieverbrauchs<br />

❚ Nachhaltige Nutzung von verfügbaren Ressourcen<br />

❚ Energieeffizient und intelligent geplante<br />

(Bau-)Strukturen<br />

❚ Intelligenter Umgang mit bestehendem Stadtraum<br />

❚ Nutzungsmischung und maßvolle Verdichtung<br />

❚ Moderne, zukunftsfähige Infrastrukturen<br />

❚ Innovationen in Forschung und Technologieentwicklung,<br />

smarte Geschäftsmodelle und<br />

Export von Wiener Know-How<br />

❚ Hohe, sozial ausgewogene Lebensqualität<br />

für alle Wienerinnen und Wiener<br />

❚ Mehr Grünflächen und verkehrsberuhigte Zonen<br />

durch intelligente Stadt(teil)planung<br />

❚ Grätzelbildung und Stärkung lokaler Strukturen<br />

❚ Intelligente Mobilitätslösungen mit Augenmerk auf<br />

öffentlichen Verkehr sowie Rad- und Fußverkehr<br />

❚ <strong>Innovativ</strong>e Planungsmethoden und<br />

Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger<br />

❚ Moderne und effiziente städtische Dienstleistungen<br />

(zum Beispiel E-Governance) und Verfügbarkeit<br />

städtischer Daten (Open Data)<br />

❚ Nutzung und Förderung von lokalem Wissen<br />

❚ Internationale Positionierung Wiens als<br />

wettbewerbsfähige, lebenswerte Stadt<br />

www.smartcity.wien.at<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


Forschungsstandort Wien<br />

7<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


8 Forschungsstandort Wien<br />

➞ Schritte auf dem Weg zur Smart City. 2013 unterzeichneten der<br />

Wiener Bürgermeister Michael Häupl und Infrastrukturministerin<br />

Doris Bures ein „Memorandum of Understanding“ zwischen Wien<br />

und dem Bund zum Thema Smart City. Ziel dabei ist es, zukünftig<br />

über eine gemeinsame Steuerungsgruppe Projekte anzustoßen<br />

und auf europäischer Ebene Finanzierungen zu lukrieren. Die Entwicklung<br />

zur „Smart City“ wird als ein stark wachsender Markt<br />

gesehen, wo bedeutende Investitionen in die Entwicklung „smarter“<br />

Stadttechnologien zu erwarten sind.<br />

Das Projekt Smart City Wien, bei dem die Wiener Stadtverwaltung<br />

mit Wirtschaft und Wissenschaft zusammenarbeitet, baut auf bestehende<br />

Ansätze in der Umwelt- und Klimapolitik auf: Reduktion<br />

des Ressourcenverbrauchs, Steigerung der Ressourceneffizienz,<br />

Energie aus erneuerbaren, umweltfreundlichen Quellen, wobei<br />

effizient und optimal Versorgungssicherheit gewährleistet wird.<br />

Wichtige Kriterien des Smart City-Konzepts sind Nachhaltigkeit in<br />

der Stadtentwicklung, wobei das soziale Zusammenleben ebenso<br />

wie die Bedeutung von Grün- und Freiräumen Berücksichtigung<br />

finden. Wesentliche Charakteristika sind außerdem die Nutzungsmischung,<br />

innovative städtebauliche Lösungen sowie eine intelligente<br />

Mobilität abseits des Pkw. Für nachhaltige Verkehrslösungen<br />

ist das aufeinander abgestimmte Zusammenspiel unterschiedlicher<br />

Verkehrsmittel von den öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu<br />

Carsharing wichtig, um die Erreichbarkeiten weiter zu verbessern.<br />

Der bewusstere Umgang mit Energie, von der Erzeugung bis zum<br />

Verbrauch, zeigt sich in der intelligenten Planung von Gebäuden,<br />

Energienetzen und Energiequellen (z. B. Sonne, Abfall, Biomasse,<br />

Erd- und Abwärme). Neue Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

helfen dabei, Einblick und Übersicht über die verschiedenen<br />

Abläufe und Stoffströme in einer Stadt zu erhalten.<br />

Im Zuge des Projekts werden ein „Aktionsplan 2012-2015“, eine<br />

„Smart Energy Vision 2050“ und eine „Roadmap 2020“ erarbeitet.<br />

Schnittstelle und Kompetenzzentrum für das gesamte Know-<br />

How im Bereich Stadt- und Umwelttechnologien der Stadt Wien<br />

ist TINA VIENNA Urban Technologies & Strategies. Das Dienstleistungsunternehmen<br />

der Wien Holding GmbH vermittelt das gesammelte<br />

Know-How und die Produkte der Wiener Urban Technologies<br />

& Strategies an nationale und internationale Gebietskörperschaften,<br />

fördert die internationale Zusammenarbeit und übernimmt bei<br />

Anbahnung, Planung und Durchführung von internationalen Projektaufträgen<br />

im Bereich Urban Technologies & Strategies die<br />

Projektentwicklung und das Projektmanagement. TINA Vienna ist<br />

auch Leadpartner beim EU-Projekt INNOSPIRIT im Rahmen der Europäischen<br />

Territorialen Kooperation zwischen Ungarn und Österreich.<br />

Durch das bis Juni 2014 laufende Projekt sollen unter anderem<br />

der Technologieeinsatz und Technologietransfer in den teilnehmenden<br />

Städten optimiert und harmonisiert, entsprechende neue<br />

Methoden und Dienstleistungen entwickelt und umgesetzt sowie<br />

ein Strategieplan für potentielle Folgeprojekte entwickelt werden.<br />

Wesentliche Charakteristika eines funktionellen Smart City-<br />

Konzeptes ist vor allem eine intelligente Mobilität abseits des Pkw.<br />

<strong>Innovativ</strong>e Maßnahmen im Energie- und Umweltbereich<br />

<strong>Innovativ</strong>e Entwicklungen fließen auch in die Programme der Stadtverwaltung<br />

ein, die auf eine nachhaltige Senkung des Energieverbrauchs<br />

und eine Steigerung des Effizienzgrades der eingesetzten<br />

Energie abzielen bzw. Maßnahmen zum Klimaschutz vorsehen. Die<br />

Maßnahmen des Städtischen Energieeffizienz-Programmes (SEP)<br />

betreffen die Bereiche Haushalte, Private Dienstleistungen, Öffentliche<br />

Dienstleistungen, Industrie und produzierendes Gewerbe sowie<br />

Landwirtschaft und Verkehr. Die größten Einsparpotenziale<br />

bestehen bei Haushalten, den öffentlichen und privaten Dienstleistungen<br />

sowie der Industrie und dem produzierenden Gewerbe.<br />

Bei den privaten Haushalten und Dienstleistungen liegt das Hauptaugenmerk<br />

auf der Raumwärme.<br />

Als öffentliches Dienstleistungsunternehmen hat die Stadt Wien<br />

hier eine wichtige Vorbildfunktion.<br />

Entsprechende Ziele hat sich der Magistrat gesetzt:<br />

❚ Nachhaltige Einsparungen im magistratseigenen<br />

Wirkungsbereich von 15 Gigawattstunden pro Jahr<br />

❚ Stabilisierung des Stromverbrauchs<br />

❚ Reduktion des Stromverbrauchs für öffentliche<br />

Beleuchtung um fünf Prozent<br />

❚ Verstärktes Energiemanagement für eigene Objekte<br />

❚ Forcierung von Niedrigenergiehäusern<br />

❚ Verstärktes Augenmerk auf Energieeffizienzkriterien<br />

in allen Ausschreibungen der Stadt Wien<br />

(insbesondere im Bereich „Gebäude“)<br />

Maßnahmenprogramme zur Senkung der Treibhausgasemissionen<br />

werden im Rahmen des Wiener Klimaschutzprogramms (KliP) umgesetzt,<br />

das seit 1999 läuft und dessen Fortschreibung bis 2020 im<br />

Jahr 2009 vom Gemeinderat beschlossen worden war. KliP II umfasst<br />

37 Maßnahmenprogramme mit insgesamt 385 Einzelmaßnahmen<br />

in fünf Handlungsfeldern. Diese Handlungsfelder decken<br />

die wichtigsten Bereiche ab, in denen maßgebliche Einsparungen<br />

bei Treibhausgas-Emissionen erreicht werden können:<br />

❚ Energieaufbringung<br />

❚ Energieverwendung<br />

❚ Mobilität und Stadtstruktur<br />

❚ Beschaffung, Abfallwirtschaft,<br />

Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz<br />

❚ Öffentlichkeitsarbeit<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


Forschungsstandort Wien<br />

9<br />

Ein wichtiger Beitrag dazu, den Anteil der erneuerbaren Energien<br />

an der Stromerzeugung bis 2030 auf 50 Prozent zu erhöhen, sind<br />

die BürgerInnen-Solarkraftwerke, bei denen die Wiener Bevölkerung<br />

die Möglichkeit hat, sich am Ausbau der erneuerbaren<br />

Energien zu beteiligen. Die ersten Anlagen sind seit 2012 in Betrieb,<br />

ab Herbst 2013 ist das fünfte BürgerInnen-Solarkraftwerk<br />

Wien Mitte am Netz. Auf einer Dachfläche von rund 9.000 Quadratmetern<br />

werden jährlich circa 400 Megawattstunden (MWh)<br />

produziert. Damit können rund 160 Haushalte pro Jahr mit Ökostrom<br />

versorgt und 160 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden.<br />

2013 sind noch sechs weitere BürgerInnen-Solarkraftwerke geplant.<br />

Forschungen zu einem<br />

nachhaltigen Wassermanagementsystem<br />

Im Bereich der Ver- und Entsorgung konzentriert sich die Forschung<br />

vor allem auf Bereiche der Wasserversorgung und des Wassermanagements<br />

auch im Rahmen von EU-Projekten, wobei die Vernetzung<br />

mit Wasserversorgungsunternehmen in anderen Ländern<br />

sowie der Austausch mit internationalen Institutionen eine wichtige<br />

Rolle spielen. Da im Zuge des Klimawandels in weiterer Zukunft<br />

mit quantitativen und/oder qualitativen Auswirkungen auf<br />

das Trinkwasser zu rechnen und zudem durch Veränderung der<br />

Landnutzung ein massiverer Druck auf die Wasserressourcen zu<br />

erwarten ist, muss künftig der Schwerpunkt im Umgang mit Wasserressourcen<br />

bei einem nachhaltigen Wassermanagement liegen.<br />

Im Rahmen der EU-Projekte KATER I und II wurden die Karstregionen<br />

in Österreich, Italien, Slowenien und Kroatien erforscht,<br />

vor allem auch die Faktoren, die das Karstgrundwasser beeinflussen.<br />

Das Trinkwasser für die Millionenstadt Wien stammt fast zur<br />

Gänze von den Karstgebieten Rax, Schneeberg, Schneealpe und<br />

Hochschwab.<br />

Im Frühjahr 2012 endete das Forschungsprojekt CC-WaterS (Climate<br />

Change and Water Supply), das die Effekte des Klima wandels<br />

auf die Verfügbarkeit und Sicherheit des Trinkwassers untersuchte<br />

und evaluierte und dementsprechende Adaptions-Maßnahmen<br />

unter Berücksichtigung der sozioökonomischen Auswirkungen<br />

entwickelte. Projektpartner waren AkteurInnen aus dem<br />

südosteuropäischen Raum (Slowenien, Ungarn, Italien, Rumänien,<br />

Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Serbien), um die topographische<br />

und meteorologische Diversität des SEE (South East Europe)-<br />

Programmes von den Alpen, den Donauebenen bis zu den Küstengebieten<br />

abzubilden. Österreich war durch die Wiener Wasserwerke<br />

als Lead Partner, das Lebensministerium und die Stadt<br />

Waidhofen an der Ybbs vertreten. In Kooperation aller Betei ligten<br />

wurde ein nachhaltiges Wassermanagementsystem auf transnationaler<br />

Ebene zur Optimierung der Wasserentnahme und Landnutzung<br />

entwickelt. Als Folge wird auf gesetzlicher Ebene eine<br />

Kooperation mit Forschungseinrichtungen für den wissenschaftlichen<br />

Zugang und mit zuständigen Ministerien für die Implementierung<br />

der Ziele, die aus diesem Projekt resultieren, angestrebt.<br />

Noch 2013 soll das Projekt deWaLop im Programm Europäische<br />

Territoriale Kooperation (ETZ) Slowakei-Österreich abgeschlossen<br />

werden. Da es bei bestehenden Wasserversorgungsnetzen zum<br />

Das Trinkwasser für die Millionenstadt Wien stammt<br />

fast zur Gänze von den Karstgebieten Rax, Schneeberg,<br />

Schneealpe und Hochschwab.<br />

Teil durch undichte Rohrverbindungen zu einem Wasserverlust<br />

kommt, ist ein Ziel des Projekts der Wissensaustausch zu dieser<br />

Problematik zwischen Wien und Bratislava. Außerdem werden<br />

eine einheitliche Terminologie, eine einheitliche Wasserbilanz sowie<br />

verschiedene Kennzahlen für den Vergleich von Wasserverlusten<br />

erarbeitet und eine Methode zur Sanierung von Graugussrohrverbindungen<br />

ohne Aufgrabung mit Hilfe eines Roboters entwickelt.<br />

Im ersten weltweiten Vergleich von Städten hinsichtlich Innovation,<br />

Technologie und Nachhaltigkeit rangiert Wien – vor Toronto,<br />

Paris und New York – als Nummer 1 der so genannten „Smart<br />

Cities“. Das von dem US-amerikanischen Klimastrategen Boyd<br />

Cohen erstellte Ranking legte anerkannte Kriterien zugrunde und<br />

wertete sämtliche bestehende Untersuchungen aus.<br />

IKT und Open Government Data<br />

Mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)<br />

baut die Stadt Wien ihre Leistungsangebote für die Bürgerinnen<br />

und Bürger und für die Wirtschaft ständig aus. Bei der Entwicklung<br />

der Stadtverwaltung zu einem modernen Dienstleistungskonzern<br />

mit sozialer Verantwortung kommt der IKT als Innovationsmotor<br />

eine Schlüsselrolle zu. Der IKT-Einsatz unterstützt dabei vor allem<br />

die Kundenorientierung und Wirtschaftlichkeit, die Eckpfeiler der<br />

Verwaltungsmodernisierung. Im Rahmen dieser Verwaltungsreform<br />

bietet E-Government die Möglichkeit, Dienstleistungen der<br />

Stadt Wien einfach und bequem in Anspruch zu nehmen. Auch im<br />

Gesundheitsbereich wird durch die innovativen Technologien der<br />

Zugang zu den Leistungen des Gesundheits- und Sozialwesens<br />

wesentlich erleichtert. E-Health bietet die Chance, Kommunikationswege<br />

zu verkürzen und zu beschleunigen. Informationen wie<br />

etwa Aufnahme- und Entlassungsbriefe, Befunde oder Medikationen<br />

werden Berechtigten elektronisch bereitgestellt.<br />

Andererseits sollen mit der Initiative Open Government Data Staat<br />

und Verwaltung der Bevölkerung und der Wirtschaft gegenüber<br />

geöffnet werden. Von der Verwaltung gesammelte öffentliche ➞<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


10<br />

Forschungsstandort Wien<br />

Die Stadt Wien öffnet ihr riesiges<br />

Datenarchiv und stellt maßgebliche<br />

Bereiche ihrer Infos allen BürgerInnen<br />

öffentlich zur Verfügung.<br />

➞ Daten, etwa Geo-Daten, Verkehrs-, Umwelt-, Budget- oder statis<br />

tische Daten, werden in maschinen-lesbarer Form zur Verfügung<br />

gestellt, sodass sie auch automatisiert verarbeitet werden können.<br />

Offene Standards bei den Schnittstellen und der Software ermöglichen<br />

mehr Transparenz, Partizipation und eine intensivere Zusammenarbeit<br />

zwischen Verwaltung und Bevölkerung. Neben den<br />

technischen Schnittstellen muss von der Verwaltung ein rechtlicher<br />

Rahmen geschaffen werden. Personenbezogene Daten werden<br />

dabei keine veröffentlicht.<br />

Open Data bietet Nutzungsmöglichkeiten auf verschiedensten Ebenen.<br />

Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger können mit den<br />

angebotenen Daten selbst neue Anwendungen und Dienste erstellen,<br />

und auch ihre Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen<br />

wird dadurch gestärkt. Ebenfalls profitieren Wissenschaft<br />

und Forschung vom vereinfachten Datenaustausch, Innovation<br />

wird gefördert. Eine wichtige und stark diskutierte Zielsetzung ist<br />

auch die vermutete beziehungsweise erwartete Stimulierung der<br />

Wirtschaft durch Open Data und die damit verbundene Schaffung<br />

des Mehrwertes “kostenfrei”.<br />

n<br />

Prinzipien<br />

von Open<br />

Government<br />

Data<br />

Open Government steht für die<br />

Öffnung von Staat und Verwaltung<br />

gegenüber der Bevölkerung und der<br />

Wirtschaft. Dabei stehen besonders<br />

politische, wirtschaftliche und technische<br />

Fragestellungen im Vordergrund.<br />

Durch die drei Prinzipien von Open Government<br />

Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit<br />

soll das Vertrauen der Öffentlichkeit<br />

in die Regierung gesichert, die<br />

Demokratie gestärkt sowie Effektivität und<br />

Effizienz der Verwaltung verbessert werden.<br />

Prinzip Transparenz<br />

❚ Transparenz ist eine wesentliche<br />

Voraussetzung für eine intensivere<br />

BürgerInnen-Beteiligung<br />

❚ Alle wesentlichen politischen und<br />

administrativen Prozesse sollen zeitnah<br />

und vollständig veröffentlicht<br />

werden, wie etwa<br />

– Parlamentarische Prozesse<br />

– Öffentliche Ausschreibungen<br />

– Prozesse, die den Haushalt<br />

betreffen<br />

❚ Die Qualität politischer Entscheidungen<br />

wird dadurch besser vergleichbar<br />

und bewertbar.<br />

❚ Open Data – freier Zugang zu staatlichen<br />

Informationen. Alle Daten aus<br />

Gesetzgebung, Rechtsprechung und<br />

öffentlicher Verwaltung im Internet<br />

veröffentlicht<br />

Formale Begründung: Diese Daten<br />

wurden mit Steuergeldern erstellt.<br />

Demokratische Begründung: Der freie<br />

Zugang zu den Informationen ist Basis<br />

für eine aktive Teilnahme der Bevölkerung<br />

an demokratischen Prozessen.<br />

Ausnahme: Datenschutz oder Sicherheitsbeschränkung<br />

Prinzip Partizipation<br />

❚ Förderung der Teilnahme der Bürgerinnen<br />

und Bürger an politischen<br />

Willensbildungen und Entscheidungen<br />

❚ Dialog zwischen Bürgerinnen, Bürgern<br />

und Regierung erhöht die Akzeptanz<br />

staatlichen Handelns und fördert eine<br />

Beteiligung der Bürgerinnen und<br />

Bürger.<br />

❚ Das Internet bietet dazu neue Möglichkeiten<br />

der direkten Beteiligung.<br />

Prinzip Zusammenarbeit<br />

❚ Bessere Zusammenarbeit innerhalb<br />

einer Behörde, behördenübergreifend<br />

und Zusammenarbeit von Verwaltung<br />

mit Dritten – Bürgerinnen und<br />

Bürgern, Unternehmen<br />

❚ Elektronische Durchführung<br />

von Verfahren<br />

❚ Verwendung von vorhandenen<br />

Daten anderer Behörden<br />

❚ Einmalige Anmeldung zur Authentifizierung<br />

am EDV-Arbeitsplatz, ohne<br />

sich jedes Mal neu anmelden zu<br />

müssen (Single-sign-on)<br />

Das System wird sehr gut angenommen – kürzlich konnte die 100. Anwendung veröffentlicht werden.<br />

Die nächste OGD-Plattform ist für 12. 12. 2013 im Wiener Rathaus geplant. Weiterführende Infos: www.open.wien.at<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


Forschungsstandort Wien<br />

11<br />

Entwicklungszonen<br />

der Stadt<br />

aus Forschungssicht<br />

Die Aspern Seestadt, mit rund 240 Hektar Fläche eines der<br />

größten Stadtbauprojekte Europas, gehört ebenso zu den<br />

Zielgebieten des Wiener Stadtentwicklungsplanes wie das Areal<br />

Erdberger Mais – Aspanggründe/St. Marx, das als größtes und<br />

wichtigstes Entwicklungsgebiet im dichtbebauten Stadtgebiet gilt.<br />

An beiden Standorten zählt vor allem auch Forschung als einer<br />

der definierten Infrastruktur-Schwerpunkte.<br />

Sowohl das Zielgebiet im dritten Wiener Gemeindebezirk, das<br />

im internationalen Standortwettbewerb für internationale Investoren<br />

in den Bereichen Dienstleistung, Handel und Forschung einen<br />

überaus attraktiven Standort darstellt, wie auch der neue,<br />

multifunktionale Stadtteil im 22. Gemeindebezirk im Nordosten<br />

Wiens, der neben Wohnungen und Büros ein Gewerbe-, Wissenschafts-,<br />

Forschungs- und Bildungsquartier umfassen soll, sind<br />

prädestiniert für die Ansiedlung von Forschungszentren zu den<br />

Schwerpunkten der Wiener Forschung wie etwa innovative Stadttechnologien<br />

oder Life Sciences.<br />

Aspern IQ – Leuchtturmprojekt für die Stadt der Zukunft<br />

Ein sichtbares Zeichen für die Stadt der Zukunft, die Smart City, ist<br />

das aspern IQ. Als Leuchtturmprojekt setzt das Technologiezentrum<br />

in der Seestadt, dem größten Stadtentwicklungsgebiet Europas,<br />

einerseits selbst neue Standards bei innovativen Stadt- und<br />

Bautechnologien und schafft andererseits eine entsprechende Infrastruktur<br />

für Unternehmen sowie forschungs- und entwicklungsorientierte<br />

Einrichtungen aus dem Bereich der nachhaltigen Technologieentwicklung.<br />

Besonderer Wert wurde auf höchste Qualität<br />

des architektonischen Entwurfs gelegt, der die Verbindung zwischen<br />

den Arbeitsfeldern der angesiedelten Unternehmen mit den<br />

Zielen des Projekts, also Klimaschutz, Innovation, Flexibilität, Work-<br />

Life-Balance, sichtbar macht. Leitbilder einer nachhaltigen Architektur,<br />

der Energieeffizienz und Lebenszyklusbetrachtung standen<br />

neben funktionalen und gestalterischen Ansprüchen im Vordergrund,<br />

um eine entsprechende Benchmark für zukünftige Entwicklungen<br />

in der Seestadt zu setzen.<br />

Als solches war das Projekt aspern IQ für die Umsetzung des Masterplans<br />

„aspern die Seestadt Wien“ von strategischer Bedeutung.<br />

Das nach 14 Monaten Bauzeit fertiggestellte Gebäude umfasst<br />

6.600 Quadratmeter und wurde unter Beachtung höchster ökologischer<br />

Anforderungen von der Wirtschaftsagentur Wien errichtet.<br />

Mit „Aspern Seestadt“ wächst derzeit ein neuer, multifunktionaler<br />

Stadtteil für Wien. Neben Wohnungen sowie Gewerbeund<br />

Büroflächen soll hier vor allem auch ein Wissenschafts-,<br />

Forschungs- und Bildungsquartier entstehen.<br />

Mit den Büros, Labors, aber auch Produktionsflächen in den rund<br />

23 flexiblen Mieteinheiten, in denen insgesamt 300 Arbeitsplätze<br />

zur Verfügung stehen, wurde ein hochmodernes Arbeitsumfeld für<br />

Unternehmen, Forschungseinrichtungen und universitätsnahe Institutionen<br />

geschaffen, die innerhalb der Bereiche Nachhaltige Technologien<br />

und Umwelttechnik tätig sind – Zukunftsbranchen, die ein<br />

äußerst großes Wachstumspotential haben. Allein die Umwelttechnik<br />

ist zwischen 1993 und 2003 jährlich um 7,7 Prozent gewachsen.<br />

Die Kombination von hochqualitativer Infrastruktur im dynamischen<br />

Umfeld eines im Entstehen begriffenen Stadtteils bietet die Basis<br />

für Spitzenleistungen in der Forschungs- und Entwicklungsarbeit.<br />

Aufgrund der verkehrstechnischen Anbindung eignet sich der<br />

Standort Aspern darüber hinaus auch besonders für die Ansiedlung<br />

exportorientierter Unternehmen.<br />

➞<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


12 Forschungsstandort Wien<br />

➞ Mit diesem „Zukunftshaus“ wurde auch eine der energieschonendsten<br />

Gewerbeimmobilien der Stadt unter Einsatz neuester<br />

bautechnischer Möglichkeiten und eines integralen Planungsprozesses,<br />

bei dem Bauphysik, thermische Gebäudesimulation, Tageslichtsimulation<br />

und Bauökologie eingebunden waren, realisiert. Das<br />

im Rahmen des BMVIT-Forschungsprogramms „Haus der Zukunft“<br />

geförderte Gebäude wurde mit sogenanntem Öko-Beton errichtet,<br />

der gegenüber herkömmlichem Beton um bis zu 80 Prozent weniger<br />

CO 2<br />

-Emissionen verursacht. Auch der verwendete Zement wurde<br />

speziell nach ökologischen Kriterien entwickelt und verringert<br />

maßgeblich die Umweltbelastung. Beim energetischen Konzept<br />

standen die Minimierung des Energieverbrauchs und Schonung<br />

der fossilen Energieressourcen durch den Einsatz regenerativer<br />

Energien in Verbindung mit einem darauf abgestimmten Gebäudetechniksystem<br />

im Vordergrund.<br />

Der Primärenergiebedarf des Technologiezentrums wird durch die<br />

hauseigene Energieproduktion gedeckt. Das mit dem klima:aktiv<br />

Qualitätszeichen ausgezeichnete Gebäude, das im Vollbetrieb mehr<br />

Energie erzeugt als es verbraucht, wurde von der Österreichischen<br />

Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (ÖGNB) als Passivhaus zertifiziert.<br />

Grundlage dafür ist die Kombination verschiedener Einzelmaßnahmen<br />

wie einer luftdichten, kompakten Gebäudehülle, Dreifachverglasung<br />

und einer 26 Zentimeter starken Wärmedämmung,<br />

Aspern IQ:<br />

Bienen am Dach<br />

Das Dach des Technologiezentrums aspern IQ beherbergt<br />

seit kurzem besondere Gäste. Der Donaustädter<br />

Bioimker Gernot Gangl nützt die gute Lage des<br />

Technologiezen trums als neuen Standort für sechs seiner<br />

Bienenstöcke. Rund 20.000 junge Carnica Bienen<br />

und ihre Königin bevölkern je einen Stock. Im Sommer<br />

2014 wird die Zahl auf 60.000 steigen. Die Arbeitsbienen<br />

werden nicht nur Pflanzen bestäuben, sondern auch für<br />

echten Seestadt-Honig sorgen. Denn die Seestadt und<br />

ihr unmittelbares Umfeld sowie die Gärten der Anrainerinnen<br />

und Anrainer sind reich an Blühsträuchern, Bäumen<br />

wie Ahorn, Linde, Rosskastanie und einer Reihe<br />

von unterschiedlichen Obstbäumen. www.asperniq.at<br />

Die Kombination von hochqualitativer Infrastruktur<br />

im dynamischen Umfeld eines im Entstehen begriffenen<br />

Stadtteils bietet die Basis für Spitzenleistungen in der<br />

Forschungs- und Entwicklungsarbeit.<br />

einer vorgesetzten Add On Fassade, die unterschiedliche Funktionen<br />

wie Energieproduktion, Verschattung oder Fassadenbegrünung<br />

erfüllt, integrierten Kleinwindkraftanlagen oder aber auch<br />

von Maßnahmen wie der Abwärmenutzung von Serverräumen zur<br />

Raumkonditionierung oder einer kontrollierten mechanischen Belüftung<br />

in Abhängigkeit von der Außentemperatur und der Innenraumluftqualität.<br />

Die Photovoltaikanlage mit Solar-Paneelen auf<br />

dem Flachdach sowie an der Fassade und am Dach der Technikzentrale<br />

hat eine Gesamtfläche von 1.300 Quadratmetern und ist<br />

damit eine der größten Solaranlagen bei Gewerbeimmobilien in<br />

Österreich mit einer Leistung von etwa 140 KWpeak. Das Gebäude<br />

wird primär über einen Fernwärmeanschluss und Grundwasserkühlung<br />

versorgt.<br />

Als gestalterisches Prinzip setzt sich das Thema der Aulandschaft<br />

aus dem Freiraum über die Fassade durch eine Schilfbepflanzung<br />

fort und bildet so eine Pufferzone zum Straßenraum. Die Bepflanzung<br />

speichert Feuchtigkeit und wirkt zudem als Schadstofffilter vor<br />

dem Fenster und schafft auch für den Innenraum als veränderliches<br />

Grün eine besondere Qualität. Die automatische Steuerung der Jalousien<br />

nach dem Sonnenstand ermöglicht ein Optimum an Tageslicht<br />

und schützt vor Wärme und Sonne. Die Lüftung erfolgt bedarfsgesteuert<br />

mittels eines Kohlendioxid-Sensors. Im Winter wird<br />

die erzeugte Abwärme der Server im Gebäude genutzt, im Sommer<br />

kühlen Leitungen, die in den Betonkern eingelassen wurden, das<br />

Gebäude mit Grundwasser aus einem eigens gegrabenen Brunnen.<br />

Gemeinsam mit Wien Energie errichtet die Wirtschaftsagentur<br />

Wien in Aspern außerdem Österreichs größtes Geothermie-Kraftwerk.<br />

Bereits ab 2014 kann damit der Heizenergiebedarf für über<br />

40.000 Wohnungen und Betriebe in Wien gedeckt und jährlich können<br />

rund 130.000 Tonnen CO 2<br />

eingespart werden.<br />

Campus Vienna Biocenter –<br />

Wiens Life Sciences Leuchtturm<br />

Der Campus Vienna Biocenter (CVBC) in Neu Marx ist mit rund<br />

75.000 Quadratmetern Fläche und derzeit etwa 1.400 WissenschaftlerInnen<br />

und 700 StudentInnen aus über 40 Nationen Österreichs<br />

bedeutendster Life-Sciences Standort. Er beherbergt verschiedene<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


Forschungsstandort Wien<br />

13<br />

akademische und industrielle Forschungseinrichtungen, biotechnische<br />

und medizintechnische Firmen sowie Organisationen aus<br />

dem Bereich der Wissenschaftskommunikation, wie etwa den Verein<br />

dialoggentechnik. Mit der Gründung des Forschungsinstituts<br />

für Molekulare Pathologie (IMP) 1988 war der Grundstein für einen<br />

der wichtigsten Biocluster im mitteleuropäischen Forschungsraum<br />

gelegt. Seitdem wächst der Campus kontinuierlich, weitere sieben<br />

Biotech Unternehmen, darunter Bender MedSystems, Genosense,<br />

VBC Genomics, Affiris, Intercell oder Baxter BioScience, junge Startups,<br />

und die FH Campus Wien siedelten sich an.<br />

Aspern IQ:<br />

Mingo-Büros<br />

für Start-ups<br />

Im Frühjahr 2005 wurden die Max F. Perutz Laboratories (MFPL)<br />

als Joint Venture der Universität Wien und der Medizinischen Universität<br />

Wien gegründet, in denen mehr als 60 Forschungsgruppen<br />

im Bereich der Molekularbiologie arbeiten. Seit 2006 ist das Life<br />

Sciences Center der Österreichischen Akademie der Wissenschaften,<br />

in dem sich das Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie<br />

GmbH (GMI) und das Institut für Molekulare Biotechnologie<br />

GmbH (IMBA) befinden, am Campus ansässig. Als Ort der<br />

Begegnung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit und um die<br />

tägliche Forschungsarbeit in einem molekularbiologischen Forschungslabor<br />

allgemein zugänglich zu machen, wurde in einer<br />

gemeinsamen Initiative von OPEN SCIENCE und IMBA das Vienna<br />

Open Lab eingerichtet. Es bietet mehr als 4.000 Besuchern mit<br />

Standort Neu Marx:<br />

Hotspot für Medien, Forschung und Technologie<br />

Das aspern IQ bietet in der Seestadt ein hochmodernes<br />

Arbeitsumfeld für Zukunftsbranchen, die<br />

ein großes Wachstumspotential in der Stadt haben.<br />

Vor allem technikorientierten innovativen Start-ups stehen<br />

Mingo-Büros zur Verfügung. Die zwölf kleinen, modernen<br />

Büroein heiten mit attraktiven Konditionen sind speziell<br />

auf die Kleinsten der Wiener Wirtschaft ausgerichtet, die<br />

im Technologiezentrum innovative und ökologische Arbeitsplätze<br />

vorfinden, wo sie von den bestehenden größeren<br />

Unternehmen am Standort profitieren und Synergien<br />

nutzen können. Möglichkeiten zur Vernetzung und<br />

Koope rationen finden ebenso einen Raum wie zielgruppengerechtes<br />

Serviceprogramm, Workshops und Coachings.<br />

Mittlerweile hat die Wirtschaftsagentur Wien den<br />

neunten Mingo-Bürostandort im aspern IQ eröffnet.<br />

Unter den ersten Mietparteien im Technologiezentrum<br />

ist die research TUb, eine Tochtergesellschaft der TU<br />

Wien. Die Wissenschaftler wollen mit ihrem Unternehmen<br />

eine Brücke zwischen innovativen kleinen und mittleren<br />

Betrieben und angewandten Lösungen aus der<br />

Forschung schlagen. In einem Forschungslabor werden<br />

innovative Produktionslösungen erarbeitet, und es stehen<br />

auch eigene Produktionsmaschinen bereit. Neuester<br />

Mieter ist die Forschungsgesellschaft unter Federführung<br />

von Siemens und Wien Energie Aspern Smart City Research<br />

(ASCR) GmbH & Co KG. www.mingo.at<br />

spezifischen Programmen für Kinder ab fünf Jahren, Jugendliche<br />

und Erwachsene die Möglichkeit, Methoden der modernen Life<br />

Sciences kennenzulernen. Im Verlauf von Praktika zu molekularbiologischen<br />

Fragestellungen erhalten alle BesucherInnen Gelegenheit,<br />

selbst grundlegende biotechnologische Methoden von<br />

der DNA-Isolierung bis zur Gendiagnostik auszuprobieren. Die<br />

Kurse beinhalten jeweils theoretische und praktische Blöcke. Jedes<br />

Experiment ist in eine Geschichte eingebettet, die den Bezug zu<br />

tatsächlichen Anwendungen herstellt. Hintergründe, Fragestellungen<br />

und Ablauf des Experiments werden auch hinsichtlich der<br />

rechtlichen, gesellschaftlichen und ethischen Aspekte genauer<br />

beleuchtet. Daneben bleibt noch Zeit für Fragen und Diskussionen<br />

mit den fachkundigen TutorInnen.<br />

Innerhalb der nächsten Jahre soll der VBC Campus um 40.000 Quadratmeter<br />

erweitert werden. Bund und Stadt Wien investieren 52<br />

Millionen Euro in das Projekt. Schwerpunkt dabei ist der Ausbau<br />

der gemeinsamen wissenschaftlichen Infrastruktur. Die Erweiterung<br />

des VBC basiert auf dem Programm „Vision 2020“, das darauf<br />

ausgerichtet ist, die wissenschaftliche Infrastruktur, Öffentlichkeitsarbeit<br />

und die Förderung junger Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen<br />

am Campus Vienna Biocenter in den nächsten zehn<br />

Jahren intensiv voranzutreiben.<br />

n<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


14 Forschungsstandort Wien<br />

Keine<br />

gläsernen<br />

Decken in Wien<br />

Forschung von und für BewohnerInnen.<br />

Seit 2004 unterstützt die Initiative FemPower Vienna die stärkere<br />

Beteiligung von Frauen in betrieblichen Forschungsprojekten und<br />

schafft Anreize, um Wissenschaftlerinnen in Führungspositionen<br />

zu bringen. Gleichzeitig sorgen zahlreiche Programme dafür,<br />

dass Jugend liche Forschung „cool“ finden.<br />

Seit rund zehn Jahren setzt die ZIT als Technologieagentur<br />

der Stadt Wien mit der Initiative FemPower Vienna umfassende<br />

Maßnahmen, um die Beteiligung von Frauen in betrieblichen<br />

Forschungsprojekten zu unterstützen.<br />

Frauenpower in der Forschung<br />

20 Prozent der in der betrieblichen Forschung in Wien Beschäftigten<br />

sind Frauen. Damit liegt Wien zwar deutlich über dem Österreich-Durchschnitt,<br />

dennoch aber weit vom Ziel einer gleichberechtigen<br />

Teilnahme von Frauen und Männern an Forschung und Entwicklung<br />

und damit am gesellschaftlichen Fortschritt entfernt. Eine<br />

stärkere Einbindung von Frauen in Innovations- und Forschungsprojekte<br />

eröffnet nicht nur den einzelnen Frauen neue Karrieremöglichkeiten,<br />

sondern steigert die Qualität der Projekte und stellt einen<br />

Wettbewerbsvorteil für Wien dar. Die Erfahrungshintergründe<br />

der einzelnen ForscherInnen bestimmen maßgeblich die Qualität<br />

ihrer Forschung. Dabei spielt das Geschlecht der Mitarbeitenden,<br />

deren Alter und soziale wie regionale Herkunft eine ebenso wichtige<br />

Rolle wie die fachliche Ausbildung und Berufserfahrung. Ein<br />

Vergleich der Zahl von Absolventinnen technischer und naturwissenschaftlicher<br />

Studienrichtungen mit dem Frauenanteil in der<br />

betrieblichen Forschung und Entwicklung macht deutlich, dass hier<br />

wertvolle Personalressourcen ungenützt bleiben. Während der<br />

Frauenanteil in der betrieblichen Forschung österreichweit bei 16<br />

Prozent liegt, beträgt der Anteil von Akademikerinnen in technischen<br />

Disziplinen fast 29 Prozent und in naturwissenschaftlichen<br />

Disziplinen 37 Prozent.<br />

FemPower Vienna<br />

2004 hat die ZIT als Technologieagentur der Stadt Wien mit der<br />

Initiative FemPower Vienna umfassende Maßnahmen gesetzt, um<br />

die Beteiligung von Frauen in betrieblichen Forschungsprojekten<br />

zu unterstützen. Bereits seit dem Jahr 2002 veranstaltet die ZIT<br />

GmbH regelmäßig wettbewerbsorientierte Förderausschreibungen<br />

für Forschungs- und Innovationsprojekte, die entweder von Frauen<br />

geleitet werden oder deren wissenschaftliche Umsetzung maßgeblich<br />

von Frauen geleistet wird, oder die Aspekte des Gender<br />

Mainstreamings behandeln. Die maximale Förderhöhe dieser Fem-<br />

Power Calls betrug pro Projekt 500.000 Euro. Dies soll für die Unternehmen<br />

ein sehr konkreter finanzieller Anreiz sein, Frauen stär-<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


Forschungsstandort Wien<br />

15<br />

ker als bisher mit einzubeziehen. Bei den FemPower Calls der Jahre<br />

2004, 2007, 2009 und 2012 wurden 42 Forschungs- und Entwicklungsprojekte<br />

mit 7,8 Millionen Euro unterstützt.<br />

Bei der Förderung von Projekten im Programm „Forschung“ und<br />

„Innovation“ ist ein FemPower Bonus von 10.000 Euro vorgesehen,<br />

wenn mit der Projektleitung nachweislich eine dafür qualifizierte<br />

Frau beauftragt wird. So wird strukturell ein Anreiz geschaffen,<br />

um Frauen in Führungspositionen zu bringen. In allen Projektanträgen<br />

ist die explizite Frage nach der Relevanz des Projekts<br />

hinsichtlich der Gleichstellung von Männern und Frauen und der<br />

Nutzung oder des Bedarfs unterschiedlicher Zielgruppen zu beantworten.<br />

Dabei hilft ein Leitfaden, der Unternehmen anhand von<br />

konkreten Fragen und Beispielen dabei unterstützt, genderrelevante<br />

Aspekte ihrer Projekte zu erkennen und zu bedenken. Genderrelevante<br />

Aspekte werden bei der Bewertung der Projekte berücksichtigt,<br />

bei zwei gleichwertigen Projekten bekommt jenes den<br />

Vorzug, das positive Wirkungen auf die Beteiligung von Frauen in<br />

der Forschung erwarten lässt. Auch die Mitglieder der Beurteilungsgremien<br />

der ZIT GmbH verfügen über Genderkompetenz,<br />

mindestens ein Drittel der Jury ist mit Frauen besetzt.<br />

Seit 2008 führt die ZIT ein umfassendes Gender Monitoring durch<br />

und erfasst und analysiert alle Förderdaten geschlechtsspezifisch,<br />

um die Effekte der bisher gesetzten Maßnahmen zu überprüfen<br />

ZIT FemPower<br />

Studie 2012<br />

Forschungsfragen nach den strukturell fördernden<br />

und hemmenden Faktoren auf Frauenkarrieren:<br />

❚ Welche Faktoren wirken strukturell fördernd bzw.<br />

hemmend auf Karriereverläufe von Frauen in der<br />

betrieblichen Forschung?<br />

❚ Welche Branchenunterschiede existieren<br />

hinsichtlich dieser Fragestellungen?<br />

❚ Welche anderen firmenspezifischen Charakteristika<br />

beeinflussen den Karriereverlauf?<br />

Forschungsfragen zum Einfluss<br />

der ZIT Frauenförderungen:<br />

❚ Wie sind die Karrieren von Projektleiterinnen in<br />

Projekten, die einen FemPower Bonus bekommen<br />

haben, verlaufen?<br />

❚ Welche Rolle spielen frauenfördernde Maßnahmen,<br />

insbesondere der FemPower Bonus und die<br />

FemPower Calls, in diesen Biographien?<br />

www.zit.co.at<br />

Um den ForscherInnennachwuchs zu fördern und möglichst<br />

früh das Interesse für Wissenschaft zu wecken, wird<br />

seit 2003 jeden Sommer die KinderuniWien veranstaltet.<br />

und die FemPower Aktivitäten weiter zu optimieren. Themenspezifische<br />

Veranstaltungen wie Innovationsgespräche oder die Teilnahme<br />

am Töchtertag tragen dazu bei, die Bedeutung genderrelevanter<br />

Aspekte in Forschung und Entwicklung Unternehmen und<br />

der Öffentlichkeit bewusst zu machen.<br />

Welche Effekte die ZIT FemPower Maßnahmen auf die Karriereverläufe<br />

von Frauen in der betrieblichen Forschung haben, wurde in<br />

der Studie ZIT FemPower 2012 untersucht. Danach erhöhen, wie<br />

die Daten der erhobenen Karrieredatenblätter zeigten, die Fördermaßnahmen<br />

die Chance für Frauen, erstmals eine Projektleitung in<br />

ihrem Betrieb zu übernehmen, und erleichtern bzw. beschleunigen<br />

den Aufstieg von Frauen in der betrieblichen Forschungskarriere.<br />

Eine wichtige Unterstützung dabei sind auch Weiterbildung, der<br />

Aufbau von Netzwerken und die Teilnahme an Mentoring-Programmen<br />

sowie flexible Arbeitsmodelle, die grundsätzlich die Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf und damit Frauenkarrieren fördern.<br />

Kinderuni Wien<br />

Um den ForscherInnennachwuchs zu fördern und möglichst früh<br />

das Interesse für Wissenschaft zu wecken, wird seit 2003 jeden<br />

Sommer die KinderuniWien veranstaltet. Kinder zwischen 7 und<br />

12 Jahren haben die Möglichkeit, Wissenschaft und Forschung<br />

kennenzulernen, Uni-Luft zu schnuppern, Fragen zu stellen und<br />

selbst zu experimentieren. Im Rahmen der größten Kinderuni Europas<br />

halten WissenschaftlerInnen der teilnehmenden Universitäten<br />

extra für Kinder Vorlesungen, Seminare und Workshops, aus<br />

denen die Kinder frei wählen können. Spaß und Neugier stehen<br />

dabei im Vordergrund, zum Abschluss gibt es eine Sponsion, bei<br />

der die Kinder den Kinderuni Wien Titel und eine Urkunde erhalten.<br />

An der 11. Kinderuni Wien 2013 haben 4496 Kinder teilgenommen.<br />

500 Lehrende hielten 104 Vorlesungen, 76 Seminare und 292 Workshops<br />

und veranstalteten zwei Sommerwochen lang ein kunterbuntes<br />

Wissenschaftsprogramm, das an der Universität Wien, der<br />

Medizinischen Universität, der Technischen Universität, der Universität<br />

für Bodenkultur und der Veterinärmedizinischen Universität<br />

sowie an der FH Campus stattfand.<br />

n<br />

Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien


Entgeltliche Einschaltung<br />

Heinz, 61<br />

lernt jetzt kochen<br />

Matthias, 10<br />

lässt sich´s erklären<br />

Mira, 24<br />

freut sich auf<br />

ihr erstes Kind<br />

Wien.<br />

Die Stadt<br />

fürs Leben.<br />

Die wien.at Magazine – Da steht für jeden etwas drinnen!<br />

Heinz hat seit seiner Pension viel Zeit für sein neues Hobby.<br />

Viele Ideen hat er aus dem „Leben & Freude“ Magazin.<br />

Matthias findet Schnecken toll. Er lässt sich den Artikel aus<br />

dem Wissenschaftsmagazin von seiner Schwester Mira<br />

erklären. Übrigens, Matthias wird schon bald Onkel. Die<br />

wien.at Magazine kommen kostenlos direkt zu Ihnen nach<br />

Hause! Auch das macht Wien zur Stadt fürs Leben.<br />

Bestellen Sie Ihr Gratis-Abo auf:<br />

www.clubwien.at oder<br />

telefonisch unter 01 / 277 55


22 International<br />

Forschen<br />

à la France<br />

Die Wirtschaftskrise hat Frankreich<br />

deutlich stärker erwischt als Österreich.<br />

Als Heilmittel soll die Förderung der Forschung –<br />

besonders auch bei innovativen KMU – helfen.<br />

Eine Studienreise der <strong>Austria</strong>n Cooperative Research (ACR)<br />

gab Einblick ins französische Forschungssystem.<br />

Autor: Alfred Bankhamer<br />

Christophe Mathieu, Präsident des Dachverbands der Forschungszentren<br />

für die Industrie Résau CTI, hatte alle Mühe, um der Delegation<br />

aus Österreich in einem Bürogebäude in La Défense das<br />

französische Forschungssystem und speziell die Möglichkeiten für<br />

KMUs anschaulich näherzubringen. Wer viel Erfahrung hat, kann<br />

sich aus den zahlreichen staatlichen und regionalen Programmen<br />

einige Gelder abholen. Das Forschungs- und Innovationssystem<br />

ist in Frankreich teils sehr komplex und vielschichtig und wird deswegen<br />

seit ein paar Jahren umgestaltet. Die bereits existierenden<br />

Systeme sollen besser abgestimmt, die öffentlich-privaten Partnerschaften<br />

verstärkt und generell die Ressourcen effizienter eingesetzt<br />

werden.<br />

Im Zuge der nationalen Forschungs- und Innovationsstrategie<br />

aus dem Jahr 2009 wurden nicht nur die drei Schwerpunktbereiche<br />

(Gesundheit, Ernährung und Biotechnologie; Umwelt, Energie und<br />

Verkehr; IKT und Nanotechnologie) festgelegt, sondern auch ein<br />

35 Mrd. Euro schweres Zukunftsinvestitionsprogramm gestartet,<br />

das von 2010 bis 2015 läuft. Das Ziel ist, die flaue Wirtschaft zu<br />

beleben und dank des Ausbaus von Forschung und Entwicklung<br />

auch künftig im weltweiten Wettbewerb mithalten zu können. 7,9<br />

Mrd. Euro sind dabei für die Forschung vorgesehen. Für die Industrie<br />

und KMU stehen weitere 6,5 Mrd. Euro zur Verfügung. Der Rest<br />

verteilt sich auf die Bereiche Hochschulausbildung und Weiterbildung<br />

(11 Mrd.), Nachhaltige Entwicklung (5,1 Mrd.) und Digitalindustrie<br />

(4,5 Mrd.).<br />

Die Centres Technique Industriel (CTI) sind besonders für KMU<br />

die wichtigste Stütze im Bereich F & E. Sie wurden nach dem 2. Weltkrieg<br />

gegründet, um den Industrie- und Wirtschaftsaufbau zu beschleunigen.<br />

Heute dienen sie – ähnlich dem ACR in Österreich – als<br />

Netzwerk für KMU, damit auch kleinere Unternehmen effiziente<br />

Forschung und Entwicklung betreiben können. „KMU können aufgrund<br />

mangelnder Personalressourcen selbst wichtige aktuelle<br />

Regulierungen nicht immer nachverfolgen“, erklärt Mathieu. Information,<br />

Vernetzung, Technologietransfer, Forschungsprojekte, Trainings<br />

und vieles mehr bietet CTI an, ein Netzwerk, das 60.000<br />

Unternehmen vereint. 18 Forschungsinstitute unterschiedlichster<br />

Größe mit rund 3.200 ForscherInnen und TechnikerInnen decken<br />

alle Branchen ab. Das Jahresbudget beträgt 320 Millionen Euro,<br />

wobei rund die Hälfte aus einer Art Unternehmenssteuer stammt,<br />

die speziell der kooperativen Forschung dient. Diese gesetzliche<br />

Abgabe zur Finanzierung von Forschungseinrichtungen in der eigenen<br />

Branche ist eine Besonderheit des französischen Systems.<br />

Dabei sind die Steuersätze sehr unterschiedlich gestaltet und rangieren<br />

je nach Branche von 0,1 bis 0,4 Prozent des Inlandumsatzes.<br />

Dafür sind einige der Institute auch sehr gut ausgestattet.<br />

Networking ist das Ziel<br />

Die ACR, aktuell ein Netzwerk von 18 außeruniversitären kooperativen<br />

Forschungseinrichtungen der österreichischen Wirtschaft,<br />

machte zum Vergleich 2012 mit 634 Beschäftigten 58,2 Millionen<br />

Euro Umsatz und erhält jährlich 25.000 Aufträge. Zur Finanzierung<br />

trägt die öffentliche Hand nur 2,5 Millionen Euro bei. Seit 2010<br />

organisiert die ACR auch Studienreisen, um die Innovationssysteme<br />

anderer Länder anzusehen. Freilich geht es da auch darum,<br />

Kontakte zu knüpfen und neue Projekte zu initiieren. Beim Besuch<br />

einiger Institute in Frankreich stach den heimischen Branchen-<br />

Foto: 123rf<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


International<br />

23<br />

Innovationsleistungen der EU Mitgliedsstaaten<br />

0,8<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,7<br />

innovation index<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

modest<br />

innovators<br />

moderate<br />

innovators<br />

innovation<br />

followers<br />

innovation<br />

leaders<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,2<br />

0,1<br />

0,1<br />

0,0<br />

BG RO LV PL LT MT HU SK EL CZ PT ES IT EE CY SI EU FR IE AT UK BE LU NL FI DK DE SE<br />

0,0<br />

kennern teils die sehr gute Labor- und Werkstättenausstattung ins<br />

Auge, für die hierzulande nur schwer eine Finanzierung aufzutreiben<br />

wäre. Die hohe Basisfinanzierung mittels der sicher nicht beliebten<br />

Branchensteuer bietet hier gewisse Vorteile. Besichtigt<br />

wurden auf der Reise unter anderem das kleine Institute Centre<br />

Technique des Materiaux Naturels de Construction (CTMNC – Ziegel<br />

und Naturstein) oder das sehr große Institut technologique<br />

Forêt, Cellulose, Bois-construction, Ameublement (FCBA – Forstwirtschaft<br />

bis hin zu Holzkonstruktionen und Möbel).<br />

Eine Einführung ins französische Forschungs- und Innovationssystem<br />

vermittelte wiederum das Außenhandelscenter der WKO<br />

in Paris. „2009 wurde die Innovationsförderung zur nationalen<br />

Priorität erklärt“, so Herbert Preclik, Österreichischer Wirtschaftsdelegierter<br />

in Frankreich. Die Wirtschaftskrise veranlasste die französische<br />

Regierung, jene zusätzlichen 35 Mrd. Euro zur Verfügung<br />

zu stellen. Aus diesem Topf sollen diesmal besonders auch innovative<br />

KMU bedacht werden, da gerade in der aktuellen Lage mit<br />

sehr hohen Arbeitslosenzahlen kleinere Unternehmen mit neuen<br />

Ideen frischen Wind bringen sollen.<br />

Von Großkonzernen geprägte Wirtschaft<br />

Frankreich ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU und hat 65,8<br />

Mio. Einwohner. Das Bruttoinlandsprodukt lag 2012 bei 2.028 Mrd.<br />

Euro (Österreich: 301 Mrd. Euro), wobei für heuer so gut wie kein<br />

Wachstum erwartet wird. Die Staatsverschuldung liegt bei rund<br />

85 Prozent, die Arbeitslosenquote bei über zehn Prozent. Geprägt<br />

wird die französische Wirtschaft vor allem durch Großkonzerne.<br />

Für eine erfolgreiche Karriere ist in Frankreich der Weg über Eliteschulen<br />

und -universitäten sowie die Grand Écoles (private Hochschulen)<br />

wichtig, die zugleich das Netzwerk für den beruflichen<br />

Aufstieg darstellen. Im weltweiten Top-500 Ranking befinden sich<br />

22 französische Universitäten. Einen Aufschwung erleben derzeit<br />

besonders die Zentren für Forschung und Hochschulwesen (pôle<br />

de recherche et d’enseignement supérieur PRES), aber auch viele<br />

weitere Forschungsinstitutionen.<br />

In vielen Bereichen liegt Frankreich in den Rankings weit oben.<br />

Bei den Nobel-Preis-TrägerInnen in der EU belegt es beispielsweise<br />

den dritten Platz. Die Grand Nation ist die Nummer vier bei<br />

internationalen Patenten in der EU und die Nummer drei in Sachen<br />

internationaler StudentInnen. Dank steuerlicher Anreize belegt<br />

Frankreich den Platz zwei bei den Ansiedlungen in F & E-Zentren in<br />

der EU und ist besonders stark in den Sektoren Automotiv, Pharmazie,<br />

Luft- und Raumfahrt, Elektronik und Chemie. In Summe<br />

sind 239.600 ForscherInnen (43 Prozent öffentlich/57 Prozent privatwirtschaftlich)<br />

im Innovationssystem beschäftigt. Mit 44,9 Mrd.<br />

Euro Ausgaben für F & E liegt die Forschungsrate bei 2,25 des BIP<br />

(2011). In Österreich lag die Rate bei 2,76 Prozent, in der EU bei 2,0<br />

Prozent. Das gesamte Forschungs- und Innovationssystem ist stark<br />

staatlich geprägt. Neben den großen nationalen Programmen sind<br />

in der angewandten Forschung besonders die vom Staat installierten<br />

71 Exzellenzcluster (pôles de compétitivité) wichtig, die gute<br />

Rahmenbedingungen für innovative Unternehmen bieten. Neben<br />

den großen öffentlichen Forschungseinrichtungen bietet das Exzellenzumfeld<br />

34 Instituts Carnot, die mit 25.000 Forschern und einem<br />

Budget von zwei Mrd. Euro auf Partnerschaftsforschung zwischen<br />

öffentlichen Labors und Unternehmen spezialisiert sind.<br />

Wichtig für Unternehmen sind auch die Steueranreize, die zusätzlich<br />

zu den Programmen lukriert werden können. 2010 gab es<br />

18.000 Anträge und die Steuerförderung machte 5,5 Mrd. Euro aus,<br />

wovon 1,5 Mrd. Euro KMU zukamen. Die Förderung gilt übrigens<br />

auch für F & E-Zulieferung aus dem EU-Raum. Eine Sonderförderung<br />

erhalten junge, innovative Unternehmen (Jeune entreprise<br />

innovante JEI) mittels spezieller Steuererleichterungen und der<br />

Befreiung von Dienstgeberabgaben für Forscher, Techniker und<br />

F & E-Projektleiter.<br />

Derzeit zählt Frankreich im Innovation Union Scoreboard 2013<br />

in Sachen Innovationsleistungen in der EU wie Österreich zu den<br />

Innovation Followers. Anders als in Österreich domi nieren vor allem<br />

Großkonzerne die Wirtschaft. Die neuen Förderinitiativen zielen<br />

nun speziell auf die KMUs fördern, da hier rascher Innovationen<br />

erwartet werden, die die Wirtschaft beleben. Eines ist aber<br />

schon sicher: Im Forschungs- und Innovationssystem Frankreichs<br />

ist derzeit viel in Bewegung geraten, was für die Innovationkraft<br />

nur förderlich sein kann.<br />

n<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


24 Hochschulpolitik<br />

Hochschulkonferenz<br />

Empfehlungen<br />

liegen am Tisch<br />

Arbeitsgruppen der Hochschulkonferenz<br />

präsentierten kürzlich (Zwischen-)Berichte<br />

zu den Themen soziale Absicherung der<br />

Studierenden, Qualität in der Lehre, sowie<br />

Profilbildung und Durchlässigkeit im tertiären<br />

Sektor. Diese werden nun geprüft und sollen<br />

danach zügig umgesetzt werden.<br />

Soziale Absicherung der Studierenden, Qualität in der Lehre, Profilbildung<br />

sowie Durchlässigkeit im tertiären Sektor – diese vier zentralen<br />

Themen standen in den vergangenen Wochen und Monaten<br />

im Mittelpunkt der vier eigens eingerichteten Arbeitsgruppen im<br />

Rahmen der Hochschulkonferenz und wurden kürzlich vorgestellt<br />

und diskutiert. Die nun vorliegenden Zwischenberichte (Lehre, Profilbildung)<br />

bzw. Abschlussberichte (soziale Absicherung der Studierenden,<br />

Durchlässigkeit) belegen für das Wissenschaftsministerium,<br />

dass die Bereiche sehr genau durchleuchtet wurden und<br />

daher mit den entsprechenden Empfehlungen zahlreiche Verbesserungen<br />

zu erreichen sind.<br />

Abschlussbericht der AG<br />

„Soziale Absicherung Studierender“<br />

Mit dem Bericht der vom Wissenschaftsministerium angeregten<br />

Arbeitsgruppe „Soziale Absicherung Studierender“ liegt ein umfassender<br />

Optionenbericht mit zahlreichen Empfehlungen für die<br />

Weiterentwicklung der sozialen Absicherung von Studierenden<br />

vor. Die von Martin Unger (Institut für Höhe Studien, IHS) erstmals<br />

durchgeführte Evaluierung der bestehenden Studienförderung kam<br />

zum Schluss, dass deren System als „treffsicher“ bezeichnet werden<br />

kann, weshalb es naheliegend war, den Schwerpunkt auf eine<br />

Weiterentwicklung innerhalb des Systems zu legen. Die Empfehlungen<br />

der Arbeitsgruppe bewegten sich im Wesentlichen entlang<br />

der Themenblöcke Verwaltungsvereinfachungen, soziale Ausgewogenheit<br />

unter Berücksichtigung besonderer Zielgruppen und enthalten<br />

auch Überlegungen zu grundlegenden Systemänderungen.<br />

Inhaltlich sind unter anderem folgende Vorschläge genannt:<br />

❚ Ausbau der Information an Studienanfänger/innen<br />

❚ Verlängerung der Anspruchsdauer (zwei Toleranzsemester<br />

für BA-Studien unter bestimmten Bedingungen)<br />

❚ Studienrichtungswechsel innerhalb der Anspruchsdauer<br />

auf Studienbeihilfe für BA-Studierende unter Nachweis der<br />

Studienleistung von 30 ECTS Punkten pro Jahr<br />

❚ Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Ausgewogenheit<br />

❚ Valorisierung der Studienbeihilfen und darüber hinausgehende<br />

Förderung besonderer Zielgruppen durch adäquate Adaptierung<br />

der Beihilfenhöhe, Anhebung der Einkommensgrenzen,<br />

der Freibeträge sowie der Höchstbeihilfen<br />

❚ Systemausweitungen: Unterhaltsvorschuss bei unterhaltsrechtlichen<br />

Streitfragen und vereinfachtes (Schlichtungs-)<br />

Verfahren, Überlegungen zum Grundstipendium bei Wegfall<br />

der Unterhaltspflicht der Eltern, Überlegungen zu konkreten,<br />

anlassbezogenen Darlehensmodellen.<br />

„Durchlässigkeit im tertiären Sektor“<br />

Viele der empfohlenen Maßnahmen im Bericht zur „Durchlässigkeit<br />

im tertiären Sektor“ liegen im Autonomiebereich der Hochschulen<br />

selbst, daher wird die Hochschulkonferenz die Umsetzung<br />

durch ihre Gremien aktiv unterstützen. Die Arbeitsgruppe wird sich<br />

auch weiterhin mit dem Thema befassen und die Umsetzung im<br />

Sinne eines Monitorings begleiten. Zentral ist jedenfalls die möglichst<br />

frühe Information über Anschlussmöglichkeiten der Ausbildung<br />

oder im Studium. Ebenso wichtig ist, dass mitgebrachte<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Hochschulpolitik<br />

25<br />

Kompetenzen und Zulassungserfordernisse nach begründeten<br />

Kriterien verglichen und transparent dargestellt werden. Es muss<br />

sowohl möglich sein, relevante Lehrveranstaltungen und damit<br />

einen bestimmten Wissensstand für den Übertritt einzufordern,<br />

als auch dieses Wissen mit möglichst geringem bürokratischen<br />

Aufwand nachzuholen“, so Ulrike Plettenbacher, Generalsekretärin<br />

des Österreichischen Wissenschaftsrates.<br />

„Stärkung der Qualität der hochschulischen Lehre“<br />

Neben der Definition von vier Qualitätsdimensionen, die im Zusammenhang<br />

mit guter Lehre zu beachten sind, wurden auf Basis<br />

des Status quo und ausgewählten „good practice“-Beispielen konkrete<br />

Umsetzungsvorschläge erarbeitet. Der Endbericht soll kommendes<br />

Jahr folgen. Die Arbeitsgruppe erarbeitet vor allem zur<br />

Curriculagestaltung, zur Organisation des Studienbetriebs sowie<br />

zur Lehrtätigkeit konkrete Anregungen, die noch von einer „good<br />

practice“-Sammlung komplettiert werden sollen.<br />

Konkret werden u. a. Maßnahmen zur Verbesserung der Wertschätzung<br />

von Lehrenden, wie die Steigerung der Relevanz der<br />

Lehrtätigkeit in Personalauswahlverfahren und mehr Möglichkeiten<br />

zur individuellen Vertiefung im Rahmen von Wahlfächern oder<br />

eine frühzeitige Einbindung Studierender in wissenschaftliches<br />

Arbeiten vorgeschlagen. „Nach der Definition dessen, was Qualität<br />

der Lehre eigentlich ist, hat die Arbeitsgruppe Problemfelder definiert<br />

und Maßnahmen zur Steigerung der Qualität in der hochschulischen<br />

Lehre erarbeitet“, so Julia Freidl vom Vorsitzteam der<br />

Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH).<br />

Profilbildung über Studieninhalte<br />

Es wurde Seitens der Arbeitsgruppe festgestellt, dass die in den<br />

„großen Fächern“ im österreichischen Hochschulraum an mehreren<br />

Standorten bestehenden gleichartigen Studienangebote aufgrund<br />

des Bildungsauftrags und der entsprechenden Nachfrage jedenfalls<br />

gerechtfertigt sind. Quantitativ (nach belegten Studien) betrachtet,<br />

findet das gegebene Studienangebot an den öffentlichen Universitäten<br />

weitestgehend eine hinreichende Nachfrage; somit stimmt das<br />

empirische Angebot mit dem Bildungsauftrag überein.<br />

n<br />

Österreichische<br />

Hochschulkonferenz<br />

Folgenden Standards soll Rechnung getragen werden:<br />

❚ Informationen über die Bedingungen der Zulassung,<br />

die vollständig und einfach zugänglich sein sollen<br />

❚ Transparent gestalteter Verfahrensablauf<br />

❚ Darstellung der Prüfkriterien, die sicherstellen sollen, dass<br />

„in qualitativer wie quantitativer Hinsicht die fachlichen Grundlagen<br />

für das beantragte Masterstudium vermittelt werden“<br />

❚ ergänzende Empfehlungen wie z. B. die Standardisierung<br />

im Falle einer Häufung von Einzelfällen oder der Ausbau<br />

von „Brückenprogrammen“ zur Unterstützung des Wechsels<br />

❚ Weiterentwicklung der aktuellen Handhabung der Zulassung<br />

zu Doktoratsstudien<br />

❚ beständige Kooperation zwischen den „abgebenden“<br />

und „aufnehmenden“ Institutionen<br />

Die auch von der Expertengruppe zum Hochschulplan<br />

empfohlene Österreichische Hochschulkonferenz<br />

wurde im Mai 2012 als beratendes Gremium<br />

eingerichtet. Ziel ist es, den österreichischen Hochschulraum<br />

gesamtheitlich weiterzuentwickeln und in der<br />

Hochschulkonferenz die dafür notwendigen gemeinsamen<br />

Ziele und Leitlinien sowie eine österreichweite Koordinierung<br />

zu verfolgen. Mitglieder der Kerngruppe sind neben<br />

dem Wissenschafts- und Forschungsminister auch uniko-<br />

Präsident Rektor Heinrich Schmidinger, uniko-Vizepräsident<br />

Rektor Gerald Bast, FHK-Präsident Geschäftsführer<br />

Helmut Holzinger, FHK-Vizepräsident Rektor Fritz Schmöllebeck,<br />

Senatsvorsitzenden-Sprecher Helmut Fuchs, Margret<br />

Wintermantel (Wissenschaftsrat), ÖH-Vorsitzender<br />

Florian Kraushofer und Elmar Pichl, Leiter der Hochschul-<br />

Sektion im Wissenschafts- und Forschungsministerium.<br />

Foto: Vetmeduni Wien<br />

[Dieser Beitrag ist eine entgeltliche Ein schaltung in Form einer<br />

Medienkooperation mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und<br />

Forschung. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei <strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>.]<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


26 Schwerpunkt<br />

Staatspreis Mobilität<br />

Bewegende<br />

Innovationen für<br />

Österreichs Zukunft<br />

Der Staatspreis Mobilität ist als höchste Auszeichnung<br />

des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und<br />

Technologie (BMVIT) nicht nur eine Leistungsschau des<br />

Innovationsstandorts Österreich, sondern bietet auch einen<br />

Blick in die Zukunft der Mobilität. In diesem Jahr gehen die<br />

Preise an Magna Steyr, die Siemens AG Österreich, die<br />

Wiener Linien sowie den Verein BIKEline.<br />

Die vier prämierten Projekte<br />

Projekt CULT, Magna Steyr<br />

Projekt INSPIRO, Siemens AG Österreich<br />

Das Projekt CULT (Cars’ UltraLight Technologies)<br />

von Magna Steyr Fahrzeugtechnik<br />

AG & Co KG wurde in der Kategorie<br />

„Forschen. Entwickeln. Neue Wege weisen.”<br />

ausgezeichnet. CULT ist ein Kleinwagen,<br />

dessen Bauweise auf einem ganzheitlichen,<br />

funktionsorientierten Ansatz basiert.<br />

Er enthält einen neuartigen Erdgasmotor<br />

eine ultraleichte Konstruktion durch Funktionsintegration<br />

und innovative Werkstoffe.<br />

Bei der Entwicklung und Produktion wurde<br />

großer Wert auf Nachhaltigkeit und die Reduktion<br />

der CO 2<br />

-Emissionen gelegt. Zur Erfüllung<br />

dieser Ziele hat Magna Steyr mit<br />

Kooperationspartnern gearbeitet: die Technische<br />

Universität Wien, die Montanuniversität<br />

Leoben, das Österreichische Gießerei-Institut,<br />

die Polymer Competence Center<br />

Leoben GmbH, die FACC AG und die<br />

4a manufacturing GmbH waren an der Entwicklung<br />

des ganzheitlichen Fahrzeugkonzeptes<br />

für die Mobilität der Zukunft beteiligt.<br />

Für das Projekt Inspiro – <strong>Innovativ</strong>e Plattform<br />

für die Metro Warschau erhielt die<br />

Siemens AG Österreich die Auszeichnung<br />

in der Kategorie „Beschäftigung sichern.<br />

Wirtschaft stärken.” Mit der neuen modularen<br />

Metroplattform Inspiro – zunächst entwickelt<br />

für den Einsatz in Warschau – ist<br />

ein Fahrzeugkonzept entstanden, bei dem<br />

der Fokus verstärkt auf Energieeffizienz und<br />

Fahrgastkomfort liegt. Durch ein neuartiges<br />

Innenraumkonzept können die Züge flexibel<br />

an die unterschiedlichsten Kundenanforderungen<br />

angepasst werden: Vom Anteil<br />

motorisierter Wagen über Länge und<br />

Breite des Zuges bis hin zur idealen Sitzanordnung,<br />

erlaubt das modulare System die<br />

variable und individuell optimale Zusammensetzung<br />

einzelner Bestandteile. Nachhaltigkeit<br />

war bei der Auswahl der verwendeten,<br />

recycelbaren Materialien maßgebend.<br />

Aber auch durch den Einsatz moderner<br />

und effizienter Antriebstechnolo gien<br />

konnten im Betrieb bis zu 30 Prozent Energie<br />

gegenüber älteren U-Bahnen eingespart<br />

werden. Mit dem Projekt hat Siemens<br />

1.200 hochwertige und spezialisierte Arbeitsplätze<br />

in Österreich aufgebaut.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Schwerpunkt<br />

27<br />

Verkehrsministerin Doris Bures hat Mitte September in Wien den Staatspreis Mobilität<br />

in vier Kategorien vergeben. Gewonnen haben Magna Steyr Fahrzeugtechnik für einen<br />

Kleinwagen in Ultraleichtbauweise (Kategorie „Forschen und entwickeln”), Siemens Österreich<br />

für die neue Metro-Plattform Inspiro (Kategorie „Beschäftigung sichern”), die<br />

Wiener Linien für ihren batterieelektrischen Bus für emissionsfreien innerstädtischen Verkehr<br />

(Kategorie „Planen, bauen und betreiben”) und der Verein BikeBird für das Projekt<br />

„Gemeinsam mit dem Rad zur Schule” (Kategorie „Bewusstsein schaffen”).<br />

„Der Staatspreis 2013 zeigt einmal mehr, wie leistungsfähig und innovativ die österreichischen<br />

Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind: Eine Rekordanzahl<br />

an Einreichungen unterstreicht die Stärke des Wirtschafts- und Innovationsstandorts<br />

Österreich – und darauf können wir zurecht stolz sein”, betonte Bundesministerin Doris<br />

Bures anlässlich der feierlichen Verleihung im Palais Ferstel. „Angewandte Innovationen<br />

verbessern die Lebensqualität, stärken den Wirtschaftsstandort und schaffen Arbeitsplätze.<br />

Die heutigen Preisträgerinnen und Preisträger können dazu einen wichtigen Beitrag<br />

liefern”, so die Ministerin.<br />

Aus über 93 Projekten wurden die Preisträgerinnen und Preisträger von einer internationalen<br />

Fachjury ausgewählt. Der Staatspreis Mobilität zeichnet nicht nur technologische<br />

Innovationen aus, sondern auch soziale und organisatorische Neuerungen. Prämiert werden<br />

innovative Konzepte, Produkte und Maßnahmen, die neue Wege für eine zielgerichtete<br />

Einführung moderner Mobilitätslösungen aufzeigen.<br />

Neben den Staatspreisurkunden konnten die Preisträgerinnen und Preisträger „Jeanne”<br />

in Empfang nehmen, eine vom Künstler Lukas Troberg entworfene Trophäe. Sie verkörpert<br />

die Dame, jene Figur im Schach mit dem höchsten Grad an Mobilität.<br />

n<br />

Staatspreis<br />

Mobilität 2013<br />

Der Staatspreis Mobilität wird alle zwei<br />

Jahre verliehen. 2013 gab es einen<br />

Einreichrekord, insgesamt wurden<br />

93 Projekte eingereicht, davon<br />

48 in der Kategorie<br />

Forschen. Entwickeln.<br />

Neue Wege weisen.<br />

9 in der Kategorie<br />

Beschäftigung sichern.<br />

Wirtschaft stärken<br />

16 in der Kategorie<br />

Planen. Bauen. Betreiben.<br />

20 in der Kategorie<br />

Bewusstsein schaffen. Ausbilden.<br />

Fotos: Magna Steyr; Siemens AG; Wiener Linien; BIKELine<br />

Die Wiener Linien erhielten den Staatspreis<br />

Mobilität 2013 in der Kategorie „Planen.<br />

Bauen. Betreiben.” für ihr Projekt Nullemissionsbusse.<br />

Sie entwickelten für den<br />

Wiener Innenstadtverkehr in Zusammenarbeit<br />

mit der Siemens AG und den italienischen<br />

Elektrobus-Experten Rampini einen<br />

emissionsfreien batteriebetriebenen Elektrobus.<br />

Der Midibus ist für den Verkehr in<br />

historischen Altstädten prädestiniert und<br />

kann mit nur einer Batterie eine tägliche<br />

Fahrstrecke von 150 Kilometern zurücklegen.<br />

Die Ablöse von Bussen mit Verbrennungsmotoren<br />

durch batteriebetriebene<br />

Elektrobusse bedeutet eine Reduzierung<br />

des CO 2<br />

-Ausstoßes um 300 Tonnen. Nach<br />

den erfolgreichen Testfahrten 2011 wurde<br />

die Zulassung des Busses im Sommer<br />

2012 abgeschlossen. Besonders an diesem<br />

Konzept ist weiters, dass die Aufladung sowohl<br />

über eine Oberleitung als auch über<br />

eine Steckdose erfolgen kann.<br />

In der Kategorie „Bewusstsein schaffen.<br />

Ausbilden.” machte BIKEline das Rennen.<br />

Die BIKEline ist ein internetbasierter Fahrradwettbewerb<br />

für Schülerinnen und Schüler<br />

ab der 5. Schulstufe. Mit dem Fahrrad<br />

zurückgelegte Schulwege werden mittels<br />

Helm-Chip elektronisch erfasst und als virtuelle<br />

Reise um die Welt dargestellt. Ausgehend<br />

von einer lokalen Initiative an der<br />

Ökologiehauptschule in Kaindorf konnte<br />

BIKEline ein Radstreckennetz mit 34 Schulen<br />

in sieben Bundesländern aufbauen.<br />

Ziel der Aktion ist die Bewusstseinsbildung<br />

von Kindern und Jugendlichen für umweltfreundliche<br />

und sichere Fortbewegung.<br />

Eigens installierte Haltestellen an wichtigen<br />

Knotenpunkten rund um die Partnerschulen<br />

dienen den SchülerInnen als Treffpunkt,<br />

von dort radeln sie zu festgelegten<br />

Zeiten gemeinsam und auf ausgewählten<br />

Routen in die Schule. Elektronische Sticker<br />

am Helm analysieren das Fahrverhalten<br />

und regelmäßige Preise sorgen für anhaltende<br />

Motivation von Seiten der Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer.<br />

Projekt Nullemissionsbus, Wiener Linien<br />

Projekt BIKEline, Verein BIKEline<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


28 Schwerpunkt<br />

Mobility<br />

Status E-Mobilität<br />

in Österreich<br />

<strong>Austria</strong>n Mobile Power, die führende<br />

österreichische E-Mobilitäts-Allianz von<br />

rund 40 Unternehmen, hat die aktuellsten<br />

Zahlen und Daten zum österreichischen<br />

Markt ausgewertet. Im klaren Aufwind sind<br />

E-Zweiräder: Während 2011 rund 30.000<br />

E-Bikes verkauft wurden, waren es ein Jahr<br />

später bereits 45.000 – ein Plus von 50 Prozent.<br />

Dazu kommen noch E-Scooter und E-Trikkes.<br />

Wege in die Zukunft<br />

„Wenn uns sauberer Verkehr und effizienter Ressourceneinsatz<br />

wirklich wichtig ist, dann müssen wir jetzt die Implementierung<br />

der E-Mobilität vorantreiben“, sagt Aichmaier. Die AMP sieht dafür<br />

zwei sinnvolle Hebel als nächste Schritte: Eine verbreitete Integration<br />

von intelligenter E-Ladeinfrastruktur auf der einen, und die<br />

verstärkte Aufnahme von E-Fahrzeugen in Flotten auf der anderen<br />

Seite. Auch seitens EU wird der Ausbau der Ladeinfrastruktur<br />

priori tär gesehen. In einem Entwurf der EU-Kommission werden<br />

für Österreich 116.000 Lademöglichkeiten bis 2020 als Ziel genannt.<br />

„Aus unserer derzeitigen Sicht sind mit maximaler Unterstützung<br />

rund 70.000 Ladepunkte bis 2025 zu erreichen“, sagt E-<br />

Mobilitäts-Experte Aichmaier. Laut Berechnungen der <strong>Austria</strong>n Mobile<br />

Power würde diese Anzahl einen Investitionsbedarf von rund<br />

442 Millionen Euro erzeugen. Davon entfallen bis zu 25 Prozent auf<br />

Kosten für den Anschluss laut Gesetzen bzw. Verordnungen und<br />

den örtlichen Gegebenheiten, und 75 Prozent auf die „Hardware“,<br />

also die Lade säulen an sich.<br />

Im PKW-Bereich sind aktuell rund 9.500 Batterie- und Hybridfahrzeuge<br />

auf den österreichischen Straßen unterwegs, davon sind<br />

1.591 reine E-Autos und 9.335 E-/Hybrid-Kombinationen (Stand Juni<br />

2013). Bei den Neuzulassungen mit alternativen Antrieben liegen<br />

E-Fahrzeuge inklusive Hybride deutlich vor Gasfahrzeugen: Rund<br />

2.600 E-Mobile und Hybride wurden 2012 neu zugelassen, versus<br />

rund 465 Gas-betriebene Autos. Seit 2009 (mit rund 1.100 E-PKW<br />

und Hybriden) hat sich die Anzahl der E-PKW-Neuzulassungen somit<br />

mehr als verdoppelt. Hybridfahrzeuge wachsen dabei besonders<br />

stark: Drei Viertel aller neu zugelassenen E-PKW 2012 waren<br />

Hybride (rund 2.170 Fahrzeuge). „Diese Zahlen sind eine erfreuliche<br />

Entwicklung für umweltfreundliche Mobilität, vor allem wenn man<br />

bedenkt, dass es momentan noch kaum öffentlich verfügbare Lade-<br />

Infrastruktur für E-Fahrzeuge gibt“, sagt <strong>Austria</strong>n Mobile Power-<br />

Chef Heimo Aichmaier. Derzeit wird die Anzahl der Ladepunkte in<br />

Österreich auf rund 2.000 geschätzt – private „Steckdosen“ inbegriffen.<br />

Erst rund hundert intelligente Ladesäulen sind im Einsatz.<br />

Heimo Aichmaier: „Diese Infrastruktur ist wichtig, um E-Mobilität<br />

breiter zugänglich zu machen. Dafür muss man allerdings zukunftsfähig<br />

investieren, denn Ladesäule ist nicht gleich Ladesäule. Wichtig<br />

ist, den neuesten Stand der Technik zu wählen, damit wirklich<br />

jedes Auto bei jeder öffentlich zugänglichen Säule geladen werden<br />

kann. Und ebenso wichtig ist eine gute Mischung zwischen normalen,<br />

beschleunigten und Schnell-Ladesäulen an den jeweils richtigen<br />

Orten, damit Österreich durchfahrbar wird. Als Entscheidungs-<br />

Unterstützung haben wir eine technische Checkliste mit allen wichtigen<br />

Fragen und Kriterien zusammengestellt, die wir Interessierten<br />

gern zur Verfügung stellen.“<br />

Die Integration von E-Mobilen in Flotten ist der zweite, wichtige<br />

Strang für den Ausbau einer umweltfreundlichen Mobilität in Österreich.<br />

Die große Hebelwirkung erklärt sich durch die Zahlen:<br />

Mehr als die Hälfte, nämlich 56,7 Prozent, aller PKW-Neuzulassungen<br />

2012 in Österreich sind in Flotten. „Wir sind überzeugt: Es rechnet<br />

sich für Güter und Personen, sauber und emissionslos in der<br />

Flotte unterwegs zu sein“, sagt AMP-Chef Aichmaier. „Zusätzlich<br />

wird als Nebeneffekt der Gebrauchtwagen-Markt angekurbelt. So<br />

werden E-Autos Schritt für Schritt auch breiter und zu günstigeren<br />

Preisen verfügbar.“ Mit dem Vorantreiben dieser Maßnahmen<br />

sieht es AMP als möglich, dass jedes fünfte neuzugelassene Auto<br />

im Jahr 2020 ein umweltfreundliches E-Mobil ist.<br />

n<br />

Weiterführende Infos:<br />

www.austrian-mobile-power.at<br />

Foto: 123rf<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Schwerpunkt<br />

29<br />

Mobility<br />

Gestern<br />

Science Fiction,<br />

heute Realität<br />

Was Millionen von FernsehkonsumentInnen<br />

noch vor wenigen Jahren an Herbie und KITT<br />

so faszinierend fanden, ist heute in der Automobilindustrie<br />

zum Teil bereits State of the art oder steht<br />

kurz vor der Marktreife. Denn Fahrzeuge, die mit<br />

dem Fahrer kommunizieren, gehören seit geraumer<br />

Zeit zum Alltagsbild. Nun machen die intelligenten<br />

Fahrzeuge den nächsten Entwicklungsschritt und<br />

übernehmen das Steuer.<br />

Wenn alles mit<br />

allem interagiert:<br />

die Mobilität der Zukunft<br />

bringt – dank smarter<br />

Sensoren – schon bald<br />

völlig stressfreies Fahren.<br />

Foto: Continental<br />

„Anstatt sich im Stau zu ärgern, werden<br />

Autofahrer in Zukunft einfach das Lenkrad<br />

loslassen und dem Fahrzeug per Chauffeursknopf<br />

die Fahraufgabe übergeben<br />

können: Automatiserte Fahrzeuge werden<br />

den Autofahrer bald in immer mehr Situationen<br />

bewegen.“, beschreibt Rainer Büchse<br />

von Continental einen der großen Entwicklungstreiber<br />

der Automobilindustrie.<br />

Fahrzeuge, die sich miteinander unterhalten<br />

und sich im Straßenverkehr aufeinander<br />

abstimmen, standen auch in Linz beim<br />

Branchentreff der Automobilindustrie „automotive.2013“<br />

des Automobil-Clusters im<br />

Mittelpunkt, der am 24. September in der<br />

voestalpine Stahlwelt unter großem Andrang<br />

über die Bühne ging. Autos werden<br />

schon bald in der Lage sein, selbständig zu<br />

fahren und mit neuesten Technologien den<br />

Verkehr sicherer machen.<br />

Continental auf<br />

„automatisierter Überholspur“<br />

Der internationale Zulieferer, Continental,<br />

stellt bereits einen Großteil der notwendigen<br />

Systeme wie z. B. Aufmerksamkeitsführung,<br />

Innenraumkameras, Spracherkennung,<br />

Head-up Displays, Bremssysteme,<br />

Sensoren, Radar usw. zur Verfügung und<br />

investiert im Jahr 2013 mehr als 100 Millionen<br />

Euro in die Forschung und Entwicklung<br />

für Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes<br />

Fahren. 1.300 MitarbeiterInnen<br />

im Konzern arbeiten intensiv an diesen<br />

Themen. Zusammen mit Partnern aus der<br />

IT Industrie geht Continental einen weiteren<br />

zentralen Baustein für die Automatisierung<br />

der Fahrzeuge an: die Vernetzung der<br />

Fahrzeuge. „Um wirklich komfortabel und<br />

sicher unterwegs zu sein, werden automatisierte<br />

Fahrzeuge lernen müssen, weiter<br />

nach vorne zu blicken, als es die Umfeldsensorik<br />

erlaubt. Die Informationen über<br />

die Verkehrsituation hinter der nächsten<br />

Kurve werden durch die Vernetzung der<br />

Fahrzeuge mit dem Internet und anderen<br />

Fahrzeugen kommen.“, erklärt Büchse. Aktuelle<br />

Entwicklungsziele beinhalten eine<br />

automatisierte Autobahnfahrt über europäische<br />

Ländergrenzen hinweg. <br />

n<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


30 Schwerpunkt<br />

Mobility<br />

Fresh Money<br />

für E-Mobilität<br />

Ende September, startete der Klima- und Energiefonds<br />

die Ausschreibung für sein neues Förderprogramm<br />

„E-Mobilität für alle: Urbane Elektromobilität“.<br />

Mit insgesamt sechs Millionen Euro<br />

werden Projekte für leistbare und innovative<br />

E-Mobilitätslösungen in Städten gefördert.<br />

Erkenntnisse aus der Forschung sollen<br />

mit dem neuen Programm flächendeckend<br />

umgesetzt und demonstriert werden. Dabei<br />

soll die Elektromobilität sinnvoll in ein<br />

ganzheitliches, nachhaltiges Mobilitätssystem<br />

der Zukunft integriert werden. In Sachen<br />

E-Mobilität im urbanen Raum hat Österreich<br />

jedenfalls viel vor: Die Lösungen<br />

der Zukunft sollen nicht nur leistungsfähig<br />

sein, sondern auch wirtschaftlich, umweltfreundlich<br />

– und vor allem leicht zugänglich<br />

für die gesamte Bevölkerung.<br />

E-Mobility für urbane<br />

Gesamtverkehrskonzepte<br />

Insgesamt sechs Millionen Euro stehen für<br />

das neue Förderprogramm „E-Mobilität für<br />

alle – urbane Elektromobilität“ zur Verfügung.<br />

„Die E-Mobilität als Zukunftstechnologie<br />

muss nachhaltig und sinnvoll in<br />

das bestehende Verkehrssystem integriert<br />

werden. Unser Förderprogramm bringt Forschungs-<br />

und Testergebnisse rasch auf den<br />

Markt. Wir wollen in langlebige Infrastruktur<br />

investieren und die Mittel effektiv nutzen,<br />

daher beginnen wir unsere Ausschreibung<br />

mit einer Sondierungsphase“, erklärt<br />

Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima-<br />

und Energiefonds. Das Programm widmet<br />

sich vor allem zwei Aspekten: Einerseits<br />

sollen die Kosten für E-Mobilität auf<br />

eine größere Nutzeranzahl verteilt werden.<br />

Nicht der Besitz, sondern die Nutzung von<br />

E-Fahrzeugen steht im Vordergrund: Intelligente<br />

eTaxi- und eCarsharing-Lösungen<br />

ergänzen dabei den öffentlichen Verkehr.<br />

Andererseits gilt es die Reichweite durch<br />

den Ausbau der notwendigen Infrastruktur<br />

(z. B. Betankung) zu erhöhen. Ziel des neuen<br />

Förderprogramms ist es, die Erfahrungen<br />

aus den Demonstrationsprojekten in<br />

Städten mit mindestens 50.000 EinwohnerInnen<br />

umzusetzen und final für die tatsächliche<br />

Markteinführung zu optimieren.<br />

Das Förderprogramm in Kürze<br />

Das Programm wird in drei Phasen abgewickelt.<br />

Die Ende September gestartete Phase<br />

ist mit 250.000 Euro dotiert. Sie dient<br />

der Entwicklung von Umsetzungskonzepten<br />

für den urbanen Raum unter Berücksichtigung<br />

der technischen, ökonomischen<br />

und rechtlichen Machbarkeit. Eingereichte<br />

Projekte dürfen eine Laufzeit von maximal<br />

acht Monaten haben und spätestens im<br />

April 2014 beginnen. Projektwerber, die<br />

erfolgreich im Rahmen der ersten Phase<br />

ein Umsetzungskonzept entwickelt haben,<br />

können sich im Rahmen der zweiten Phase<br />

für eine Unterstützung der konkreten Umsetzung<br />

bewerben. Flankierend zur 2. Phase<br />

ist in Phase 3 eine Begleitforschung für<br />

die Umsetzungsprojekte geplant. Die erste<br />

Phase des Förderprogramms „E-Mobilität<br />

für alle – urbane Elektromobilität“ ist bis<br />

30. 1. 2014, 12 Uhr, geöffnet. n<br />

Weiterführende Infos:<br />

www.klimafonds.gv.at<br />

Foto: 123rf<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


ecoplus. öffnet netzwerke, stärkt kooperationen.<br />

ecoplus Cluster Niederösterreich vernetzen Unternehmen, unterstützen gemeinsame Innovationen,<br />

Produktentwicklungen und Markteintritte, optimieren Abläufe und vermitteln Kontakte.<br />

ecoplus Cluster Niederösterreich: Bau.Energie.Umwelt, Kunststoff, Mechatronik, Lebensmittel,<br />

Logistik – sowie die Elektromobilitätsinitiative des Landes Niederösterreich.<br />

www.ecoplus.at<br />

ecoplus. Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH<br />

Niederösterreichring 2, Haus A, 3100 St. Pölten<br />

Das Programm Cluster Niederösterreich wird mit EU - Mitteln aus<br />

dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und<br />

Mitteln des Landes Niederösterreich kofinanziert.


32 Promotion<br />

Upper <strong>Austria</strong>n Research<br />

Oberösterreichs<br />

Forschung im<br />

Spitzenfeld<br />

Oberösterreich hat sich national wie international erfolgreich<br />

als innovatives Industriebundesland etabliert und liegt mit<br />

ihrer Forschungsleistung im Spitzenfeld.<br />

Dass Oberösterreich in der<br />

Forschung gut aufgestellt ist,<br />

zeigt auch die Statistik der<br />

Forschungsförderungsgesellschaft<br />

(FFG). So geht etwa jeder vierte<br />

Fördereuro der FFG an oberösterreichische<br />

Betriebe.<br />

Linz Center of Mechatronics GmbH –<br />

führendes Zentrum in der angewandten<br />

Mechatronik-Forschung<br />

In Summe wurde die oberösterreichische Forschung im Vorjahr<br />

mit rund 114 Millionen Euro aus dem FFG-Fördertopf unterstützt.<br />

Allein in den Basisprogrammen lag die Gesamtfördersumme 2012<br />

bei über 73 Mil lionen Euro, womit OÖ im Bundesländer-Vergleich<br />

an erster Stelle lag. Besonders bewährt hat sich die seit 2006 laufende<br />

Kooperation zwischen dem Land und der FFG, womit Landes-<br />

und Bundesförderungen kombiniert und zentral über die FFG<br />

abgewickelt werden.<br />

Oberösterreich hat nicht nur eine ausgezeichnete Förderbasis,<br />

es stehen der Wirtschaft auch Top-Forschungsstätten mit höchster<br />

Kompetenz und Kooperationsbereitschaft für Forschungs- und<br />

Entwicklungsprojekte zur Verfügung. Mit der Johannes Kepler Universität<br />

Linz, dem Softwarepark Hagenberg, den Fachhochschul-<br />

Standorten und den Forschungszentren der außeruniversitären<br />

Forschung weist Oberösterreich namhafte und exzellente Institutionen<br />

auf. Mit oberösterreichischen Forschungseinrichtungen<br />

sichern sich Unternehmen zuverlässige Kooperationspartner und<br />

den Zugang zu hochkarätigen F & E-Kapazitäten, besonders in den<br />

oberösterreichischen Stärkefeldern Informations- und Kommunikationstechnologien,<br />

Mechatronik und Prozessautomatisierung,<br />

<strong>Innovativ</strong>e Werkstoffe und Leichtbau, Life Sciences, Logistik und<br />

Energieeffizienz/erneuerbare Energien. Die oberösterreichische<br />

Forschung setzt dabei auf interdisziplinäre und internationale Kooperationen.<br />

Alleine die Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH – Leitgesellschaft<br />

für die außeruniversitäre Forschung in OÖ – setzt mit ihren Beteili<br />

gungsgesellschaften jährlich rund 1.000 Forschungsprojekte mit<br />

etwa 650 Partnern aus Industrie und Wirtschaft um. Davon werden<br />

viele, vor allem umfangreiche Projekte erst durch Forschungsförderprogramme<br />

möglich. Sowohl die FFG Förderprogramme aus<br />

dem Bereich „Basisprogramme“ als auch aus den Bereichen<br />

„Strukturprogramme“, „thematische Programme“ sowie „Europäische<br />

und Internationale Programme“ sind für die außeruniversitäre<br />

Forschung wichtig.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Promotion<br />

33<br />

<strong>Innovativ</strong>e Materialneuentwicklungen<br />

–<br />

Kompetenzzentrum<br />

Holz GmbH<br />

Fotos: Linz Center of Mechatronics GmbH; Kompetenzzentrum Holz GmbH; TCKT; RECENDT GmbH<br />

Viele innovative Projekte werden von der FFG gefördert,<br />

hier drei Beispiele aus der außeruniversitären Forschung:<br />

In der Kompetenzzentrum Holz GmbH wird zusammen mit dem<br />

IFA-Tulln (Universität für Bodenkultur) aktuell im BRIDGE-Förderprogramm<br />

beispielsweise an der Herstellung von Wood Polymer<br />

Composites (WPC) aus technischen Polymeren und modifizierten<br />

Spänen (z. B. durch thermische Stabilisierung der Holzkomponente)<br />

gearbeitet. Diese neuen Verbundwerkstoffe sollen sich durch<br />

erhöhte Steifigkeit, Witterungs- und Wärmeformbeständigkeit auszeichnen<br />

und künftig etwa für tragende Bauteile oder Temperatur<br />

beanspruchte Komponenten im Automotive-Sektor zum Einsatz<br />

kommen.<br />

Das Programm „BRIDGE“ (innerhalb der FFG Basisprogramme)<br />

fördert Forschungsprojekte an der Schnittstelle zwischen wissenschaftlicher<br />

Grundlagenforschung an Instituten und experimenteller<br />

Entwicklung in den Unternehmen, und kann somit als „Brückenschlagprogramm“<br />

bezeichnet werden.<br />

Die RECENDT GmbH arbeitet an einem Sondierungsprojekt in der<br />

Programmschiene FTI Initiative Produktion für „ITIS – Intelligenter<br />

Terahertz Interface Scanner“. Terahertz (THz) Wellen eignen sich<br />

aufgrund ihrer hohen Eindringtiefe bis zu mehreren Zentimetern<br />

hervorragend für die Materialuntersuchung von Polymeren, Keramiken<br />

und anderen nicht-leitenden Werkstoffen und Verbundwerkstoffen<br />

und bieten eine Alternative zum Einsatz gesundheitsschädigender<br />

Röntgenstrahlung.<br />

Die Transfercenter für Kunststofftechnik GmbH (TCKT) arbeitet im<br />

Rahmen eines Projektes in der COIN-Programmlinie „Kooperation<br />

und Netzwerke“ im Projektkonsortium an einem automatisierten<br />

Infusionsprozess für qualitativ hochwertige Faserververbundkunststoff-Bauteile.<br />

Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung<br />

einer hocheffizienten, innovativen Infusionstechnik zur<br />

Herstellung von kostenoptimierten Produkten in Faser-Verbund-<br />

Technologie umzusetzen. Kernstück der Projektarbeit ist dabei die<br />

Entwicklung einer intelligenten, sich selbst steuernden Infusionseinheit,<br />

die ebenso den gesamten Infusionsprozess überwacht.<br />

Unterstützt wird die Prozessentwicklung durch Einsatz von Simulationsmethoden.<br />

Mehr Infos unter www.uar.at<br />

n<br />

Intelligenter Terahertz<br />

Interface Scanner –<br />

RECENDT GmbH<br />

Compositeflügel –<br />

Transfercenter für<br />

Kunststofftechnik<br />

GmbH<br />

Die Beteiligungsgesellschaften<br />

… der Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH<br />

im Bereich der Forschung:<br />

❚ BioMed-zet Life Science GmbH (BioMed-zet)<br />

❚ Center for Advanced Bioanalysis GmbH (CBL)<br />

❚ Kompetenzzentrum Holz GmbH (WOOD K plus)<br />

❚ Linz Center of Mechatronics GmbH (LCM)<br />

❚ Polymer Competence Center Leoben GmbH (PCCL)<br />

❚ Research Center for Non Destructive Testing GmbH (RECENDT)<br />

❚ RISC Software GmbH<br />

❚ Software Competence Center Hagenberg GmbH (SCCH)<br />

❚ Transfercenter für Kunststofftechnik GmbH (TCKT)<br />

[Entgeltliche Einschaltung]<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


34 Forum Alpbach<br />

Wer bin ich<br />

im Internet?<br />

Und wer liest mit?<br />

Wer sich im Internet bewegt, muss sich<br />

über eines im Klaren sein: Er gibt damit stets<br />

Teile seiner Persönlichkeit preis und die<br />

Informationen bleiben für immer gespeichert.<br />

Autorin: Emilie Brandl<br />

Um digitale Identitäten und virtuelle Umgebungen ging es beim Forschung<br />

<strong>Austria</strong>-Arbeitskreis, der Ende August im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche<br />

für große Aufmerksamkeit sorgte.<br />

Die ExpertInnen des Arbeitskreises waren sich einig. Im Internet geht es um ein Abwägen<br />

zwischen Nutzen und Risiko – und: Es gibt in der Öffentlichkeit eine Diskrepanz zwischen<br />

der Skepsis vor Datenspeicherung und der freiwilligen Veröffentlichung sensibler Daten.<br />

Der unter anderem auf Web-Recht spezialisierte Rechtsanwalt Gerald Ganzger hatte da<br />

einen einfachen Tipp: „Vor jedem Posting sollte ich mich fragen: Will ich das in zwei, fünf<br />

oder zehn Jahren noch lesen?“<br />

Diskutierten in Alpbach über<br />

digitale Identitäten (v. l. n. r.):<br />

Gerald Ganzger, Lansky, Ganzger<br />

& Partner Rechtsanwälte GmbH,<br />

Franz Lang, Stellvertreter des Generaldirektors<br />

für öffentliche Sicherheit und<br />

Direktor des Bundeskriminalamtes,<br />

Ivona Brandic, Assistent Professor,<br />

TU Wien, Stefan Bumerl, CRYPTAS<br />

it-Security GmbH, Thomas Corsten,<br />

Professor, Universität Wien, Friedrich<br />

Faulhammer, Rektor Donau-Universität<br />

Krems, Sebastian Eschenbach,<br />

Leiter des Departments Wirtschaft,<br />

FH Burgenland.<br />

Internet und Gesetz:<br />

von Ehrenbeleidigung bis Identitätsdiebstahl<br />

Gerald Ganzger zeichnete ein differenziertes Bild: Die juristischen Aspekte seien komplex,<br />

da für das World Wide Web verschiedene Rechtsordnungen und Zuständigkeiten gelten.<br />

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kenne zwei Prinzipien, die gleichrangig<br />

sind, aber oft kollidieren: Medien- und Meinungsfreiheit stehen oft dem Recht auf Ehre<br />

des anderen gegenüber. In den USA gibt es da eine klare Präferenz, dort greift niemand<br />

die Meinungsfreiheit an, auch nicht bei Themen wie Antisemitismus, Islamfeindlichkeit<br />

oder NS-Wiederbetätigung. Werden Persönlichkeitsrechte verletzt, kann der Geschädigte<br />

in den USA daher sein Recht lediglich über den Hebel des Urheber- oder Markenrechts<br />

durchsetzen. In Österreich ist der Schutz der Gesellschaft das höherrangige Gut.<br />

Mit Cyberkriminalität abseits von Urheberrecht und Ehrenbeleidigung hat Franz Lang, Direktor<br />

des Bundeskriminalamts (BK), zu tun. Bei ihm geht es um Internetbetrug, Identitätsdiebstahl,<br />

Kinderpornographie und dergleichen. „Die meisten Delikte waren vorher schon<br />

da, nur passieren sie jetzt über das Internet. Hier ist großes Kreativitätspotenzial vorhanden.“,<br />

so Lang. Das BK behandelt rund 10.000 Fälle von Cyberkriminalität pro Jahr, Lang<br />

ist sich aber bewusst, dass das nur ein Bruchteil der Dunkelziffer ist: „Wir wissen, dass wir<br />

punktuell Großbrände löschen.“ Bei gewissen Cyberkriminalitätsdelikten gibt es eine Steigerungsrate<br />

von 200 Prozent. Identitätsmissbrauch ist die zentrale Frage im Zusammenhang<br />

mit Cyberkriminalität. Falsche Identitäten werden oft zu kriminellen Zwecken genutzt.<br />

Die leichtesten Opfer: Kinder und die Generation 60+. Lang plädierte dafür, dass in Schulen<br />

Trainings für den sicheren Umgang mit dem Internet den gleichen Stellenwert bekommen<br />

wie Verkehrserziehung.<br />

Foto: Klobucsar<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Forum Alpbach<br />

35<br />

Doch was heißt „sicher“ in diesem Zusammenhang? „Geht es dabei<br />

um technische oder rechtliche Sicherheit? Darum, dass mein<br />

Gegenüber der ist, für den er sich ausgibt?“, fragte Stefan Bumerl<br />

von der IT-Security Firma Cryptas.<br />

Identitäten, Basisbewegungen,<br />

Arbeitsplätze: Wandel 2.0<br />

„Die Frage nach der Identität des Menschen ist so alt wie die Menschheit<br />

selbst.“, stellte Thomas Corsten, Professor für Alte Geschichte<br />

an der Universität Wien, fest. Dabei kann man Identität(en) ganz<br />

unterschiedlich definieren und schaffen. Und: jeder Mensch hat<br />

mehrere Identitäten, je nachdem, in welchem Umfeld er sich bewegt.<br />

Einzelne von ihnen kann er selbst bestimmen – im Internet<br />

kann er sich eine Vielzahl von Identitäten zurechtlegen – andere<br />

werden ihm von seinen Zeitgenossen oder auch von späteren Generationen<br />

zugeschrieben. So kommt es zum Beispiel zu dem Paradoxon,<br />

dass Karl der Große sowohl für Deutschland als auch für<br />

Frankreich (als Charlemagne) identitätsstiftend ist. Was schafft nun<br />

traditionell Identität? Es sind die gemeinsame Sprache, eine gemeinsame<br />

(auch konstruierte) Abstammung, (oft) eine gemeinsame<br />

Religion, gemeinsame Rechtsvorstellungen und nicht zuletzt<br />

ein gemeinsamer Feind.<br />

Need2know<br />

Die 30. Alpbacher Technologiegespräche<br />

fanden von 22.–24. August<br />

statt und standen unter dem Motto:<br />

„Die Zukunft der Innovation: Voraussetzungen<br />

– Erfahrungen – Werte“.<br />

Der Arbeitskreis 10 „Identität 2.0: der<br />

digitale Mensch“ wurde von Forschung<br />

<strong>Austria</strong> initiiert. Es war mit über 80 TeilnehmerInnen<br />

einer der bestbesuchten<br />

Arbeitskreise der Technologiegespräche,<br />

deshalb wird das Thema am 21. Oktober<br />

unter dem Titel „Web und Recht 2.0“<br />

in Wien neuerlich im Rahmen einer<br />

Podiumsdiskussion vertieft. In der nächsten<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>-Ausgabe lesen Sie<br />

über die Ergebnisse dieses Follow-up.<br />

„Zu den vier bekannten Staatsmachten (Legislative, Judikative, Exekutive<br />

und die Medien) kommt heute die allgemeine Öffentlichkeit<br />

als fünfte Staatsmacht dazu und beeinflusst die vier anderen in<br />

höchstem Maß.“, erklärte Friedrich Faulhammer, Rektor der Donau-<br />

Universität Krems. Wenn es um die Stärkung der Basis durch das<br />

Internet geht, spielt nicht nur E-Democracy eine Rolle, mithilfe derer<br />

der Staat aktiv die Beteiligung der allgemeinen Öffentlichkeit an<br />

demokratischen Prozessen stärken will. Es geht auch um so genannte<br />

„grass-roots movements“, das sind politische oder gesellschaftliche<br />

Initiativen in den neuen Medien, die aus der Basis der Bevölkerung<br />

entstehen. Diese bottom-up-Kampagnen gehen oft von öffentlichen<br />

Plätzen aus: das Audimax der Universität Wien bei der<br />

„Uni-Brennt-Bewegung“, der Tahrir Platz in Ägypten beim „Arabischen<br />

Frühling“, der Taksim Platz bei den aktuellen Protesten in der<br />

Türkei. Diese Dynamik wird auch von der Werbeindus trie genutzt,<br />

die mit kommerziellen Projekten den Eindruck erwecken will, es<br />

handle sich um eine spontane „grass-roots“-Bewegung. Diese Kampagnen<br />

nennt man „Astroturfing“ oder „Kunstrasenbewegungen“.<br />

Sebastian Eschenbach von der Fachhochschule Burgenland beschäftigt<br />

sich mit dem Zusammenhang zwischen Informationstechnologie<br />

und Arbeit. In den letzten Jahrzehnten habe sich die Arbeitswelt<br />

weiterentwickelt – von manueller Arbeit, die auf Erfahrung<br />

aufbaut, hin zu einer beruflichen Tätigkeit, die durch die Anwendung<br />

formaler Bildung geprägt ist. „Peter Drucker sprach schon<br />

in den 1950er Jahren vom ‚Knowledge Worker‘.“, so Eschenbach.<br />

Diese Veränderungen seien in erster Linie aber nicht von einer<br />

neuen Technologie getrieben, sondern von geänderten Vorstellungen,<br />

wie Menschen leben und mit Wissen umgehen wollen. Dazu<br />

kommt ein Bündel an neuen Technologien, das auf vernetzten<br />

Computern basiert. Auch andere Bereiche, nicht nur die Arbeitswelt,<br />

sind betroffen: Medien, Einzelhandel, Religion, Regierungsgeschäfte<br />

und viele mehr.<br />

Und was passiert mit den Daten?<br />

„Wir hinterlassen täglich eine Biographie von mehreren 100 Seiten.“,<br />

weiß Franz Lang vom BK. Und wer profitiert davon? Google,<br />

Facebook & Co. sind auf den ersten Blick gratis, auf den zweiten<br />

Blick zahlen wir mit unseren Daten. Mit diesen Daten werden Profile<br />

zu Marketingzwecken erstellt, gehandelt und für gezielte Werbung<br />

eingesetzt. „Das nennt man implizite Bezahlung mit Daten.“,<br />

so Ivona Brandic, Assistant Professor an der Technischen Universität<br />

Wien. „Ich muss immer Nutzen und Gefahr gegeneinander<br />

abwiegen und auch bei der technischen Entwicklung berücksichtigen.“<br />

Datenspeicherung und -verwertung durch Nachrichtendienste<br />

in den USA und anderswo waren das große Thema der<br />

Diskussion (Stichwort: PRISM).<br />

Ivona Brandic beschäftigt sich auch mit Datenspeicherung in einem<br />

anderen Zusammenhang, nämlich mit der Datenflut: „Die<br />

große Herausforderung unserer Zeit sind die Daten.“ Bewältigt<br />

kann zumindest die Speicherung dieser Daten zum Beispiel mit<br />

„Cloud Computing“ werden. Dabei kann effizient auf ökologische<br />

und ökonomische Faktoren eingegangen werden, wenn Daten<br />

nicht an physikalische Orte gebunden sind. Die Hardware für Daten,<br />

die in Österreich genutzt werden, steht dann etwa in Finnland,<br />

wenn es dort kalt ist und die Energie für die Kühlung gespart werden<br />

kann. Brandic: „Cloud Computing wird zur ‚5 th Utility‘ unserer<br />

Zeit, nach Wasser, Gas, Strom und Telefon. Aber wir sind aktuell<br />

auf einem Level, als müssten wir Wasser aus dem Brunnen nachhause<br />

tragen.“<br />

n<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


36<br />

Forum Alpbach<br />

Nachlese<br />

Das waren<br />

die Alpbacher<br />

Technologiegespräche<br />

In diesem Jahr stand das Generalthema<br />

der Technologiegespräche im Tiroler Alpbach<br />

unter dem Schwerpunkt „ Die Zukunft der Innovation:<br />

Voraussetzungen – Erfahrungen – Werte“.<br />

Nachfolgend zeigen wir eine Bilderreise durch diese<br />

drei Technologietage. Ein ausführliches Resümee aus den<br />

einzelnen Arbeitskreisen lesen Sie auf unserer Homepage<br />

www.austriainnovativ.at.<br />

AK 1 AK 2 AK 3 AK 4<br />

AK 7 AK 8 AK 9 AK 10<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Forum Alpbach<br />

37<br />

AK 5 AK 6<br />

AK 11 AK 12<br />

Das waren die Themen<br />

der einzelnen Arbeitskreise:<br />

AK 1: Die Wertschöpfungsketten der Zukunft;<br />

AK 2: To Develop the Future – Innovation<br />

von morgen am Beispiel internationaler<br />

Leitbetriebe; AK 3: Smart City – Wege<br />

zur urbanen Mobilität von morgen; AK 4:<br />

„Frontrunner“ als neuer Ansatz der FTI-<br />

Politik; AK 5: Zukunftsraum Alpen: Fokus<br />

nachhaltige Ressourcennutzung; AK 6: Das<br />

Potenzial von IKT-Tools im Open Innovation-Prozess;<br />

AK 7: Web attack! Der Kampf<br />

gegen Hacker und Datenverlust; AK 8: Industrie<br />

4.0 – Auswirkungen auf die Arbeitswelt<br />

der Zukunft; AK 9: Green Tech: Vision<br />

und Business ECO-Mobilität; AK 10: Identität<br />

2.0: der digitale Mensch; AK 11: Intellectual<br />

Property Management – Voraussetzungen<br />

für Wohlstand und Erfolg; AK 12:<br />

Sichere Gesellschaft = Gesicherte Zukunft<br />

= Sicherheitsforschung<br />

Fotos: Luiza Puiu/European Forum Alpbach; Klobucsar<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


38 Forschungspolitik<br />

Interview<br />

„Forschung ist der<br />

Sauerstoff unserer<br />

Gesellschaft“<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> im Gespräch mit Reinhart Kögerler,<br />

Präsident der Christian Doppler Gesellschaft, über den Status<br />

quo der heimischen Forschungsszene sowie mögliche Szenarien<br />

einer Neuordnung durch die nächste Regierung.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>: Mitte Juli wurde der Wirtschaftsbericht Österreich<br />

2013 präsentiert, der dem Land bereits das zwölfte Jahr in<br />

Folge ein Wachstum über den Durchschnitt der Eurozone ausweist.<br />

Sehen Sie also ebenso wie Wirtschaftsminister Mitterlehner nur<br />

Licht und kaum Schatten?<br />

Reinhart Kögerler: Wenn man die letzten 25 Jahre betrachtet,<br />

sehe ich wirklich viel Licht. Noch Anfang der 1990er Jahre lag Österreich<br />

bezüglich Wirtschaftskraft rund zehn Prozent hinter Deutschland.<br />

Damals wurden dann einige kluge Forschungsförderungs-<br />

Instrumente installiert – insbesondere im Bereich der Kooperation<br />

von Wirtschaft und Wissenschaft – allen voran die Christian Doppler<br />

Labors. Darauf fußend wurden die Kompetenzzentren K-Plus,<br />

K-Ind und K-Net auf- und zum COMET-Programm ausgebaut. Bereits<br />

Ende der 90er Jahre griffen diese Maßnahmen derart, dass<br />

wir die Deutschen in der Wirtschafskraft überholten und kurz darauf<br />

dann auch noch in der Produktivität. Heute zählen wir zur<br />

drittreichsten Volkswirtschaft im gesamten EU-Raum und gelten<br />

mit unserer niedrigen Arbeitslosenquote als internationales Vorbild.<br />

Wen Sie mich also fragen, was dafür die maßgeblichen Hebel<br />

waren, dann zählt dazu sicherlich auch die Einführung der genannten<br />

Forschungsförderungsinstrumente – freilich flankiert durch<br />

andere, etwa steuerliche Maßnahmen, wie z. B. den Forschungsfreibetrag.<br />

Mit Schatten belegt sehe ich dafür die letzten drei Jahre. Zwar<br />

dürften wir die Weltwirtschaftskrise deutlich besser überstanden<br />

haben als die meisten anderen Länder, dafür ist jetzt eine deutliche<br />

Erlahmung spürbar, was die Forschungsförderungspolitik betrifft.<br />

Auch die Ausgaben für Forschung sind seither bekanntlich praktisch<br />

nicht mehr gesteigert worden. Weiters wurde bei den Unis<br />

nicht sehr viel weitergebracht. Den hohen Schulen geht es heute<br />

trotz der Hochschulmilliarde nicht viel besser als noch vor drei<br />

Jahren.<br />

AI: Eine Erhöhung der Forschungsausgaben korreliert natürlich mit<br />

der erforderlichen Budgetkonsolidierung …<br />

RK: Das Budget zu sanieren ist zweifelsfrei wichtig. Doch kompromisslose<br />

Einsparungen quer durch alle Bereiche sind jedenfalls fatal!<br />

Vor allem, wenn es auch auf Kosten von Forschung und Lehre<br />

gehen sollte. Das brächte Auswirkungen, die aus heutiger Sicht<br />

noch gar nicht absehbar sind. Zudem lehrt uns die Geschichte,<br />

dass gerade die antizyklische Investition in Lehre und Forschung<br />

jene Saat ausmacht, die für Wachstum und Wohlstand sorgt. Nachzulesen<br />

vor allem bei Humboldt, dessen Investitionsvorgaben trotz<br />

leerer Kassen aus einer am Boden liegenden Universitätsszene<br />

Europas beste Häuser machte.<br />

Innerhalb der heimischen<br />

Uni versitätsszene wurde nicht<br />

sehr viel weitergebracht. Den<br />

hohen Schulen geht es heute<br />

trotz der Hochschulmilliarde<br />

nicht viel besser als noch<br />

vor drei Jahren.<br />

AI: Neben mehr Geld für Forschung und Lehre wird seitens zahlreicher<br />

Experten auch der Ruf nach einer Re-Industrialisierung Österreichs<br />

immer lauter. Haben wir als Industriestandort gegenüber<br />

Billiglohn-Nationen überhaupt eine ernstzunehmende Chance?<br />

RK: Zweifelsfrei ja. Betrachten wir beispielsweise die heimische<br />

Stahlindustrie, die gegen Ende der Verstaatlichung am Boden lag.<br />

Heute trägt die Stahlindustrie als eine unserer besten Branchen<br />

maßgeblich zur heimischen Wirtschaftskraft bei. Was haben Sie gemacht?<br />

Sie haben auf hohe Qualität und hohes Know-how gesetzt,<br />

indem sie unter anderem rund 30 Christian Doppler-Labors gründeten,<br />

in denen zahlreiche Innovationen entwickelt werden konnten.<br />

Trotz der aus internationaler Sicht relativ geringen Produktionsmenge<br />

von rund sechs Millionen Tonnen Stahl ist Österreich heute<br />

damit auf diesem Gebiet absolut konkurrenzfähig.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Forschungspolitik<br />

39<br />

Aber auch in anderen Branchen – beispielsweise AVL List im Automotiven<br />

Bereich oder Infineon in der Halbleiterindustrie – sind<br />

heimische Unternehmen am internationalen Markt führend. Es gibt<br />

für ein kleines Land wie Österreich eigentlich enorm viele Beispiele<br />

für internationale Leadpositionen im sachgüterproduzierenden<br />

Bereich. Ich bin also überzeugt, dass wir eine Industrialisierungsoffensive<br />

brauchen und auch in der Lage sind, konkurrenzfähig zu<br />

bleiben – trotz relativ hohem Lohnniveau.<br />

AI: Zumindest früher galt die These, dass sich Österreich für global<br />

agierende Unternehmen gut als Headquarter bzw. für F & E eignet,<br />

die Fertigung aber eher in andere Länder verlegt wird. Hat sich das<br />

aus Ihrer Sicht in der Zwischenzeit geändert?<br />

RK: Hier ist zu differenzieren – nach Produkten, die sehr starke Arbeitskraftanteile<br />

haben, und jenen, mit hoher Automatisierung. Bei<br />

ersterem wird es tatsächlich zunehmend schwerer, derartige Industriebereiche<br />

– beispielsweise die Textilindustrie – in Österreich<br />

zu halten.<br />

Foto: Klobucsar<br />

AI: Das im Rahmen der diesjährigen Alpbacher Technologiegespräche<br />

präsentierte Buch „Österreich 2050“ soll als Leitpfad hin<br />

zum europäischen Innovation Leader verstanden werden. Konnten<br />

Sie dies aus den einzelnen Kapiteln herauslesen?<br />

RK: Es ist ein sehr anregendes Buch. Viele der Argumente sind<br />

richtig, auch wenn sie oft – sozusagen als „more of the same“ – bereits<br />

vielfach kommuniziert wurden. Aber die Zusammenstellung<br />

finde ich schlüssig und man erhält einen guten Überblick über erforderliche<br />

Maßnahmen. Abseits dieses Buches konnte ich übrigens<br />

im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche diesmal<br />

besonders deutlich erkennen, dass wir uns viel zu sehr an externen<br />

Rankings orientieren. Aber Rankings geben stets bloß die spezifische<br />

Erwartungshaltung des Erstellers ab. Wenn die OECD etwa<br />

sagt, dass wir eine zu geringe Akademikerquote haben, dann<br />

stimmt das wohl. Aber man muss dies auch beispielsweise im<br />

Kontext unseres dualen Ausbildungssystems betrachten – um das<br />

uns nebenbei die ganze Welt beneidet. Nicht alles muss zwanghaft<br />

akademisiert werden, um erfolgreich zu sein. Wir sollten uns also<br />

nicht zu sehr von Rankings leiten lassen, sondern eigene Prinzi pien<br />

aufstellen und diese konsequent verfolgen.<br />

AI: In diesem Jahr sollen die Forschungsausgaben auf den neuen<br />

Rekordwert von rund neun Milliarden Euro steigen – vor allem<br />

auch, um die rasche Umsetzung von F & E-Ergebnissen in marktfähige<br />

Produkte voranzutreiben. Gab es in diesem Jahr also auch<br />

eine signifikante Zunahme an CD-Labor-Gründungen?<br />

RK: Ja, es gab einen signifikanten Anstieg. Dazu ein paar konkrete<br />

Zahlen: 2010 gab es 14 Anträge, von denen fünf genehmigt werden<br />

konnten. Im Jahr darauf wurden von 14 Anträgen elf genehmigt,<br />

2012 dann 13 Genehmigungen bei 25 Anträgen. Das Genehmigungsverhältnis<br />

ist also nicht schlecht und auch die Antragslage ist gut.<br />

AI: Wenn Sie auf die letzten Jahre der CDG zurückblicken – worauf<br />

sind Sie am meisten stolz, und was ist Ihnen noch nicht geglückt,<br />

das Sie sich vorgenommen haben?<br />

RK: Stolz bin ich auf drei Sachen. Erstens ist es uns geglückt, eine<br />

fruchtbare Zusammenarbeit von Unternehmen und Universitäten<br />

Reinhart Kögerler: „Die engere Vernetzung mit der<br />

Boltzmann-Gesellschaft ist uns noch nicht geglückt.<br />

Daran gilt es noch zu arbeiten“.<br />

in der Grundlagenforschung zu erreichen, die sich auch als krisenstabil<br />

gezeigt hat, wie wir in den letzten Jahren erkannt haben.<br />

Zweitens freue ich mich darüber, dass wir mit der Pionierarbeit des<br />

CD-Labor-Modells einen für damalige Verhältnisse revolutionären<br />

Schulterschluss aus Unternehmen, Universitäten und Politik erreichen<br />

konnten. Gemeinsam haben wir ein Fördermodell erarbeitet,<br />

um das uns heute viele Nationen beneiden.<br />

AI: Sie haben damals diese drei Gruppen erstmals an einen Tisch<br />

gebracht?<br />

RK: An einem Tisch und auf gleicher Augenhöhe – einst wie jetzt.<br />

Auch heute noch wird an der CDG-Struktur permanent gemeinsam<br />

weiterentwickelt. Der dritte Punkt ist, dass wir uns an die vielen<br />

verschiedenen Branchen der Wirtschaft anpassen konnten. Denn<br />

die Wirtschaft unterliegt letztlich verschiedensten Bedingungen.<br />

Alle Branchen haben ihren eigenen Charakter. Wenn ich über Zellstoffe<br />

nachdenke, ist das etwas anderes, als wenn ich über Pharmaka<br />

oder Edelstahl forsche. Diesen sehr heterogenen Bedingungen<br />

zu entsprechen war nicht leicht, aber wir haben unsere Hausaufgaben<br />

gut erledigt, wie uns die letzte CDG-Evaluierung bestätigt.<br />

AI: Und was ist Ihnen bisher von Ihrer To-do-Liste noch nicht geglückt?<br />

➞<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


40 Forschungspolitik<br />

➞ RK: In jenen Feldern, in denen es um gesellschaftliche Problemstellungen<br />

geht, sind wir noch nicht so aufgestellt, wie ich es<br />

gerne hätte. Bei diesen geht es nicht um Fragen der Produktion, also<br />

den unternehmerischen Ansatz, der für Einzelunternehmen interessant<br />

ist. Es sind Themen, bei deren Umsetzung nicht einzelne<br />

Unternehmen oder Gruppen Nutznießer sind, sondern die Gesellschaft<br />

als Ganzes. Zum Beispiel Lebensmittelsicherheit bzw. der<br />

komplette gesundheitswissenschaftliche Bereich.<br />

AI: Aber wer ist dann der konkrete Partner bei Ihrem Public-Private-Partnership-Modell?<br />

RK: Das ist eben die Herausforderung. Im gesundheitswissenschaftlichen<br />

Bereich könnten dies Pensionsversicherungen oder<br />

Krankenhäuser sein. Aber es gibt auch zahlreiche privatisierte ausgelagerte<br />

Firmen des Staates, die sich mit Fragen der Gesellschaft<br />

beschäftigen und ein Interesse haben könnten, auf die Expertise<br />

eines CD-Labors zurückzugreifen.<br />

Rankings geben bloß die<br />

spezifische Erwartungshaltung<br />

des Erstellers ab. Wir sollten uns<br />

also nicht zu sehr von Rankings<br />

leiten lassen, sondern eigene<br />

Prinzipien aufstellen.<br />

AI: Also Public-Public-Partnership.<br />

RK: Nicht ganz. Es ist eine Tatsache, dass der Public-Sektor viele<br />

Tätigkeiten ausgelagert beziehungsweise privatisiert hat. Derartige<br />

Einrichtungen sind zwar vom Staat getragen, aber letztlich privatisiert.<br />

Und dafür haben wir noch kein Instrument/keine Rechtsgrundlage.<br />

Denn der Staat zahlt in diesem Fall nicht. Es ginge zwar<br />

dabei oft nur um kleine Forschungsbereiche, aber deren Themen<br />

wären zumeist von hoher Bedeutung für die Gesellschaft.<br />

AI: Wäre das dann nicht eher ein Thema für COMET?<br />

RK: Nein, weil viel zu wenige Unternehmen dabei wären. Das wäre<br />

eher etwas für das Boltzmann-Modell. Und das ist dann auch gleich<br />

der zweite Punkt auf meiner To-do-Liste. Die engere Vernetzung<br />

mit der Boltzmann-Gesellschaft ist uns noch nicht geglückt. Daran<br />

gilt es noch zu arbeiten. Ein Grund für den fehlenden Schulterschluss<br />

ist wohl der, dass wir in verschiedenen Ministerien angesiedelt<br />

sind.<br />

AI: Analog zum CD-Labor-System an Universitäten gibt es Josef<br />

Ressel-Zentren an den FHs. Inwieweit könnte man dieses Modell<br />

auch noch auf andere Gebiete ausdehnen?<br />

RK: Letztlich ist das ganze Modell orientiert auf Forschung in Kooperation<br />

mit der Wirtschaft. Diese Forschung ist mit den Instanzen<br />

Universitäten/Forschungseinrichtungen und Fachhochschulen abgedeckt.<br />

Ausdehnen wollen wir unser Modell dennoch – und zwar<br />

auf Pri vat universitäten. Das ist jedoch formal nicht einfach, da wir<br />

keine öffentlichen Mittel nehmen dürfen und der Bund private Unis<br />

nicht fördern darf. Wir werden daher versuchen, diese Variante aus<br />

Stiftungsmitteln zu finanzieren.<br />

AI: Wenn das jetzt mit Ihnen geführte Interview erscheint, hat Österreich<br />

bereits gewählt. Abseits politischer Ideologien – welche<br />

Ressortzusammensetzungen/-aufteilung würden Sie für die Bereiche<br />

Forschung, Technologie, Innovation, Bildung, Infrastruktur<br />

empfehlen?<br />

RK: Es gibt hierzu zwei Perspektiven, die einander zum Teil ausschließen.<br />

Die eine ist, die konkreten Player zu betrachten, weil es<br />

sowohl im BMVIT, als auch im Wirtschafts - und im Wissenschaftsministerium<br />

sehr gute Forschungsstrategieexperten gibt, die man<br />

weiterarbeiten lassen soll.<br />

Aus struktureller Sicht macht natürlich ein eigenes Forschungsministerium<br />

Sinn. Ein gemeinsames ganzheitliches Forschungsund<br />

Innovationsministerium ist für mich aber schwer vorstellbar.<br />

Auch die Verknüpfung mit der Bildung halte ich nicht für positiv.<br />

Conclusio: Alle Bereiche, in denen es wirklich um Forschung geht,<br />

sollten aus meiner Sicht in einer Hand sein.<br />

AI: Es gibt aber in ganz Europa kein Modell, das angewandte und<br />

Grundlagenforschung vereint.<br />

RK: Das liegt zum Teil an den verfassungsmäßigen Kompetenzverteilungen<br />

innerhalb der Länder. Zum Beispiel Deutschland, wo<br />

die Universitäten Ländersache sind und der Bund praktisch nur<br />

über die außeruniversitären Forschungsstrukturen (Max Planck-,<br />

Fraunhofer-, Helmholtzgesellschaft, …) direkten Einfluss nehmen<br />

kann. In Österreich können und wollen wir uns keine solchen parallelen<br />

Strukturen leisten. Alles, was an echter Forschung in Österreich<br />

passiert, sollte auf das Universitätssystem hingeordnet<br />

sein. Das heißt natürlich nicht, dass außeruniversitäre Forschungseinrichtungen<br />

ihren Sinn verlieren. Es sollte jedoch aus meiner<br />

Sicht immer legitimiert werden, warum die jeweiligen Forschungsauf<br />

gaben nicht an einer Universität umgesetzt werden können. Ein<br />

derartiges Beispiel wäre etwa die Hochenergiephysik, die finanziell<br />

so aufwändig und umfassend ist, dass eine Auslagerung in ein<br />

Akademie-Institut Sinn macht. Aber warum ein Institut für Limnologie<br />

unbedingt ein eigenes Akademieinstitut sein muss, sehe ich<br />

nicht. Ich finde es zielführender, das vorhandene Potenzial soweit<br />

als möglich an den Universitäten zu bündeln, um teure Parallelstrukturen<br />

zu vermeiden. Von daher macht es schon Sinn, an ein<br />

ganzheitliches Forschungsministerium zu denken. Wie weit die<br />

Forschung der Wirtschaft hier dazugerechnet wird ist eher Geschmackssache.<br />

AI: Wenn Sie sich von der neuen Bundesregierung etwas wünschen<br />

dürften, das diese verbindlich umsetzen muss, was würde das sein?<br />

RK: Zweifelsfrei die bedingungslose Einhaltung des Forschungspfades<br />

hin zu den vereinbarten 3,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes,<br />

sowie die ausreichende Finanzierung der heimischen Universitätslandschaft.<br />

Forschung stellt zwar keine hinreichende, aber<br />

sehr wohl eine notwendige Bedingung für das Florieren der Wirtschaft<br />

und wohl auch der gesamten Gesellschaft dar. Man könnte<br />

das vergleichen mit den Bedingungen für das organische Leben.<br />

Dieses braucht neben Wasser, Nahrung, Mineralien und einer Vielzahl<br />

anderer Dinge, vor allem Sauerstoff, um zu funktionieren.<br />

Sauerstoff ist also keine hinreichende, aber eine notwendige Bedingung,<br />

ohne die es kein Leben gäbe. Im gewissen Sinn ist somit<br />

die Forschung der Sauerstoff für die Gesellschaft.<br />

n<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Wirtschaft<br />

41<br />

Design.<br />

Thinking.<br />

Erfolg.<br />

Erfolgreich innovativ zu sein ist essenziell, um nachhaltig wettbewerbsfähig<br />

zu sein. Es gibt dafür kein Allheilmittel, doch Design<br />

Thinking hat sich beispielsweise für die Kapsch TrafficCom AG als<br />

geeignete Methode für den Umgang mit neuen Ideen etabliert.<br />

Foto: Kapsch TrafficCom AG<br />

Um in unserer schnelllebigen Welt stetig<br />

erfolgreich zu sein, ist es für Unternehmen<br />

unerlässlich, sich mit dem Management<br />

von Innovation auseinanderzusetzen. Doch<br />

wie kann man auf Knopfdruck kreativ sein<br />

und Ideen am laufenden Band produzieren?<br />

Eines schon mal vorweg: Die eierlegende<br />

Wollmilchsau haben wir noch nicht<br />

erfunden. Mit Design Thinking aber haben<br />

wir eine Methode für uns gefunden, die<br />

uns bei der Generierung, Entwicklung und<br />

Umsetzung innovativer Ideen unterstützt.<br />

Sie hilft dabei, Ideen schnell und kostengünstig<br />

lebendig werden zu lassen, sie aus<br />

den unterschiedlichsten Perspektiven zu<br />

betrachten und so zu neuen und vielfältigen<br />

Erkenntnissen zu gelangen. Die iterative<br />

Methode ist ganz klar in unserem Prozess<br />

verankert und ermöglicht uns phasenweise<br />

Schleifen zu drehen und immer<br />

wieder auch mal Schritte zurück zu machen,<br />

um neue Blickwinkel zu erhalten.<br />

Ethnowas?<br />

Design Thinking fokussiert besonders auf<br />

Bedürfnisse und Verhalten von Kunden und<br />

Kundinnen. Mit viel Empathie wird versucht,<br />

die Welt aus deren Augen zu betrachten,<br />

beispielsweise mithilfe verhaltensorientierter<br />

Beobachtung (ethnography). Beobachtung,<br />

Kontakt und Empathie von und zu<br />

Menschen führen zu Lösungen, welche in<br />

deren Umgebung und Alltag passen. Bei<br />

Kapsch hat uns diese Vorgehensweise beispielsweise<br />

im Zusammenhang mit unserer<br />

Forschung im Smart City-Bereich dabei<br />

geholfen, Erkenntnisse über die tieferen<br />

Bedürfnisse diverser Verkehrsteilnehmerinnen<br />

und -teilnehmer zu erlangen.<br />

Round, round, round we go …<br />

Im Rahmen eines überraschend strukturierten<br />

Prozesses, beschreibt Design Think ing<br />

eine iterative Arbeitsweise. Durch das wiederholte<br />

Ziehen von Schleifen sieht man<br />

Dinge immer wieder aus einem anderen<br />

Blickwinkel und gelangt Schritt für Schritt<br />

zu immer neuen Erkenntnissen. In jeder<br />

Schleife wird ein anderes Detail näher betrachtet.<br />

Durch diese Konzentration auf nur<br />

den einen oder anderen Aspekt gelangt<br />

man sehr schnell zu einem ersten Prototypen<br />

(rapid prototyping), mit dessen Hilfe<br />

sich erste Hypothesen schnell bestätigen<br />

oder falsifizieren lassen. Auch wenn ein<br />

solcher trial-and-error-Prozess Geduld und<br />

eine entsprechendes mindset der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter und der Managementebene<br />

erfordert, gelangt man so<br />

schneller zu Erkenntnissen und bekommt<br />

oft auch Antworten auf Fragen, die noch<br />

nicht einmal gestellt worden sind.<br />

Vielfalt fördert Ideenreichtum<br />

Ein Hauptmerkmal des Innovation Management<br />

bei Kapsch ist unser Fokus auf Diversität<br />

in den verschiedenen Projektteams.<br />

Wir arbeiten eng mit internen wie externen<br />

Ressourcen zusammen und versuchen so,<br />

starre Grenzen und Strukturen möglichst zu<br />

Der Autor,<br />

Martin Eder,<br />

ist VP Innovation<br />

der Kapsch<br />

TrafficCom AG<br />

vermeiden. Dies ist auch eine essenzielle<br />

Charaktereigenschaft des Design Thinking.<br />

Um ein Maximum an Vielfalt und Betrachtungsweisen<br />

zu erhalten, sollte sich das<br />

Team aus Personen unterschiedlicher Herkunft,<br />

Kultur, Wissensgebieten, Geschlechtern<br />

und Generationen zusammensetzen. In<br />

multidisziplinären Teams werden Horizonte<br />

weiter, Perspektiven unterschiedlicher<br />

und Ideen vielfältiger. Auf diese Weise erreichen<br />

wir in einem großen Betrieb leichter<br />

ein gemeinsames Verständnis für die<br />

Dinge, mit denen wir uns beschäftigen.<br />

Die vielschichtige Arbeitsweise des Design<br />

Thinking hilft uns im Innovation Management<br />

besonders, Ideen weiterzuentwickeln<br />

und sie erfolgreich zum Abschluss zu<br />

bringen. Der interdisziplinäre Austausch,<br />

auf den wir in unserer Arbeit Wert legen,<br />

und die nicht-lineare Denkweise des Design<br />

Thinking fördern Perspektivenwechsel<br />

und bewirken eine höhere Ideenvielfalt. So<br />

konnten wir über die letzten Jahre zum<br />

Erfolg von Unternehmensstrategien beitragen,<br />

einige Produkte zur Marktreife bringen<br />

und sogar ein neues Unternehmen<br />

gründen.<br />

n<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


42 Promotion<br />

RISC Software<br />

Virtueller Patient<br />

Simulation von<br />

Augenfehlstellungen<br />

Neue Möglichkeiten in der computerunterstützten<br />

Diagnose und Therapie<br />

von Augenfehlstellungen – das ist<br />

ein Schwerpunkt der RISC Software<br />

GmbH, einer Beteiligungsgesellschaft<br />

der Johannes Kepler Universität Linz<br />

und Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH.<br />

Gefördert vom Land Ober österreich, dem<br />

Krankenhaus der Barmherzigen Brüder<br />

Linz und dem AKh Linz entwickelt RISC<br />

Software GmbH das Softwaresystem<br />

„SEE-KID“ für die Simulation komplexer<br />

Operationen an den Augenmuskeln.<br />

Simulation einer<br />

Augenfehlstellung<br />

mit dem „virtuellen<br />

Patienten“<br />

Kontakt<br />

Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kaltofen<br />

RISC Software GmbH<br />

Forschungsabteilung Medizin-Informatik<br />

Softwarepark 35, A-4232 Hagenberg<br />

Telefon: +43 7236 3343 670<br />

Fax: +43 7236 3343 680<br />

Mobil: +43 699 13009023<br />

E-Mail:<br />

thomas.kaltofen@risc.uni-linz.ac.at<br />

[Entgeltliche Einschaltung]<br />

Vor inzwischen mehr als 16 Jahren wurde<br />

die oberösterreichische Forschungsinitiative<br />

„SEE-KID“ von Prof. Dr. Siegfried Priglinger,<br />

damals Leiter der Sehschule des<br />

Krankenhauses der Barmherzigen Brüder<br />

Linz und heute Konsiliararzt im AKh Linz,<br />

ins Leben gerufen. Bis heute verfolgt sie<br />

das Ziel, komplexe Operationen an den<br />

Augenmuskeln für die Korrektur von Schielen<br />

mit einem Computerprogramm vor der<br />

Operation zu simulieren.<br />

Bei solchen Operationen werden einer<br />

oder mehrere der sechs Augenmuskeln<br />

eines Auges vom Augapfel abgetrennt und<br />

an anderer Stelle wieder angebracht. Dadurch<br />

wird zum Beispiel eine Veränderung<br />

der Richtung, in der ein Augenmuskel das<br />

Auge dreht, erreicht und so bei sorgfältiger<br />

Planung ein bestehendes Schielen korrigiert.<br />

Schieloperationen sind heute sichere<br />

Routineeingriffe, oft sind aber, bedingt<br />

durch das komplexe Krankheitsbild, mehrfache<br />

Operationen notwendig um das gewünschte<br />

Ergebnis zu erreichen.<br />

Mit dem Augenmodell „SEE-KID“ wurde<br />

ein Lehr- und Lernmittel geschaffen,<br />

das ein anschauliches Denken besonders<br />

bei komplexen funktionellen Störungen<br />

unterstützt. Mit Hilfe eines dreidimensionalen<br />

„virtuellen Patienten“ kann anhand<br />

von klinischen Untersuchungsergebnissen<br />

die Augenfehlstellung eines Patienten virtuell<br />

dargestellt werden. Anschließend können<br />

am Modell fast alle in der Praxis möglichen<br />

Eingriffe simuliert werden und somit<br />

für den Patienten der optimale Eingriff,<br />

sowie das operative Vorgehen, bestimmt<br />

werden. Für den Erfolg einer solchen Operation<br />

ist nicht nur das Verständnis des zu<br />

Grunde liegenden Krankheitsmechanismus<br />

notwendig, sondern auch ein Verständnis<br />

der anatomisch funktionellen Mechanismen.<br />

Vor allem komplizierte Operationen<br />

müssen detailliert geplant, geeignete<br />

Operationsschritte sorgfältig ausgewählt<br />

werden. Diese Planung wird durch „SEE-<br />

KID“ unter stützt und optimiert.<br />

Die Übertragung der Messergebnisse<br />

vom Patienten auf den Computer ermöglicht<br />

die Darstellung wichtiger Parameter<br />

wie Messpunkte, Drehmomentlinien, Ursprungs-<br />

und Ansatzverhältnisse auf der<br />

Augenoberfläche. Anhand dieser Informationen<br />

können Fehlfunktionen als Abweichungen<br />

von idealen Ansatz-, Ursprungsund<br />

Streckenänderungen interpretiert werden.<br />

Diese optimierte Operationsplanung<br />

kann dabei helfen, Mehrfachoperationen<br />

zu reduzieren oder sogar ganz zu verhindern.<br />

Weitere Informationen über das Projekt<br />

SEE-KID können unter der Homepage<br />

www.see-kid.at abgerufen werden. n<br />

Fotos: RISC Software GmbH<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13


Österreich im Jahr 2050! Wie könnte oder<br />

sollte es aussehen? Welchen Einfluss werden<br />

die bereits jetzt erkennbaren politischen<br />

Trends und Entwicklungen haben? Welche<br />

Möglichkeiten und Chancen eröffnen sich<br />

dadurch, und welche Risiken und Probleme<br />

könnte es geben? Und schließlich: Welche<br />

Rolle spielen hierbei Bildung, Wissenschaft,<br />

Forschung und Innovation?<br />

„Österreich 2050“ versucht, Antworten auf<br />

diese Fragen zu finden. Namhafte Expertinnen<br />

und Experten aus unterschiedlichsten<br />

Bereichen – darunter<br />

Bildung, Wissenschaft<br />

und Forschung, Demografie,<br />

Migration, Umwelt und Klimawandel,<br />

globale Entwicklungen, uvm. – unterbreiten<br />

ihre Vorschläge zur Gestaltung der Zukunft<br />

und stellen diese damit zur Diskussion.<br />

Ziel aller Beiträge ist es, in unserer Zeit des<br />

beschleunigten Wandels und dem daraus erwachsenden<br />

Gefühl der Unsicherheit wieder<br />

Orientierung zu gewinnen und den Mut zum<br />

Handeln zu finden.<br />

„Österreich 2050 – FIT für die Zukunft“<br />

Erhältlich im Buchhandel ab September 2013<br />

www.rat-fte.at


Österreich im Jahr 2050! Wie könnte oder<br />

sollte es aussehen? Welchen Einfluss werden<br />

die bereits jetzt erkennbaren politischen<br />

Trends und Entwicklungen haben? Welche<br />

Möglichkeiten und Chancen eröffnen sich<br />

dadurch, und welche Risiken und Probleme<br />

könnte es geben? Und schließlich: Welche<br />

Rolle spielen hierbei Bildung, Wissenschaft,<br />

Forschung und Innovation?<br />

„Österreich 2050“ versucht, Antworten auf<br />

diese Fragen zu finden. Namhafte Expertinnen<br />

und Experten aus unterschiedlichsten<br />

Bereichen – darunter<br />

Bildung, Wissenschaft<br />

und Forschung, Demografie,<br />

Migration, Umwelt und Klimawandel,<br />

globale Entwicklungen, uvm. – unterbreiten<br />

ihre Vorschläge zur Gestaltung der Zukunft<br />

und stellen diese damit zur Diskussion.<br />

Ziel aller Beiträge ist es, in unserer Zeit des<br />

beschleunigten Wandels und dem daraus erwachsenden<br />

Gefühl der Unsicherheit wieder<br />

Orientierung zu gewinnen und den Mut zum<br />

Handeln zu finden.<br />

„Österreich 2050 – FIT für die Zukunft“<br />

Erhältlich im Buchhandel ab September 2013<br />

www.rat-fte.at

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