Download PDF - Austria Innovativ
Download PDF - Austria Innovativ
Download PDF - Austria Innovativ
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1110 Wien, P.b.b., 02Z031058M<br />
Wirtschaft<br />
Innovation<br />
Wissenschaft<br />
austriainnovativ.at<br />
5-13<br />
26 Bewegende Innovationen für Österreichs Zukunft<br />
12 Interview mit Siemens-GD Hesoun 16 Interview mit OMV-GD Roiss 34 Alpbach-Rückschau
JOANNEUM RESEARCH<br />
THE INNOVATION COMPANY<br />
Facts & Figures<br />
Die JOANNEUM RESEARCH entwickelt Lösungen und Technologien<br />
für Wirtschaft und Industrie in einem breiten Branchenspektrum<br />
und betreibt Spitzen forschung auf internationalem<br />
Niveau. Mit dem Fokus auf angewandte Forschung und<br />
Technologie entwicklung nimmt sie als INNOVATION COMPANY<br />
eine Schlüsselfunktion im Technologie und Wissenstransfer in<br />
der Steiermark ein.<br />
a Innovation: JOANNEUM RESEARCH arbeitet mit der Wirtschaft<br />
und der öffentlichen Hand aktiv an der Generierung<br />
neuer Innovationen und betreibt konsequent Technologietransfer<br />
in die Wirtschaft durch die Entwicklung anwendungsorientierter<br />
Forschungs und Entwicklungsprojekte.<br />
a Vernetzung: JOANNEUM RESEARCH nimmt eine<br />
Schlüssel position in nationalen und internationalen<br />
Forschungs netz werken ein und übernimmt als » Customer<br />
Interface « eine starke Vermittlungs und Beratungs funktion<br />
zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlicher Hand.<br />
a Wissenstransfer: JOANNEUM RESEARCH eröffnet<br />
durch ihre Forschungstätigkeit den Zugang zu Wissen und<br />
Erkenntnissen für den Standort.<br />
Weitere Informationen über unsere Forschungsleistungen und<br />
Lösungen finden Sie unter: www.joanneum.at<br />
oef ins 12219
Zum Einstieg<br />
3<br />
Inhalt 5-13<br />
Editorial<br />
… was Morgen<br />
wichtig wird!<br />
Mit der vorliegenden Ausgabe verdoppelt<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> seine Schlagzahl Richtung<br />
Zukunft. Denn die Welt ändert sich.<br />
Und <strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> ändert sich mit ihr.<br />
Das augenscheinlichste Merkmal wird Ihnen<br />
bereits aufgefallen sein. Aber nicht nur<br />
das Layout hat ein radikales Facelifting erhalten,<br />
auch die Struktur sowie die inhaltliche<br />
Ausrichtung wurde kräftig nachjustiert.<br />
Unser Anspruch ist es, Ihnen jene<br />
Hintergrundinfos zu liefern, die Sie als Orientierungshilfe<br />
durch eine im Transformationsprozess<br />
komplexer werdende Wirtschafts-<br />
und Forschungswelt benötigen.<br />
Auf einen Blick sollen Sie durch uns erkennen<br />
können, was heute wichtig ist, sowie –<br />
und vor allem –, was morgen wichtig wird.<br />
Diesen Blick durfte ich Ihnen die letzten<br />
zehn Jahre liefern. Es waren zehn spannende<br />
und aufregende Jahre. Nach zwei<br />
Legislaturperioden als Chefredakteur ist es<br />
jedoch nun an der Zeit, das Steuer abzugeben.<br />
Vielen Dank für Ihre Treue und Ihre<br />
zahlreichen Rückmeldungen.<br />
Das Beständigste im Leben ist die Veränderung!<br />
Christian Klobucsar<br />
12 Wolfgang Hesoun,<br />
GD Siemens Österreich, über<br />
seine Strategien, den Siemens-<br />
Standort Österreich innerhalb der<br />
Konzerngruppe als Forschungsstandort<br />
weiter auszubauen.<br />
28 Eine aktuelle Studie belegt,<br />
dass E-Mobiliät im Aufwind ist.<br />
Rund 10.000 Batterie- und Hybridfahrzeuge<br />
sind bereits auf Österreichs<br />
Straßen unterwegs.<br />
Impressum: Medieninhaber und Verleger: Bohmann Druck und Verlag GesmbH & Co.KG.,<br />
A-1110 Wien, Leberstraße 122, Telefon: +43-1/740 95-0, Fax: +43-1/740 95-430, E-Mail: austriainnovativ.zv@bohmann.at,<br />
DVR: 0408689, Geschäftsführung: MMag. Dr. Gabriele Ambros – KR<br />
Gerhard Milletich, Chef redakteur: Christian Klobucsar – DW 435, Autoren dieser Ausgabe: Mag.<br />
Alfred Bankhamer, Mag. Emilie Brandl, Verlagsleitung: Mag. Patrick Lenhart, Marketing & Sales:<br />
Mag. Sandra Kreuzer – DW 560, Grafik Design: Elisabeth Pirker/OFFBEAT, Produktion: Markus<br />
Frühwirth (REPROMEDIA), Druck: Druckerei Odysseus, Haideäckerstraße 1, A-2325 Himberg,<br />
Titelfoto: iStock.com/77studio, Erscheinungsweise: 6-mal jährlich, Abonnementpreis: 47,90 Euro, Das Abonnement ist spätestens<br />
30 Tage vor Bezugsjahresende schriftlich kündbar, <strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> wird von der Redaktion in völliger Unabhängigkeit inhaltlich<br />
gestaltet und erscheint mit finanzieller Unterstützung durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMWF), den<br />
Rat für Forschung und Technologieentwicklung, sowie durch die Stadt Wien. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach<br />
§ 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden bei Personen nicht durchgängig<br />
die männliche und die weibliche Form angeführt. Gemeint sind selbstverständlich immer beide Geschlechter.<br />
Kurzmeldungen<br />
4 need2know<br />
8 Neues aus aller Welt<br />
10 Skurriles<br />
Serie<br />
11 … jetzt erst Recht!<br />
Wirtschaft<br />
12 Interview mit<br />
Siemens-Generaldirektor<br />
Wolfgang Hesoun<br />
16 Interview mit<br />
OMV-Generaldirektor<br />
Gerhard Roiss<br />
22 Forschen à la France<br />
41 Design. Thinking. Erfolg.<br />
Schwerpunkt Mobility<br />
26 Bewegende Innovationen<br />
für Österreichs Zukunft<br />
28 Status E-Mobilität in Österreich<br />
29 Gestern Science Fiction,<br />
heute Realität<br />
30 Fresh Money für E-Mobilität<br />
Wissenschaft/<br />
Forschung/Bildung<br />
20 MS-Wissenschaft 2013:<br />
Chance Demografie<br />
24 Hochschulkonferenz:<br />
Empfehlungen liegen am Tisch<br />
32 Oberösterreichs Forschung<br />
im Spitzenfeld<br />
34 Alpbach Rückschau:<br />
Wer bin ich im Internet?<br />
Und wer liest mit?<br />
36 Bilderreise durch<br />
die Technologiegespräche<br />
38 Interview mit CDG-Präsident<br />
Reinhart Kögerler<br />
42 RISC Software: Virtueller Patient<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
4 Kurzmeldungen<br />
need2know<br />
Veranstaltungen, Meinungen & Forschungsnews –<br />
auf den Punkt gebracht.<br />
Alle Nobelpreisträger<br />
erhalten eine<br />
Urkunde, eine Goldmedaille<br />
und acht<br />
Millionen Kronen<br />
(etwa 920.000 Euro).<br />
Nobelpreise 2013<br />
Der Chemie-Nobelpreis geht an den in Wien geborenen (und 1938<br />
in die USA emigrierten) Wissenschaftler für Theoretische Chemie,<br />
Martin Karplus, sowie an seine beiden US-Kollegen Michael Levitt<br />
und Arieh Warshel. Sie erhalten die Auszeichnung für die Entwicklung<br />
von Computermodellen zur Beschreibung chemischer Prozesse.<br />
Die Arbeit der drei Wissenschaftler ist laut der Nobelpreisjury<br />
bahnbrechend, da es ihnen gelungen ist, die Physik-Erkenntnisse<br />
Newtons mit der grundlegend verschiedenen Quantenphysik<br />
zu vereinen.<br />
Der diesjährige Medizin-Nobelpreis geht an die beiden US-Amerikanischen<br />
Wissenschaftler James Rothman und Randy Schekman<br />
sowie an den aus Göttingen stammenden Deutschen Thomas Südhof<br />
für ihre Entdeckung, wie in Zellen Proteine transportiert werden<br />
und damit an die für Stoffwechselabläufe richtigen Stellen kommen.<br />
Wenn Botenstoffe & Co zu einem falschen Zeitpunkt oder an<br />
einer falscher Stelle verortet sind, geraten so elementare Prozesse<br />
wie etwa die Immunabwehr außer Kontrolle. Die diesjährigen Nobelpreisträger<br />
haben gezeigt, wie das System funktioniert und vor<br />
allem, wie es kontrolliert wird.<br />
Der Brite Peter Higgs und der Belgier Francois Englert erhalten<br />
den Physik-Nobelpreis für die Entdeckung des „Gottesteilchens“.<br />
Konkret für ihre Interpretation von Mechanismen, die zum Verständnis<br />
beitragen, woher subatomare Teilchen ihre Masse erhalten. Dies<br />
sei kürzlich durch die Entdeckung des beschriebenen Elementarteilchens<br />
im Teilchenbeschleuniger LHC des Kernforschungszentrums<br />
CERN bestätigt worden, so die Begründung der Jury. Dieses Teilchen<br />
wird seit seiner Identifizierung im Wissenschaftsbereich Higgs-<br />
Boson-Teilchen genannt – weltweit kennt man es, aufgrund der<br />
Simplifizierung durch die Presse, primär als „Gottesteilchen“. n<br />
Kongress<br />
„Zero Emission<br />
Cities“<br />
Im Mittelpunkt des diesjährigen Kongresses<br />
„Zero Emission Cities“, am 6. November im<br />
Wiener Rathaus, stehen Sonnen-/Windenergie,<br />
innovative Speicher sowie die Energiewende.<br />
Den Eröffnungsvortrag hält Jens<br />
Bartholmes von der Generaldirektion für<br />
Energie der Europäischen Kommission. Er<br />
wird unter anderem über einen strategischen<br />
Implementationsplan berichten, den<br />
die EU dieser Tage beschließt. Vizebürgermeisterin<br />
Maria Vassilakou wird anschließend<br />
auf die Bedeutung der erneuerbaren<br />
Energie für Wien eingehen, mit deren Hilfe<br />
die Stadt zu einer Umweltschutzmetropole<br />
werden soll. Für die Diskussionsrunde über<br />
die Herausforderungen der Energiewende<br />
konnten unter anderem Wolfgang Anzengruber<br />
(Verbund), Wolfgang Hesoun (Siemens)<br />
und Marc H. Hall (Wr. Stadtwerke)<br />
gewonnen werden. Zero Emission Cities<br />
wird von der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer<br />
Wien sowie der Fachgruppe<br />
Ingenieurbüros der WK Wien veranstaltet.<br />
Infos: www.zeroemissioncities.at■<br />
Ideen – Erfindungen – Neuheiten<br />
Vom 31. Oktober bis 3. November blickt die internationale Erfinderszene nach Nürnberg,<br />
denn im Messezentrum findet mit der iENA, Internationale Fachmesse „Ideen-Erfindungen-Neuheiten“<br />
die bedeutendste internationale Fachmesse des Erfindungswesens statt.<br />
Die veranstaltenden AFAG Messen und Ausstellungen erwarten auch in diesem Jahr rund<br />
750 Einzelerfindungen von vorwiegend freien Erfindern aus aller Welt. Dabei reicht das<br />
Spektrum von Hightech-Entwicklungen bis hin zu praktischen Erfindungen für die Freizeit<br />
und den alltäglichen Gebrauch. Bei Fragen zu Schutzrechten, zur Finanzierung und zur<br />
professionellen Vermarktung von Erfindungen bieten die zahlreich vertretenen Organisationen<br />
des Erfindungswesens wertvolle Hilfestellung. Infos: www.iena.de<br />
■<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Haidingers Querforschung<br />
Martin Haidinger,<br />
Wissenschafts redakteur im ORF (Ö1)<br />
Die Sache mit<br />
dem Gen-Schalter …<br />
„Chromosomensatz xy“ ungelöst – so lautete der Titel<br />
eines legendären Kabarettprogramms von „Heilbutt und<br />
Rosen“. Und in der Tat tauchen im Geschlechter-Cocktail<br />
immer mehr Ungereimtheiten im Rezept auf, je weiter die<br />
Forschung fortschreitet.<br />
Dass Männer XY- und Frauen XX-Chromosomen haben<br />
ist Schulwissen. US-WissenschaftlerInnen berichten<br />
nun von einer Frau mit einer XY-Variante in ihrem Erbgut.<br />
Die Entwicklung zum männlichen Geschlecht scheint eine<br />
wackelige Angelegenheit zu sein …<br />
Anlass für die Veröffentlichung der ForscherInnen aus<br />
Cleveland/Ohio ist eine Familie mit einer ungewöhnlichen<br />
Genetik. Der Vater besitzt ein X- und ein Y-Chromosom,<br />
seine Tochter ebenfalls. Das ist möglich, weil der Vater<br />
der Tochter eine seltene Mutation im „SRY-Gen“ vererbt<br />
hat, dem Hauptschalter für die männliche Entwicklung –<br />
beim Menschen wie auch bei allen anderen höheren Säugetieren.<br />
Im beobachteten Fall hat die Tochter weibliche Geschlechtsorgane<br />
entwickelt, obwohl sie das Y-Chromosom<br />
im Erbgut trägt. Allerdings kann sie keine Kinder<br />
bekommen. Die Aktivität der Gene von Vater und Tochter<br />
unterscheidet sich statt einem erwartbaren Faktor von<br />
100 nur um einen Faktor von zwei, also kaum. Die WissenschaftlerInnen<br />
schließen daraus, dass sich die männliche<br />
Entwicklungslinie hart an der Grenze zur sexuellen<br />
Mehrdeutigkeit bewegt. Das so differenziert dosierte gehirnsteuernde<br />
Hormon Testosteron hätte im Lauf der<br />
Evolution eine reiche Auswahl von Geschlechterrollen<br />
bewirkt. Frei nach Ernst Jandl gilt also: manche meinen<br />
wännlich und meiblich kann man nicht velwechsern<br />
werch ein illtum …<br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13<br />
AUSTRIA
6 Kurzmeldungen<br />
Veranstaltungen, Meinungen & Forschungsnews –<br />
auf den Punkt gebracht.<br />
Wolkenbildung<br />
verstehen<br />
Innsbrucker Ionen-Physiker an Großexperiment<br />
„CLOUD“ beteiligt.<br />
Wolken sind für unser Klima bekanntlich<br />
zentral. Wie sie in der Atmosphäre entstehen,<br />
wird derzeit am CERN im Rahmen des<br />
Experimentes „CLOUD“ erforscht. In der<br />
Fachzeitschrift „Nature“ publizierte das<br />
Team jetzt erste Ergebnisse zur „Nukleation“<br />
und enträtselt damit auf molekularer<br />
Ebene den ersten Schritt bei der Bildung<br />
einer Wolke. Ionen-Physiker der Uni Innsbruck<br />
lieferten dazu die entsprechende<br />
Messtechnik. Infos: www.uibk.ac.at n<br />
Neuer WU-Campus im Prater<br />
WU setzt auf Neupositionierung.<br />
Auf dem am 4. Oktober offiziell eröffneten<br />
neuen Campus WU wurde ein modernes<br />
Universitätskonzept in eine räumliche Form<br />
gegossen. Die spektakuläre Architektur ist<br />
laut Rektor Christoph Badelt für die WU<br />
nun Anlass, sich auch inhaltlich neu zu positionieren:<br />
„Die WU sieht die Investition,<br />
die die Republik getätigt hat, als eine Herausforderung<br />
und als eine Aufforderung<br />
an, ihre Rolle in diesem Staat und in der<br />
Wissenschaft neu zu definieren.“ Wirtschaft<br />
soll neu gedacht werden, gemäß<br />
dem Motto: Rethink Economy.<br />
Infos: www.wu.ac.at<br />
■<br />
WU-Rektor<br />
Christoph Badelt<br />
sprach im Rahmen<br />
der Campus-Eröffnung<br />
von einem<br />
Neustart der WU.<br />
<strong>Austria</strong><strong>Innovativ</strong>_Inserat_TUWien.pdf 1 07.10.2013 10:21:28<br />
50 Gene gegen<br />
Erbgut-Parasiten<br />
In den Geschlechtsorganen der Taufliege<br />
Drosophila melanogaster treiben<br />
es Genomparasiten (Transposons)<br />
ziemlich bunt.<br />
Sie springen im Erbgut umher und lösen<br />
gefährliche Mutationen aus. Die Fliege<br />
wehrt sich durch einen raffinierten Mechanismus,<br />
den sogenannten „piRNA-Signalweg“.<br />
Dieser legt die lästigen Transposons<br />
still. Über die evolutionär uralte Schutzmethode<br />
gegen Unfruchtbarkeit, die vermutlich<br />
auch für die Gesundheit des Menschen<br />
allen lebenden Organismen konserviert ist<br />
Symposium Industrie und damit 4.0 auch im Menschen essenziell<br />
eine bedeutende Mittwoch, Rolle 6. November spielt, waren 2013, bis-<br />
17.00 ist.“ Infos: Uhrwww.imba.oeaw.ac.at<br />
n<br />
Kuppelsaal der TU Wien<br />
Anmeldung unter office@tualumni.at<br />
lang kaum Details bekannt. Nun haben<br />
ForscherInnen am Wiener Institut für Molekulare<br />
Biotechnologie (IMBA) der österreichischen<br />
Akademie der Wissenschaften<br />
(ÖAW) rund 50 Gene identifiziert, die für<br />
den reibungslosen Ablauf des piRNA-Signalwegs<br />
entscheidend sind.<br />
Unsere DNA ist dicht besiedelt mit Genom-Parasiten,<br />
ebenso wie die DNA von<br />
Pflanzen, Mäusen und Fischen. So besteht<br />
auch das Genom der Taufliege Drosophila<br />
melanogaster zu rund 15 bis 20 Prozent<br />
(Mensch: ca. 50 Prozent) aus sogenannten<br />
Transposons. Viele dieser ‚egoistischen‘<br />
DNA-Elemente sind mobil: Sie springen im<br />
Erbgut ihres Wirts umher und können auf<br />
diese Weise DNA-Brüche, Mutationen und<br />
ihrer neuesten Arbeit konnte IMBA-Grupin<br />
Richtung Aufklärung des piRNA-Signalwegs<br />
tun. Die aktuelle Arbeit, die rund zwei<br />
Jahre in nahm, ließ folgende athway in<br />
Die TU Wien präsentiert die nächste Stufe der technologischen Revolution<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
„Intelligente<br />
Stromnetze“:<br />
EU-Projekt<br />
soll Netzwerke<br />
optimieren<br />
Vor allem erneuerbare Energieträger<br />
sollen noch besser eingebunden werden<br />
können.<br />
Innerhalb des EU-Projekts INCREASE, bei<br />
dem von einem Gesamtprojektvolumen von<br />
4,4 Millionen Euro rund 460.000 Euro in die<br />
Steiermark gehen, werden ExpertInnen der<br />
Energieforschung dazu beitragen, in Kooperation<br />
mit Netzwerkbetreibern bestehende<br />
Netze zu optimieren und neue Geschäftsmodelle<br />
für Netzbetreiber zu entwickeln.<br />
„Dieses Europa-Projekt stellt eine hervorragende<br />
Chance für die Steiermark dar, sich<br />
international zu diesem Thema weiter zu<br />
vernetzen“, so Andreas Türk von JOANNE-<br />
UM RESEARCH. Gemeinsam mit Reinhard<br />
Padinger begleitet er die Arbeiten mit den<br />
technischen Versuchsmodellen.<br />
Eingesetzt werden sowohl Simulationsals<br />
auch Versuchsmodelle zur Optimierung<br />
bestehender Niederspannungsnetzwerke.<br />
Dabei wird die ungleichmäßige Verfügbarkeit<br />
der Erneuerbaren Energieträger berücksichtigt,<br />
bedingt beispielsweise durch<br />
die Abhängigkeit der Energieerzeugung<br />
von Sonnentagen oder Windverhältnissen.<br />
Außerdem wird das Verhalten von dezentralen<br />
Erzeugern und Nutzern in den Modellen<br />
miteinbezogen.<br />
Infos: www.joanneum.at<br />
■<br />
Straßenbahnen lernen sehen,<br />
denken und reagieren<br />
Künftig werden Straßenbahnen in der<br />
Lage sein, Hindernisse zur erkennen und<br />
ihr Gefahrenpotenzial korrekt einzuschätzen.<br />
Ein speziell für den Einsatz bei leichten<br />
Schienenfahrzeugen wie z. B. Straßenbahnen<br />
entwickeltes optisches 3D-Sensorsystem<br />
macht diese künftig vorausschauend,<br />
intelligent und damit noch sicherer. Schienenfahrzeugweltmarktführer<br />
Bombardier<br />
Transportation hat gemeinsam mit dem<br />
Forschungspartner AIT <strong>Austria</strong>n Institute<br />
of Technology eine Technologie entwickelt,<br />
die auf die besonderen Anforderungen von<br />
Schienenfahrzeugen hinsichtlich Reduktion<br />
von Kollisionsgefahr ausgerichtet ist.<br />
Dabei lernt die Straßenbahn, verschiedene<br />
Objekte wie z. B. Fahrzeuge und Personen,<br />
aber auch kleine Gegenständen wie<br />
beispielsweise Fußbälle, zu erkennen, ihr<br />
Gefahrenpotenzial selbständig zu beurteilen<br />
und darauf entsprechend zu reagieren.<br />
Personen auf der Strecke<br />
werden durch das Sensorsystem<br />
als Hindernis erkannt.<br />
Damit wird die Straßenbahn-Sicherheit revolutioniert.<br />
In einer weiteren Ausbaustufe<br />
soll das System eigenständig Bremsmanöver<br />
und andere Schutzmaßnahmen einleiten<br />
können, um Fußgänger, Radfahrer<br />
und andere Verkehrsteilnehmer besser zu<br />
schützen. Infos: www.ait.ac.at<br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
8 Kurzmeldungen<br />
Neues aus<br />
aller Welt<br />
Vielversprechende wissenschaftliche Entwicklungen,<br />
Erkenntnisse und Forschungsprojekte.<br />
Softmachine<br />
mit Ionenleiter<br />
Wenn der Weltklimabericht naht, erhöht<br />
sich die Anzahl klimarelevanter<br />
Studien beträchtlich. Vor allem die Frage,<br />
warum die Erderwärmung seit gut zehn<br />
Jahren trotz stark steigendem CO 2<br />
-Ausstoß<br />
eine Pause eingelegt hat, stellt sich den<br />
ForscherInnen. Eine Studie des Alfred-<br />
Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung<br />
schenkt besonders dem<br />
Meer bzw. der Tiefsee mehr Aufmerksamkeit.<br />
Konkret wurde das Tiefenwasser zwischen<br />
Grönland und Spitzbergen untersucht,<br />
das sich seit 1980 um 0,3 Grad Celsius<br />
erwärmt hat. Das ist rund das Zehnfache<br />
des Meeresdurchschnittstemperaturanstiegs.<br />
Beunruhigend sei vor allem das<br />
rasche Abschmelzen des arktischen Eises.<br />
Heuer ergaben Satellitenmessungen einen<br />
18 Prozent geringeren Wert als im letzten<br />
Flächenverlust-Rekordjahr 2007. Der weltweite<br />
Meeresspiegel erhöhte sich seit 1993<br />
durchschnittlich um drei Millimeter.<br />
Maschinen wirken heute mit ihren Antrieben sehr starr. PhysikerInnen<br />
an der Harvard University wollen Maschinen nun deutlich<br />
softer machen – ähnlich dem menschlichen Körper. Wie in Nervenzellen<br />
sollen die elektrischen Impulse nicht durch Elektronen, sondern<br />
Ionen geleitet werden. Das Team entwickelte einen dehnbaren<br />
Ionenleiter. Das Besondere ist, dass sich erstmals Ionen in einem<br />
Gel mit wenig Energieaufwand im Kilohertz-Bereich kontrolliert<br />
bewegen lassen. Das soll uns dem Einsatz in elektronischen Geräten<br />
und Robotern einen Schritt näher bringen.<br />
n<br />
[Keplinger, Christoph, et. al.: Stretchable, Transparent, Ionic Conductors,<br />
Science (2013), doi: 10.1126/science.1240228]<br />
Unstete Erderwärmung<br />
2012 zählt zu den<br />
zehn heißesten<br />
Jahren der Erde.<br />
Eine britische Studie hat sich wiederum in<br />
Europa die stark unterschiedlichen Temperaturentwicklungen<br />
vorgenommen. Die<br />
Studie analysierte die Daten von 2.316<br />
Wetterstationen innerhalb der letzten 60<br />
Jahre. Heiße Sommernächte wurden beispielsweise<br />
um über zwei Grad Celsius<br />
wärmer, kalte Winternächte gar um bis zu<br />
2, 5 Grad Celsius. n<br />
[Somavilla, R., et. al.: Increasing amount of Arctic Ocean<br />
deep waters in the Greenland Sea, Geophysical Research<br />
Letters (2013), doi: 10.1002/grl.50775<br />
Erschreckende<br />
Studie über<br />
Vergewal tigungen<br />
Die Medienberichte über Massenvergewaltigungen<br />
in Indien haben international<br />
für großes Aufsehen gesorgt. Eine<br />
UNO-Studie hat sich die Situation in Bangladesch,<br />
China, Indonesien, Kambodscha,<br />
Papua-Neuguinea und Sri Lanka näher angeschaut.<br />
10.178 Männer aus einem repräsentativen<br />
Sample stimmten einer Befragung<br />
bzw. teils auch Tonbandaufnahmen<br />
zu. Gefragt wurde nach eindeutigen Situationen,<br />
die auf eine Vergewaltigung hinweisen.<br />
Je nach Region und Land lag die<br />
Rate innerhalb von Beziehungen bei 2,8<br />
Prozent in städtischen Gebieten, in Bangladesch<br />
bis zu 22,3 Prozent, in Jayapura in<br />
Indonesien. Mit Zurechnung körperlicher<br />
Gewalt stieg die Mißbrauchsrate in Papua-<br />
Neuguinea gar auf 41,2 Prozent. Bei der<br />
Vergewaltigung außerhalb einer Beziehung<br />
lagen die Raten bei 2,5 Prozent bis<br />
26,6 Prozent. Im Gesamtdurchschnitt hatten<br />
schon 24 Prozent der Befragten eine<br />
oder mehrere Frauen vergewaltigt.<br />
Als Gründe wurden etwa das „Recht auf<br />
Sex“ (73,3 Prozent), „Suche nach Abwechslung“<br />
(58,7 Prozent), „Wut und Bestrafung“<br />
(37,9 Prozent) und Alkohol (27 Prozent) angegeben.<br />
Die Mehrzahl der Täter stammten<br />
aus Schichten mit geringer Ausbildung<br />
und Einkommen und hatten oft selbst Gewalt<br />
erlitten. 55,2 Prozent der Männer fühlten<br />
sich nach der Tat schuldig, 35,7 Prozent<br />
wurden von Freunden oder der Familie bestraft,<br />
22,9 Prozent bekamen eine Gefängnisstrafe.<br />
n<br />
[Jewkes, R., Fulu, E., et. al.: Lancet Global Health, Volim1,<br />
Issue 4, Lancet (2013), doi:10.1016/S2214-109X(13)70069-<br />
X; doi:10.1016/S2214-109X(13)70074-31]<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Kurzmeldungen<br />
9<br />
Foto: iStock.com<br />
Ausgestorbene<br />
Rekordsäuger<br />
Vor 130 Millionen Jahren – vom mittleren<br />
Jura (also vor rund 165 Millionen Jahren)<br />
bis zum frühen Oligozän – beherrschte<br />
ein im Aussehen rattenähnliches Tier mit<br />
nur 65 bis 80 Gramm Gewicht die Welt der<br />
Kleinsäuger. Das Pelztier überlebte damit<br />
sogar einige Naturkatastrophen, die große<br />
Artensterben zur Folge hatten. Erst vor 35<br />
Millionen Jahren starb die Multituberculata<br />
aus und ist somit das bislang erfolgreichste<br />
Säugetier der Erdgeschichte, das<br />
in vielen Unterarten existiert hat. Ein jüngst<br />
gefundenes Fossil der neuen Art Rugosodon<br />
eurasiaticus aus dem späten Jura in<br />
Ostchina belegt die damals schon große<br />
Verbreitung: der Fund hat nämlich ähnliche<br />
Zähne wie ein Multitberculata-Exemplar<br />
aus der gleichen Epoche in Portugal.<br />
Die sehr anpassungsfähigen Tiere besiedelten<br />
also den gesamten eurasischen<br />
Kontinent. Den Gar aus machten ihnen<br />
wahrscheinlich die Nagetiere.<br />
n<br />
Im Zentrum der Milchstraße<br />
Schwarzes Loch im Zentrum der<br />
Milchstraße mit enormem Appetit.<br />
[Yuan, Chong-Xi, et. al.: Earliest Evolution of Multituberculate<br />
Mammals Revealed by a New Jurassic Fossil,<br />
Sience (2013), doi: 10.1126/science.1237970]<br />
Ein supermassives Schwarzes Loch<br />
rund 26 Millionen Lichtjahre entfernt<br />
im Zentrum der Milchstraße hat bislang<br />
schon riesige Mengen an Gas mit einer<br />
Masse von rund vier Millionen Sonnen<br />
verschluckt. Über die genauen Vorgänge<br />
im Herzen unserer Galaxie wird schon lange<br />
gerätselt. Nun ist es mit dem Radioteleskop<br />
Effelsberg in Nordrhein-Westfalen<br />
mit 100 Meter Durchmesser gelungen, endlich<br />
einen Pulsar zu finden, anhand dessen<br />
zahlreiche neue Informationen gewonnen<br />
werden können. Die schnell rotierenden<br />
Neutronensterne, die aus dem Rest ausgebrannter<br />
Sonnen entstehen, senden pulsartig<br />
stark gebündelte Lichtstrahlen aus.<br />
Das Schwarze Loch selbst ist nur sehr<br />
schwer zu beobachten. Es verschluckt nicht<br />
nur Unmengen an Materie, sondern versteckt<br />
sich auch noch hinter einem Gasnebel.<br />
Mit den Pulsar-Lichtblitzen ließen<br />
sich die Existenz der Magnetfelder nahe<br />
des Schwarzen Lochs belegen. Die stark<br />
polarisierten Lichtwellen werden in ihrer<br />
Schwingungsebene umso mehr verdreht,<br />
je stärker das Magnetfeld ist. Dieses wirkt<br />
beim Gaszufluss als starke Bremse. So<br />
lässt sich erklären, dass andere Schwarze<br />
Löcher weit mehr Materie schlucken. n<br />
[Eatough, Ralph P., et al.: A strong magnetic field around<br />
the supermassive black hole at the centre of the Galaxy,<br />
Nature (2013), doi: 10.1038/nature12499]<br />
Ozeanversauerung<br />
Während über die genauen Zusammenhänge<br />
zwischen CO 2<br />
-Anstieg und<br />
Erderwärmungen noch heftig debattiert<br />
wird, schreitet die Versauerung<br />
der Ozeane voran. Rund ein Viertel des<br />
ausgestoßenen Kohlendioxid nehmen die<br />
Ozeane auf, das mit Wasser Kohlensäure<br />
bildet, die wiederum den pH-Wert der<br />
Meere sinken lässt. Betroffen sind vor allem<br />
Lebewesen mit Kalkgerüsten wie Korallen,<br />
Stachelhäuter wie Seesterne oder<br />
Weichtiere. Krebstiere kommen hingegen<br />
mit der sauren Umgebung besser zurecht<br />
und Fische sogar ganz gut. Das zeigt eine<br />
Studie des Alfred-Wegener-Instituts für<br />
Polar- und Meeresforschung. Bislang gab<br />
es zu diesem Thema nur einzelne Ergebnisse.<br />
Das Forscherteam hat deswegen 167<br />
wissenschaftliche Studien, die 153 Arten<br />
untersucht hatten, neu ausgewertet. Erläutert<br />
wurden auch bekannte Zeiten des Massensterbens<br />
in den Ozeanen, die vor 250<br />
und vor 55 Millionen Jahren stattgefunden<br />
hatten: zu dieser Zeit war die Kohlendioxid-Konzentration<br />
in der Atmosphäre sehr<br />
hoch.<br />
n<br />
[Wittmann, Astrid C., Hans-Otto Pörtner.: Sensitivities of<br />
extant animal taxa to ocean acidification, Nature Climate<br />
Change (2013), doi: 10.1038/nclimate1982.]<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
10 Kurzmeldungen<br />
Skurriles<br />
Aktuelle Erkenntnisse und Forschungsprojekte<br />
zum Schmunzeln und Staunen.<br />
Pandabären-Sprit<br />
Wer fürchtet<br />
die Katze?<br />
Katzen sind sehr beliebte Haustiere,<br />
erkranken aber sehr häufig an Toxoplasmose.<br />
Diese Infektionskrankheit löst<br />
im Normalfall bei Mensch und Tier so gut<br />
wie keine Symptome aus. Zudem ist der<br />
Organismus nach einer einmaligen Erkrankungen<br />
immun. Eine sehr ernste Gefahr<br />
hingegen stellt Toxoplasmose für schwangere<br />
Frauen dar. Sie kann zu Fehlgeburten<br />
oder Missbildungen führen. Sonst zeigten<br />
bei dieser „Katzenkrankheit“ nur infizierte<br />
Mäuse wirkliche Symptome. Für Aufsehen<br />
sorgte 2007 eine Standford-Studie, die belegte,<br />
dass erkrankte Mäuse die Angst vor<br />
ihrem Erzfeind, der Katze, verlieren. Nun<br />
fanden Wendy Ingram von der University<br />
of California und ihr Team heraus, dass die<br />
Angstfreiheit vor Katzen bei Mäusen selbst<br />
nach der Erkrankung ein Leben lang bestehen<br />
bleibt. Davon profitieren wohl eher die<br />
Katzen.<br />
[Ingram, W., et. al: Mice Infected with Low-<br />
Virulence Strains of Toxoplasma gondii Lose<br />
Their Innate Aversion to Cat Urine, Even after<br />
Extensive Parasite Clearance. PLoS ONE<br />
(2013), doi:10.1371/journal.pone.0075246] n<br />
Die Erforschung eines schon fast ausgestorbenen<br />
Tiers und dessen, was<br />
aus ihm austritt, könnte helfen, ein<br />
wenig die Welt zu retten.<br />
Eine Forschergruppe rund um Ashli Brown<br />
von der Mississippi State University nahm<br />
sich den Kot Großer Pandas genauer unter<br />
die Lupe und fand bei den Bambusliebhabern<br />
Mikroorganismen, die sich sehr gut<br />
für eine kostengünstige Bioethanol-Produktion<br />
eignen könnten. In Summe wurden<br />
über 40 unterschiedliche Mikroorganismen<br />
entdeckt, die bei der Verdauung der fasrigen<br />
Pflanzenkost helfen. Bald könnten sie<br />
auch ihren Beitrag zur Öko-Treibstoffproduktion<br />
liefern.<br />
Pandas haben einen sehr kurzen Verdauungstrakt,<br />
weshalb im Innersten der<br />
putzigen Zooattraktion Bakterien mit besonders<br />
potenten Enzymen gefragt sind.<br />
Sie müssen unter anderem die Lignozellulose-Zellwände<br />
von Bambus und Co. in<br />
nahrhafte Zuckermo leküle spalten. Diese<br />
sind zugleich die Basis für die Biotreibstoffproduktion,<br />
die derzeit vor allem aus Zuckerrohr,<br />
Mais oder Sojabohnen erfolgt.<br />
Die Bakterien werden künftig den Pandas<br />
nicht den Bambus streitig machen, sondern<br />
diverse Pflanzenabfälle zerlegen. „Es ist<br />
erstaunlich, dass wir von einer vom Aussterben<br />
bedrohten Art noch so viel lernen<br />
können. Die entdeckten Mikroben sind vielleicht<br />
die Lösung bei der Suche nach nachhaltigen<br />
Energiequellen“, so Brown.<br />
[Brown Ashli, et. al: Microbiome mining:<br />
Panda conservation and biofuels. Studie<br />
wurde am Jahrestreffen der American Chemical<br />
Society am 10. 9. 2013 präsentiert.] n<br />
Wonnegefühl per Stromreiz<br />
Die Hirnforschung arbeitet schon seit<br />
Jahrzehnten intensiv an der Funktionserkundung<br />
der unterschiedlichen<br />
Hirnregionen. Viele Erkenntnisse brachte<br />
die Erforschung der Epilepsie – etwa im<br />
Zuge von Operationen. In Österreich leiden<br />
rund 80.000 Menschen unter dem zerebralen<br />
Anfallsleiden. Erstaunliches entdeckte<br />
kürzlich ein Team an der Universitätsklinik<br />
Genf bei einer jungen Patientin: Sie fanden<br />
offensichtlich das „Wonnezentrum“. Mittels<br />
neun Elektroden wurden spezielle Hirnregionen<br />
gereizt. Ziel war, vor allem jene<br />
Regionen zu lokalisieren, die einen Anfall<br />
auslösen. Bei der Untersuchung konnte<br />
zwar nicht die Quelle für die epileptischen<br />
Anfälle gefunden werden, dafür löste die<br />
Stimulation in der Großhirnrinde angenehme<br />
Lustempfindungen aus. „Ich fühlte mich<br />
wirklich wohl, wie bei einem süßen Schauer“,<br />
berichtete die Patientin. Auch andere<br />
neurologische Studien verbinden die vordere<br />
Insula mit Wonne, Liebe und religiösen<br />
Gefühlen wie die Nähe zu Gott.<br />
[Picard, Fabienne, et. al: Induction of a sense<br />
of bliss by electrical stimulation of the<br />
anterior insula, Cortex (2013), doi: 10.1016/<br />
j.cortex.2013.08.013]<br />
n<br />
Fotos: 123rf<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Serie<br />
11<br />
Eine Serie in Zusammenarbeit mit<br />
der Kanzlei Lansky, Ganzger + Partner<br />
Jetzt<br />
erst Recht!<br />
Wer haftet für die<br />
Auto-Complete-Funktion?<br />
Foto: iStock.com/LeventKonuk; Lansky, Ganzger + partner<br />
Im Mai 2013 hatte der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) darüber<br />
zu entscheiden, ob ein Internet-Suchmaschinenbetreiber für<br />
die von ihm angebotene Auto-Complete-Funktion haftet. Im zugrunde<br />
liegenden Sachverhalt beanstandete der Kläger, dass bei<br />
Eingabe seines Namens durch die vom Suchmaschinenbetreiber<br />
angebotene Auto-Complete-Funktion weitere Begriffe als Suchvorschläge<br />
angeboten würden, die nach Ansicht des Klägers ehrenrührig<br />
seien, so insbesondere die Begriffe „Scientology“ bzw „Betrug“.<br />
Diese Vorschläge bot das System aufgrund des der jeweiligen<br />
Anfrage vorangegangenen Userverhaltens an. Rechtsfrage<br />
war in diesem Verfahren daher, ob der Suchmaschinenbetreiber<br />
für diese Vervollständigungen, die sich aus den bisherigen Suchanfragen<br />
von Usern ergeben, haftet oder nicht. In Zusammenhang<br />
damit stellt sich zunächst ganz grundsätzlich die Frage, wie Internetdiensteanbieter<br />
für von ihnen verbreitete Inhalte haften bzw.<br />
von einer solchen Haftung freigestellt sind.<br />
In Österreich regelt das E-Commerce-Gesetz (ECG) die Verantwortlichkeit<br />
von Diensteanbietern. Unterschieden wird dabei insbesondere<br />
zwischen Durchleitung (Access-Providing), Suchmaschinen,<br />
Hosting und Linksetzung. Für diese Arten von Service-Providern<br />
sieht das ECG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit<br />
einer Haftungsbefreiung vor. Gemeinsam ist diesen Diensteanbietern<br />
vereinfacht gesagt, dass die von ihnen verbreiteten Inhalte<br />
nicht von ihnen selbst generiert werden.<br />
Internet-Service-Provider lassen sich in zwei Gruppen einordnen,<br />
was den Umfang der Voraussetzungen zur Haftungsbefreiung<br />
angeht: einerseits Durchleiter und Suchmaschinenbetreiber, bei<br />
denen die Haftungsausschlüsse weiter, andererseits Hosting-Provider<br />
und Linksetzer, bei denen diese enger gezogen sind. Für beide<br />
Gruppen gilt jedenfalls, dass sie nicht verpflichtet sind, die<br />
von ihnen gespeicherten, übermittelten oder zugänglich gemachten<br />
Informationen allgemein zu überwachen oder von sich aus<br />
nach Umständen zu forschen, die auf rechtswidrige Tätigkeiten<br />
hinweisen.<br />
Notwendigkeit einer funktionellen Betrachtungsweise<br />
Obwohl es im eingangs beschriebenen Sachverhalt um einen<br />
Suchmaschinenbetreiber geht, für den grundsätzlich ein großzügiges<br />
Haftungsbefreiungsregime gilt, so mutiert dieser in Zusammenhang<br />
mit der Auto-Complete-Funktion letztlich zum Content-<br />
Provider, weshalb er sich auf die Haftungsbefreiung nach TMG<br />
nicht berufen kann. Dennoch machte der BGH die Haftung letztlich<br />
von einer Verletzung von Prüfpflichten abhängig, weshalb im vorliegenden<br />
Sachverhalt im Ergebnis dasselbe Haftungsregime wie<br />
für Hosting-Provider anzuwenden ist.<br />
Auch wenn der BGH somit nicht judiziert hat, ob der Suchmaschinenbetreiber<br />
im konkreten Fall haftet, so lässt sich aus seiner Entscheidung<br />
dennoch ganz allgemein ablesen, dass es für die Haftung<br />
eines Internet-Service-Providers letztlich auf den jeweils infrage<br />
kommenden Dienst ankommt, daher eine technisch-funktionelle<br />
Betrachtung erfolgen muss. Es ist daher bei bereits entwickelten<br />
sowie zukünftigen Funktionen wie jener des Auto-Completings<br />
jeweils im Einzelfall zu überprüfen, wie diese Informationen<br />
– ob eigene oder fremde – generieren bzw verarbeiten, um die<br />
Frage nach dem Haftungsrisiko beantworten zu können.<br />
n<br />
Lansky, Ganzger + Partner, 1010 Wien, Rotenturmstraße 29<br />
Telefon +43 1 533 33 30-0, E-Mail office@lansky.at<br />
Franz Lippe<br />
und Rainer Lassl<br />
sind Rechtsanwaltsanwärter<br />
in der<br />
Kanzlei Lansky,<br />
Ganzger + Partner<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
12 Wirtschaft<br />
Interview<br />
Hesoun:<br />
„Das Zauberwort<br />
lautet<br />
Wettbewerb“<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> sprach mit Wolfgang Hesoun,<br />
Generaldirektor der Siemens AG Österreich, über seine<br />
Strategien, den Siemens-Standort Österreich innerhalb der<br />
Konzerngruppe als Forschungsstandort weiter auszubauen.<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>: Ein altes Sprichwort sagt „Neue Besen kehren<br />
gründlich“. Kann der Wechsel des Siemens Vorstandes in München<br />
auch Auswirkungen auf die Ausrichtung bzw. die Kernstrategie<br />
von Siemens Österreich bringen?<br />
Wolfgang Hesoun: Der neue CEO der Siemens AG, Joe Kaeser,<br />
kennt aus seiner Funktion als Aufsichtsrat der Siemens AG Österreich<br />
unser Unternehmen aus nächster Nähe und er weiß daher<br />
um die ausgeprägten Stärken von Siemens Österreich. Siemens<br />
Österreich ist und bleibt auch weiterhin ein bedeutender Infrastrukturlieferant<br />
für den heimischen Wirtschaftsstandort. Darunter<br />
fällt der gesamte Schienenverkehrsbereich, intelligente Energietechnologien,<br />
Gesundheitstechnik und auch Kooperationen, wie<br />
im Rahmen der Seestadt Aspern. Hier haben wir es innerhalb des<br />
Konzerns geschafft, ein europaweit einzigartiges Forschungsprojekt<br />
in Österreich aufzubauen und zu entwickeln. Diese Position gilt<br />
es weiterzuentwickeln. Hierfür haben wir auch die Unterstützung<br />
des Vorstandes der Siemens AG.<br />
AI: Erst kürzlich hat Ihre Konzernmutter die Umsetzung der Energiewende<br />
in Deutschland scharf kritisiert, da die wesentlichen Elemente<br />
zur Förderung der erneuerbaren Energien ineffizient seien.<br />
Ist die Förderstruktur für erneuerbare Energien in Österreich effizienter?<br />
WH: Das Zauberwort lautet Wettbewerb. Einen freien Wettbewerb<br />
sehe ich im Fall der finanziellen Förderung von erneuerbaren Energien<br />
nicht durchgängig gegeben. Garantierte Förderungen über<br />
einen zu langen Zeitraum hinweg senken den Druck für Neuentwicklungen<br />
und Innovationen. Diese sind aber wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Im Vergleich zu Deutschland haben wir in Österreich<br />
ein gedeckeltes und degressives Fördersystem verbunden mit<br />
der Möglichkeit, Tarife zu kürzen, um die Entwicklung zur Marktreife<br />
zu beschleunigen. De facto geht es derzeit nicht mehr um<br />
Energie, sondern um Finanzierungsmodelle. <strong>Innovativ</strong>e Technologien<br />
werden derzeit gar nicht gefördert. Die Energiewende wird<br />
nur dann funktionieren, wenn wir diese auch zu volkswirtschaftlich<br />
vertretbaren Kosten, ohne Gefährdung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Industrie und Europas, erreichen und dies<br />
schlussendlich für die Nutzer auch bezahlbar bleibt.<br />
AI: Wirtschaftsminister Mitterlehner wünscht sich eine EU-weite<br />
Versteigerung der Ökostrom-Volumina sowie eine Förderung der<br />
Investition statt des eingespeisten Stroms. Sehen Sie das auch so?<br />
WH: Die Energiewende kann nur zum Erfolg führen, wenn sie als<br />
gemeinsames europäisches Projekt gesehen und in enger Zusammenarbeit<br />
der einzelnen Staaten vorangetrieben wird. Regionale<br />
und nationale Einzellösungen erhöhen die Kosten für alle Länder,<br />
die sich mit dem Umbau des Energiesystems beschäftigen. Was<br />
eine europaweite Koordinierung und Optimierung bei den erneuerbaren<br />
Energien bringen würde, haben wir in einer Studie im<br />
Frühjahr aufgezeigt: Alleine durch eine vernünftige Standortwahl,<br />
also einen Ausbau an den ertragreichsten Standorten Europas,<br />
könnten wir uns bis 2030 rund 45 Milliarden Euro an Investitionen<br />
sparen. Und dabei ist der dadurch bedingte zusätzliche Netzausbau<br />
bereits berücksichtigt.<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Wirtschaft<br />
13<br />
Fotos: Rita Newman<br />
AI: Der Begriff „Smart Cities“ zählt nicht nur in Wien zur Zauberformel<br />
für zukunftsfitte Urbanisierung. Wobei kann Siemens die<br />
Stadt Wien auf ihrem Weg zur Smart City unterstützen? In welchen<br />
Bereichen haben Sie entsprechende Lösungen entwickelt?<br />
WH: Wir haben mit der Stadt Wien ein europaweit einzigartiges<br />
Projekt in Aspern aufgesetzt, das vor kurzem seine interdisziplinären<br />
Forschungstätigkeiten aufgenommen hat – mit Expertinnen<br />
und Experten aus Energiewissenschaft, Netzwerktechnik, aber<br />
auch Sozialwissenschaft. Unsere gemeinsame Gesellschaft wird<br />
sich nun mit einem Budget von 40 Millionen Euro fünf Jahre lang<br />
mit den Zukunftsthemen Energie, Umwelt, Gebäudetechnik und<br />
intelligente Netze im Zusammenspiel mit den Nutzerinnen und<br />
Nutzern in der sogenannten Seestadt befassen. Das Besondere<br />
dabei ist die Forschung im realen Umfeld, nicht im Labor, sondern<br />
anhand einer konkreten Infrastruktur. Im Fokus der Forschung<br />
steht die Vernetzung von Technologien bzw. Erzeugungs- und Speicherarten<br />
mit dem Ziel, mehr Intelligenz in das Gesamtsystem zu<br />
bringen. Für uns steht die Beteiligung an der Forschungsgesellschaft<br />
in direktem Zusammenhang mit unseren Aktivitäten und<br />
Entwicklungen in den Bereichen Energieeffizienz und nachhaltige<br />
Stadtentwicklung – insbesondere mit den Themen intelligente<br />
Energiesysteme und Gebäudetechnik in Kombination mit smarten<br />
Informationstechnologien. Mit diesem Projekt stärken wir den<br />
Forschungsstandort und durch innovative Technologieentwicklungen<br />
können wir auch Exportchancen für den Wirtschaftsstandort<br />
schaffen.<br />
AI: Wie viel investiert der Gesamtkonzern Siemens in Forschung<br />
und Entwicklung und wie viel investiert Siemens Österreich?<br />
WH: Die Siemens AG investierte im Geschäftsjahr 2012 rund 4,2<br />
Milliarden Euro, Siemens Österreich 256 Millionen.<br />
AI: Österreich ist für Siemens traditionell ein wichtiger Standort für<br />
industrielle Forschung. Ist diese Rolle Österreichs aus gesamtkonzern-technischer<br />
Sicht stabil?<br />
WH: Ausschlaggebend sind die Rahmenbedingungen. Österreich<br />
hat im Bereich Forschung, Technologie und Innovation bis zum Jahr<br />
2010 eine erstaunliche Performance hingelegt. Diese gilt es mehr<br />
denn je aufrechtzuerhalten und zu festigen. Wir haben in Österreich<br />
hervorragend ausgebildete Technikerinnen und Techniker, sehr gute<br />
Kooperationen mit Universitäten und eine herzeigbare Förderlandschaft.<br />
Solange dies stabil bleibt, und es gibt keine Anzeichen, dass<br />
sich etwas daran ändert, wird sich Siemens Österreich im Konzern-<br />
Wettbewerb als Forschungsstandort auch in Zukunft gut behaupten<br />
können. Ein schönes Indiz, dass die Forschung in Österreich geschätzt<br />
wird, ist die Investition in die bereits erwähnte Forschungsgesellschaft<br />
in der Seestadt Aspern, zu der die Konzernzentrale einen<br />
wesentlichen Finanzierungsbeitrag leistet. Trotz allem meine<br />
klare Empfehlung, der ich hier nur Nachdruck verleihen kann, geht<br />
in Richtung a) fokussierte Förderung von Innovationsanstrengungen<br />
und b) Ausbau der Stärkefelder der heimischen Wirtschaft.<br />
Wenn wir dies schaffen, wird sich auch Siemens Österreich weiterhin<br />
mit Experten-Know-How im Gesamtkonzern behaupten und dabei<br />
mithelfen können, Arbeitsplätze in Österreich abzusichern. ➞<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
14 Wirtschaft<br />
➞ AI: Rund 60 Prozent der Forschung wird bei Siemens von internen<br />
Kunden bezahlt, 30 Prozent stehen vom Konzern zur Verfügung<br />
und zehn Prozent werden aus externen Fördermitteln gedeckt.<br />
Bleibt dieses Finanzierungsmodell auch unter dem neuen<br />
Konzernvorstand erhalten?<br />
WH: Dieses konzernweite F & E-Finanzierungsmodell hat sich bislang<br />
gut bewährt. Ich gehe davon aus, dass sich hier in absehbarer<br />
Zeit nichts ändern wird. Die Aufteilung 60:30:10 ist ein Durchschnittssatz.<br />
Bei sehr anwendungsnahen Themen ist der Konzernbeitrag<br />
deutlich geringer, bei starken Vorfeldthemen entsprechend<br />
höher. So wird gewährleistet, dass einerseits langfristig gedacht<br />
werden kann und andererseits keine unnötige Subventionierung<br />
erfolgt. Die Zufriedenheit der Kunden mit diesem Modell ist hoch,<br />
weil die daraus gewonnenen Lösungsansätze zu mehr Effizienz<br />
und Produktivität führen und gleichzeitig auf ein internationales<br />
Netzwerk an Kooperationspartnern zurückgegriffen werden kann.<br />
AI: Wie weit muss ein Technologiekonzern wie Siemens vordenken?<br />
Inwieweit berücksichtigen Sie Foresight-Forschung bei Ihren<br />
Zukunftskonzepten?<br />
WH: Unser Blick ist stets in die Zukunft gerichtet. Demografischer<br />
Wandel, Urbanisierung, Klimawandel und Globalisierung – diese<br />
Megatrends stellen die Menschheit vor Aufgaben von bisher unbekannten<br />
Dimensionen. Hier gilt es Lösungen für die Zukunft zu<br />
finden. Siemens hat sich auf innovations- und technologiegetriebene<br />
Wachstumsmärkte fokussiert. Unsere Forschungsaktivitäten<br />
zielen daher darauf ab, für diese Märkte wegweisende Technologien<br />
zu entwickeln. Nur so schaffen wir es auch unsere Marktposition<br />
zu halten und auszubauen. Siemens hat ein Bündel leistungsfähiger<br />
Instrumente wie zum Beispiel Road Mapping und Szenariotechnik<br />
zusammengefasst, mit denen sich die F & E-Strategien<br />
systematisch und nachhaltig optimieren lassen. Damit werden<br />
Trends aufgespürt, die die Geschäfte von morgen prägen werden:<br />
Sozio-ökonomische Trends, Markttrends, Kundentrends und vor<br />
allem technologische Trends. Ein wichtiger Aspekt ist auch das<br />
identifizieren und partnerschaftliche Umsetzen von Innovationsimpulsen<br />
von außen.<br />
AI: Findet Siemens Österreich noch ausreichend Fachkräfte, um<br />
in den definierten Forschungsbereichen vorn zu bleiben?<br />
WH: Gut ausgebildete Fachkräfte zu finden ist nicht immer leicht.<br />
Das größte Asset jedes Unternehmens sind qualifizierte Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter. Siemens investiert daher auch umfassend<br />
in Ausbildung und fördert „Key expert“-Karrieren im Unternehmen.<br />
Wenn wir die Produktivität trotz der verhältnismäßig hohen<br />
Lohnkosten in Österreich halten wollen, tun wir in Österreich gut<br />
daran, die Aus- und Fortbildung an die veränderten Rahmenbedingungen<br />
so anzupassen, dass wir auch in Zukunft gut ausgebildete<br />
Fachkräfte in Österreich haben. Die organisatorische und technologische<br />
Komplexität im Arbeitsalltag hat stark zugenommen. Gerade<br />
deshalb sind immer öfter ganz konkrete und zugleich qualitativ<br />
hochwertige Bildungsabschlüsse gefragt.<br />
AI: Die weltweite Wirtschaftsentwicklung ist nach wie vor sehr<br />
fragil. Worin bestehen in diesem Zusammenhang aus Ihrer Sicht<br />
die größten Risiken für einen Weltkonzern wie Siemens?<br />
WH: Aus der Sicht von Siemens Österreich ist das größte Risiko<br />
zweifellos die verhaltene Investitionstätigkeit der öffentlichen<br />
Hand. Das spüren wir, weil wir als wichtiger Infrastrukturlieferant<br />
viele Kunden aus diesem Bereich haben. Auf der anderen Seite<br />
haben wir aber als regionales Siemens-Headquarter für insgesamt<br />
19 Länder in Zentral- und Südosteuropa die Chance, konjunkturelle<br />
Bewegungen auszugleichen. In der Region CEE gibt es was die<br />
Infrastruktur betrifft – vom Verkehr über die Industrie bis zur Energie<br />
– einen großen Nachholbedarf und hier sind wir als integrierter<br />
Technologiekonzern bestens aufgestellt. Natürlich gibt es auch in<br />
CEE budgetäre Restriktionen, aber dort gibt es noch mehr durch<br />
EU-Mittel gestützte Investitionen.<br />
AI: Inwieweit kämpft Siemens damit, dass große Infrastrukturprojekte<br />
immer weniger direkt zwischen Lieferanten und Kunden ausgehandelt<br />
werden, sondern mehr und mehr Bestandteil synergetischer<br />
volkswirtschaftlicher Verständigung werden? Sehen Sie<br />
dieses Geflecht wechselseitiger Interessen aufstrebender Staaten<br />
als Gefahr für Europa, oder ist das eher nur ein kurzfristiger Effekt?<br />
WH: Wie immer auch die Vorgeschichte von Projekten sein möge,<br />
gibt es letztlich eine Seite, die Leistungen bestellt und oft mehrere<br />
Anbieter, die diese Leistungen anbieten. Siemens ist in über 190<br />
Ländern der Erde vertreten – das ist schon ein beachtlicher Aktionsradius<br />
für Ausschreibungen auf der ganzen Welt. Zur Situation<br />
in und von Europa: Hier bedarf es in jedem Fall massiver Anstrengungen,<br />
um als Wirtschaftsraum attraktiv zu bleiben. Der Weg<br />
dorthin kann nur über Innovationen führen – flankiert von Ausbildungs-<br />
und Bildungsrahmenbedingungen, die hochqualifizierte<br />
und talentierte Fachkräfte hervorbringen bzw. anziehen. Wir müssen<br />
Kostennachteile gegenüber anderen Wirtschaftsstandorten<br />
durch Hightech-Entwicklungen und Wertschöpfung aus dem Export<br />
ausgleichen. In Österreich sind wir in einigen Bereichen der<br />
Umwelttechnologie bereits weltweit führend. Hier müssen wir dran<br />
bleiben und uns weitere Spitzenpositionen erarbeiten.<br />
AI: Was sollten aus Ihrer Sicht Politik und Wirtschaft tun, damit<br />
auch die nächste Generation im Wohlstand leben kann?<br />
WH: Das für den Wohlstand notwendige Wirtschaftswachstum<br />
fußt vor allem auf naturwissenschaftlich-technischen Erkenntnissen<br />
und darauf basierenden Innovationen, die insbesondere aus<br />
der Industrie kommen. Daher ist die Absicherung und Forcierung<br />
einer industriellen Basis so wichtig und die Politik kann viel dazu<br />
beitragen. Vor allem sind Reformen in den Bereichen Bildung, Forschung<br />
und Innovation sowie Infrastruktur unabdingbar. Es muss<br />
uns gelingen, die Ausbildung an veränderte Rahmenbedingungen<br />
anzupassen. Unser Schulsystem muss wieder eine bessere Grundbildung<br />
gewährleisten, die Schulabgänger auf ihr Berufsleben vorbereitet<br />
und es Unternehmen leichter macht, qualifizierte und gut<br />
ausgebildete Mitarbeiter zu finden. Notwendig ist auch ein viel<br />
stärkerer Fokus auf Forschung und Entwicklung sowie Investitionen<br />
in die Infrastruktur. Grundlage dafür ist auch eine umfassende<br />
Verwaltungsreform mit Hilfe derer die Strukturen Österreichs –<br />
ohne Verluste für die Standortqualität – der Landesgröße angepasst<br />
werden. Gemeinsam sollten Unternehmen und Politik dafür<br />
sorgen, dass Österreich ein Land mit einer modernen, weltoffenen<br />
Wirtschaft und Gesellschaft ist.<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Wirtschaft<br />
15<br />
AI: Sie sind neben Ihrer Funktion als Siemens Österreich-Generaldirektor<br />
unter anderem auch Präsident der Wiener Industriellenvereinigung.<br />
In dieser Funktion stehen Sie ja auch vor der Herausforderung,<br />
den Forschungs- und Industriestandort Wien international<br />
schmackhaft zu machen. Was sind aus Ihrer Sicht die größten<br />
Assets Wiens im globalen Wettbewerb?<br />
WH: Wien hat es schon geschafft, sich als internationale Tourismus-,<br />
Kongress- und Kulturmetropole mit bester Lebensqualität zu<br />
positi onieren. Noch mehr in den Fokus rücken muss aber die Vermarktung<br />
als Standort zukunftsfähiger, innovativer und produktiver<br />
Unternehmen. An dem gedeihlichen Nebeneinander von Stadt<br />
und Industrie wird von beiden Seiten sehr konstruktiv gearbeitet<br />
– das ist keine Selbstverständlichkeit und stellt für mich schon das<br />
erste Asset dar. Wien ist daher nicht ohne Grund der drittgrößte<br />
Produktionsstandort Österreichs. Jetzt schon international punkten<br />
kann Wien mit einer leistungsfähigen Infrastruktur – im umfassenden<br />
Sinne, inklusive Verkehr, IT, Energie etc. –, international anerkannten<br />
Universitäten und Forschungseinrichtungen, hochwertigen<br />
Dienstleistungen, Rechtssicherheit und maßgeschneiderten<br />
Förderungen.<br />
AI: Gilt aus Ihrer Sicht noch das einst gültige Mantra von Wien als<br />
„Drehscheibe in den Osten“?<br />
WH: Alle Vorzüge Wiens, die ich erwähnt habe, gewinnen durch<br />
die Lage als Tor zu CEE, Russland und darüber hinaus noch mehr<br />
an Gewicht, besonders für große Unternehmen, die einen idealen<br />
Standort für ein regionales Headquarter suchen. Wir führen ja<br />
selbst von Wien aus die Geschäfte in insgesamt 19 Ländern in der<br />
Region. Sicher gibt es in der Investitionsdynamik Unterschiede zu<br />
den Boomjahren rund um die EU-Erweiterung auf Mittel- und Osteuropa<br />
im Jahr 2004 und der krisenhaften Zeit heute. Nichtsdestotrotz<br />
ist Wien nach wie vor einer der wichtigsten und hochattraktivsten<br />
Wirtschaftsstandorte im Herzen Europas. Aktuelle Bei spiele<br />
von neuen CEE-Zentralen in Wien, wie von einer Merck-Pharmasparte<br />
und CSC, einem weltweit führenden IT-Dienstleistungsunternehmen<br />
aus den USA, belegen das.<br />
AI: Gelten für ansiedlungswillige Industrielle die im internationalen<br />
Vergleich besonders zahlreichen Umweltauflagen nicht als enormer<br />
Nachteil?<br />
WH: Wie wichtig alle Bemühungen sind, unser Klima vor umweltschädlichen<br />
Einflüssen zu schützen, hat vor kurzem erst wieder der<br />
neue UN-Klimabericht deutlich gemacht. Gerade die Industrie hat<br />
schon sehr viel zu einer besseren CO 2<br />
-Bilanz Österreichs beigetragen.<br />
Wir haben heute eine der energieeffizientesten Industrien der<br />
Welt. Die Bereiche Verkehr und Gebäude bzw. Raumwärme könnten<br />
aus meiner Sicht aber noch stärker in den Fokus rücken, wenn es<br />
um die Realisierung von Energieeffizienzpotentialen geht. Ökologie<br />
und Ökonomie dürfen kein Widerspruch sein und Europa muss<br />
zeigen, dass Klimaschutz mit Standort- und Arbeitsplatz sicherung<br />
vereinbar ist. In der Beschäftigung mit umweltscho nenden Technologien<br />
liegen für Europa und Österreich große öko nomische Chancen<br />
– etwa durch den weltweiten Export von innovativen Lösungen.<br />
Österreich hat ja in diesem Bereich schon eine gute Ausgangsposition,<br />
zum Beispiel bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft oder<br />
in den Gebieten Biomasse, Solarwärme und Ab fall-Recycling.<br />
Wolfgang Hesoun<br />
Geboren am 15. Februar 1960,<br />
verheiratet, ein Sohn<br />
seit 9/2010<br />
Siemens AG Österreich,<br />
Vorsitzender des Vorstands<br />
seit 9/2012<br />
Präsident der<br />
Industriellenvereinigung Wien<br />
1987–2010<br />
PORR Umwelttechnik AG und<br />
Allgemeine Baugesellschaft – A. PORR AG,<br />
die letzten vier Jahre als Generaldirektor<br />
und Vorsitzender des Vorstandes<br />
1982–1987<br />
KRAFTWERK UNION<br />
(Siemens Konzern)<br />
Bauleitung und Inbetriebsetzung<br />
von Großkraftwerken in Deutschland<br />
AI: Wächst oder schrumpft der Industriestandort Wien? Denn je<br />
nach Auslegung – entweder aus Sicht der Wertschöpfung oder<br />
aber dem Beschäftigtenstand – gibt es gegensätzliche Expertenmeinungen.<br />
WH: Die Industrie hat in Wien einen Anteil von rund 15 Prozent am<br />
gesamten produzierenden Bereich. Wien liegt hier im Österreichvergleich<br />
hinter den klassischen Industriebundesländern Niederösterreich<br />
und Oberösterreich, gleichauf mit der Steiermark. Die<br />
Exportquote der Industrie ist in Wien sogar am Höchsten. In den<br />
Jahren von 2000 bis 2010 hat sich die Wertschöpfung der Industrie<br />
in Wien von 9,5 Milliarden auf 11,8 Milliarden Euro erhöht. Diese<br />
gute industrielle Basis gilt es noch weiter zu stärken. In den letzten<br />
Jahren konnte man sehr gut sehen, dass sich Länder mit starker<br />
industrieller Basis in der Krise besser halten konnten als zu einseitig<br />
auf Dienstleistung ausgerichtete Volkswirtschaften. Es geht hier<br />
nicht um ein Entweder-Oder, sondern um eine enge Vernetzung.<br />
So hat sich in Wien etwa um die Wertschöpfung der Industrie herum<br />
ein unterstützender Dienstleistungssektor, etwa in den Bereichen<br />
Reinigung, Sicherheit, Verwaltung oder Werbung, etabliert,<br />
der ebenfalls zum Wachstum beiträgt. Diesen Sektor muss man<br />
auch berücksichtigen, wenn man sich die Entwicklung der Arbeitsplätze<br />
in der Industrie anschaut. Denn in den Dienstleistungsbereich<br />
wurden Jobs ausgelagert bzw. sind dort Jobs durch die Industrie<br />
entstanden.<br />
AI: Abschließend der Blick in die Glaskugel: Wo sehen Sie Siemens<br />
in 20 Jahren?<br />
WH: Dort, wo immer der Platz von Siemens war und ist: als Technologie-<br />
und Innovationsführer an der Spitze des internationalen<br />
High-Tech-Wettbewerbs.<br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
16 Wirtschaft<br />
Gerhard Roiss<br />
Geboren am 2. April 1952,<br />
verheiratet, drei Kinder.<br />
Seine Wirtschaftsausbildung<br />
absolvierte er in Wien, Linz<br />
und Stanford (USA). 1990 übernahm<br />
er die Leitung des OMV<br />
Marketing. Im selben Jahr wurde<br />
er als Vorstandsmitglied der<br />
PCD Polymere GmbH berufen.<br />
1997 wechselte er in den Vorstand<br />
des OMV Konzerns, wo<br />
er für die Bereiche Kunststoffe<br />
und Chemie verantwortlich<br />
zeichnete. 2000 übernahm er<br />
zusätzlich den Verantwortungsbereich<br />
Exploration und Produktion.<br />
Von 1. Jänner 2002 bis<br />
31. März 2011 war Gerhard Roiss<br />
Stellvertretender Vorstandsvorsitzender<br />
und für den Bereich<br />
Refining & Marketing verantwortlich.<br />
Seit 1. April 2011 fungiert<br />
er als Generaldirektor der<br />
OMV Aktiengesellschaft.<br />
Fotos: OMV Aktiengesellschaft<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Wirtschaft<br />
17<br />
Interview<br />
OMV:<br />
21 Millionen<br />
Euro jährlich<br />
für Forschung<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> sprach mit<br />
Gerhard Roiss, Generaldirektor der OMV,<br />
über aktuelle Explorationsprojekte sowie über Szenarien,<br />
wie das Geschäftsmodell des heimischen Öl-Konzerns<br />
in der Post-Öl-Ära aussehen könnte.<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>: Aufgrund von Unruhen muss die OMV die<br />
Ölförderung in Libyen immer wieder unterbrechen. Bleibt dieser<br />
Standort dennoch auf der OMV-Förderlandkarte, oder wollen Sie<br />
sich von derartigen Krisenländern unabhängiger machen?<br />
Gerhard Roiss: Wir sind seit vielen Jahren in Libyen tätig und<br />
werden das auch in Zukunft sein. Selbstverständlich steht für uns<br />
die Sicherheit unserer Mitarbeiter im Vordergrund. Seit Mitte<br />
September läuft die Produktion wieder auf normalem Niveau von<br />
rund 30.000 Barrel pro Tag.<br />
AI: Jedenfalls legte der OMV-Aktienkurs seit Ihrer Investition in<br />
Anteile an Nordsee-Ölfeldern um rund zehn Prozent zu. Liegen<br />
auch noch weitere politisch stabile Regionen am OMV-Akquise-<br />
Radar?<br />
GR: Die Strategie der OMV zielt darauf ab, ein ausgewogenes Portfolio<br />
im Bereich Exploration und Produktion zu halten. Einen wesentlichen<br />
Anteil daran stellen Assets in politisch stabilen Regionen<br />
dar. Die Nordsee Region und das Schwarze Meer sind unsere<br />
wichtigsten Wachstumsregionen für die kommenden Jahre.<br />
AI: Gegenüber der herkömmlichen Förderung – etwa in Wüsten –<br />
ist die Rohölgewinnung via Bohrinseln natürlich erheblich kostenintensiver.<br />
Inwieweit wird sich das für die OMV im globalen Wettbewerb<br />
auswirken, wenn jetzt immer mehr auf Offshore-Exploration<br />
gesetzt wird?<br />
GR: Wir sind dabei, im Bereich Offshore-Bohrungen massiv Knowhow<br />
aufzubauen. Unsere neue Partnerschaft mit dem norwegischen<br />
Öl- und Gasunternehmen Statoil unterstreicht das. Wir bringen<br />
unsere technologische Kompetenz beim Umgang mit reifen Feldern<br />
auf dem Festland ein, von Statoil kommt viel Know-how im<br />
Offshore-Segment. Solche Partnerschaften sind der Schlüssel für<br />
erfolgreiche Explorations-Projekte.<br />
AI: Ihr Konzernumsatz belief sich 2012 auf rund 42,65 Milliarden<br />
Euro. Womit machte die OMV im letzten Jahr ihre größten Umsätze?<br />
Das renditeschwache Geschäft mit Tankstellen wird es wohl<br />
nicht sein?<br />
GR: Der Bereich Exploration und Produktion stellt ein wichtiges<br />
Standbein für unser Unternehmen dar. Die OMV Strategie sieht<br />
eine Schärfung des Unternehmensportfolios vor. Das bedeutet eine<br />
schrittweise Verschiebung vom Bereich Refining und Marketing<br />
hin zu Exploration und Produktion. Der Geschäftsbereich Raffinerien<br />
und Marketing bleibt dennoch weiterhin ein wichtiges Geschäftsfeld<br />
für uns, durch diese Maßnahme passen wir den Anteil<br />
am Gesamtportfolio dem herausfordernden Marktumfeld an.<br />
AI: Ihr Kernland ist neben Österreich auch Rumänien. Warum gerade<br />
Rumänien?<br />
GR: Rumänien ist unser größtes Produktionsland und bietet ein<br />
attraktives Tankstellen-Netz. Ab 2012 liegt hier unser Fokus auf<br />
neuen Entwicklungsprojekten speziell im Schwarzen Meer, der<br />
Stabilisierung der inländischen Produktion sowie der Modernisierung<br />
der Raffinerie in Petrobrazi. Die jüngste Evaluierung der Bohrung<br />
im Schwarzen Meer (preappraisal evaluation) ergibt eine<br />
potenzielle Gasproduktion von 6 Mio. m 3 jährlich, der Anteil von<br />
OMV Petrom dabei ist 50 Prozent. Weitere Explorationsaktivitäten<br />
sind im Laufe des Jahres geplant.<br />
AI: Bevor Sie 2009 Ihre 20-Prozent-Anteile an der MOL verkauften,<br />
stand die OMV als Marktführer in Zentral- und Osteuropa knapp ➞<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
18 Wirtschaft<br />
Alternative Antriebskonzepte für<br />
Fahrzeuge mit Wasserstoff und<br />
Brennstoffzelle sind seit Jahren<br />
ein Forschungs thema der OMV.<br />
Damit wird ein weiterer Schritt<br />
Richtung Nachhaltigkeit und<br />
emissionsfreie Mobilität gesetzt.<br />
Forschungsfelder die sich aus der Natur der neuen Öl- und Gasförderung<br />
ergeben, wie im Bereich Offshore.<br />
AI: Sind innovative Entwicklungen in Sicht, um kostengünstiger an<br />
derzeit noch aufwändig zu fördernde Quellen zu kommen?<br />
GR: Die OMV investiert in neueste Methoden, um die Öl- und Gasförderung<br />
in reifen Feldern abzusichern. So konnten wir z. B. die<br />
Förderung in Rumänien stabilisieren und auf einem konstanten<br />
Level halten.<br />
➞ davor, auch Ungarns führenden Mineralölkonzern zu übernehmen.<br />
Ist dieses Kapitel damit abgeschlossen, oder denken Sie bei<br />
all fälligen Expansionsstrategien Ungarn nach wie vor mit?<br />
GR: Wir sehen uns laufend interessante Projekte an. Ungarn ist<br />
momentan nicht im Fokus.<br />
AI: Die angestrebte MOL-Aktienmehrheit hätte Sie damals rund<br />
zehn Milliarden Euro gekostet. Steht also zumindest dieses Kapital<br />
für Expansion zur Verfügung?<br />
GR: Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Unsere Investitionen<br />
fließen zu rund 70 Prozent in den Bereich Exploration und Produktion.<br />
Insgesamt werden wir heuer 2,8 Milliarden Euro investieren.<br />
AI: Rund zwei Milliarden davon wurden für die norwegische Statoil<br />
reserviert, oder?<br />
GR: Für die Übernahme von Anteilen an den Öl- und Gasfeldern<br />
Gullfaks und Gudrun sowie die Erhöhung der Anteile an der Feldneuentwicklung<br />
Schiehallion und der Tiefwasserentwicklung Rosebank<br />
ist mit Statoil ein Kaufpreis von rund zwei Milliarden Euro<br />
vereinbart. Dazu kommt eine Kostenbeteiligung für das laufende<br />
Jahr in der Höhe von 500 Millionen US-Dollar.<br />
AI: Ist die Schiefergas-Gewinnung auch ein Thema für die OMV?<br />
GR: Im September 2012 ist für uns die Entscheidung gefallen, von<br />
Schiefergas in Österreich abzusehen.<br />
AI: Wieviel Budget stellen Sie für Forschung und Entwicklung zur<br />
Verfügung?<br />
GR: Unser Forschungsbudget liegt momentan bei etwa 21 Millionen<br />
Euro für klassische F & E Projekte. Zusätzlich geben wir im<br />
Bereich Demonstration, d. h. erstmalige Erprobung neuer Technologien,<br />
vorwiegend bei Exploration und Produktion nochmals 10<br />
Millionen Euro abhängig von den Projekten aus.<br />
AI: Was sind die aktuellen Herausforderungen aus forschungstechnischer<br />
Sicht in Ihrer Branche?<br />
GR: Eine der wichtigsten Fragen, mit der wir uns beschäftigen, ist<br />
die Zukunft der Mobilität und des Transportes, da 70 Prozent der<br />
Produkte einer Raffinerie in diese Segmente gehen. Wir investieren<br />
so zum Beispiel in die Erforschung von Biokraftstoffen der zweiten<br />
Generation und beteiligen uns an unterschiedlichen zukunftsweisenden<br />
Projekten wie der Mobilität mit Wasserstoff. Auch die Absicherung<br />
der Öl- und Gasförderung in reifen Feldern ist ein Forschungsgebiet,<br />
bei dem die OMV führend ist. Neu hinzu kommen<br />
AI: Mit welchen Forschungsinstitutionen arbeiten Sie zusammen?<br />
GR: Die OMV arbeitet in Projekten mit vielen Universitäten und<br />
außeruniversitären Forschungsstellen zusammen, vorwiegend in<br />
Deutschland, Österreich und Rumänien. Neben den technischen<br />
Universitäten sind das die Montanuniversitäten, aber auch z. B. im<br />
Bereich der Geologie die entsprechenden Institute an anderen Universitäten<br />
sowie im Bereich des nachhaltigen Managements mit<br />
der WU Wien.<br />
AI: Beyond Petroleum – BP investiert beispielsweise seit langem<br />
auch in Alternative Energien. Mit welchen Konzepten wird die OMV<br />
der Post-Öl-Ära begegnen?<br />
GR: Für uns sind Treibstoffe und Antriebssysteme der zweiten<br />
Ge neration interessant. Zum Beispiel ist das alternative Antriebskonzept<br />
für Fahrzeuge mit Wasserstoff und Brennstoffzelle seit<br />
Jahren ein Forschungsthema der OMV. Damit wird ein weiterer<br />
Schritt Richtung Nachhaltigkeit und emissionsfreie Mobilität gesetzt.<br />
Die OMV betreibt bereits zwei Wasserstofftankstellen, um<br />
wertvolle Erfahrungen bei Genehmigung, Transport und Speicherung<br />
von Wasserstoff sowie bei der Betankung von Brennstoffzellenfahrzeugen<br />
im Alltagsbetrieb zu sammeln. OMV ist auch Partner<br />
in einem Konsortium, das in Deutschland den ersten Wasserstoffmarkt<br />
in der Mobilität, d. h. Tankstellen und Brennstoff zellenautos,<br />
aufbauen will. Mit der Wasserstoff-Tankstelle in der Shuttleworthstraße<br />
in Wien macht die OMV jetzt diesen emissionsfreien Kraftstoff<br />
der Zukunft in Österreich verfügbar.<br />
AI: Zurück nach Österreich: Im vergangenen Jahr förderte Ihr Unternehmen<br />
rund 300.000 Barrel täglich. Wie hoch ist der tägliche<br />
Gesamtbedarf in Österreich?<br />
GR: Die OMV förderte in Österreich im Jahr 2012 durchschnittlich<br />
38.000 Barrel Öläquivalent (boe) pro Tag. Damit deckten wir rund<br />
10 Prozent des heimischen Rohölbedarfs und 15 Prozent des heimischen<br />
Erdgasbedarfs ab. Auf Basis der heutigen konventionellen<br />
Reserven geht die OMV davon aus, dass die Öl- und Gasförderung<br />
in Österreich für einen Zeitraum von weiteren 20 bis 30 Jahren<br />
wirtschaftlich möglich ist.<br />
AI: Die sicheren Öl- und Gasreserven der OMV betragen rund 1,12<br />
Milliarden Barrel. Wie lang würde Österreich mit dieser Menge im<br />
Notfall versorgt werden können?<br />
GR: Es handelt sich dabei um unsere weltweiten Reserven. Im<br />
Jahr 2012 lag der Erdölverbrauch in Österreich bei etwas mehr als<br />
12,4 Mio Tonnen, das entspricht wiederum rund 90 Mio Barrel.<br />
Theoretisch könnten wir also den österreichischen Bedarf für etwas<br />
mehr als zwölf Jahre decken.<br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Hyundai i40 Business Class<br />
Einfach alles.<br />
Ohne verhandeln.<br />
GARANTIE<br />
OHNE<br />
KILOMETER-<br />
BEGRENZUNG<br />
Am Arbeitsplatz darf es keine Kompromisse geben - schon gar nicht,<br />
wenn es um Kosten und Effizienz geht. Der wirtschaftliche Verbrauch<br />
ab 4,3 l/100 km, die niedrigen Emissionswerte, die 5 Jahre Garantie ohne<br />
Kilo meter begrenzung sowie die hohe Werterhaltung lt. Eurotax überzeugen.<br />
Attraktives, modernes Design, umfassender Komfort und überkomplette<br />
Ausstattung versüßen Ihnen den Arbeitsalltag. Besiegeln Sie ein gutes<br />
Geschäft. Ihr Hyundai-Fleet Business Center freut sich auf Ihren Besuch.<br />
Testen Sie die Hyundai Business Class.<br />
Buchen Sie jetzt Ihre Probefahrt unter www.hyundai.at/firmenkunden<br />
CO 2 : 113 - 179 g/km, NO x : 11 - 157 mg/km, Verbrauch: 4,3 l Diesel - 7,7 l Benzin/100 km. Benzinmotoren mit 135 PS und 178 PS sowie Dieselmotoren mit 116 PS und<br />
136 PS lieferbar. Symbolabbildung.
20 Forschung<br />
Upper <strong>Austria</strong>n Research<br />
MS-Wissenschaft 2013:<br />
Chance Demografie<br />
Dialog an Deck: „Selbstbestimmtes,<br />
langes Leben durch innovative Technik“<br />
Die Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH<br />
lud am 16. 9. zum Dialog an Deck<br />
der MS-Wissenschaft.<br />
150 Gäste, darunter Spitzen von Wissenschaft<br />
und Wirtschaft, folgten am 16. 9. der<br />
Einladung und diskutierten das brandaktuelle<br />
Thema: „Selbstbestimmtes, langes<br />
Leben durch innovative Technik“. ExpertInnen<br />
zeigten eindrucksvoll, wie die<br />
Forschung uns frühzeitig auf den demografischen<br />
Wandel einstimmt und hilft, uns<br />
auf die kommenden Herausforderungen<br />
vorzubereiten.<br />
Schwerpunkt des Dialoges waren die Auswirkungen<br />
der demografischen Entwicklung<br />
auf Gesellschaft und Wirtschaft, soziale,<br />
gesellschaftliche und technologische<br />
Faktoren des Alterungsprozesses, „Quality<br />
of Life Technologies“, Hightech-Lösungen<br />
in der Medizintechnik oder neueste Ansätze<br />
zum Arbeitsplatz der Zukunft.<br />
Am Podium diskutierten International<br />
renommierte Wissenschafter/<br />
innen aus Oberösterreich:<br />
❚ Univ.-Prof. Dr. Rudolf Winter-Ebmer,<br />
Institut für Volkswirtschaftslehre JKU<br />
❚ Univ.-Prof. Mag. Dr. Alois Ferscha,<br />
Institut für Pervasive Computing JKU<br />
❚ DI Dr. Thomas Buchegger,<br />
MBA, Linz Center of Mechatronics<br />
❚ Mag. David Hofer,<br />
LIFEtool gemeinnützige GmbH<br />
❚ DI Dr. Andreas Pichler,<br />
PROFACTOR GmbH, sowie aus Wien<br />
❚ DIin Mag.a Dr.in Isabella Buber-Ennser<br />
vom Wittgenstein Centre for Demography<br />
and Global Human Capital<br />
(IIASA, VID/ÖAW, WU).<br />
Expertendiskussion<br />
beim Dialog an Deck<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Forschung<br />
21<br />
MS-Wissenschaft in Linz –<br />
ein Besuchermagnet<br />
Gastgeber und ReferentInnen<br />
beim Dialog an Deck: (v. li.):<br />
Univ.-Prof. Alois Ferscha (JKU),<br />
Moderatorin Judith Weissenböck (ORF),<br />
Dr. Isabella Buber-Ennser (Wittgenstein<br />
Centre), Univ.-Prof. Rudolf Winter-<br />
Ebmer (JKU), Dr. Wilfried Enzenhofer<br />
(Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH),<br />
Dr. Dorothea Sturn (FWF), Mag. David<br />
Hofer (LIFEtool), Dr. Thomas Buchegger<br />
(LCM), DI Dr. Andreas Pichler<br />
(PROFACTOR)<br />
Dialog an Deck<br />
Die Upper <strong>Austria</strong>n Research<br />
GmbH, Leitgesellschaft für<br />
die außeruniversitäre Forschung<br />
in Oberösterreich,<br />
koordiniert die MS-Wissenschaft<br />
in Linz und lud zum<br />
Dialog an Deck.<br />
Dr. Wilfried Enzenhofer,<br />
GF Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH<br />
Fotos: Land OÖ/Kauder (Abdruck honorarfrei); Ilja Hendel/Wissenschaft im Dialog<br />
Die MS-Wissenschaft 2013 „Alle Generationen in einem<br />
Boot – der demografische Wandel als Chance“ in Linz<br />
war ein voller Erfolg.<br />
Das schwimmende Science Center konnte während ihres Aufenthaltes<br />
in Linz rund 35 Schulkassen begrüßen und konnte heuer<br />
insgesamt wieder einen Besucherrekord aufstellen. Bereits zum<br />
vierten Mal lädt der FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen<br />
Forschung) mit Unterstützung des BMWF (Bundesministerium<br />
für Wissenschaft und Forschung) die Bevölkerung zum<br />
Ausprobieren und Mitmachen ein.<br />
Die Besucher erfuhren in der Ausstellung spielerisch, wie es sich<br />
im demografischen Wandel lebt, wie gesellschaftliche Entwicklungen<br />
das Leben auf der Erde beeinflussen, wie sich Altern anfühlt,<br />
wie sich unser Familienbild verändert, warum die Gesellschaft<br />
insgesamt älter wird oder welche neuen Ideen es für altersgerechte<br />
Städte gibt.<br />
Mehr Infos unter www.uar.at<br />
n<br />
„Es freut uns, dass wir international<br />
renommierte Wissenschafter/innen<br />
als Referenten und ein<br />
hochkarätiges Publikum für den<br />
Dialog an Deck gewinnen konnten.<br />
Dieser beleuchtete brandaktuelle<br />
Forschungsfragen, denn<br />
die Anforderungen an das Gesundheitswesen<br />
und an den Arbeitsplatz<br />
der Zukunft werden sich<br />
aufgrund der steigenden Lebenserwartung<br />
verändern. Die Themen<br />
Gesundheit/Alternde Gesellschaft<br />
und Industrielle Produktionsprozesse<br />
stellen auch einen<br />
zentralen Bestandteil des neuen<br />
Forschungs- und Wirtschaftsprogramms<br />
„Oberösterreich 2020“,<br />
das derzeit erstellt wird, dar.“, so<br />
Dr. Wilfried Enzenhofer, GF Upper<br />
<strong>Austria</strong>n Research GmbH.<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Forschungsstandort<br />
Wien<br />
Diese Beilage erscheint<br />
als entgeltliche Kooperation<br />
mit der Stadt Wien
2<br />
Forschungsstandort Wien<br />
Inhalt<br />
3 Forschung findet Stadt –<br />
Hotspot für innovative<br />
Betriebe<br />
6 Wissen schaf(f)t<br />
Infrastruktur<br />
11 Entwicklungszonen der<br />
Stadt aus Forschungssicht<br />
14 Keine gläsernen<br />
Decken in Wien<br />
Impressum: Medieninhaber, Herausgeber und Verleger:<br />
Verlag Holzhausen GmbH | A-1110 Wien, Leberstraße 122 |<br />
Telefon: +43-1/740 95-435 | Fax: +43-1/740 95-111 | DVR:<br />
0408689 | Chefredaktion: Christian Klobucsar | Autorin<br />
dieser Ausgabe: Dr. Silvia Anner | Grafisches Konzept:<br />
Elisabeth Pirker, www.offbeat.at | Druck: Druckerei Odysseys,<br />
2325 Himberg | Fotos: 123rf, pixelio, Stadt Wien, Wiener<br />
Linien, Kengo Kuma, Keosk, MedUni Wien | Aus Gründen<br />
der besseren Lesbarkeit wurde bei Personen nicht durchgängig<br />
die männliche und die weibliche Form angeführt.<br />
Gemeint sind selbstverständlich immer beide Geschlechter.<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
Forschungsstandort Wien<br />
3<br />
Forschung findet Stadt<br />
Hotspot für innovative Betriebe:<br />
Über die Hälfte der wissenschaftlichen<br />
Forschungsleistung Österreichs wird in der<br />
Bundeshauptstadt erbracht. Damit Wien auch<br />
weiterhin zentaler Standort für forschungsintensive<br />
Unternehmen bleibt, wurden in der neuen<br />
FTI-Strategie der Stadt die Rahmenbedingungen<br />
für innovative Betriebe neuerlich verbessert. ➞<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
4 Forschungsstandort Wien<br />
➞ Innovations- und Wissenschaftsstandort<br />
Wien fungiert nicht nur als Wirtschaftsdrehscheibe innerhalb der<br />
Europaregion CENTROPE, sondern hat sich auch als nationale<br />
Drehscheibe für internationale Forschungstätigkeiten etabliert. Mit<br />
1.329 Forschungseinrichtungen ist die Bundeshauptstadt das Zentrum<br />
der Forschung und experimentellen Entwicklung in Österreich.<br />
40 Prozent aller österreichischen Forschungs-, Technologieund<br />
Innovationsarbeitsplätze sind in Wien angesiedelt. Über die<br />
Hälfte der wissenschaftlichen Forschungsleistung des Landes werden<br />
hier erbracht, was auch entsprechende Auswirkungen auf den<br />
Arbeitsmarkt hat. 2009 waren rund 20.254 Vollzeitäquivalente in der<br />
Forschung tätig. Mit neun Universitäten, an denen etwa 18.000<br />
wissenschaftliche und künstlerische MitarbeiterInnen in rund 400<br />
Forschungseinrichtungen beschäftigt sind, vier Privat universitäten,<br />
sechs Fachhochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
wie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, dem<br />
<strong>Austria</strong>n Institute of Technology, Kompetenzzentren, geistes-, sozial-<br />
und kulturwissenschaftlichen Instituten sowie Einrichtungen im<br />
Unternehmenssektor bietet die Stadt das umfassendste Angebot<br />
an Forschungsinstitutionen. An 83 öffentlich zugänglichen Bibliotheken<br />
(abseits der Wiener Büchereien) können Studierende und<br />
WissenschaftlerInnen auf die Wissensbestände der Stadt zugreifen.<br />
Fördermaßnahmen<br />
Bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung liegt Wien mit<br />
rund 38 Prozent der österreichischen Gesamtausgaben im Bundesländervergleich<br />
an der Spitze. Die Hälfte des Gesamtvolumens<br />
an Fördergeldern der Europäischen Union für Forschung und Entwicklung<br />
in Österreich wurde nach Wien geholt. Die Wiener Forschungsförderung<br />
unterstützt mit einer Vielzahl an Maßnahmen,<br />
strategischen Projekten und Veranstaltungen die Positionierung<br />
Wiens als Innovations- und Wissenschaftsstandort. Die Stadt hat<br />
Fördermaßnahmen im Rahmen der<br />
FTI-Strategie der Stadt Wien (Auswahl)<br />
In den Jahren 2006 und 2007 hat<br />
die Stadt Wien einen Forschung-<br />
Technologie-Innovations-Prozess<br />
(FTI) durchgeführt, auf dessen Ergebnissen<br />
eine FTI-Strategie entwickelt<br />
wurde, die kontinuierlich evaluiert<br />
wird. Eines der fünf definierten<br />
Handlungsfelder betrifft die Entwicklung<br />
Wiens als Forschungs- und<br />
Innovationsstandort in Europa und<br />
internationalen Netzwerkknoten.<br />
Das 2010 ins Leben gerufene „Vienna International<br />
Postdoctoral Program“ (VIPS)<br />
für Postdocs bietet JungforscherInnen im<br />
Bereich der Lebenswissenschaften Raum<br />
für unabhängige, eigene Forschungsideen.<br />
Mit einem Drei-Jahres-Vertrag und zusätzlich<br />
einem unabhängigen Forschungsbudget<br />
können sie an den Max F. Perutz Laboratories<br />
(MFPL), einem Forschungs- und<br />
Ausbildungszentrum der Universität Wien<br />
und der Medizinischen Universität Wien,<br />
unter Anleitung von erfahrenen Forscher-<br />
Innen eigene Ideen entwickeln, planen und<br />
umsetzen. Das Programm wird als gemeinsame<br />
Initiative vom Wissenschaftsministerium<br />
und der Stadt Wien mit insgesamt<br />
rund fünf Millionen Euro gefördert. In den<br />
ersten drei Ausschreibungen haben sich<br />
insgesamt mehr als 800 internationale ForscherInnen<br />
beworben.<br />
Die Initiative „WienWin“ ist eine Datenbank<br />
für innovative Produkte und Dienstleistungen<br />
von Wiener UnternehmerInnen.<br />
Sie bietet Projektverantwortlichen im Magistrat<br />
und den Unternehmen der Stadt<br />
Wien einen klar strukturierten Überblick<br />
auf das Wiener Innovationspotential mit<br />
detaillierten Informationen zu Innovationen<br />
von energieeffizienten Bauten über<br />
intelligente Verkehrssteuerung bis hin zur<br />
fortschrittlichen medizinischen Infrastruktur.<br />
Wiener UnternehmerInnen eröffnet<br />
WienWin die Chance, ihre innovativen Produkte<br />
und Dienstleistungen sichtbar zu<br />
machen und auch Pilot- und Referenzprojekte<br />
zu realisieren. Im Optimalfall ist die<br />
Stadt Wien als Referenzkundin die Initialzündung<br />
für den erfolgreichen Einstieg in<br />
nationale- und internationale Märkte. Dieser<br />
Innovations-Pool versteht sich als Netzwerk<br />
zukunftsorientierter Projekte der<br />
Stadt Wien.<br />
Der Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds<br />
fördert „Vienna Research Groups<br />
for Young lnvestigators“ (Schwerpunkt Informations-<br />
und Kommunikationstechnologien)<br />
ebenso wie Call-Projekte im Rahmen<br />
des Wiener Impulsprogramms für<br />
Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.<br />
Ziel ist es, vielversprechende junge<br />
ForscherInnen nach Wien zu holen, um<br />
hier eine Forschungsgruppe aufzubauen<br />
und somit längerfristig an den Standort zu<br />
binden. 2012 wurde die dritte Ausschreibung<br />
im WWTF-Schwerpunkt „Mathematik<br />
und …“ durchgeführt. Zwei Mathematiker<br />
wurden mit insgesamt drei Millionen<br />
Euro gefördert: Stefan Hetzl von der TU<br />
Wien (Institut für Diskrete Mathematik und<br />
Geometrie) für sein Forschungsprojekt, in<br />
dem er die Beweistheorie, ein Teilgebiet<br />
der Logik, mit der Theorie formaler Sprachen<br />
verbinden will, und Martin Ehler, der<br />
an der Universität Wien eine Arbeitsgruppe<br />
aufbauen wird, die sich mit der Entwicklung<br />
neuer mathematischer Methoden zur<br />
Analyse der riesigen und weiter wachsenden<br />
Bild- und Datenmengen in Medizin,<br />
Biologie und anderen Gebieten beschäftigt.<br />
2013 erfolgt die Ausschreibung des<br />
VRG-Programms im Bereich Kognitionswissenschaften.<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
Forschungsstandort Wien<br />
5<br />
in den letzten Jahren sechs Fonds gegründet und verfügt mit den<br />
bereits bestehenden über neun aufeinander abgestimmte Instrumente<br />
zur Wissens-, Wissenschafts-, Forschungs- und Technologieförderung.<br />
Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen<br />
Forschung (FWF) oder der Wiener Wissenschafts-, Forschungsund<br />
Technologiefonds (WWTF) betreiben mittels Ausschreibungen<br />
kompetitive Forschungsförderung. Ausschreibungen, wie etwa der<br />
„Green Innovation“ Call 2011 – durchgeführt von der Technologieagentur<br />
der Stadt Wien (ZIT) – gelten Ideen und Projekten im Bereich<br />
der erneuerbaren Energien. Außerdem fördert der WWTF<br />
durch die Vergabe von Stiftungsprofessuren Nachwuchskräfte, um<br />
WissenschaftlerInnen an Wiener Universitäten oder Forschungseinrichtungen<br />
zu holen. Sei es, um eine führende Position des<br />
Wissenschaftsstandortes noch weiter auszubauen oder um die<br />
Entwicklung eines klar definierten Forschungsfeldes voranzutreiben<br />
und etwaige Lücken zu schließen. Seit 2003 hat der Wiener<br />
Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) 86<br />
Millionen Euro Forschungsförderung vergeben.<br />
<strong>Innovativ</strong>e Ideen von ihrem Entstehen über ihre Weiterentwicklung<br />
und Umsetzung in Produkte und Services bis hin zur Vermarktung<br />
zu unterstützen, ist das Ziel der Technologieagentur der Stadt<br />
Wien GmbH. ZIT, eines Unternehmens der Wirtschaftsagentur<br />
Wien, das Ende 2000 gegründet wurde. Das Angebot der ZIT GmbH<br />
umfasst die Analyse des Technologiesektors hinsichtlich seiner<br />
Entwicklungen und Funktionsweisen und dementsprechende Konzepte<br />
zur Unterstützung technologieorientierter Unternehmen,<br />
direkte finanzielle Unterstützungen für Unternehmen, die Bereitstellung<br />
technologiespezifischer Infrastruktur sowie flankierende<br />
Maßnahmen in allen Phasen des Innovationsprozesses. Um speziell<br />
die Creative Industries in Wien zu unterstützen, wurde 2003<br />
departure – Die Kreativagentur der Stadt Wien GmbH ebenfalls als<br />
Tochterunternehmen der Wirtschaftsagentur Wien gegründet.<br />
Schwerpunkte der Wiener Forschung<br />
Zu den Stärkefeldern der Wiener Forschung, die auch international<br />
reüssieren und gezielt gefördert werden, zählen die Life Sciences,<br />
die Informations- und Kommunikationstechnologie und die Creative<br />
Industries ebenso wie beispielsweise Spitzenforschung in den<br />
Bereichen Quantenphysik mit ihren Teildisziplinen Quantenoptik<br />
und Quanteninformation, Informatik oder Mathematik. In den letzten<br />
Jahren hat sich die Bundeshauptstadt dank entsprechender<br />
Lehr- und Forschungseinrichtungen, der langjährigen Präsenz internationaler<br />
Konzerne und vielfältiger Kooperationen zwischen<br />
Wissenschaft und Wirtschaft zu einem zukunftsorientierten Life<br />
Sciences Standort entwickelt. Seit den späten 1990er Jahren haben<br />
auch zahlreiche junge Firmen hier ihren Betrieb aufgenommen.<br />
Als Schwerpunktthema der Wiener Technologiepolitik wurde der<br />
Bereich Life Sciences durch ein Bündel an Maßnahmen unterstützt:<br />
die Betreuungseinrichtung Life Science <strong>Austria</strong> Vienna (LISAvienna),<br />
eine Arbeitsgemeinschaft zwischen ZIT – Die Technologieagentur<br />
der Stadt Wien GmbH und <strong>Austria</strong> Wirtschaftsservice (AWS)<br />
sowie die Entwicklung von Technologiestandorten wie dem Campus<br />
Vienna Biocenter und regelmäßig durchgeführte Förder-Calls.<br />
Die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bilden<br />
mit rund 5.700 Unternehmen, 55.000 Beschäftigten und über<br />
17 Milliarden Euro Umsatz jährlich ein zentrales Stärkefeld der Wiener<br />
Wirtschaft. Fast 40 Prozent der IKT-Unternehmen führen Forschungs-<br />
und Entwicklungstätigkeiten durch.<br />
Die Kreativwirtschaft umfasst erwerbsorientierte Unternehmen,<br />
die sich mit der Schaffung, Produktion und (medialen) Distribution<br />
von kreativen und kulturellen Gütern und Dienstleistungen beschäftigen.<br />
Dazu zählen Architektur, Design, Musik, Buch & künstlerische<br />
Tätigkeit, Radio & TV, Software & Games, Verlage, Video & Film,<br />
Werbung und Bibliotheken, Museen sowie botanische und zoologische<br />
Gärten. Jedes zehnte Unternehmen in Österreich gehört der<br />
Kreativwirtschaft an; das waren im Jahr 2008 rund 36.100 Betriebe,<br />
Zu den Stärkefeldern der Wiener Forschung, die auch international<br />
reüssieren und gezielt gefördert werden, zählen neben der IKT-Forschung<br />
und den Creative Industries vor allem die Life Sciences.<br />
in denen mehr als 127.000 Beschäftigte tätig waren. Damit gehört<br />
Österreich neben Schweden, Großbritannien, den Niederlanden<br />
und Dänemark zu jenen Ländern in der EU, die über eine stark<br />
entwickelte Kreativwirtschaft verfügen. 2012 wurde von der Kreativagentur<br />
der Stadt Wien departure ein White Paper zum Thema<br />
Kooperation von Kreativunternehmen mit der klassischen Wirtschaft<br />
erstellt.<br />
Grenzüberschreitende Kooperationen<br />
Verstärkte grenzüberschreitende Kooperationen in Wissenschaft<br />
und Forschung tragen einerseits dazu bei, Wien noch stärker im<br />
internationalen Kontext zu positionieren, andererseits aus der Vernetzung<br />
und dem Wissensaustausch wertvolle Synergien zu schaffen.<br />
Mit dem Fokus auf die Europa Region Mitte CENTROPE – an<br />
der Schnittstelle von Österreich, Tschechien, der Slowakei und<br />
Ungarn – setzt die centrope Strategie 2013+ wichtige Impulse für<br />
eine verstärkte Zusammenarbeit bei Forschung und Innovation<br />
sowie bei der Stärkung von Humankapital. Sie ist das Ergebnis<br />
eines mehrjährigen Entwicklungs- und Abstimmungsprozesses in<br />
der grenzüberschreitenden Vierländerregion. Forschungs- und Bildungskooperationen,<br />
strategische Allianzen zwischen den Universitäten,<br />
verbesserte Möglichkeiten für den Wissenstransfer zwischen<br />
Forschung und Unternehmen sowie die Förderung unternehmerischer<br />
Innovation tragen direkt zur Entfaltung von Technologie-<br />
und Forschungsclustern und damit zu den wirtschaftlichen<br />
Erfolgschancen der Europa Region Mitte bei.<br />
www.forschung.wien.at<br />
n<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
6 Forschungsstandort Wien<br />
Wissenschaf(f)t<br />
Infrastruktur<br />
Forschungen und Programme der Stadtverwaltung<br />
zu innovativen Stadtentwicklungskonzepten und neuen<br />
Stadttechnologien besonders im Bereich Umwelt und Energie<br />
sollen Wien fit für die Herausforderungen von Bevölkerungszuwachs,<br />
Klimawandel und der globalen Veränderung in<br />
Wirtschaft und Gesellschaft machen.<br />
Das Konzept der Smart City Vienna<br />
Die erfolgreiche Wissenschaftsarbeit Wiens dokumentiert sich<br />
auch darin, dass die Stadtverwaltung ein impulsgebender Knoten<br />
im Forschungs- und Wissensnetzwerk der Stadt wurde. Wobei das<br />
Spektrum der Aktivitäten von eigener Forschung, der Beauftragung<br />
von Forschungsprojekten, der aktiven Zusammenarbeit mit<br />
Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die innovative Produkte<br />
und Dienstleistungen entwickeln, bis zum Einkauf von neu<br />
am Markt erhältlichen Produkten und Dienstleistungen sowie der<br />
Bereitstellung von Daten für Forschungsprojekte reicht. Thematisch<br />
dominieren Umwelt- und Energiethemen sowie Informationsund<br />
Kommunikationstechnologien.<br />
Vor allem in ihren Kernkompetenzen fördert die Wiener Stadtverwaltung<br />
innovative Entwicklungen von Stadttechnologien, in den<br />
Bereichen Energie und Umwelt sowie Ver- und Entsorgung. Das<br />
Planungskonzept der „Smart City“ steht für die „intelligente Stadt“,<br />
die für Herausforderungen wie den Bevölkerungszuwachs, die Umwelt-<br />
und Klimaproblematik oder die globale Veränderung in Wirtschaft<br />
und Gesellschaft gerüstet ist. Der Begriff „Smart Cities“<br />
bezeichnet Städte, die Ressourcen intelligent und effizient nutzen<br />
und innovative Technologien – speziell in den miteinander verknüpften<br />
Bereichen Energie, Gebäude, Mobilität und Infrastruktur<br />
– einsetzen, um Kosten und Energie zu sparen. Gleichzeitig geht<br />
es darum, das Dienstleistungsangebot zu erweitern und die Lebensqualität<br />
zu erhöhen. Auf dem Weg zur emissionsarmen Wirtschaft<br />
werden der ökologische Fußabdruck und damit die Umweltbelastung<br />
reduziert. Im Vordergrund steht die effiziente und nachhaltige<br />
Nutzung von vorhandenen Ressourcen wie Energie, Verkehrsinfrastruktur,<br />
Wohnraum, (öffentlichem) Stadtraum, aber auch die<br />
intelligente Verbindung von innovativen (Informations-)Technologien<br />
mit dem Wissen der Menschen und Unternehmen einer Stadt.<br />
Die vorhandenen Potenziale sollen dort eingesetzt werden, wo sie<br />
gerade gebraucht werden. Dafür ist es wichtig, auf die Bedürfnisse<br />
unterschiedlicher Gruppen in der Stadt einzugehen und intelligente<br />
Kommunikationskanäle zwischen den Menschen und ihrer Stadt<br />
zu schaffen. Aktivitäten wie „Open Government Data“, womit Daten<br />
der Stadt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, und<br />
die Entwicklung von Online-Dienstleistungen sind wichtige ➞<br />
Ziele der „Smart<br />
City Wien Initiative“<br />
❚ Ganzheitliche Betrachtungsweisen<br />
❚ Bedeutende Reduktion des CO 2<br />
-Ausstoßes<br />
und des Energieverbrauchs<br />
❚ Nachhaltige Nutzung von verfügbaren Ressourcen<br />
❚ Energieeffizient und intelligent geplante<br />
(Bau-)Strukturen<br />
❚ Intelligenter Umgang mit bestehendem Stadtraum<br />
❚ Nutzungsmischung und maßvolle Verdichtung<br />
❚ Moderne, zukunftsfähige Infrastrukturen<br />
❚ Innovationen in Forschung und Technologieentwicklung,<br />
smarte Geschäftsmodelle und<br />
Export von Wiener Know-How<br />
❚ Hohe, sozial ausgewogene Lebensqualität<br />
für alle Wienerinnen und Wiener<br />
❚ Mehr Grünflächen und verkehrsberuhigte Zonen<br />
durch intelligente Stadt(teil)planung<br />
❚ Grätzelbildung und Stärkung lokaler Strukturen<br />
❚ Intelligente Mobilitätslösungen mit Augenmerk auf<br />
öffentlichen Verkehr sowie Rad- und Fußverkehr<br />
❚ <strong>Innovativ</strong>e Planungsmethoden und<br />
Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger<br />
❚ Moderne und effiziente städtische Dienstleistungen<br />
(zum Beispiel E-Governance) und Verfügbarkeit<br />
städtischer Daten (Open Data)<br />
❚ Nutzung und Förderung von lokalem Wissen<br />
❚ Internationale Positionierung Wiens als<br />
wettbewerbsfähige, lebenswerte Stadt<br />
www.smartcity.wien.at<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
Forschungsstandort Wien<br />
7<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
8 Forschungsstandort Wien<br />
➞ Schritte auf dem Weg zur Smart City. 2013 unterzeichneten der<br />
Wiener Bürgermeister Michael Häupl und Infrastrukturministerin<br />
Doris Bures ein „Memorandum of Understanding“ zwischen Wien<br />
und dem Bund zum Thema Smart City. Ziel dabei ist es, zukünftig<br />
über eine gemeinsame Steuerungsgruppe Projekte anzustoßen<br />
und auf europäischer Ebene Finanzierungen zu lukrieren. Die Entwicklung<br />
zur „Smart City“ wird als ein stark wachsender Markt<br />
gesehen, wo bedeutende Investitionen in die Entwicklung „smarter“<br />
Stadttechnologien zu erwarten sind.<br />
Das Projekt Smart City Wien, bei dem die Wiener Stadtverwaltung<br />
mit Wirtschaft und Wissenschaft zusammenarbeitet, baut auf bestehende<br />
Ansätze in der Umwelt- und Klimapolitik auf: Reduktion<br />
des Ressourcenverbrauchs, Steigerung der Ressourceneffizienz,<br />
Energie aus erneuerbaren, umweltfreundlichen Quellen, wobei<br />
effizient und optimal Versorgungssicherheit gewährleistet wird.<br />
Wichtige Kriterien des Smart City-Konzepts sind Nachhaltigkeit in<br />
der Stadtentwicklung, wobei das soziale Zusammenleben ebenso<br />
wie die Bedeutung von Grün- und Freiräumen Berücksichtigung<br />
finden. Wesentliche Charakteristika sind außerdem die Nutzungsmischung,<br />
innovative städtebauliche Lösungen sowie eine intelligente<br />
Mobilität abseits des Pkw. Für nachhaltige Verkehrslösungen<br />
ist das aufeinander abgestimmte Zusammenspiel unterschiedlicher<br />
Verkehrsmittel von den öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu<br />
Carsharing wichtig, um die Erreichbarkeiten weiter zu verbessern.<br />
Der bewusstere Umgang mit Energie, von der Erzeugung bis zum<br />
Verbrauch, zeigt sich in der intelligenten Planung von Gebäuden,<br />
Energienetzen und Energiequellen (z. B. Sonne, Abfall, Biomasse,<br />
Erd- und Abwärme). Neue Informations- und Kommunikationstechnologien<br />
helfen dabei, Einblick und Übersicht über die verschiedenen<br />
Abläufe und Stoffströme in einer Stadt zu erhalten.<br />
Im Zuge des Projekts werden ein „Aktionsplan 2012-2015“, eine<br />
„Smart Energy Vision 2050“ und eine „Roadmap 2020“ erarbeitet.<br />
Schnittstelle und Kompetenzzentrum für das gesamte Know-<br />
How im Bereich Stadt- und Umwelttechnologien der Stadt Wien<br />
ist TINA VIENNA Urban Technologies & Strategies. Das Dienstleistungsunternehmen<br />
der Wien Holding GmbH vermittelt das gesammelte<br />
Know-How und die Produkte der Wiener Urban Technologies<br />
& Strategies an nationale und internationale Gebietskörperschaften,<br />
fördert die internationale Zusammenarbeit und übernimmt bei<br />
Anbahnung, Planung und Durchführung von internationalen Projektaufträgen<br />
im Bereich Urban Technologies & Strategies die<br />
Projektentwicklung und das Projektmanagement. TINA Vienna ist<br />
auch Leadpartner beim EU-Projekt INNOSPIRIT im Rahmen der Europäischen<br />
Territorialen Kooperation zwischen Ungarn und Österreich.<br />
Durch das bis Juni 2014 laufende Projekt sollen unter anderem<br />
der Technologieeinsatz und Technologietransfer in den teilnehmenden<br />
Städten optimiert und harmonisiert, entsprechende neue<br />
Methoden und Dienstleistungen entwickelt und umgesetzt sowie<br />
ein Strategieplan für potentielle Folgeprojekte entwickelt werden.<br />
Wesentliche Charakteristika eines funktionellen Smart City-<br />
Konzeptes ist vor allem eine intelligente Mobilität abseits des Pkw.<br />
<strong>Innovativ</strong>e Maßnahmen im Energie- und Umweltbereich<br />
<strong>Innovativ</strong>e Entwicklungen fließen auch in die Programme der Stadtverwaltung<br />
ein, die auf eine nachhaltige Senkung des Energieverbrauchs<br />
und eine Steigerung des Effizienzgrades der eingesetzten<br />
Energie abzielen bzw. Maßnahmen zum Klimaschutz vorsehen. Die<br />
Maßnahmen des Städtischen Energieeffizienz-Programmes (SEP)<br />
betreffen die Bereiche Haushalte, Private Dienstleistungen, Öffentliche<br />
Dienstleistungen, Industrie und produzierendes Gewerbe sowie<br />
Landwirtschaft und Verkehr. Die größten Einsparpotenziale<br />
bestehen bei Haushalten, den öffentlichen und privaten Dienstleistungen<br />
sowie der Industrie und dem produzierenden Gewerbe.<br />
Bei den privaten Haushalten und Dienstleistungen liegt das Hauptaugenmerk<br />
auf der Raumwärme.<br />
Als öffentliches Dienstleistungsunternehmen hat die Stadt Wien<br />
hier eine wichtige Vorbildfunktion.<br />
Entsprechende Ziele hat sich der Magistrat gesetzt:<br />
❚ Nachhaltige Einsparungen im magistratseigenen<br />
Wirkungsbereich von 15 Gigawattstunden pro Jahr<br />
❚ Stabilisierung des Stromverbrauchs<br />
❚ Reduktion des Stromverbrauchs für öffentliche<br />
Beleuchtung um fünf Prozent<br />
❚ Verstärktes Energiemanagement für eigene Objekte<br />
❚ Forcierung von Niedrigenergiehäusern<br />
❚ Verstärktes Augenmerk auf Energieeffizienzkriterien<br />
in allen Ausschreibungen der Stadt Wien<br />
(insbesondere im Bereich „Gebäude“)<br />
Maßnahmenprogramme zur Senkung der Treibhausgasemissionen<br />
werden im Rahmen des Wiener Klimaschutzprogramms (KliP) umgesetzt,<br />
das seit 1999 läuft und dessen Fortschreibung bis 2020 im<br />
Jahr 2009 vom Gemeinderat beschlossen worden war. KliP II umfasst<br />
37 Maßnahmenprogramme mit insgesamt 385 Einzelmaßnahmen<br />
in fünf Handlungsfeldern. Diese Handlungsfelder decken<br />
die wichtigsten Bereiche ab, in denen maßgebliche Einsparungen<br />
bei Treibhausgas-Emissionen erreicht werden können:<br />
❚ Energieaufbringung<br />
❚ Energieverwendung<br />
❚ Mobilität und Stadtstruktur<br />
❚ Beschaffung, Abfallwirtschaft,<br />
Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz<br />
❚ Öffentlichkeitsarbeit<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
Forschungsstandort Wien<br />
9<br />
Ein wichtiger Beitrag dazu, den Anteil der erneuerbaren Energien<br />
an der Stromerzeugung bis 2030 auf 50 Prozent zu erhöhen, sind<br />
die BürgerInnen-Solarkraftwerke, bei denen die Wiener Bevölkerung<br />
die Möglichkeit hat, sich am Ausbau der erneuerbaren<br />
Energien zu beteiligen. Die ersten Anlagen sind seit 2012 in Betrieb,<br />
ab Herbst 2013 ist das fünfte BürgerInnen-Solarkraftwerk<br />
Wien Mitte am Netz. Auf einer Dachfläche von rund 9.000 Quadratmetern<br />
werden jährlich circa 400 Megawattstunden (MWh)<br />
produziert. Damit können rund 160 Haushalte pro Jahr mit Ökostrom<br />
versorgt und 160 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden.<br />
2013 sind noch sechs weitere BürgerInnen-Solarkraftwerke geplant.<br />
Forschungen zu einem<br />
nachhaltigen Wassermanagementsystem<br />
Im Bereich der Ver- und Entsorgung konzentriert sich die Forschung<br />
vor allem auf Bereiche der Wasserversorgung und des Wassermanagements<br />
auch im Rahmen von EU-Projekten, wobei die Vernetzung<br />
mit Wasserversorgungsunternehmen in anderen Ländern<br />
sowie der Austausch mit internationalen Institutionen eine wichtige<br />
Rolle spielen. Da im Zuge des Klimawandels in weiterer Zukunft<br />
mit quantitativen und/oder qualitativen Auswirkungen auf<br />
das Trinkwasser zu rechnen und zudem durch Veränderung der<br />
Landnutzung ein massiverer Druck auf die Wasserressourcen zu<br />
erwarten ist, muss künftig der Schwerpunkt im Umgang mit Wasserressourcen<br />
bei einem nachhaltigen Wassermanagement liegen.<br />
Im Rahmen der EU-Projekte KATER I und II wurden die Karstregionen<br />
in Österreich, Italien, Slowenien und Kroatien erforscht,<br />
vor allem auch die Faktoren, die das Karstgrundwasser beeinflussen.<br />
Das Trinkwasser für die Millionenstadt Wien stammt fast zur<br />
Gänze von den Karstgebieten Rax, Schneeberg, Schneealpe und<br />
Hochschwab.<br />
Im Frühjahr 2012 endete das Forschungsprojekt CC-WaterS (Climate<br />
Change and Water Supply), das die Effekte des Klima wandels<br />
auf die Verfügbarkeit und Sicherheit des Trinkwassers untersuchte<br />
und evaluierte und dementsprechende Adaptions-Maßnahmen<br />
unter Berücksichtigung der sozioökonomischen Auswirkungen<br />
entwickelte. Projektpartner waren AkteurInnen aus dem<br />
südosteuropäischen Raum (Slowenien, Ungarn, Italien, Rumänien,<br />
Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Serbien), um die topographische<br />
und meteorologische Diversität des SEE (South East Europe)-<br />
Programmes von den Alpen, den Donauebenen bis zu den Küstengebieten<br />
abzubilden. Österreich war durch die Wiener Wasserwerke<br />
als Lead Partner, das Lebensministerium und die Stadt<br />
Waidhofen an der Ybbs vertreten. In Kooperation aller Betei ligten<br />
wurde ein nachhaltiges Wassermanagementsystem auf transnationaler<br />
Ebene zur Optimierung der Wasserentnahme und Landnutzung<br />
entwickelt. Als Folge wird auf gesetzlicher Ebene eine<br />
Kooperation mit Forschungseinrichtungen für den wissenschaftlichen<br />
Zugang und mit zuständigen Ministerien für die Implementierung<br />
der Ziele, die aus diesem Projekt resultieren, angestrebt.<br />
Noch 2013 soll das Projekt deWaLop im Programm Europäische<br />
Territoriale Kooperation (ETZ) Slowakei-Österreich abgeschlossen<br />
werden. Da es bei bestehenden Wasserversorgungsnetzen zum<br />
Das Trinkwasser für die Millionenstadt Wien stammt<br />
fast zur Gänze von den Karstgebieten Rax, Schneeberg,<br />
Schneealpe und Hochschwab.<br />
Teil durch undichte Rohrverbindungen zu einem Wasserverlust<br />
kommt, ist ein Ziel des Projekts der Wissensaustausch zu dieser<br />
Problematik zwischen Wien und Bratislava. Außerdem werden<br />
eine einheitliche Terminologie, eine einheitliche Wasserbilanz sowie<br />
verschiedene Kennzahlen für den Vergleich von Wasserverlusten<br />
erarbeitet und eine Methode zur Sanierung von Graugussrohrverbindungen<br />
ohne Aufgrabung mit Hilfe eines Roboters entwickelt.<br />
Im ersten weltweiten Vergleich von Städten hinsichtlich Innovation,<br />
Technologie und Nachhaltigkeit rangiert Wien – vor Toronto,<br />
Paris und New York – als Nummer 1 der so genannten „Smart<br />
Cities“. Das von dem US-amerikanischen Klimastrategen Boyd<br />
Cohen erstellte Ranking legte anerkannte Kriterien zugrunde und<br />
wertete sämtliche bestehende Untersuchungen aus.<br />
IKT und Open Government Data<br />
Mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)<br />
baut die Stadt Wien ihre Leistungsangebote für die Bürgerinnen<br />
und Bürger und für die Wirtschaft ständig aus. Bei der Entwicklung<br />
der Stadtverwaltung zu einem modernen Dienstleistungskonzern<br />
mit sozialer Verantwortung kommt der IKT als Innovationsmotor<br />
eine Schlüsselrolle zu. Der IKT-Einsatz unterstützt dabei vor allem<br />
die Kundenorientierung und Wirtschaftlichkeit, die Eckpfeiler der<br />
Verwaltungsmodernisierung. Im Rahmen dieser Verwaltungsreform<br />
bietet E-Government die Möglichkeit, Dienstleistungen der<br />
Stadt Wien einfach und bequem in Anspruch zu nehmen. Auch im<br />
Gesundheitsbereich wird durch die innovativen Technologien der<br />
Zugang zu den Leistungen des Gesundheits- und Sozialwesens<br />
wesentlich erleichtert. E-Health bietet die Chance, Kommunikationswege<br />
zu verkürzen und zu beschleunigen. Informationen wie<br />
etwa Aufnahme- und Entlassungsbriefe, Befunde oder Medikationen<br />
werden Berechtigten elektronisch bereitgestellt.<br />
Andererseits sollen mit der Initiative Open Government Data Staat<br />
und Verwaltung der Bevölkerung und der Wirtschaft gegenüber<br />
geöffnet werden. Von der Verwaltung gesammelte öffentliche ➞<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
10<br />
Forschungsstandort Wien<br />
Die Stadt Wien öffnet ihr riesiges<br />
Datenarchiv und stellt maßgebliche<br />
Bereiche ihrer Infos allen BürgerInnen<br />
öffentlich zur Verfügung.<br />
➞ Daten, etwa Geo-Daten, Verkehrs-, Umwelt-, Budget- oder statis<br />
tische Daten, werden in maschinen-lesbarer Form zur Verfügung<br />
gestellt, sodass sie auch automatisiert verarbeitet werden können.<br />
Offene Standards bei den Schnittstellen und der Software ermöglichen<br />
mehr Transparenz, Partizipation und eine intensivere Zusammenarbeit<br />
zwischen Verwaltung und Bevölkerung. Neben den<br />
technischen Schnittstellen muss von der Verwaltung ein rechtlicher<br />
Rahmen geschaffen werden. Personenbezogene Daten werden<br />
dabei keine veröffentlicht.<br />
Open Data bietet Nutzungsmöglichkeiten auf verschiedensten Ebenen.<br />
Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger können mit den<br />
angebotenen Daten selbst neue Anwendungen und Dienste erstellen,<br />
und auch ihre Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen<br />
wird dadurch gestärkt. Ebenfalls profitieren Wissenschaft<br />
und Forschung vom vereinfachten Datenaustausch, Innovation<br />
wird gefördert. Eine wichtige und stark diskutierte Zielsetzung ist<br />
auch die vermutete beziehungsweise erwartete Stimulierung der<br />
Wirtschaft durch Open Data und die damit verbundene Schaffung<br />
des Mehrwertes “kostenfrei”.<br />
n<br />
Prinzipien<br />
von Open<br />
Government<br />
Data<br />
Open Government steht für die<br />
Öffnung von Staat und Verwaltung<br />
gegenüber der Bevölkerung und der<br />
Wirtschaft. Dabei stehen besonders<br />
politische, wirtschaftliche und technische<br />
Fragestellungen im Vordergrund.<br />
Durch die drei Prinzipien von Open Government<br />
Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit<br />
soll das Vertrauen der Öffentlichkeit<br />
in die Regierung gesichert, die<br />
Demokratie gestärkt sowie Effektivität und<br />
Effizienz der Verwaltung verbessert werden.<br />
Prinzip Transparenz<br />
❚ Transparenz ist eine wesentliche<br />
Voraussetzung für eine intensivere<br />
BürgerInnen-Beteiligung<br />
❚ Alle wesentlichen politischen und<br />
administrativen Prozesse sollen zeitnah<br />
und vollständig veröffentlicht<br />
werden, wie etwa<br />
– Parlamentarische Prozesse<br />
– Öffentliche Ausschreibungen<br />
– Prozesse, die den Haushalt<br />
betreffen<br />
❚ Die Qualität politischer Entscheidungen<br />
wird dadurch besser vergleichbar<br />
und bewertbar.<br />
❚ Open Data – freier Zugang zu staatlichen<br />
Informationen. Alle Daten aus<br />
Gesetzgebung, Rechtsprechung und<br />
öffentlicher Verwaltung im Internet<br />
veröffentlicht<br />
Formale Begründung: Diese Daten<br />
wurden mit Steuergeldern erstellt.<br />
Demokratische Begründung: Der freie<br />
Zugang zu den Informationen ist Basis<br />
für eine aktive Teilnahme der Bevölkerung<br />
an demokratischen Prozessen.<br />
Ausnahme: Datenschutz oder Sicherheitsbeschränkung<br />
Prinzip Partizipation<br />
❚ Förderung der Teilnahme der Bürgerinnen<br />
und Bürger an politischen<br />
Willensbildungen und Entscheidungen<br />
❚ Dialog zwischen Bürgerinnen, Bürgern<br />
und Regierung erhöht die Akzeptanz<br />
staatlichen Handelns und fördert eine<br />
Beteiligung der Bürgerinnen und<br />
Bürger.<br />
❚ Das Internet bietet dazu neue Möglichkeiten<br />
der direkten Beteiligung.<br />
Prinzip Zusammenarbeit<br />
❚ Bessere Zusammenarbeit innerhalb<br />
einer Behörde, behördenübergreifend<br />
und Zusammenarbeit von Verwaltung<br />
mit Dritten – Bürgerinnen und<br />
Bürgern, Unternehmen<br />
❚ Elektronische Durchführung<br />
von Verfahren<br />
❚ Verwendung von vorhandenen<br />
Daten anderer Behörden<br />
❚ Einmalige Anmeldung zur Authentifizierung<br />
am EDV-Arbeitsplatz, ohne<br />
sich jedes Mal neu anmelden zu<br />
müssen (Single-sign-on)<br />
Das System wird sehr gut angenommen – kürzlich konnte die 100. Anwendung veröffentlicht werden.<br />
Die nächste OGD-Plattform ist für 12. 12. 2013 im Wiener Rathaus geplant. Weiterführende Infos: www.open.wien.at<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
Forschungsstandort Wien<br />
11<br />
Entwicklungszonen<br />
der Stadt<br />
aus Forschungssicht<br />
Die Aspern Seestadt, mit rund 240 Hektar Fläche eines der<br />
größten Stadtbauprojekte Europas, gehört ebenso zu den<br />
Zielgebieten des Wiener Stadtentwicklungsplanes wie das Areal<br />
Erdberger Mais – Aspanggründe/St. Marx, das als größtes und<br />
wichtigstes Entwicklungsgebiet im dichtbebauten Stadtgebiet gilt.<br />
An beiden Standorten zählt vor allem auch Forschung als einer<br />
der definierten Infrastruktur-Schwerpunkte.<br />
Sowohl das Zielgebiet im dritten Wiener Gemeindebezirk, das<br />
im internationalen Standortwettbewerb für internationale Investoren<br />
in den Bereichen Dienstleistung, Handel und Forschung einen<br />
überaus attraktiven Standort darstellt, wie auch der neue,<br />
multifunktionale Stadtteil im 22. Gemeindebezirk im Nordosten<br />
Wiens, der neben Wohnungen und Büros ein Gewerbe-, Wissenschafts-,<br />
Forschungs- und Bildungsquartier umfassen soll, sind<br />
prädestiniert für die Ansiedlung von Forschungszentren zu den<br />
Schwerpunkten der Wiener Forschung wie etwa innovative Stadttechnologien<br />
oder Life Sciences.<br />
Aspern IQ – Leuchtturmprojekt für die Stadt der Zukunft<br />
Ein sichtbares Zeichen für die Stadt der Zukunft, die Smart City, ist<br />
das aspern IQ. Als Leuchtturmprojekt setzt das Technologiezentrum<br />
in der Seestadt, dem größten Stadtentwicklungsgebiet Europas,<br />
einerseits selbst neue Standards bei innovativen Stadt- und<br />
Bautechnologien und schafft andererseits eine entsprechende Infrastruktur<br />
für Unternehmen sowie forschungs- und entwicklungsorientierte<br />
Einrichtungen aus dem Bereich der nachhaltigen Technologieentwicklung.<br />
Besonderer Wert wurde auf höchste Qualität<br />
des architektonischen Entwurfs gelegt, der die Verbindung zwischen<br />
den Arbeitsfeldern der angesiedelten Unternehmen mit den<br />
Zielen des Projekts, also Klimaschutz, Innovation, Flexibilität, Work-<br />
Life-Balance, sichtbar macht. Leitbilder einer nachhaltigen Architektur,<br />
der Energieeffizienz und Lebenszyklusbetrachtung standen<br />
neben funktionalen und gestalterischen Ansprüchen im Vordergrund,<br />
um eine entsprechende Benchmark für zukünftige Entwicklungen<br />
in der Seestadt zu setzen.<br />
Als solches war das Projekt aspern IQ für die Umsetzung des Masterplans<br />
„aspern die Seestadt Wien“ von strategischer Bedeutung.<br />
Das nach 14 Monaten Bauzeit fertiggestellte Gebäude umfasst<br />
6.600 Quadratmeter und wurde unter Beachtung höchster ökologischer<br />
Anforderungen von der Wirtschaftsagentur Wien errichtet.<br />
Mit „Aspern Seestadt“ wächst derzeit ein neuer, multifunktionaler<br />
Stadtteil für Wien. Neben Wohnungen sowie Gewerbeund<br />
Büroflächen soll hier vor allem auch ein Wissenschafts-,<br />
Forschungs- und Bildungsquartier entstehen.<br />
Mit den Büros, Labors, aber auch Produktionsflächen in den rund<br />
23 flexiblen Mieteinheiten, in denen insgesamt 300 Arbeitsplätze<br />
zur Verfügung stehen, wurde ein hochmodernes Arbeitsumfeld für<br />
Unternehmen, Forschungseinrichtungen und universitätsnahe Institutionen<br />
geschaffen, die innerhalb der Bereiche Nachhaltige Technologien<br />
und Umwelttechnik tätig sind – Zukunftsbranchen, die ein<br />
äußerst großes Wachstumspotential haben. Allein die Umwelttechnik<br />
ist zwischen 1993 und 2003 jährlich um 7,7 Prozent gewachsen.<br />
Die Kombination von hochqualitativer Infrastruktur im dynamischen<br />
Umfeld eines im Entstehen begriffenen Stadtteils bietet die Basis<br />
für Spitzenleistungen in der Forschungs- und Entwicklungsarbeit.<br />
Aufgrund der verkehrstechnischen Anbindung eignet sich der<br />
Standort Aspern darüber hinaus auch besonders für die Ansiedlung<br />
exportorientierter Unternehmen.<br />
➞<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
12 Forschungsstandort Wien<br />
➞ Mit diesem „Zukunftshaus“ wurde auch eine der energieschonendsten<br />
Gewerbeimmobilien der Stadt unter Einsatz neuester<br />
bautechnischer Möglichkeiten und eines integralen Planungsprozesses,<br />
bei dem Bauphysik, thermische Gebäudesimulation, Tageslichtsimulation<br />
und Bauökologie eingebunden waren, realisiert. Das<br />
im Rahmen des BMVIT-Forschungsprogramms „Haus der Zukunft“<br />
geförderte Gebäude wurde mit sogenanntem Öko-Beton errichtet,<br />
der gegenüber herkömmlichem Beton um bis zu 80 Prozent weniger<br />
CO 2<br />
-Emissionen verursacht. Auch der verwendete Zement wurde<br />
speziell nach ökologischen Kriterien entwickelt und verringert<br />
maßgeblich die Umweltbelastung. Beim energetischen Konzept<br />
standen die Minimierung des Energieverbrauchs und Schonung<br />
der fossilen Energieressourcen durch den Einsatz regenerativer<br />
Energien in Verbindung mit einem darauf abgestimmten Gebäudetechniksystem<br />
im Vordergrund.<br />
Der Primärenergiebedarf des Technologiezentrums wird durch die<br />
hauseigene Energieproduktion gedeckt. Das mit dem klima:aktiv<br />
Qualitätszeichen ausgezeichnete Gebäude, das im Vollbetrieb mehr<br />
Energie erzeugt als es verbraucht, wurde von der Österreichischen<br />
Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (ÖGNB) als Passivhaus zertifiziert.<br />
Grundlage dafür ist die Kombination verschiedener Einzelmaßnahmen<br />
wie einer luftdichten, kompakten Gebäudehülle, Dreifachverglasung<br />
und einer 26 Zentimeter starken Wärmedämmung,<br />
Aspern IQ:<br />
Bienen am Dach<br />
Das Dach des Technologiezentrums aspern IQ beherbergt<br />
seit kurzem besondere Gäste. Der Donaustädter<br />
Bioimker Gernot Gangl nützt die gute Lage des<br />
Technologiezen trums als neuen Standort für sechs seiner<br />
Bienenstöcke. Rund 20.000 junge Carnica Bienen<br />
und ihre Königin bevölkern je einen Stock. Im Sommer<br />
2014 wird die Zahl auf 60.000 steigen. Die Arbeitsbienen<br />
werden nicht nur Pflanzen bestäuben, sondern auch für<br />
echten Seestadt-Honig sorgen. Denn die Seestadt und<br />
ihr unmittelbares Umfeld sowie die Gärten der Anrainerinnen<br />
und Anrainer sind reich an Blühsträuchern, Bäumen<br />
wie Ahorn, Linde, Rosskastanie und einer Reihe<br />
von unterschiedlichen Obstbäumen. www.asperniq.at<br />
Die Kombination von hochqualitativer Infrastruktur<br />
im dynamischen Umfeld eines im Entstehen begriffenen<br />
Stadtteils bietet die Basis für Spitzenleistungen in der<br />
Forschungs- und Entwicklungsarbeit.<br />
einer vorgesetzten Add On Fassade, die unterschiedliche Funktionen<br />
wie Energieproduktion, Verschattung oder Fassadenbegrünung<br />
erfüllt, integrierten Kleinwindkraftanlagen oder aber auch<br />
von Maßnahmen wie der Abwärmenutzung von Serverräumen zur<br />
Raumkonditionierung oder einer kontrollierten mechanischen Belüftung<br />
in Abhängigkeit von der Außentemperatur und der Innenraumluftqualität.<br />
Die Photovoltaikanlage mit Solar-Paneelen auf<br />
dem Flachdach sowie an der Fassade und am Dach der Technikzentrale<br />
hat eine Gesamtfläche von 1.300 Quadratmetern und ist<br />
damit eine der größten Solaranlagen bei Gewerbeimmobilien in<br />
Österreich mit einer Leistung von etwa 140 KWpeak. Das Gebäude<br />
wird primär über einen Fernwärmeanschluss und Grundwasserkühlung<br />
versorgt.<br />
Als gestalterisches Prinzip setzt sich das Thema der Aulandschaft<br />
aus dem Freiraum über die Fassade durch eine Schilfbepflanzung<br />
fort und bildet so eine Pufferzone zum Straßenraum. Die Bepflanzung<br />
speichert Feuchtigkeit und wirkt zudem als Schadstofffilter vor<br />
dem Fenster und schafft auch für den Innenraum als veränderliches<br />
Grün eine besondere Qualität. Die automatische Steuerung der Jalousien<br />
nach dem Sonnenstand ermöglicht ein Optimum an Tageslicht<br />
und schützt vor Wärme und Sonne. Die Lüftung erfolgt bedarfsgesteuert<br />
mittels eines Kohlendioxid-Sensors. Im Winter wird<br />
die erzeugte Abwärme der Server im Gebäude genutzt, im Sommer<br />
kühlen Leitungen, die in den Betonkern eingelassen wurden, das<br />
Gebäude mit Grundwasser aus einem eigens gegrabenen Brunnen.<br />
Gemeinsam mit Wien Energie errichtet die Wirtschaftsagentur<br />
Wien in Aspern außerdem Österreichs größtes Geothermie-Kraftwerk.<br />
Bereits ab 2014 kann damit der Heizenergiebedarf für über<br />
40.000 Wohnungen und Betriebe in Wien gedeckt und jährlich können<br />
rund 130.000 Tonnen CO 2<br />
eingespart werden.<br />
Campus Vienna Biocenter –<br />
Wiens Life Sciences Leuchtturm<br />
Der Campus Vienna Biocenter (CVBC) in Neu Marx ist mit rund<br />
75.000 Quadratmetern Fläche und derzeit etwa 1.400 WissenschaftlerInnen<br />
und 700 StudentInnen aus über 40 Nationen Österreichs<br />
bedeutendster Life-Sciences Standort. Er beherbergt verschiedene<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
Forschungsstandort Wien<br />
13<br />
akademische und industrielle Forschungseinrichtungen, biotechnische<br />
und medizintechnische Firmen sowie Organisationen aus<br />
dem Bereich der Wissenschaftskommunikation, wie etwa den Verein<br />
dialoggentechnik. Mit der Gründung des Forschungsinstituts<br />
für Molekulare Pathologie (IMP) 1988 war der Grundstein für einen<br />
der wichtigsten Biocluster im mitteleuropäischen Forschungsraum<br />
gelegt. Seitdem wächst der Campus kontinuierlich, weitere sieben<br />
Biotech Unternehmen, darunter Bender MedSystems, Genosense,<br />
VBC Genomics, Affiris, Intercell oder Baxter BioScience, junge Startups,<br />
und die FH Campus Wien siedelten sich an.<br />
Aspern IQ:<br />
Mingo-Büros<br />
für Start-ups<br />
Im Frühjahr 2005 wurden die Max F. Perutz Laboratories (MFPL)<br />
als Joint Venture der Universität Wien und der Medizinischen Universität<br />
Wien gegründet, in denen mehr als 60 Forschungsgruppen<br />
im Bereich der Molekularbiologie arbeiten. Seit 2006 ist das Life<br />
Sciences Center der Österreichischen Akademie der Wissenschaften,<br />
in dem sich das Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie<br />
GmbH (GMI) und das Institut für Molekulare Biotechnologie<br />
GmbH (IMBA) befinden, am Campus ansässig. Als Ort der<br />
Begegnung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit und um die<br />
tägliche Forschungsarbeit in einem molekularbiologischen Forschungslabor<br />
allgemein zugänglich zu machen, wurde in einer<br />
gemeinsamen Initiative von OPEN SCIENCE und IMBA das Vienna<br />
Open Lab eingerichtet. Es bietet mehr als 4.000 Besuchern mit<br />
Standort Neu Marx:<br />
Hotspot für Medien, Forschung und Technologie<br />
Das aspern IQ bietet in der Seestadt ein hochmodernes<br />
Arbeitsumfeld für Zukunftsbranchen, die<br />
ein großes Wachstumspotential in der Stadt haben.<br />
Vor allem technikorientierten innovativen Start-ups stehen<br />
Mingo-Büros zur Verfügung. Die zwölf kleinen, modernen<br />
Büroein heiten mit attraktiven Konditionen sind speziell<br />
auf die Kleinsten der Wiener Wirtschaft ausgerichtet, die<br />
im Technologiezentrum innovative und ökologische Arbeitsplätze<br />
vorfinden, wo sie von den bestehenden größeren<br />
Unternehmen am Standort profitieren und Synergien<br />
nutzen können. Möglichkeiten zur Vernetzung und<br />
Koope rationen finden ebenso einen Raum wie zielgruppengerechtes<br />
Serviceprogramm, Workshops und Coachings.<br />
Mittlerweile hat die Wirtschaftsagentur Wien den<br />
neunten Mingo-Bürostandort im aspern IQ eröffnet.<br />
Unter den ersten Mietparteien im Technologiezentrum<br />
ist die research TUb, eine Tochtergesellschaft der TU<br />
Wien. Die Wissenschaftler wollen mit ihrem Unternehmen<br />
eine Brücke zwischen innovativen kleinen und mittleren<br />
Betrieben und angewandten Lösungen aus der<br />
Forschung schlagen. In einem Forschungslabor werden<br />
innovative Produktionslösungen erarbeitet, und es stehen<br />
auch eigene Produktionsmaschinen bereit. Neuester<br />
Mieter ist die Forschungsgesellschaft unter Federführung<br />
von Siemens und Wien Energie Aspern Smart City Research<br />
(ASCR) GmbH & Co KG. www.mingo.at<br />
spezifischen Programmen für Kinder ab fünf Jahren, Jugendliche<br />
und Erwachsene die Möglichkeit, Methoden der modernen Life<br />
Sciences kennenzulernen. Im Verlauf von Praktika zu molekularbiologischen<br />
Fragestellungen erhalten alle BesucherInnen Gelegenheit,<br />
selbst grundlegende biotechnologische Methoden von<br />
der DNA-Isolierung bis zur Gendiagnostik auszuprobieren. Die<br />
Kurse beinhalten jeweils theoretische und praktische Blöcke. Jedes<br />
Experiment ist in eine Geschichte eingebettet, die den Bezug zu<br />
tatsächlichen Anwendungen herstellt. Hintergründe, Fragestellungen<br />
und Ablauf des Experiments werden auch hinsichtlich der<br />
rechtlichen, gesellschaftlichen und ethischen Aspekte genauer<br />
beleuchtet. Daneben bleibt noch Zeit für Fragen und Diskussionen<br />
mit den fachkundigen TutorInnen.<br />
Innerhalb der nächsten Jahre soll der VBC Campus um 40.000 Quadratmeter<br />
erweitert werden. Bund und Stadt Wien investieren 52<br />
Millionen Euro in das Projekt. Schwerpunkt dabei ist der Ausbau<br />
der gemeinsamen wissenschaftlichen Infrastruktur. Die Erweiterung<br />
des VBC basiert auf dem Programm „Vision 2020“, das darauf<br />
ausgerichtet ist, die wissenschaftliche Infrastruktur, Öffentlichkeitsarbeit<br />
und die Förderung junger Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen<br />
am Campus Vienna Biocenter in den nächsten zehn<br />
Jahren intensiv voranzutreiben.<br />
n<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
14 Forschungsstandort Wien<br />
Keine<br />
gläsernen<br />
Decken in Wien<br />
Forschung von und für BewohnerInnen.<br />
Seit 2004 unterstützt die Initiative FemPower Vienna die stärkere<br />
Beteiligung von Frauen in betrieblichen Forschungsprojekten und<br />
schafft Anreize, um Wissenschaftlerinnen in Führungspositionen<br />
zu bringen. Gleichzeitig sorgen zahlreiche Programme dafür,<br />
dass Jugend liche Forschung „cool“ finden.<br />
Seit rund zehn Jahren setzt die ZIT als Technologieagentur<br />
der Stadt Wien mit der Initiative FemPower Vienna umfassende<br />
Maßnahmen, um die Beteiligung von Frauen in betrieblichen<br />
Forschungsprojekten zu unterstützen.<br />
Frauenpower in der Forschung<br />
20 Prozent der in der betrieblichen Forschung in Wien Beschäftigten<br />
sind Frauen. Damit liegt Wien zwar deutlich über dem Österreich-Durchschnitt,<br />
dennoch aber weit vom Ziel einer gleichberechtigen<br />
Teilnahme von Frauen und Männern an Forschung und Entwicklung<br />
und damit am gesellschaftlichen Fortschritt entfernt. Eine<br />
stärkere Einbindung von Frauen in Innovations- und Forschungsprojekte<br />
eröffnet nicht nur den einzelnen Frauen neue Karrieremöglichkeiten,<br />
sondern steigert die Qualität der Projekte und stellt einen<br />
Wettbewerbsvorteil für Wien dar. Die Erfahrungshintergründe<br />
der einzelnen ForscherInnen bestimmen maßgeblich die Qualität<br />
ihrer Forschung. Dabei spielt das Geschlecht der Mitarbeitenden,<br />
deren Alter und soziale wie regionale Herkunft eine ebenso wichtige<br />
Rolle wie die fachliche Ausbildung und Berufserfahrung. Ein<br />
Vergleich der Zahl von Absolventinnen technischer und naturwissenschaftlicher<br />
Studienrichtungen mit dem Frauenanteil in der<br />
betrieblichen Forschung und Entwicklung macht deutlich, dass hier<br />
wertvolle Personalressourcen ungenützt bleiben. Während der<br />
Frauenanteil in der betrieblichen Forschung österreichweit bei 16<br />
Prozent liegt, beträgt der Anteil von Akademikerinnen in technischen<br />
Disziplinen fast 29 Prozent und in naturwissenschaftlichen<br />
Disziplinen 37 Prozent.<br />
FemPower Vienna<br />
2004 hat die ZIT als Technologieagentur der Stadt Wien mit der<br />
Initiative FemPower Vienna umfassende Maßnahmen gesetzt, um<br />
die Beteiligung von Frauen in betrieblichen Forschungsprojekten<br />
zu unterstützen. Bereits seit dem Jahr 2002 veranstaltet die ZIT<br />
GmbH regelmäßig wettbewerbsorientierte Förderausschreibungen<br />
für Forschungs- und Innovationsprojekte, die entweder von Frauen<br />
geleitet werden oder deren wissenschaftliche Umsetzung maßgeblich<br />
von Frauen geleistet wird, oder die Aspekte des Gender<br />
Mainstreamings behandeln. Die maximale Förderhöhe dieser Fem-<br />
Power Calls betrug pro Projekt 500.000 Euro. Dies soll für die Unternehmen<br />
ein sehr konkreter finanzieller Anreiz sein, Frauen stär-<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
Forschungsstandort Wien<br />
15<br />
ker als bisher mit einzubeziehen. Bei den FemPower Calls der Jahre<br />
2004, 2007, 2009 und 2012 wurden 42 Forschungs- und Entwicklungsprojekte<br />
mit 7,8 Millionen Euro unterstützt.<br />
Bei der Förderung von Projekten im Programm „Forschung“ und<br />
„Innovation“ ist ein FemPower Bonus von 10.000 Euro vorgesehen,<br />
wenn mit der Projektleitung nachweislich eine dafür qualifizierte<br />
Frau beauftragt wird. So wird strukturell ein Anreiz geschaffen,<br />
um Frauen in Führungspositionen zu bringen. In allen Projektanträgen<br />
ist die explizite Frage nach der Relevanz des Projekts<br />
hinsichtlich der Gleichstellung von Männern und Frauen und der<br />
Nutzung oder des Bedarfs unterschiedlicher Zielgruppen zu beantworten.<br />
Dabei hilft ein Leitfaden, der Unternehmen anhand von<br />
konkreten Fragen und Beispielen dabei unterstützt, genderrelevante<br />
Aspekte ihrer Projekte zu erkennen und zu bedenken. Genderrelevante<br />
Aspekte werden bei der Bewertung der Projekte berücksichtigt,<br />
bei zwei gleichwertigen Projekten bekommt jenes den<br />
Vorzug, das positive Wirkungen auf die Beteiligung von Frauen in<br />
der Forschung erwarten lässt. Auch die Mitglieder der Beurteilungsgremien<br />
der ZIT GmbH verfügen über Genderkompetenz,<br />
mindestens ein Drittel der Jury ist mit Frauen besetzt.<br />
Seit 2008 führt die ZIT ein umfassendes Gender Monitoring durch<br />
und erfasst und analysiert alle Förderdaten geschlechtsspezifisch,<br />
um die Effekte der bisher gesetzten Maßnahmen zu überprüfen<br />
ZIT FemPower<br />
Studie 2012<br />
Forschungsfragen nach den strukturell fördernden<br />
und hemmenden Faktoren auf Frauenkarrieren:<br />
❚ Welche Faktoren wirken strukturell fördernd bzw.<br />
hemmend auf Karriereverläufe von Frauen in der<br />
betrieblichen Forschung?<br />
❚ Welche Branchenunterschiede existieren<br />
hinsichtlich dieser Fragestellungen?<br />
❚ Welche anderen firmenspezifischen Charakteristika<br />
beeinflussen den Karriereverlauf?<br />
Forschungsfragen zum Einfluss<br />
der ZIT Frauenförderungen:<br />
❚ Wie sind die Karrieren von Projektleiterinnen in<br />
Projekten, die einen FemPower Bonus bekommen<br />
haben, verlaufen?<br />
❚ Welche Rolle spielen frauenfördernde Maßnahmen,<br />
insbesondere der FemPower Bonus und die<br />
FemPower Calls, in diesen Biographien?<br />
www.zit.co.at<br />
Um den ForscherInnennachwuchs zu fördern und möglichst<br />
früh das Interesse für Wissenschaft zu wecken, wird<br />
seit 2003 jeden Sommer die KinderuniWien veranstaltet.<br />
und die FemPower Aktivitäten weiter zu optimieren. Themenspezifische<br />
Veranstaltungen wie Innovationsgespräche oder die Teilnahme<br />
am Töchtertag tragen dazu bei, die Bedeutung genderrelevanter<br />
Aspekte in Forschung und Entwicklung Unternehmen und<br />
der Öffentlichkeit bewusst zu machen.<br />
Welche Effekte die ZIT FemPower Maßnahmen auf die Karriereverläufe<br />
von Frauen in der betrieblichen Forschung haben, wurde in<br />
der Studie ZIT FemPower 2012 untersucht. Danach erhöhen, wie<br />
die Daten der erhobenen Karrieredatenblätter zeigten, die Fördermaßnahmen<br />
die Chance für Frauen, erstmals eine Projektleitung in<br />
ihrem Betrieb zu übernehmen, und erleichtern bzw. beschleunigen<br />
den Aufstieg von Frauen in der betrieblichen Forschungskarriere.<br />
Eine wichtige Unterstützung dabei sind auch Weiterbildung, der<br />
Aufbau von Netzwerken und die Teilnahme an Mentoring-Programmen<br />
sowie flexible Arbeitsmodelle, die grundsätzlich die Vereinbarkeit<br />
von Familie und Beruf und damit Frauenkarrieren fördern.<br />
Kinderuni Wien<br />
Um den ForscherInnennachwuchs zu fördern und möglichst früh<br />
das Interesse für Wissenschaft zu wecken, wird seit 2003 jeden<br />
Sommer die KinderuniWien veranstaltet. Kinder zwischen 7 und<br />
12 Jahren haben die Möglichkeit, Wissenschaft und Forschung<br />
kennenzulernen, Uni-Luft zu schnuppern, Fragen zu stellen und<br />
selbst zu experimentieren. Im Rahmen der größten Kinderuni Europas<br />
halten WissenschaftlerInnen der teilnehmenden Universitäten<br />
extra für Kinder Vorlesungen, Seminare und Workshops, aus<br />
denen die Kinder frei wählen können. Spaß und Neugier stehen<br />
dabei im Vordergrund, zum Abschluss gibt es eine Sponsion, bei<br />
der die Kinder den Kinderuni Wien Titel und eine Urkunde erhalten.<br />
An der 11. Kinderuni Wien 2013 haben 4496 Kinder teilgenommen.<br />
500 Lehrende hielten 104 Vorlesungen, 76 Seminare und 292 Workshops<br />
und veranstalteten zwei Sommerwochen lang ein kunterbuntes<br />
Wissenschaftsprogramm, das an der Universität Wien, der<br />
Medizinischen Universität, der Technischen Universität, der Universität<br />
für Bodenkultur und der Veterinärmedizinischen Universität<br />
sowie an der FH Campus stattfand.<br />
n<br />
Holzhausen Spezial Forschungsstandort Wien
Entgeltliche Einschaltung<br />
Heinz, 61<br />
lernt jetzt kochen<br />
Matthias, 10<br />
lässt sich´s erklären<br />
Mira, 24<br />
freut sich auf<br />
ihr erstes Kind<br />
Wien.<br />
Die Stadt<br />
fürs Leben.<br />
Die wien.at Magazine – Da steht für jeden etwas drinnen!<br />
Heinz hat seit seiner Pension viel Zeit für sein neues Hobby.<br />
Viele Ideen hat er aus dem „Leben & Freude“ Magazin.<br />
Matthias findet Schnecken toll. Er lässt sich den Artikel aus<br />
dem Wissenschaftsmagazin von seiner Schwester Mira<br />
erklären. Übrigens, Matthias wird schon bald Onkel. Die<br />
wien.at Magazine kommen kostenlos direkt zu Ihnen nach<br />
Hause! Auch das macht Wien zur Stadt fürs Leben.<br />
Bestellen Sie Ihr Gratis-Abo auf:<br />
www.clubwien.at oder<br />
telefonisch unter 01 / 277 55
22 International<br />
Forschen<br />
à la France<br />
Die Wirtschaftskrise hat Frankreich<br />
deutlich stärker erwischt als Österreich.<br />
Als Heilmittel soll die Förderung der Forschung –<br />
besonders auch bei innovativen KMU – helfen.<br />
Eine Studienreise der <strong>Austria</strong>n Cooperative Research (ACR)<br />
gab Einblick ins französische Forschungssystem.<br />
Autor: Alfred Bankhamer<br />
Christophe Mathieu, Präsident des Dachverbands der Forschungszentren<br />
für die Industrie Résau CTI, hatte alle Mühe, um der Delegation<br />
aus Österreich in einem Bürogebäude in La Défense das<br />
französische Forschungssystem und speziell die Möglichkeiten für<br />
KMUs anschaulich näherzubringen. Wer viel Erfahrung hat, kann<br />
sich aus den zahlreichen staatlichen und regionalen Programmen<br />
einige Gelder abholen. Das Forschungs- und Innovationssystem<br />
ist in Frankreich teils sehr komplex und vielschichtig und wird deswegen<br />
seit ein paar Jahren umgestaltet. Die bereits existierenden<br />
Systeme sollen besser abgestimmt, die öffentlich-privaten Partnerschaften<br />
verstärkt und generell die Ressourcen effizienter eingesetzt<br />
werden.<br />
Im Zuge der nationalen Forschungs- und Innovationsstrategie<br />
aus dem Jahr 2009 wurden nicht nur die drei Schwerpunktbereiche<br />
(Gesundheit, Ernährung und Biotechnologie; Umwelt, Energie und<br />
Verkehr; IKT und Nanotechnologie) festgelegt, sondern auch ein<br />
35 Mrd. Euro schweres Zukunftsinvestitionsprogramm gestartet,<br />
das von 2010 bis 2015 läuft. Das Ziel ist, die flaue Wirtschaft zu<br />
beleben und dank des Ausbaus von Forschung und Entwicklung<br />
auch künftig im weltweiten Wettbewerb mithalten zu können. 7,9<br />
Mrd. Euro sind dabei für die Forschung vorgesehen. Für die Industrie<br />
und KMU stehen weitere 6,5 Mrd. Euro zur Verfügung. Der Rest<br />
verteilt sich auf die Bereiche Hochschulausbildung und Weiterbildung<br />
(11 Mrd.), Nachhaltige Entwicklung (5,1 Mrd.) und Digitalindustrie<br />
(4,5 Mrd.).<br />
Die Centres Technique Industriel (CTI) sind besonders für KMU<br />
die wichtigste Stütze im Bereich F & E. Sie wurden nach dem 2. Weltkrieg<br />
gegründet, um den Industrie- und Wirtschaftsaufbau zu beschleunigen.<br />
Heute dienen sie – ähnlich dem ACR in Österreich – als<br />
Netzwerk für KMU, damit auch kleinere Unternehmen effiziente<br />
Forschung und Entwicklung betreiben können. „KMU können aufgrund<br />
mangelnder Personalressourcen selbst wichtige aktuelle<br />
Regulierungen nicht immer nachverfolgen“, erklärt Mathieu. Information,<br />
Vernetzung, Technologietransfer, Forschungsprojekte, Trainings<br />
und vieles mehr bietet CTI an, ein Netzwerk, das 60.000<br />
Unternehmen vereint. 18 Forschungsinstitute unterschiedlichster<br />
Größe mit rund 3.200 ForscherInnen und TechnikerInnen decken<br />
alle Branchen ab. Das Jahresbudget beträgt 320 Millionen Euro,<br />
wobei rund die Hälfte aus einer Art Unternehmenssteuer stammt,<br />
die speziell der kooperativen Forschung dient. Diese gesetzliche<br />
Abgabe zur Finanzierung von Forschungseinrichtungen in der eigenen<br />
Branche ist eine Besonderheit des französischen Systems.<br />
Dabei sind die Steuersätze sehr unterschiedlich gestaltet und rangieren<br />
je nach Branche von 0,1 bis 0,4 Prozent des Inlandumsatzes.<br />
Dafür sind einige der Institute auch sehr gut ausgestattet.<br />
Networking ist das Ziel<br />
Die ACR, aktuell ein Netzwerk von 18 außeruniversitären kooperativen<br />
Forschungseinrichtungen der österreichischen Wirtschaft,<br />
machte zum Vergleich 2012 mit 634 Beschäftigten 58,2 Millionen<br />
Euro Umsatz und erhält jährlich 25.000 Aufträge. Zur Finanzierung<br />
trägt die öffentliche Hand nur 2,5 Millionen Euro bei. Seit 2010<br />
organisiert die ACR auch Studienreisen, um die Innovationssysteme<br />
anderer Länder anzusehen. Freilich geht es da auch darum,<br />
Kontakte zu knüpfen und neue Projekte zu initiieren. Beim Besuch<br />
einiger Institute in Frankreich stach den heimischen Branchen-<br />
Foto: 123rf<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
International<br />
23<br />
Innovationsleistungen der EU Mitgliedsstaaten<br />
0,8<br />
0,8<br />
0,7<br />
0,7<br />
innovation index<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
modest<br />
innovators<br />
moderate<br />
innovators<br />
innovation<br />
followers<br />
innovation<br />
leaders<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,2<br />
0,1<br />
0,1<br />
0,0<br />
BG RO LV PL LT MT HU SK EL CZ PT ES IT EE CY SI EU FR IE AT UK BE LU NL FI DK DE SE<br />
0,0<br />
kennern teils die sehr gute Labor- und Werkstättenausstattung ins<br />
Auge, für die hierzulande nur schwer eine Finanzierung aufzutreiben<br />
wäre. Die hohe Basisfinanzierung mittels der sicher nicht beliebten<br />
Branchensteuer bietet hier gewisse Vorteile. Besichtigt<br />
wurden auf der Reise unter anderem das kleine Institute Centre<br />
Technique des Materiaux Naturels de Construction (CTMNC – Ziegel<br />
und Naturstein) oder das sehr große Institut technologique<br />
Forêt, Cellulose, Bois-construction, Ameublement (FCBA – Forstwirtschaft<br />
bis hin zu Holzkonstruktionen und Möbel).<br />
Eine Einführung ins französische Forschungs- und Innovationssystem<br />
vermittelte wiederum das Außenhandelscenter der WKO<br />
in Paris. „2009 wurde die Innovationsförderung zur nationalen<br />
Priorität erklärt“, so Herbert Preclik, Österreichischer Wirtschaftsdelegierter<br />
in Frankreich. Die Wirtschaftskrise veranlasste die französische<br />
Regierung, jene zusätzlichen 35 Mrd. Euro zur Verfügung<br />
zu stellen. Aus diesem Topf sollen diesmal besonders auch innovative<br />
KMU bedacht werden, da gerade in der aktuellen Lage mit<br />
sehr hohen Arbeitslosenzahlen kleinere Unternehmen mit neuen<br />
Ideen frischen Wind bringen sollen.<br />
Von Großkonzernen geprägte Wirtschaft<br />
Frankreich ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU und hat 65,8<br />
Mio. Einwohner. Das Bruttoinlandsprodukt lag 2012 bei 2.028 Mrd.<br />
Euro (Österreich: 301 Mrd. Euro), wobei für heuer so gut wie kein<br />
Wachstum erwartet wird. Die Staatsverschuldung liegt bei rund<br />
85 Prozent, die Arbeitslosenquote bei über zehn Prozent. Geprägt<br />
wird die französische Wirtschaft vor allem durch Großkonzerne.<br />
Für eine erfolgreiche Karriere ist in Frankreich der Weg über Eliteschulen<br />
und -universitäten sowie die Grand Écoles (private Hochschulen)<br />
wichtig, die zugleich das Netzwerk für den beruflichen<br />
Aufstieg darstellen. Im weltweiten Top-500 Ranking befinden sich<br />
22 französische Universitäten. Einen Aufschwung erleben derzeit<br />
besonders die Zentren für Forschung und Hochschulwesen (pôle<br />
de recherche et d’enseignement supérieur PRES), aber auch viele<br />
weitere Forschungsinstitutionen.<br />
In vielen Bereichen liegt Frankreich in den Rankings weit oben.<br />
Bei den Nobel-Preis-TrägerInnen in der EU belegt es beispielsweise<br />
den dritten Platz. Die Grand Nation ist die Nummer vier bei<br />
internationalen Patenten in der EU und die Nummer drei in Sachen<br />
internationaler StudentInnen. Dank steuerlicher Anreize belegt<br />
Frankreich den Platz zwei bei den Ansiedlungen in F & E-Zentren in<br />
der EU und ist besonders stark in den Sektoren Automotiv, Pharmazie,<br />
Luft- und Raumfahrt, Elektronik und Chemie. In Summe<br />
sind 239.600 ForscherInnen (43 Prozent öffentlich/57 Prozent privatwirtschaftlich)<br />
im Innovationssystem beschäftigt. Mit 44,9 Mrd.<br />
Euro Ausgaben für F & E liegt die Forschungsrate bei 2,25 des BIP<br />
(2011). In Österreich lag die Rate bei 2,76 Prozent, in der EU bei 2,0<br />
Prozent. Das gesamte Forschungs- und Innovationssystem ist stark<br />
staatlich geprägt. Neben den großen nationalen Programmen sind<br />
in der angewandten Forschung besonders die vom Staat installierten<br />
71 Exzellenzcluster (pôles de compétitivité) wichtig, die gute<br />
Rahmenbedingungen für innovative Unternehmen bieten. Neben<br />
den großen öffentlichen Forschungseinrichtungen bietet das Exzellenzumfeld<br />
34 Instituts Carnot, die mit 25.000 Forschern und einem<br />
Budget von zwei Mrd. Euro auf Partnerschaftsforschung zwischen<br />
öffentlichen Labors und Unternehmen spezialisiert sind.<br />
Wichtig für Unternehmen sind auch die Steueranreize, die zusätzlich<br />
zu den Programmen lukriert werden können. 2010 gab es<br />
18.000 Anträge und die Steuerförderung machte 5,5 Mrd. Euro aus,<br />
wovon 1,5 Mrd. Euro KMU zukamen. Die Förderung gilt übrigens<br />
auch für F & E-Zulieferung aus dem EU-Raum. Eine Sonderförderung<br />
erhalten junge, innovative Unternehmen (Jeune entreprise<br />
innovante JEI) mittels spezieller Steuererleichterungen und der<br />
Befreiung von Dienstgeberabgaben für Forscher, Techniker und<br />
F & E-Projektleiter.<br />
Derzeit zählt Frankreich im Innovation Union Scoreboard 2013<br />
in Sachen Innovationsleistungen in der EU wie Österreich zu den<br />
Innovation Followers. Anders als in Österreich domi nieren vor allem<br />
Großkonzerne die Wirtschaft. Die neuen Förderinitiativen zielen<br />
nun speziell auf die KMUs fördern, da hier rascher Innovationen<br />
erwartet werden, die die Wirtschaft beleben. Eines ist aber<br />
schon sicher: Im Forschungs- und Innovationssystem Frankreichs<br />
ist derzeit viel in Bewegung geraten, was für die Innovationkraft<br />
nur förderlich sein kann.<br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
24 Hochschulpolitik<br />
Hochschulkonferenz<br />
Empfehlungen<br />
liegen am Tisch<br />
Arbeitsgruppen der Hochschulkonferenz<br />
präsentierten kürzlich (Zwischen-)Berichte<br />
zu den Themen soziale Absicherung der<br />
Studierenden, Qualität in der Lehre, sowie<br />
Profilbildung und Durchlässigkeit im tertiären<br />
Sektor. Diese werden nun geprüft und sollen<br />
danach zügig umgesetzt werden.<br />
Soziale Absicherung der Studierenden, Qualität in der Lehre, Profilbildung<br />
sowie Durchlässigkeit im tertiären Sektor – diese vier zentralen<br />
Themen standen in den vergangenen Wochen und Monaten<br />
im Mittelpunkt der vier eigens eingerichteten Arbeitsgruppen im<br />
Rahmen der Hochschulkonferenz und wurden kürzlich vorgestellt<br />
und diskutiert. Die nun vorliegenden Zwischenberichte (Lehre, Profilbildung)<br />
bzw. Abschlussberichte (soziale Absicherung der Studierenden,<br />
Durchlässigkeit) belegen für das Wissenschaftsministerium,<br />
dass die Bereiche sehr genau durchleuchtet wurden und<br />
daher mit den entsprechenden Empfehlungen zahlreiche Verbesserungen<br />
zu erreichen sind.<br />
Abschlussbericht der AG<br />
„Soziale Absicherung Studierender“<br />
Mit dem Bericht der vom Wissenschaftsministerium angeregten<br />
Arbeitsgruppe „Soziale Absicherung Studierender“ liegt ein umfassender<br />
Optionenbericht mit zahlreichen Empfehlungen für die<br />
Weiterentwicklung der sozialen Absicherung von Studierenden<br />
vor. Die von Martin Unger (Institut für Höhe Studien, IHS) erstmals<br />
durchgeführte Evaluierung der bestehenden Studienförderung kam<br />
zum Schluss, dass deren System als „treffsicher“ bezeichnet werden<br />
kann, weshalb es naheliegend war, den Schwerpunkt auf eine<br />
Weiterentwicklung innerhalb des Systems zu legen. Die Empfehlungen<br />
der Arbeitsgruppe bewegten sich im Wesentlichen entlang<br />
der Themenblöcke Verwaltungsvereinfachungen, soziale Ausgewogenheit<br />
unter Berücksichtigung besonderer Zielgruppen und enthalten<br />
auch Überlegungen zu grundlegenden Systemänderungen.<br />
Inhaltlich sind unter anderem folgende Vorschläge genannt:<br />
❚ Ausbau der Information an Studienanfänger/innen<br />
❚ Verlängerung der Anspruchsdauer (zwei Toleranzsemester<br />
für BA-Studien unter bestimmten Bedingungen)<br />
❚ Studienrichtungswechsel innerhalb der Anspruchsdauer<br />
auf Studienbeihilfe für BA-Studierende unter Nachweis der<br />
Studienleistung von 30 ECTS Punkten pro Jahr<br />
❚ Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Ausgewogenheit<br />
❚ Valorisierung der Studienbeihilfen und darüber hinausgehende<br />
Förderung besonderer Zielgruppen durch adäquate Adaptierung<br />
der Beihilfenhöhe, Anhebung der Einkommensgrenzen,<br />
der Freibeträge sowie der Höchstbeihilfen<br />
❚ Systemausweitungen: Unterhaltsvorschuss bei unterhaltsrechtlichen<br />
Streitfragen und vereinfachtes (Schlichtungs-)<br />
Verfahren, Überlegungen zum Grundstipendium bei Wegfall<br />
der Unterhaltspflicht der Eltern, Überlegungen zu konkreten,<br />
anlassbezogenen Darlehensmodellen.<br />
„Durchlässigkeit im tertiären Sektor“<br />
Viele der empfohlenen Maßnahmen im Bericht zur „Durchlässigkeit<br />
im tertiären Sektor“ liegen im Autonomiebereich der Hochschulen<br />
selbst, daher wird die Hochschulkonferenz die Umsetzung<br />
durch ihre Gremien aktiv unterstützen. Die Arbeitsgruppe wird sich<br />
auch weiterhin mit dem Thema befassen und die Umsetzung im<br />
Sinne eines Monitorings begleiten. Zentral ist jedenfalls die möglichst<br />
frühe Information über Anschlussmöglichkeiten der Ausbildung<br />
oder im Studium. Ebenso wichtig ist, dass mitgebrachte<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Hochschulpolitik<br />
25<br />
Kompetenzen und Zulassungserfordernisse nach begründeten<br />
Kriterien verglichen und transparent dargestellt werden. Es muss<br />
sowohl möglich sein, relevante Lehrveranstaltungen und damit<br />
einen bestimmten Wissensstand für den Übertritt einzufordern,<br />
als auch dieses Wissen mit möglichst geringem bürokratischen<br />
Aufwand nachzuholen“, so Ulrike Plettenbacher, Generalsekretärin<br />
des Österreichischen Wissenschaftsrates.<br />
„Stärkung der Qualität der hochschulischen Lehre“<br />
Neben der Definition von vier Qualitätsdimensionen, die im Zusammenhang<br />
mit guter Lehre zu beachten sind, wurden auf Basis<br />
des Status quo und ausgewählten „good practice“-Beispielen konkrete<br />
Umsetzungsvorschläge erarbeitet. Der Endbericht soll kommendes<br />
Jahr folgen. Die Arbeitsgruppe erarbeitet vor allem zur<br />
Curriculagestaltung, zur Organisation des Studienbetriebs sowie<br />
zur Lehrtätigkeit konkrete Anregungen, die noch von einer „good<br />
practice“-Sammlung komplettiert werden sollen.<br />
Konkret werden u. a. Maßnahmen zur Verbesserung der Wertschätzung<br />
von Lehrenden, wie die Steigerung der Relevanz der<br />
Lehrtätigkeit in Personalauswahlverfahren und mehr Möglichkeiten<br />
zur individuellen Vertiefung im Rahmen von Wahlfächern oder<br />
eine frühzeitige Einbindung Studierender in wissenschaftliches<br />
Arbeiten vorgeschlagen. „Nach der Definition dessen, was Qualität<br />
der Lehre eigentlich ist, hat die Arbeitsgruppe Problemfelder definiert<br />
und Maßnahmen zur Steigerung der Qualität in der hochschulischen<br />
Lehre erarbeitet“, so Julia Freidl vom Vorsitzteam der<br />
Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH).<br />
Profilbildung über Studieninhalte<br />
Es wurde Seitens der Arbeitsgruppe festgestellt, dass die in den<br />
„großen Fächern“ im österreichischen Hochschulraum an mehreren<br />
Standorten bestehenden gleichartigen Studienangebote aufgrund<br />
des Bildungsauftrags und der entsprechenden Nachfrage jedenfalls<br />
gerechtfertigt sind. Quantitativ (nach belegten Studien) betrachtet,<br />
findet das gegebene Studienangebot an den öffentlichen Universitäten<br />
weitestgehend eine hinreichende Nachfrage; somit stimmt das<br />
empirische Angebot mit dem Bildungsauftrag überein.<br />
n<br />
Österreichische<br />
Hochschulkonferenz<br />
Folgenden Standards soll Rechnung getragen werden:<br />
❚ Informationen über die Bedingungen der Zulassung,<br />
die vollständig und einfach zugänglich sein sollen<br />
❚ Transparent gestalteter Verfahrensablauf<br />
❚ Darstellung der Prüfkriterien, die sicherstellen sollen, dass<br />
„in qualitativer wie quantitativer Hinsicht die fachlichen Grundlagen<br />
für das beantragte Masterstudium vermittelt werden“<br />
❚ ergänzende Empfehlungen wie z. B. die Standardisierung<br />
im Falle einer Häufung von Einzelfällen oder der Ausbau<br />
von „Brückenprogrammen“ zur Unterstützung des Wechsels<br />
❚ Weiterentwicklung der aktuellen Handhabung der Zulassung<br />
zu Doktoratsstudien<br />
❚ beständige Kooperation zwischen den „abgebenden“<br />
und „aufnehmenden“ Institutionen<br />
Die auch von der Expertengruppe zum Hochschulplan<br />
empfohlene Österreichische Hochschulkonferenz<br />
wurde im Mai 2012 als beratendes Gremium<br />
eingerichtet. Ziel ist es, den österreichischen Hochschulraum<br />
gesamtheitlich weiterzuentwickeln und in der<br />
Hochschulkonferenz die dafür notwendigen gemeinsamen<br />
Ziele und Leitlinien sowie eine österreichweite Koordinierung<br />
zu verfolgen. Mitglieder der Kerngruppe sind neben<br />
dem Wissenschafts- und Forschungsminister auch uniko-<br />
Präsident Rektor Heinrich Schmidinger, uniko-Vizepräsident<br />
Rektor Gerald Bast, FHK-Präsident Geschäftsführer<br />
Helmut Holzinger, FHK-Vizepräsident Rektor Fritz Schmöllebeck,<br />
Senatsvorsitzenden-Sprecher Helmut Fuchs, Margret<br />
Wintermantel (Wissenschaftsrat), ÖH-Vorsitzender<br />
Florian Kraushofer und Elmar Pichl, Leiter der Hochschul-<br />
Sektion im Wissenschafts- und Forschungsministerium.<br />
Foto: Vetmeduni Wien<br />
[Dieser Beitrag ist eine entgeltliche Ein schaltung in Form einer<br />
Medienkooperation mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und<br />
Forschung. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei <strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>.]<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
26 Schwerpunkt<br />
Staatspreis Mobilität<br />
Bewegende<br />
Innovationen für<br />
Österreichs Zukunft<br />
Der Staatspreis Mobilität ist als höchste Auszeichnung<br />
des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und<br />
Technologie (BMVIT) nicht nur eine Leistungsschau des<br />
Innovationsstandorts Österreich, sondern bietet auch einen<br />
Blick in die Zukunft der Mobilität. In diesem Jahr gehen die<br />
Preise an Magna Steyr, die Siemens AG Österreich, die<br />
Wiener Linien sowie den Verein BIKEline.<br />
Die vier prämierten Projekte<br />
Projekt CULT, Magna Steyr<br />
Projekt INSPIRO, Siemens AG Österreich<br />
Das Projekt CULT (Cars’ UltraLight Technologies)<br />
von Magna Steyr Fahrzeugtechnik<br />
AG & Co KG wurde in der Kategorie<br />
„Forschen. Entwickeln. Neue Wege weisen.”<br />
ausgezeichnet. CULT ist ein Kleinwagen,<br />
dessen Bauweise auf einem ganzheitlichen,<br />
funktionsorientierten Ansatz basiert.<br />
Er enthält einen neuartigen Erdgasmotor<br />
eine ultraleichte Konstruktion durch Funktionsintegration<br />
und innovative Werkstoffe.<br />
Bei der Entwicklung und Produktion wurde<br />
großer Wert auf Nachhaltigkeit und die Reduktion<br />
der CO 2<br />
-Emissionen gelegt. Zur Erfüllung<br />
dieser Ziele hat Magna Steyr mit<br />
Kooperationspartnern gearbeitet: die Technische<br />
Universität Wien, die Montanuniversität<br />
Leoben, das Österreichische Gießerei-Institut,<br />
die Polymer Competence Center<br />
Leoben GmbH, die FACC AG und die<br />
4a manufacturing GmbH waren an der Entwicklung<br />
des ganzheitlichen Fahrzeugkonzeptes<br />
für die Mobilität der Zukunft beteiligt.<br />
Für das Projekt Inspiro – <strong>Innovativ</strong>e Plattform<br />
für die Metro Warschau erhielt die<br />
Siemens AG Österreich die Auszeichnung<br />
in der Kategorie „Beschäftigung sichern.<br />
Wirtschaft stärken.” Mit der neuen modularen<br />
Metroplattform Inspiro – zunächst entwickelt<br />
für den Einsatz in Warschau – ist<br />
ein Fahrzeugkonzept entstanden, bei dem<br />
der Fokus verstärkt auf Energieeffizienz und<br />
Fahrgastkomfort liegt. Durch ein neuartiges<br />
Innenraumkonzept können die Züge flexibel<br />
an die unterschiedlichsten Kundenanforderungen<br />
angepasst werden: Vom Anteil<br />
motorisierter Wagen über Länge und<br />
Breite des Zuges bis hin zur idealen Sitzanordnung,<br />
erlaubt das modulare System die<br />
variable und individuell optimale Zusammensetzung<br />
einzelner Bestandteile. Nachhaltigkeit<br />
war bei der Auswahl der verwendeten,<br />
recycelbaren Materialien maßgebend.<br />
Aber auch durch den Einsatz moderner<br />
und effizienter Antriebstechnolo gien<br />
konnten im Betrieb bis zu 30 Prozent Energie<br />
gegenüber älteren U-Bahnen eingespart<br />
werden. Mit dem Projekt hat Siemens<br />
1.200 hochwertige und spezialisierte Arbeitsplätze<br />
in Österreich aufgebaut.<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Schwerpunkt<br />
27<br />
Verkehrsministerin Doris Bures hat Mitte September in Wien den Staatspreis Mobilität<br />
in vier Kategorien vergeben. Gewonnen haben Magna Steyr Fahrzeugtechnik für einen<br />
Kleinwagen in Ultraleichtbauweise (Kategorie „Forschen und entwickeln”), Siemens Österreich<br />
für die neue Metro-Plattform Inspiro (Kategorie „Beschäftigung sichern”), die<br />
Wiener Linien für ihren batterieelektrischen Bus für emissionsfreien innerstädtischen Verkehr<br />
(Kategorie „Planen, bauen und betreiben”) und der Verein BikeBird für das Projekt<br />
„Gemeinsam mit dem Rad zur Schule” (Kategorie „Bewusstsein schaffen”).<br />
„Der Staatspreis 2013 zeigt einmal mehr, wie leistungsfähig und innovativ die österreichischen<br />
Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind: Eine Rekordanzahl<br />
an Einreichungen unterstreicht die Stärke des Wirtschafts- und Innovationsstandorts<br />
Österreich – und darauf können wir zurecht stolz sein”, betonte Bundesministerin Doris<br />
Bures anlässlich der feierlichen Verleihung im Palais Ferstel. „Angewandte Innovationen<br />
verbessern die Lebensqualität, stärken den Wirtschaftsstandort und schaffen Arbeitsplätze.<br />
Die heutigen Preisträgerinnen und Preisträger können dazu einen wichtigen Beitrag<br />
liefern”, so die Ministerin.<br />
Aus über 93 Projekten wurden die Preisträgerinnen und Preisträger von einer internationalen<br />
Fachjury ausgewählt. Der Staatspreis Mobilität zeichnet nicht nur technologische<br />
Innovationen aus, sondern auch soziale und organisatorische Neuerungen. Prämiert werden<br />
innovative Konzepte, Produkte und Maßnahmen, die neue Wege für eine zielgerichtete<br />
Einführung moderner Mobilitätslösungen aufzeigen.<br />
Neben den Staatspreisurkunden konnten die Preisträgerinnen und Preisträger „Jeanne”<br />
in Empfang nehmen, eine vom Künstler Lukas Troberg entworfene Trophäe. Sie verkörpert<br />
die Dame, jene Figur im Schach mit dem höchsten Grad an Mobilität.<br />
n<br />
Staatspreis<br />
Mobilität 2013<br />
Der Staatspreis Mobilität wird alle zwei<br />
Jahre verliehen. 2013 gab es einen<br />
Einreichrekord, insgesamt wurden<br />
93 Projekte eingereicht, davon<br />
48 in der Kategorie<br />
Forschen. Entwickeln.<br />
Neue Wege weisen.<br />
9 in der Kategorie<br />
Beschäftigung sichern.<br />
Wirtschaft stärken<br />
16 in der Kategorie<br />
Planen. Bauen. Betreiben.<br />
20 in der Kategorie<br />
Bewusstsein schaffen. Ausbilden.<br />
Fotos: Magna Steyr; Siemens AG; Wiener Linien; BIKELine<br />
Die Wiener Linien erhielten den Staatspreis<br />
Mobilität 2013 in der Kategorie „Planen.<br />
Bauen. Betreiben.” für ihr Projekt Nullemissionsbusse.<br />
Sie entwickelten für den<br />
Wiener Innenstadtverkehr in Zusammenarbeit<br />
mit der Siemens AG und den italienischen<br />
Elektrobus-Experten Rampini einen<br />
emissionsfreien batteriebetriebenen Elektrobus.<br />
Der Midibus ist für den Verkehr in<br />
historischen Altstädten prädestiniert und<br />
kann mit nur einer Batterie eine tägliche<br />
Fahrstrecke von 150 Kilometern zurücklegen.<br />
Die Ablöse von Bussen mit Verbrennungsmotoren<br />
durch batteriebetriebene<br />
Elektrobusse bedeutet eine Reduzierung<br />
des CO 2<br />
-Ausstoßes um 300 Tonnen. Nach<br />
den erfolgreichen Testfahrten 2011 wurde<br />
die Zulassung des Busses im Sommer<br />
2012 abgeschlossen. Besonders an diesem<br />
Konzept ist weiters, dass die Aufladung sowohl<br />
über eine Oberleitung als auch über<br />
eine Steckdose erfolgen kann.<br />
In der Kategorie „Bewusstsein schaffen.<br />
Ausbilden.” machte BIKEline das Rennen.<br />
Die BIKEline ist ein internetbasierter Fahrradwettbewerb<br />
für Schülerinnen und Schüler<br />
ab der 5. Schulstufe. Mit dem Fahrrad<br />
zurückgelegte Schulwege werden mittels<br />
Helm-Chip elektronisch erfasst und als virtuelle<br />
Reise um die Welt dargestellt. Ausgehend<br />
von einer lokalen Initiative an der<br />
Ökologiehauptschule in Kaindorf konnte<br />
BIKEline ein Radstreckennetz mit 34 Schulen<br />
in sieben Bundesländern aufbauen.<br />
Ziel der Aktion ist die Bewusstseinsbildung<br />
von Kindern und Jugendlichen für umweltfreundliche<br />
und sichere Fortbewegung.<br />
Eigens installierte Haltestellen an wichtigen<br />
Knotenpunkten rund um die Partnerschulen<br />
dienen den SchülerInnen als Treffpunkt,<br />
von dort radeln sie zu festgelegten<br />
Zeiten gemeinsam und auf ausgewählten<br />
Routen in die Schule. Elektronische Sticker<br />
am Helm analysieren das Fahrverhalten<br />
und regelmäßige Preise sorgen für anhaltende<br />
Motivation von Seiten der Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer.<br />
Projekt Nullemissionsbus, Wiener Linien<br />
Projekt BIKEline, Verein BIKEline<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
28 Schwerpunkt<br />
Mobility<br />
Status E-Mobilität<br />
in Österreich<br />
<strong>Austria</strong>n Mobile Power, die führende<br />
österreichische E-Mobilitäts-Allianz von<br />
rund 40 Unternehmen, hat die aktuellsten<br />
Zahlen und Daten zum österreichischen<br />
Markt ausgewertet. Im klaren Aufwind sind<br />
E-Zweiräder: Während 2011 rund 30.000<br />
E-Bikes verkauft wurden, waren es ein Jahr<br />
später bereits 45.000 – ein Plus von 50 Prozent.<br />
Dazu kommen noch E-Scooter und E-Trikkes.<br />
Wege in die Zukunft<br />
„Wenn uns sauberer Verkehr und effizienter Ressourceneinsatz<br />
wirklich wichtig ist, dann müssen wir jetzt die Implementierung<br />
der E-Mobilität vorantreiben“, sagt Aichmaier. Die AMP sieht dafür<br />
zwei sinnvolle Hebel als nächste Schritte: Eine verbreitete Integration<br />
von intelligenter E-Ladeinfrastruktur auf der einen, und die<br />
verstärkte Aufnahme von E-Fahrzeugen in Flotten auf der anderen<br />
Seite. Auch seitens EU wird der Ausbau der Ladeinfrastruktur<br />
priori tär gesehen. In einem Entwurf der EU-Kommission werden<br />
für Österreich 116.000 Lademöglichkeiten bis 2020 als Ziel genannt.<br />
„Aus unserer derzeitigen Sicht sind mit maximaler Unterstützung<br />
rund 70.000 Ladepunkte bis 2025 zu erreichen“, sagt E-<br />
Mobilitäts-Experte Aichmaier. Laut Berechnungen der <strong>Austria</strong>n Mobile<br />
Power würde diese Anzahl einen Investitionsbedarf von rund<br />
442 Millionen Euro erzeugen. Davon entfallen bis zu 25 Prozent auf<br />
Kosten für den Anschluss laut Gesetzen bzw. Verordnungen und<br />
den örtlichen Gegebenheiten, und 75 Prozent auf die „Hardware“,<br />
also die Lade säulen an sich.<br />
Im PKW-Bereich sind aktuell rund 9.500 Batterie- und Hybridfahrzeuge<br />
auf den österreichischen Straßen unterwegs, davon sind<br />
1.591 reine E-Autos und 9.335 E-/Hybrid-Kombinationen (Stand Juni<br />
2013). Bei den Neuzulassungen mit alternativen Antrieben liegen<br />
E-Fahrzeuge inklusive Hybride deutlich vor Gasfahrzeugen: Rund<br />
2.600 E-Mobile und Hybride wurden 2012 neu zugelassen, versus<br />
rund 465 Gas-betriebene Autos. Seit 2009 (mit rund 1.100 E-PKW<br />
und Hybriden) hat sich die Anzahl der E-PKW-Neuzulassungen somit<br />
mehr als verdoppelt. Hybridfahrzeuge wachsen dabei besonders<br />
stark: Drei Viertel aller neu zugelassenen E-PKW 2012 waren<br />
Hybride (rund 2.170 Fahrzeuge). „Diese Zahlen sind eine erfreuliche<br />
Entwicklung für umweltfreundliche Mobilität, vor allem wenn man<br />
bedenkt, dass es momentan noch kaum öffentlich verfügbare Lade-<br />
Infrastruktur für E-Fahrzeuge gibt“, sagt <strong>Austria</strong>n Mobile Power-<br />
Chef Heimo Aichmaier. Derzeit wird die Anzahl der Ladepunkte in<br />
Österreich auf rund 2.000 geschätzt – private „Steckdosen“ inbegriffen.<br />
Erst rund hundert intelligente Ladesäulen sind im Einsatz.<br />
Heimo Aichmaier: „Diese Infrastruktur ist wichtig, um E-Mobilität<br />
breiter zugänglich zu machen. Dafür muss man allerdings zukunftsfähig<br />
investieren, denn Ladesäule ist nicht gleich Ladesäule. Wichtig<br />
ist, den neuesten Stand der Technik zu wählen, damit wirklich<br />
jedes Auto bei jeder öffentlich zugänglichen Säule geladen werden<br />
kann. Und ebenso wichtig ist eine gute Mischung zwischen normalen,<br />
beschleunigten und Schnell-Ladesäulen an den jeweils richtigen<br />
Orten, damit Österreich durchfahrbar wird. Als Entscheidungs-<br />
Unterstützung haben wir eine technische Checkliste mit allen wichtigen<br />
Fragen und Kriterien zusammengestellt, die wir Interessierten<br />
gern zur Verfügung stellen.“<br />
Die Integration von E-Mobilen in Flotten ist der zweite, wichtige<br />
Strang für den Ausbau einer umweltfreundlichen Mobilität in Österreich.<br />
Die große Hebelwirkung erklärt sich durch die Zahlen:<br />
Mehr als die Hälfte, nämlich 56,7 Prozent, aller PKW-Neuzulassungen<br />
2012 in Österreich sind in Flotten. „Wir sind überzeugt: Es rechnet<br />
sich für Güter und Personen, sauber und emissionslos in der<br />
Flotte unterwegs zu sein“, sagt AMP-Chef Aichmaier. „Zusätzlich<br />
wird als Nebeneffekt der Gebrauchtwagen-Markt angekurbelt. So<br />
werden E-Autos Schritt für Schritt auch breiter und zu günstigeren<br />
Preisen verfügbar.“ Mit dem Vorantreiben dieser Maßnahmen<br />
sieht es AMP als möglich, dass jedes fünfte neuzugelassene Auto<br />
im Jahr 2020 ein umweltfreundliches E-Mobil ist.<br />
n<br />
Weiterführende Infos:<br />
www.austrian-mobile-power.at<br />
Foto: 123rf<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Schwerpunkt<br />
29<br />
Mobility<br />
Gestern<br />
Science Fiction,<br />
heute Realität<br />
Was Millionen von FernsehkonsumentInnen<br />
noch vor wenigen Jahren an Herbie und KITT<br />
so faszinierend fanden, ist heute in der Automobilindustrie<br />
zum Teil bereits State of the art oder steht<br />
kurz vor der Marktreife. Denn Fahrzeuge, die mit<br />
dem Fahrer kommunizieren, gehören seit geraumer<br />
Zeit zum Alltagsbild. Nun machen die intelligenten<br />
Fahrzeuge den nächsten Entwicklungsschritt und<br />
übernehmen das Steuer.<br />
Wenn alles mit<br />
allem interagiert:<br />
die Mobilität der Zukunft<br />
bringt – dank smarter<br />
Sensoren – schon bald<br />
völlig stressfreies Fahren.<br />
Foto: Continental<br />
„Anstatt sich im Stau zu ärgern, werden<br />
Autofahrer in Zukunft einfach das Lenkrad<br />
loslassen und dem Fahrzeug per Chauffeursknopf<br />
die Fahraufgabe übergeben<br />
können: Automatiserte Fahrzeuge werden<br />
den Autofahrer bald in immer mehr Situationen<br />
bewegen.“, beschreibt Rainer Büchse<br />
von Continental einen der großen Entwicklungstreiber<br />
der Automobilindustrie.<br />
Fahrzeuge, die sich miteinander unterhalten<br />
und sich im Straßenverkehr aufeinander<br />
abstimmen, standen auch in Linz beim<br />
Branchentreff der Automobilindustrie „automotive.2013“<br />
des Automobil-Clusters im<br />
Mittelpunkt, der am 24. September in der<br />
voestalpine Stahlwelt unter großem Andrang<br />
über die Bühne ging. Autos werden<br />
schon bald in der Lage sein, selbständig zu<br />
fahren und mit neuesten Technologien den<br />
Verkehr sicherer machen.<br />
Continental auf<br />
„automatisierter Überholspur“<br />
Der internationale Zulieferer, Continental,<br />
stellt bereits einen Großteil der notwendigen<br />
Systeme wie z. B. Aufmerksamkeitsführung,<br />
Innenraumkameras, Spracherkennung,<br />
Head-up Displays, Bremssysteme,<br />
Sensoren, Radar usw. zur Verfügung und<br />
investiert im Jahr 2013 mehr als 100 Millionen<br />
Euro in die Forschung und Entwicklung<br />
für Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes<br />
Fahren. 1.300 MitarbeiterInnen<br />
im Konzern arbeiten intensiv an diesen<br />
Themen. Zusammen mit Partnern aus der<br />
IT Industrie geht Continental einen weiteren<br />
zentralen Baustein für die Automatisierung<br />
der Fahrzeuge an: die Vernetzung der<br />
Fahrzeuge. „Um wirklich komfortabel und<br />
sicher unterwegs zu sein, werden automatisierte<br />
Fahrzeuge lernen müssen, weiter<br />
nach vorne zu blicken, als es die Umfeldsensorik<br />
erlaubt. Die Informationen über<br />
die Verkehrsituation hinter der nächsten<br />
Kurve werden durch die Vernetzung der<br />
Fahrzeuge mit dem Internet und anderen<br />
Fahrzeugen kommen.“, erklärt Büchse. Aktuelle<br />
Entwicklungsziele beinhalten eine<br />
automatisierte Autobahnfahrt über europäische<br />
Ländergrenzen hinweg. <br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
30 Schwerpunkt<br />
Mobility<br />
Fresh Money<br />
für E-Mobilität<br />
Ende September, startete der Klima- und Energiefonds<br />
die Ausschreibung für sein neues Förderprogramm<br />
„E-Mobilität für alle: Urbane Elektromobilität“.<br />
Mit insgesamt sechs Millionen Euro<br />
werden Projekte für leistbare und innovative<br />
E-Mobilitätslösungen in Städten gefördert.<br />
Erkenntnisse aus der Forschung sollen<br />
mit dem neuen Programm flächendeckend<br />
umgesetzt und demonstriert werden. Dabei<br />
soll die Elektromobilität sinnvoll in ein<br />
ganzheitliches, nachhaltiges Mobilitätssystem<br />
der Zukunft integriert werden. In Sachen<br />
E-Mobilität im urbanen Raum hat Österreich<br />
jedenfalls viel vor: Die Lösungen<br />
der Zukunft sollen nicht nur leistungsfähig<br />
sein, sondern auch wirtschaftlich, umweltfreundlich<br />
– und vor allem leicht zugänglich<br />
für die gesamte Bevölkerung.<br />
E-Mobility für urbane<br />
Gesamtverkehrskonzepte<br />
Insgesamt sechs Millionen Euro stehen für<br />
das neue Förderprogramm „E-Mobilität für<br />
alle – urbane Elektromobilität“ zur Verfügung.<br />
„Die E-Mobilität als Zukunftstechnologie<br />
muss nachhaltig und sinnvoll in<br />
das bestehende Verkehrssystem integriert<br />
werden. Unser Förderprogramm bringt Forschungs-<br />
und Testergebnisse rasch auf den<br />
Markt. Wir wollen in langlebige Infrastruktur<br />
investieren und die Mittel effektiv nutzen,<br />
daher beginnen wir unsere Ausschreibung<br />
mit einer Sondierungsphase“, erklärt<br />
Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima-<br />
und Energiefonds. Das Programm widmet<br />
sich vor allem zwei Aspekten: Einerseits<br />
sollen die Kosten für E-Mobilität auf<br />
eine größere Nutzeranzahl verteilt werden.<br />
Nicht der Besitz, sondern die Nutzung von<br />
E-Fahrzeugen steht im Vordergrund: Intelligente<br />
eTaxi- und eCarsharing-Lösungen<br />
ergänzen dabei den öffentlichen Verkehr.<br />
Andererseits gilt es die Reichweite durch<br />
den Ausbau der notwendigen Infrastruktur<br />
(z. B. Betankung) zu erhöhen. Ziel des neuen<br />
Förderprogramms ist es, die Erfahrungen<br />
aus den Demonstrationsprojekten in<br />
Städten mit mindestens 50.000 EinwohnerInnen<br />
umzusetzen und final für die tatsächliche<br />
Markteinführung zu optimieren.<br />
Das Förderprogramm in Kürze<br />
Das Programm wird in drei Phasen abgewickelt.<br />
Die Ende September gestartete Phase<br />
ist mit 250.000 Euro dotiert. Sie dient<br />
der Entwicklung von Umsetzungskonzepten<br />
für den urbanen Raum unter Berücksichtigung<br />
der technischen, ökonomischen<br />
und rechtlichen Machbarkeit. Eingereichte<br />
Projekte dürfen eine Laufzeit von maximal<br />
acht Monaten haben und spätestens im<br />
April 2014 beginnen. Projektwerber, die<br />
erfolgreich im Rahmen der ersten Phase<br />
ein Umsetzungskonzept entwickelt haben,<br />
können sich im Rahmen der zweiten Phase<br />
für eine Unterstützung der konkreten Umsetzung<br />
bewerben. Flankierend zur 2. Phase<br />
ist in Phase 3 eine Begleitforschung für<br />
die Umsetzungsprojekte geplant. Die erste<br />
Phase des Förderprogramms „E-Mobilität<br />
für alle – urbane Elektromobilität“ ist bis<br />
30. 1. 2014, 12 Uhr, geöffnet. n<br />
Weiterführende Infos:<br />
www.klimafonds.gv.at<br />
Foto: 123rf<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
ecoplus. öffnet netzwerke, stärkt kooperationen.<br />
ecoplus Cluster Niederösterreich vernetzen Unternehmen, unterstützen gemeinsame Innovationen,<br />
Produktentwicklungen und Markteintritte, optimieren Abläufe und vermitteln Kontakte.<br />
ecoplus Cluster Niederösterreich: Bau.Energie.Umwelt, Kunststoff, Mechatronik, Lebensmittel,<br />
Logistik – sowie die Elektromobilitätsinitiative des Landes Niederösterreich.<br />
www.ecoplus.at<br />
ecoplus. Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH<br />
Niederösterreichring 2, Haus A, 3100 St. Pölten<br />
Das Programm Cluster Niederösterreich wird mit EU - Mitteln aus<br />
dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und<br />
Mitteln des Landes Niederösterreich kofinanziert.
32 Promotion<br />
Upper <strong>Austria</strong>n Research<br />
Oberösterreichs<br />
Forschung im<br />
Spitzenfeld<br />
Oberösterreich hat sich national wie international erfolgreich<br />
als innovatives Industriebundesland etabliert und liegt mit<br />
ihrer Forschungsleistung im Spitzenfeld.<br />
Dass Oberösterreich in der<br />
Forschung gut aufgestellt ist,<br />
zeigt auch die Statistik der<br />
Forschungsförderungsgesellschaft<br />
(FFG). So geht etwa jeder vierte<br />
Fördereuro der FFG an oberösterreichische<br />
Betriebe.<br />
Linz Center of Mechatronics GmbH –<br />
führendes Zentrum in der angewandten<br />
Mechatronik-Forschung<br />
In Summe wurde die oberösterreichische Forschung im Vorjahr<br />
mit rund 114 Millionen Euro aus dem FFG-Fördertopf unterstützt.<br />
Allein in den Basisprogrammen lag die Gesamtfördersumme 2012<br />
bei über 73 Mil lionen Euro, womit OÖ im Bundesländer-Vergleich<br />
an erster Stelle lag. Besonders bewährt hat sich die seit 2006 laufende<br />
Kooperation zwischen dem Land und der FFG, womit Landes-<br />
und Bundesförderungen kombiniert und zentral über die FFG<br />
abgewickelt werden.<br />
Oberösterreich hat nicht nur eine ausgezeichnete Förderbasis,<br />
es stehen der Wirtschaft auch Top-Forschungsstätten mit höchster<br />
Kompetenz und Kooperationsbereitschaft für Forschungs- und<br />
Entwicklungsprojekte zur Verfügung. Mit der Johannes Kepler Universität<br />
Linz, dem Softwarepark Hagenberg, den Fachhochschul-<br />
Standorten und den Forschungszentren der außeruniversitären<br />
Forschung weist Oberösterreich namhafte und exzellente Institutionen<br />
auf. Mit oberösterreichischen Forschungseinrichtungen<br />
sichern sich Unternehmen zuverlässige Kooperationspartner und<br />
den Zugang zu hochkarätigen F & E-Kapazitäten, besonders in den<br />
oberösterreichischen Stärkefeldern Informations- und Kommunikationstechnologien,<br />
Mechatronik und Prozessautomatisierung,<br />
<strong>Innovativ</strong>e Werkstoffe und Leichtbau, Life Sciences, Logistik und<br />
Energieeffizienz/erneuerbare Energien. Die oberösterreichische<br />
Forschung setzt dabei auf interdisziplinäre und internationale Kooperationen.<br />
Alleine die Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH – Leitgesellschaft<br />
für die außeruniversitäre Forschung in OÖ – setzt mit ihren Beteili<br />
gungsgesellschaften jährlich rund 1.000 Forschungsprojekte mit<br />
etwa 650 Partnern aus Industrie und Wirtschaft um. Davon werden<br />
viele, vor allem umfangreiche Projekte erst durch Forschungsförderprogramme<br />
möglich. Sowohl die FFG Förderprogramme aus<br />
dem Bereich „Basisprogramme“ als auch aus den Bereichen<br />
„Strukturprogramme“, „thematische Programme“ sowie „Europäische<br />
und Internationale Programme“ sind für die außeruniversitäre<br />
Forschung wichtig.<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Promotion<br />
33<br />
<strong>Innovativ</strong>e Materialneuentwicklungen<br />
–<br />
Kompetenzzentrum<br />
Holz GmbH<br />
Fotos: Linz Center of Mechatronics GmbH; Kompetenzzentrum Holz GmbH; TCKT; RECENDT GmbH<br />
Viele innovative Projekte werden von der FFG gefördert,<br />
hier drei Beispiele aus der außeruniversitären Forschung:<br />
In der Kompetenzzentrum Holz GmbH wird zusammen mit dem<br />
IFA-Tulln (Universität für Bodenkultur) aktuell im BRIDGE-Förderprogramm<br />
beispielsweise an der Herstellung von Wood Polymer<br />
Composites (WPC) aus technischen Polymeren und modifizierten<br />
Spänen (z. B. durch thermische Stabilisierung der Holzkomponente)<br />
gearbeitet. Diese neuen Verbundwerkstoffe sollen sich durch<br />
erhöhte Steifigkeit, Witterungs- und Wärmeformbeständigkeit auszeichnen<br />
und künftig etwa für tragende Bauteile oder Temperatur<br />
beanspruchte Komponenten im Automotive-Sektor zum Einsatz<br />
kommen.<br />
Das Programm „BRIDGE“ (innerhalb der FFG Basisprogramme)<br />
fördert Forschungsprojekte an der Schnittstelle zwischen wissenschaftlicher<br />
Grundlagenforschung an Instituten und experimenteller<br />
Entwicklung in den Unternehmen, und kann somit als „Brückenschlagprogramm“<br />
bezeichnet werden.<br />
Die RECENDT GmbH arbeitet an einem Sondierungsprojekt in der<br />
Programmschiene FTI Initiative Produktion für „ITIS – Intelligenter<br />
Terahertz Interface Scanner“. Terahertz (THz) Wellen eignen sich<br />
aufgrund ihrer hohen Eindringtiefe bis zu mehreren Zentimetern<br />
hervorragend für die Materialuntersuchung von Polymeren, Keramiken<br />
und anderen nicht-leitenden Werkstoffen und Verbundwerkstoffen<br />
und bieten eine Alternative zum Einsatz gesundheitsschädigender<br />
Röntgenstrahlung.<br />
Die Transfercenter für Kunststofftechnik GmbH (TCKT) arbeitet im<br />
Rahmen eines Projektes in der COIN-Programmlinie „Kooperation<br />
und Netzwerke“ im Projektkonsortium an einem automatisierten<br />
Infusionsprozess für qualitativ hochwertige Faserververbundkunststoff-Bauteile.<br />
Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung<br />
einer hocheffizienten, innovativen Infusionstechnik zur<br />
Herstellung von kostenoptimierten Produkten in Faser-Verbund-<br />
Technologie umzusetzen. Kernstück der Projektarbeit ist dabei die<br />
Entwicklung einer intelligenten, sich selbst steuernden Infusionseinheit,<br />
die ebenso den gesamten Infusionsprozess überwacht.<br />
Unterstützt wird die Prozessentwicklung durch Einsatz von Simulationsmethoden.<br />
Mehr Infos unter www.uar.at<br />
n<br />
Intelligenter Terahertz<br />
Interface Scanner –<br />
RECENDT GmbH<br />
Compositeflügel –<br />
Transfercenter für<br />
Kunststofftechnik<br />
GmbH<br />
Die Beteiligungsgesellschaften<br />
… der Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH<br />
im Bereich der Forschung:<br />
❚ BioMed-zet Life Science GmbH (BioMed-zet)<br />
❚ Center for Advanced Bioanalysis GmbH (CBL)<br />
❚ Kompetenzzentrum Holz GmbH (WOOD K plus)<br />
❚ Linz Center of Mechatronics GmbH (LCM)<br />
❚ Polymer Competence Center Leoben GmbH (PCCL)<br />
❚ Research Center for Non Destructive Testing GmbH (RECENDT)<br />
❚ RISC Software GmbH<br />
❚ Software Competence Center Hagenberg GmbH (SCCH)<br />
❚ Transfercenter für Kunststofftechnik GmbH (TCKT)<br />
[Entgeltliche Einschaltung]<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
34 Forum Alpbach<br />
Wer bin ich<br />
im Internet?<br />
Und wer liest mit?<br />
Wer sich im Internet bewegt, muss sich<br />
über eines im Klaren sein: Er gibt damit stets<br />
Teile seiner Persönlichkeit preis und die<br />
Informationen bleiben für immer gespeichert.<br />
Autorin: Emilie Brandl<br />
Um digitale Identitäten und virtuelle Umgebungen ging es beim Forschung<br />
<strong>Austria</strong>-Arbeitskreis, der Ende August im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche<br />
für große Aufmerksamkeit sorgte.<br />
Die ExpertInnen des Arbeitskreises waren sich einig. Im Internet geht es um ein Abwägen<br />
zwischen Nutzen und Risiko – und: Es gibt in der Öffentlichkeit eine Diskrepanz zwischen<br />
der Skepsis vor Datenspeicherung und der freiwilligen Veröffentlichung sensibler Daten.<br />
Der unter anderem auf Web-Recht spezialisierte Rechtsanwalt Gerald Ganzger hatte da<br />
einen einfachen Tipp: „Vor jedem Posting sollte ich mich fragen: Will ich das in zwei, fünf<br />
oder zehn Jahren noch lesen?“<br />
Diskutierten in Alpbach über<br />
digitale Identitäten (v. l. n. r.):<br />
Gerald Ganzger, Lansky, Ganzger<br />
& Partner Rechtsanwälte GmbH,<br />
Franz Lang, Stellvertreter des Generaldirektors<br />
für öffentliche Sicherheit und<br />
Direktor des Bundeskriminalamtes,<br />
Ivona Brandic, Assistent Professor,<br />
TU Wien, Stefan Bumerl, CRYPTAS<br />
it-Security GmbH, Thomas Corsten,<br />
Professor, Universität Wien, Friedrich<br />
Faulhammer, Rektor Donau-Universität<br />
Krems, Sebastian Eschenbach,<br />
Leiter des Departments Wirtschaft,<br />
FH Burgenland.<br />
Internet und Gesetz:<br />
von Ehrenbeleidigung bis Identitätsdiebstahl<br />
Gerald Ganzger zeichnete ein differenziertes Bild: Die juristischen Aspekte seien komplex,<br />
da für das World Wide Web verschiedene Rechtsordnungen und Zuständigkeiten gelten.<br />
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kenne zwei Prinzipien, die gleichrangig<br />
sind, aber oft kollidieren: Medien- und Meinungsfreiheit stehen oft dem Recht auf Ehre<br />
des anderen gegenüber. In den USA gibt es da eine klare Präferenz, dort greift niemand<br />
die Meinungsfreiheit an, auch nicht bei Themen wie Antisemitismus, Islamfeindlichkeit<br />
oder NS-Wiederbetätigung. Werden Persönlichkeitsrechte verletzt, kann der Geschädigte<br />
in den USA daher sein Recht lediglich über den Hebel des Urheber- oder Markenrechts<br />
durchsetzen. In Österreich ist der Schutz der Gesellschaft das höherrangige Gut.<br />
Mit Cyberkriminalität abseits von Urheberrecht und Ehrenbeleidigung hat Franz Lang, Direktor<br />
des Bundeskriminalamts (BK), zu tun. Bei ihm geht es um Internetbetrug, Identitätsdiebstahl,<br />
Kinderpornographie und dergleichen. „Die meisten Delikte waren vorher schon<br />
da, nur passieren sie jetzt über das Internet. Hier ist großes Kreativitätspotenzial vorhanden.“,<br />
so Lang. Das BK behandelt rund 10.000 Fälle von Cyberkriminalität pro Jahr, Lang<br />
ist sich aber bewusst, dass das nur ein Bruchteil der Dunkelziffer ist: „Wir wissen, dass wir<br />
punktuell Großbrände löschen.“ Bei gewissen Cyberkriminalitätsdelikten gibt es eine Steigerungsrate<br />
von 200 Prozent. Identitätsmissbrauch ist die zentrale Frage im Zusammenhang<br />
mit Cyberkriminalität. Falsche Identitäten werden oft zu kriminellen Zwecken genutzt.<br />
Die leichtesten Opfer: Kinder und die Generation 60+. Lang plädierte dafür, dass in Schulen<br />
Trainings für den sicheren Umgang mit dem Internet den gleichen Stellenwert bekommen<br />
wie Verkehrserziehung.<br />
Foto: Klobucsar<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Forum Alpbach<br />
35<br />
Doch was heißt „sicher“ in diesem Zusammenhang? „Geht es dabei<br />
um technische oder rechtliche Sicherheit? Darum, dass mein<br />
Gegenüber der ist, für den er sich ausgibt?“, fragte Stefan Bumerl<br />
von der IT-Security Firma Cryptas.<br />
Identitäten, Basisbewegungen,<br />
Arbeitsplätze: Wandel 2.0<br />
„Die Frage nach der Identität des Menschen ist so alt wie die Menschheit<br />
selbst.“, stellte Thomas Corsten, Professor für Alte Geschichte<br />
an der Universität Wien, fest. Dabei kann man Identität(en) ganz<br />
unterschiedlich definieren und schaffen. Und: jeder Mensch hat<br />
mehrere Identitäten, je nachdem, in welchem Umfeld er sich bewegt.<br />
Einzelne von ihnen kann er selbst bestimmen – im Internet<br />
kann er sich eine Vielzahl von Identitäten zurechtlegen – andere<br />
werden ihm von seinen Zeitgenossen oder auch von späteren Generationen<br />
zugeschrieben. So kommt es zum Beispiel zu dem Paradoxon,<br />
dass Karl der Große sowohl für Deutschland als auch für<br />
Frankreich (als Charlemagne) identitätsstiftend ist. Was schafft nun<br />
traditionell Identität? Es sind die gemeinsame Sprache, eine gemeinsame<br />
(auch konstruierte) Abstammung, (oft) eine gemeinsame<br />
Religion, gemeinsame Rechtsvorstellungen und nicht zuletzt<br />
ein gemeinsamer Feind.<br />
Need2know<br />
Die 30. Alpbacher Technologiegespräche<br />
fanden von 22.–24. August<br />
statt und standen unter dem Motto:<br />
„Die Zukunft der Innovation: Voraussetzungen<br />
– Erfahrungen – Werte“.<br />
Der Arbeitskreis 10 „Identität 2.0: der<br />
digitale Mensch“ wurde von Forschung<br />
<strong>Austria</strong> initiiert. Es war mit über 80 TeilnehmerInnen<br />
einer der bestbesuchten<br />
Arbeitskreise der Technologiegespräche,<br />
deshalb wird das Thema am 21. Oktober<br />
unter dem Titel „Web und Recht 2.0“<br />
in Wien neuerlich im Rahmen einer<br />
Podiumsdiskussion vertieft. In der nächsten<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>-Ausgabe lesen Sie<br />
über die Ergebnisse dieses Follow-up.<br />
„Zu den vier bekannten Staatsmachten (Legislative, Judikative, Exekutive<br />
und die Medien) kommt heute die allgemeine Öffentlichkeit<br />
als fünfte Staatsmacht dazu und beeinflusst die vier anderen in<br />
höchstem Maß.“, erklärte Friedrich Faulhammer, Rektor der Donau-<br />
Universität Krems. Wenn es um die Stärkung der Basis durch das<br />
Internet geht, spielt nicht nur E-Democracy eine Rolle, mithilfe derer<br />
der Staat aktiv die Beteiligung der allgemeinen Öffentlichkeit an<br />
demokratischen Prozessen stärken will. Es geht auch um so genannte<br />
„grass-roots movements“, das sind politische oder gesellschaftliche<br />
Initiativen in den neuen Medien, die aus der Basis der Bevölkerung<br />
entstehen. Diese bottom-up-Kampagnen gehen oft von öffentlichen<br />
Plätzen aus: das Audimax der Universität Wien bei der<br />
„Uni-Brennt-Bewegung“, der Tahrir Platz in Ägypten beim „Arabischen<br />
Frühling“, der Taksim Platz bei den aktuellen Protesten in der<br />
Türkei. Diese Dynamik wird auch von der Werbeindus trie genutzt,<br />
die mit kommerziellen Projekten den Eindruck erwecken will, es<br />
handle sich um eine spontane „grass-roots“-Bewegung. Diese Kampagnen<br />
nennt man „Astroturfing“ oder „Kunstrasenbewegungen“.<br />
Sebastian Eschenbach von der Fachhochschule Burgenland beschäftigt<br />
sich mit dem Zusammenhang zwischen Informationstechnologie<br />
und Arbeit. In den letzten Jahrzehnten habe sich die Arbeitswelt<br />
weiterentwickelt – von manueller Arbeit, die auf Erfahrung<br />
aufbaut, hin zu einer beruflichen Tätigkeit, die durch die Anwendung<br />
formaler Bildung geprägt ist. „Peter Drucker sprach schon<br />
in den 1950er Jahren vom ‚Knowledge Worker‘.“, so Eschenbach.<br />
Diese Veränderungen seien in erster Linie aber nicht von einer<br />
neuen Technologie getrieben, sondern von geänderten Vorstellungen,<br />
wie Menschen leben und mit Wissen umgehen wollen. Dazu<br />
kommt ein Bündel an neuen Technologien, das auf vernetzten<br />
Computern basiert. Auch andere Bereiche, nicht nur die Arbeitswelt,<br />
sind betroffen: Medien, Einzelhandel, Religion, Regierungsgeschäfte<br />
und viele mehr.<br />
Und was passiert mit den Daten?<br />
„Wir hinterlassen täglich eine Biographie von mehreren 100 Seiten.“,<br />
weiß Franz Lang vom BK. Und wer profitiert davon? Google,<br />
Facebook & Co. sind auf den ersten Blick gratis, auf den zweiten<br />
Blick zahlen wir mit unseren Daten. Mit diesen Daten werden Profile<br />
zu Marketingzwecken erstellt, gehandelt und für gezielte Werbung<br />
eingesetzt. „Das nennt man implizite Bezahlung mit Daten.“,<br />
so Ivona Brandic, Assistant Professor an der Technischen Universität<br />
Wien. „Ich muss immer Nutzen und Gefahr gegeneinander<br />
abwiegen und auch bei der technischen Entwicklung berücksichtigen.“<br />
Datenspeicherung und -verwertung durch Nachrichtendienste<br />
in den USA und anderswo waren das große Thema der<br />
Diskussion (Stichwort: PRISM).<br />
Ivona Brandic beschäftigt sich auch mit Datenspeicherung in einem<br />
anderen Zusammenhang, nämlich mit der Datenflut: „Die<br />
große Herausforderung unserer Zeit sind die Daten.“ Bewältigt<br />
kann zumindest die Speicherung dieser Daten zum Beispiel mit<br />
„Cloud Computing“ werden. Dabei kann effizient auf ökologische<br />
und ökonomische Faktoren eingegangen werden, wenn Daten<br />
nicht an physikalische Orte gebunden sind. Die Hardware für Daten,<br />
die in Österreich genutzt werden, steht dann etwa in Finnland,<br />
wenn es dort kalt ist und die Energie für die Kühlung gespart werden<br />
kann. Brandic: „Cloud Computing wird zur ‚5 th Utility‘ unserer<br />
Zeit, nach Wasser, Gas, Strom und Telefon. Aber wir sind aktuell<br />
auf einem Level, als müssten wir Wasser aus dem Brunnen nachhause<br />
tragen.“<br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
36<br />
Forum Alpbach<br />
Nachlese<br />
Das waren<br />
die Alpbacher<br />
Technologiegespräche<br />
In diesem Jahr stand das Generalthema<br />
der Technologiegespräche im Tiroler Alpbach<br />
unter dem Schwerpunkt „ Die Zukunft der Innovation:<br />
Voraussetzungen – Erfahrungen – Werte“.<br />
Nachfolgend zeigen wir eine Bilderreise durch diese<br />
drei Technologietage. Ein ausführliches Resümee aus den<br />
einzelnen Arbeitskreisen lesen Sie auf unserer Homepage<br />
www.austriainnovativ.at.<br />
AK 1 AK 2 AK 3 AK 4<br />
AK 7 AK 8 AK 9 AK 10<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Forum Alpbach<br />
37<br />
AK 5 AK 6<br />
AK 11 AK 12<br />
Das waren die Themen<br />
der einzelnen Arbeitskreise:<br />
AK 1: Die Wertschöpfungsketten der Zukunft;<br />
AK 2: To Develop the Future – Innovation<br />
von morgen am Beispiel internationaler<br />
Leitbetriebe; AK 3: Smart City – Wege<br />
zur urbanen Mobilität von morgen; AK 4:<br />
„Frontrunner“ als neuer Ansatz der FTI-<br />
Politik; AK 5: Zukunftsraum Alpen: Fokus<br />
nachhaltige Ressourcennutzung; AK 6: Das<br />
Potenzial von IKT-Tools im Open Innovation-Prozess;<br />
AK 7: Web attack! Der Kampf<br />
gegen Hacker und Datenverlust; AK 8: Industrie<br />
4.0 – Auswirkungen auf die Arbeitswelt<br />
der Zukunft; AK 9: Green Tech: Vision<br />
und Business ECO-Mobilität; AK 10: Identität<br />
2.0: der digitale Mensch; AK 11: Intellectual<br />
Property Management – Voraussetzungen<br />
für Wohlstand und Erfolg; AK 12:<br />
Sichere Gesellschaft = Gesicherte Zukunft<br />
= Sicherheitsforschung<br />
Fotos: Luiza Puiu/European Forum Alpbach; Klobucsar<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
38 Forschungspolitik<br />
Interview<br />
„Forschung ist der<br />
Sauerstoff unserer<br />
Gesellschaft“<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> im Gespräch mit Reinhart Kögerler,<br />
Präsident der Christian Doppler Gesellschaft, über den Status<br />
quo der heimischen Forschungsszene sowie mögliche Szenarien<br />
einer Neuordnung durch die nächste Regierung.<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>: Mitte Juli wurde der Wirtschaftsbericht Österreich<br />
2013 präsentiert, der dem Land bereits das zwölfte Jahr in<br />
Folge ein Wachstum über den Durchschnitt der Eurozone ausweist.<br />
Sehen Sie also ebenso wie Wirtschaftsminister Mitterlehner nur<br />
Licht und kaum Schatten?<br />
Reinhart Kögerler: Wenn man die letzten 25 Jahre betrachtet,<br />
sehe ich wirklich viel Licht. Noch Anfang der 1990er Jahre lag Österreich<br />
bezüglich Wirtschaftskraft rund zehn Prozent hinter Deutschland.<br />
Damals wurden dann einige kluge Forschungsförderungs-<br />
Instrumente installiert – insbesondere im Bereich der Kooperation<br />
von Wirtschaft und Wissenschaft – allen voran die Christian Doppler<br />
Labors. Darauf fußend wurden die Kompetenzzentren K-Plus,<br />
K-Ind und K-Net auf- und zum COMET-Programm ausgebaut. Bereits<br />
Ende der 90er Jahre griffen diese Maßnahmen derart, dass<br />
wir die Deutschen in der Wirtschafskraft überholten und kurz darauf<br />
dann auch noch in der Produktivität. Heute zählen wir zur<br />
drittreichsten Volkswirtschaft im gesamten EU-Raum und gelten<br />
mit unserer niedrigen Arbeitslosenquote als internationales Vorbild.<br />
Wen Sie mich also fragen, was dafür die maßgeblichen Hebel<br />
waren, dann zählt dazu sicherlich auch die Einführung der genannten<br />
Forschungsförderungsinstrumente – freilich flankiert durch<br />
andere, etwa steuerliche Maßnahmen, wie z. B. den Forschungsfreibetrag.<br />
Mit Schatten belegt sehe ich dafür die letzten drei Jahre. Zwar<br />
dürften wir die Weltwirtschaftskrise deutlich besser überstanden<br />
haben als die meisten anderen Länder, dafür ist jetzt eine deutliche<br />
Erlahmung spürbar, was die Forschungsförderungspolitik betrifft.<br />
Auch die Ausgaben für Forschung sind seither bekanntlich praktisch<br />
nicht mehr gesteigert worden. Weiters wurde bei den Unis<br />
nicht sehr viel weitergebracht. Den hohen Schulen geht es heute<br />
trotz der Hochschulmilliarde nicht viel besser als noch vor drei<br />
Jahren.<br />
AI: Eine Erhöhung der Forschungsausgaben korreliert natürlich mit<br />
der erforderlichen Budgetkonsolidierung …<br />
RK: Das Budget zu sanieren ist zweifelsfrei wichtig. Doch kompromisslose<br />
Einsparungen quer durch alle Bereiche sind jedenfalls fatal!<br />
Vor allem, wenn es auch auf Kosten von Forschung und Lehre<br />
gehen sollte. Das brächte Auswirkungen, die aus heutiger Sicht<br />
noch gar nicht absehbar sind. Zudem lehrt uns die Geschichte,<br />
dass gerade die antizyklische Investition in Lehre und Forschung<br />
jene Saat ausmacht, die für Wachstum und Wohlstand sorgt. Nachzulesen<br />
vor allem bei Humboldt, dessen Investitionsvorgaben trotz<br />
leerer Kassen aus einer am Boden liegenden Universitätsszene<br />
Europas beste Häuser machte.<br />
Innerhalb der heimischen<br />
Uni versitätsszene wurde nicht<br />
sehr viel weitergebracht. Den<br />
hohen Schulen geht es heute<br />
trotz der Hochschulmilliarde<br />
nicht viel besser als noch<br />
vor drei Jahren.<br />
AI: Neben mehr Geld für Forschung und Lehre wird seitens zahlreicher<br />
Experten auch der Ruf nach einer Re-Industrialisierung Österreichs<br />
immer lauter. Haben wir als Industriestandort gegenüber<br />
Billiglohn-Nationen überhaupt eine ernstzunehmende Chance?<br />
RK: Zweifelsfrei ja. Betrachten wir beispielsweise die heimische<br />
Stahlindustrie, die gegen Ende der Verstaatlichung am Boden lag.<br />
Heute trägt die Stahlindustrie als eine unserer besten Branchen<br />
maßgeblich zur heimischen Wirtschaftskraft bei. Was haben Sie gemacht?<br />
Sie haben auf hohe Qualität und hohes Know-how gesetzt,<br />
indem sie unter anderem rund 30 Christian Doppler-Labors gründeten,<br />
in denen zahlreiche Innovationen entwickelt werden konnten.<br />
Trotz der aus internationaler Sicht relativ geringen Produktionsmenge<br />
von rund sechs Millionen Tonnen Stahl ist Österreich heute<br />
damit auf diesem Gebiet absolut konkurrenzfähig.<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Forschungspolitik<br />
39<br />
Aber auch in anderen Branchen – beispielsweise AVL List im Automotiven<br />
Bereich oder Infineon in der Halbleiterindustrie – sind<br />
heimische Unternehmen am internationalen Markt führend. Es gibt<br />
für ein kleines Land wie Österreich eigentlich enorm viele Beispiele<br />
für internationale Leadpositionen im sachgüterproduzierenden<br />
Bereich. Ich bin also überzeugt, dass wir eine Industrialisierungsoffensive<br />
brauchen und auch in der Lage sind, konkurrenzfähig zu<br />
bleiben – trotz relativ hohem Lohnniveau.<br />
AI: Zumindest früher galt die These, dass sich Österreich für global<br />
agierende Unternehmen gut als Headquarter bzw. für F & E eignet,<br />
die Fertigung aber eher in andere Länder verlegt wird. Hat sich das<br />
aus Ihrer Sicht in der Zwischenzeit geändert?<br />
RK: Hier ist zu differenzieren – nach Produkten, die sehr starke Arbeitskraftanteile<br />
haben, und jenen, mit hoher Automatisierung. Bei<br />
ersterem wird es tatsächlich zunehmend schwerer, derartige Industriebereiche<br />
– beispielsweise die Textilindustrie – in Österreich<br />
zu halten.<br />
Foto: Klobucsar<br />
AI: Das im Rahmen der diesjährigen Alpbacher Technologiegespräche<br />
präsentierte Buch „Österreich 2050“ soll als Leitpfad hin<br />
zum europäischen Innovation Leader verstanden werden. Konnten<br />
Sie dies aus den einzelnen Kapiteln herauslesen?<br />
RK: Es ist ein sehr anregendes Buch. Viele der Argumente sind<br />
richtig, auch wenn sie oft – sozusagen als „more of the same“ – bereits<br />
vielfach kommuniziert wurden. Aber die Zusammenstellung<br />
finde ich schlüssig und man erhält einen guten Überblick über erforderliche<br />
Maßnahmen. Abseits dieses Buches konnte ich übrigens<br />
im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche diesmal<br />
besonders deutlich erkennen, dass wir uns viel zu sehr an externen<br />
Rankings orientieren. Aber Rankings geben stets bloß die spezifische<br />
Erwartungshaltung des Erstellers ab. Wenn die OECD etwa<br />
sagt, dass wir eine zu geringe Akademikerquote haben, dann<br />
stimmt das wohl. Aber man muss dies auch beispielsweise im<br />
Kontext unseres dualen Ausbildungssystems betrachten – um das<br />
uns nebenbei die ganze Welt beneidet. Nicht alles muss zwanghaft<br />
akademisiert werden, um erfolgreich zu sein. Wir sollten uns also<br />
nicht zu sehr von Rankings leiten lassen, sondern eigene Prinzi pien<br />
aufstellen und diese konsequent verfolgen.<br />
AI: In diesem Jahr sollen die Forschungsausgaben auf den neuen<br />
Rekordwert von rund neun Milliarden Euro steigen – vor allem<br />
auch, um die rasche Umsetzung von F & E-Ergebnissen in marktfähige<br />
Produkte voranzutreiben. Gab es in diesem Jahr also auch<br />
eine signifikante Zunahme an CD-Labor-Gründungen?<br />
RK: Ja, es gab einen signifikanten Anstieg. Dazu ein paar konkrete<br />
Zahlen: 2010 gab es 14 Anträge, von denen fünf genehmigt werden<br />
konnten. Im Jahr darauf wurden von 14 Anträgen elf genehmigt,<br />
2012 dann 13 Genehmigungen bei 25 Anträgen. Das Genehmigungsverhältnis<br />
ist also nicht schlecht und auch die Antragslage ist gut.<br />
AI: Wenn Sie auf die letzten Jahre der CDG zurückblicken – worauf<br />
sind Sie am meisten stolz, und was ist Ihnen noch nicht geglückt,<br />
das Sie sich vorgenommen haben?<br />
RK: Stolz bin ich auf drei Sachen. Erstens ist es uns geglückt, eine<br />
fruchtbare Zusammenarbeit von Unternehmen und Universitäten<br />
Reinhart Kögerler: „Die engere Vernetzung mit der<br />
Boltzmann-Gesellschaft ist uns noch nicht geglückt.<br />
Daran gilt es noch zu arbeiten“.<br />
in der Grundlagenforschung zu erreichen, die sich auch als krisenstabil<br />
gezeigt hat, wie wir in den letzten Jahren erkannt haben.<br />
Zweitens freue ich mich darüber, dass wir mit der Pionierarbeit des<br />
CD-Labor-Modells einen für damalige Verhältnisse revolutionären<br />
Schulterschluss aus Unternehmen, Universitäten und Politik erreichen<br />
konnten. Gemeinsam haben wir ein Fördermodell erarbeitet,<br />
um das uns heute viele Nationen beneiden.<br />
AI: Sie haben damals diese drei Gruppen erstmals an einen Tisch<br />
gebracht?<br />
RK: An einem Tisch und auf gleicher Augenhöhe – einst wie jetzt.<br />
Auch heute noch wird an der CDG-Struktur permanent gemeinsam<br />
weiterentwickelt. Der dritte Punkt ist, dass wir uns an die vielen<br />
verschiedenen Branchen der Wirtschaft anpassen konnten. Denn<br />
die Wirtschaft unterliegt letztlich verschiedensten Bedingungen.<br />
Alle Branchen haben ihren eigenen Charakter. Wenn ich über Zellstoffe<br />
nachdenke, ist das etwas anderes, als wenn ich über Pharmaka<br />
oder Edelstahl forsche. Diesen sehr heterogenen Bedingungen<br />
zu entsprechen war nicht leicht, aber wir haben unsere Hausaufgaben<br />
gut erledigt, wie uns die letzte CDG-Evaluierung bestätigt.<br />
AI: Und was ist Ihnen bisher von Ihrer To-do-Liste noch nicht geglückt?<br />
➞<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
40 Forschungspolitik<br />
➞ RK: In jenen Feldern, in denen es um gesellschaftliche Problemstellungen<br />
geht, sind wir noch nicht so aufgestellt, wie ich es<br />
gerne hätte. Bei diesen geht es nicht um Fragen der Produktion, also<br />
den unternehmerischen Ansatz, der für Einzelunternehmen interessant<br />
ist. Es sind Themen, bei deren Umsetzung nicht einzelne<br />
Unternehmen oder Gruppen Nutznießer sind, sondern die Gesellschaft<br />
als Ganzes. Zum Beispiel Lebensmittelsicherheit bzw. der<br />
komplette gesundheitswissenschaftliche Bereich.<br />
AI: Aber wer ist dann der konkrete Partner bei Ihrem Public-Private-Partnership-Modell?<br />
RK: Das ist eben die Herausforderung. Im gesundheitswissenschaftlichen<br />
Bereich könnten dies Pensionsversicherungen oder<br />
Krankenhäuser sein. Aber es gibt auch zahlreiche privatisierte ausgelagerte<br />
Firmen des Staates, die sich mit Fragen der Gesellschaft<br />
beschäftigen und ein Interesse haben könnten, auf die Expertise<br />
eines CD-Labors zurückzugreifen.<br />
Rankings geben bloß die<br />
spezifische Erwartungshaltung<br />
des Erstellers ab. Wir sollten uns<br />
also nicht zu sehr von Rankings<br />
leiten lassen, sondern eigene<br />
Prinzipien aufstellen.<br />
AI: Also Public-Public-Partnership.<br />
RK: Nicht ganz. Es ist eine Tatsache, dass der Public-Sektor viele<br />
Tätigkeiten ausgelagert beziehungsweise privatisiert hat. Derartige<br />
Einrichtungen sind zwar vom Staat getragen, aber letztlich privatisiert.<br />
Und dafür haben wir noch kein Instrument/keine Rechtsgrundlage.<br />
Denn der Staat zahlt in diesem Fall nicht. Es ginge zwar<br />
dabei oft nur um kleine Forschungsbereiche, aber deren Themen<br />
wären zumeist von hoher Bedeutung für die Gesellschaft.<br />
AI: Wäre das dann nicht eher ein Thema für COMET?<br />
RK: Nein, weil viel zu wenige Unternehmen dabei wären. Das wäre<br />
eher etwas für das Boltzmann-Modell. Und das ist dann auch gleich<br />
der zweite Punkt auf meiner To-do-Liste. Die engere Vernetzung<br />
mit der Boltzmann-Gesellschaft ist uns noch nicht geglückt. Daran<br />
gilt es noch zu arbeiten. Ein Grund für den fehlenden Schulterschluss<br />
ist wohl der, dass wir in verschiedenen Ministerien angesiedelt<br />
sind.<br />
AI: Analog zum CD-Labor-System an Universitäten gibt es Josef<br />
Ressel-Zentren an den FHs. Inwieweit könnte man dieses Modell<br />
auch noch auf andere Gebiete ausdehnen?<br />
RK: Letztlich ist das ganze Modell orientiert auf Forschung in Kooperation<br />
mit der Wirtschaft. Diese Forschung ist mit den Instanzen<br />
Universitäten/Forschungseinrichtungen und Fachhochschulen abgedeckt.<br />
Ausdehnen wollen wir unser Modell dennoch – und zwar<br />
auf Pri vat universitäten. Das ist jedoch formal nicht einfach, da wir<br />
keine öffentlichen Mittel nehmen dürfen und der Bund private Unis<br />
nicht fördern darf. Wir werden daher versuchen, diese Variante aus<br />
Stiftungsmitteln zu finanzieren.<br />
AI: Wenn das jetzt mit Ihnen geführte Interview erscheint, hat Österreich<br />
bereits gewählt. Abseits politischer Ideologien – welche<br />
Ressortzusammensetzungen/-aufteilung würden Sie für die Bereiche<br />
Forschung, Technologie, Innovation, Bildung, Infrastruktur<br />
empfehlen?<br />
RK: Es gibt hierzu zwei Perspektiven, die einander zum Teil ausschließen.<br />
Die eine ist, die konkreten Player zu betrachten, weil es<br />
sowohl im BMVIT, als auch im Wirtschafts - und im Wissenschaftsministerium<br />
sehr gute Forschungsstrategieexperten gibt, die man<br />
weiterarbeiten lassen soll.<br />
Aus struktureller Sicht macht natürlich ein eigenes Forschungsministerium<br />
Sinn. Ein gemeinsames ganzheitliches Forschungsund<br />
Innovationsministerium ist für mich aber schwer vorstellbar.<br />
Auch die Verknüpfung mit der Bildung halte ich nicht für positiv.<br />
Conclusio: Alle Bereiche, in denen es wirklich um Forschung geht,<br />
sollten aus meiner Sicht in einer Hand sein.<br />
AI: Es gibt aber in ganz Europa kein Modell, das angewandte und<br />
Grundlagenforschung vereint.<br />
RK: Das liegt zum Teil an den verfassungsmäßigen Kompetenzverteilungen<br />
innerhalb der Länder. Zum Beispiel Deutschland, wo<br />
die Universitäten Ländersache sind und der Bund praktisch nur<br />
über die außeruniversitären Forschungsstrukturen (Max Planck-,<br />
Fraunhofer-, Helmholtzgesellschaft, …) direkten Einfluss nehmen<br />
kann. In Österreich können und wollen wir uns keine solchen parallelen<br />
Strukturen leisten. Alles, was an echter Forschung in Österreich<br />
passiert, sollte auf das Universitätssystem hingeordnet<br />
sein. Das heißt natürlich nicht, dass außeruniversitäre Forschungseinrichtungen<br />
ihren Sinn verlieren. Es sollte jedoch aus meiner<br />
Sicht immer legitimiert werden, warum die jeweiligen Forschungsauf<br />
gaben nicht an einer Universität umgesetzt werden können. Ein<br />
derartiges Beispiel wäre etwa die Hochenergiephysik, die finanziell<br />
so aufwändig und umfassend ist, dass eine Auslagerung in ein<br />
Akademie-Institut Sinn macht. Aber warum ein Institut für Limnologie<br />
unbedingt ein eigenes Akademieinstitut sein muss, sehe ich<br />
nicht. Ich finde es zielführender, das vorhandene Potenzial soweit<br />
als möglich an den Universitäten zu bündeln, um teure Parallelstrukturen<br />
zu vermeiden. Von daher macht es schon Sinn, an ein<br />
ganzheitliches Forschungsministerium zu denken. Wie weit die<br />
Forschung der Wirtschaft hier dazugerechnet wird ist eher Geschmackssache.<br />
AI: Wenn Sie sich von der neuen Bundesregierung etwas wünschen<br />
dürften, das diese verbindlich umsetzen muss, was würde das sein?<br />
RK: Zweifelsfrei die bedingungslose Einhaltung des Forschungspfades<br />
hin zu den vereinbarten 3,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes,<br />
sowie die ausreichende Finanzierung der heimischen Universitätslandschaft.<br />
Forschung stellt zwar keine hinreichende, aber<br />
sehr wohl eine notwendige Bedingung für das Florieren der Wirtschaft<br />
und wohl auch der gesamten Gesellschaft dar. Man könnte<br />
das vergleichen mit den Bedingungen für das organische Leben.<br />
Dieses braucht neben Wasser, Nahrung, Mineralien und einer Vielzahl<br />
anderer Dinge, vor allem Sauerstoff, um zu funktionieren.<br />
Sauerstoff ist also keine hinreichende, aber eine notwendige Bedingung,<br />
ohne die es kein Leben gäbe. Im gewissen Sinn ist somit<br />
die Forschung der Sauerstoff für die Gesellschaft.<br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Wirtschaft<br />
41<br />
Design.<br />
Thinking.<br />
Erfolg.<br />
Erfolgreich innovativ zu sein ist essenziell, um nachhaltig wettbewerbsfähig<br />
zu sein. Es gibt dafür kein Allheilmittel, doch Design<br />
Thinking hat sich beispielsweise für die Kapsch TrafficCom AG als<br />
geeignete Methode für den Umgang mit neuen Ideen etabliert.<br />
Foto: Kapsch TrafficCom AG<br />
Um in unserer schnelllebigen Welt stetig<br />
erfolgreich zu sein, ist es für Unternehmen<br />
unerlässlich, sich mit dem Management<br />
von Innovation auseinanderzusetzen. Doch<br />
wie kann man auf Knopfdruck kreativ sein<br />
und Ideen am laufenden Band produzieren?<br />
Eines schon mal vorweg: Die eierlegende<br />
Wollmilchsau haben wir noch nicht<br />
erfunden. Mit Design Thinking aber haben<br />
wir eine Methode für uns gefunden, die<br />
uns bei der Generierung, Entwicklung und<br />
Umsetzung innovativer Ideen unterstützt.<br />
Sie hilft dabei, Ideen schnell und kostengünstig<br />
lebendig werden zu lassen, sie aus<br />
den unterschiedlichsten Perspektiven zu<br />
betrachten und so zu neuen und vielfältigen<br />
Erkenntnissen zu gelangen. Die iterative<br />
Methode ist ganz klar in unserem Prozess<br />
verankert und ermöglicht uns phasenweise<br />
Schleifen zu drehen und immer<br />
wieder auch mal Schritte zurück zu machen,<br />
um neue Blickwinkel zu erhalten.<br />
Ethnowas?<br />
Design Thinking fokussiert besonders auf<br />
Bedürfnisse und Verhalten von Kunden und<br />
Kundinnen. Mit viel Empathie wird versucht,<br />
die Welt aus deren Augen zu betrachten,<br />
beispielsweise mithilfe verhaltensorientierter<br />
Beobachtung (ethnography). Beobachtung,<br />
Kontakt und Empathie von und zu<br />
Menschen führen zu Lösungen, welche in<br />
deren Umgebung und Alltag passen. Bei<br />
Kapsch hat uns diese Vorgehensweise beispielsweise<br />
im Zusammenhang mit unserer<br />
Forschung im Smart City-Bereich dabei<br />
geholfen, Erkenntnisse über die tieferen<br />
Bedürfnisse diverser Verkehrsteilnehmerinnen<br />
und -teilnehmer zu erlangen.<br />
Round, round, round we go …<br />
Im Rahmen eines überraschend strukturierten<br />
Prozesses, beschreibt Design Think ing<br />
eine iterative Arbeitsweise. Durch das wiederholte<br />
Ziehen von Schleifen sieht man<br />
Dinge immer wieder aus einem anderen<br />
Blickwinkel und gelangt Schritt für Schritt<br />
zu immer neuen Erkenntnissen. In jeder<br />
Schleife wird ein anderes Detail näher betrachtet.<br />
Durch diese Konzentration auf nur<br />
den einen oder anderen Aspekt gelangt<br />
man sehr schnell zu einem ersten Prototypen<br />
(rapid prototyping), mit dessen Hilfe<br />
sich erste Hypothesen schnell bestätigen<br />
oder falsifizieren lassen. Auch wenn ein<br />
solcher trial-and-error-Prozess Geduld und<br />
eine entsprechendes mindset der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter und der Managementebene<br />
erfordert, gelangt man so<br />
schneller zu Erkenntnissen und bekommt<br />
oft auch Antworten auf Fragen, die noch<br />
nicht einmal gestellt worden sind.<br />
Vielfalt fördert Ideenreichtum<br />
Ein Hauptmerkmal des Innovation Management<br />
bei Kapsch ist unser Fokus auf Diversität<br />
in den verschiedenen Projektteams.<br />
Wir arbeiten eng mit internen wie externen<br />
Ressourcen zusammen und versuchen so,<br />
starre Grenzen und Strukturen möglichst zu<br />
Der Autor,<br />
Martin Eder,<br />
ist VP Innovation<br />
der Kapsch<br />
TrafficCom AG<br />
vermeiden. Dies ist auch eine essenzielle<br />
Charaktereigenschaft des Design Thinking.<br />
Um ein Maximum an Vielfalt und Betrachtungsweisen<br />
zu erhalten, sollte sich das<br />
Team aus Personen unterschiedlicher Herkunft,<br />
Kultur, Wissensgebieten, Geschlechtern<br />
und Generationen zusammensetzen. In<br />
multidisziplinären Teams werden Horizonte<br />
weiter, Perspektiven unterschiedlicher<br />
und Ideen vielfältiger. Auf diese Weise erreichen<br />
wir in einem großen Betrieb leichter<br />
ein gemeinsames Verständnis für die<br />
Dinge, mit denen wir uns beschäftigen.<br />
Die vielschichtige Arbeitsweise des Design<br />
Thinking hilft uns im Innovation Management<br />
besonders, Ideen weiterzuentwickeln<br />
und sie erfolgreich zum Abschluss zu<br />
bringen. Der interdisziplinäre Austausch,<br />
auf den wir in unserer Arbeit Wert legen,<br />
und die nicht-lineare Denkweise des Design<br />
Thinking fördern Perspektivenwechsel<br />
und bewirken eine höhere Ideenvielfalt. So<br />
konnten wir über die letzten Jahre zum<br />
Erfolg von Unternehmensstrategien beitragen,<br />
einige Produkte zur Marktreife bringen<br />
und sogar ein neues Unternehmen<br />
gründen.<br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
42 Promotion<br />
RISC Software<br />
Virtueller Patient<br />
Simulation von<br />
Augenfehlstellungen<br />
Neue Möglichkeiten in der computerunterstützten<br />
Diagnose und Therapie<br />
von Augenfehlstellungen – das ist<br />
ein Schwerpunkt der RISC Software<br />
GmbH, einer Beteiligungsgesellschaft<br />
der Johannes Kepler Universität Linz<br />
und Upper <strong>Austria</strong>n Research GmbH.<br />
Gefördert vom Land Ober österreich, dem<br />
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder<br />
Linz und dem AKh Linz entwickelt RISC<br />
Software GmbH das Softwaresystem<br />
„SEE-KID“ für die Simulation komplexer<br />
Operationen an den Augenmuskeln.<br />
Simulation einer<br />
Augenfehlstellung<br />
mit dem „virtuellen<br />
Patienten“<br />
Kontakt<br />
Dipl.-Ing. (FH) Thomas Kaltofen<br />
RISC Software GmbH<br />
Forschungsabteilung Medizin-Informatik<br />
Softwarepark 35, A-4232 Hagenberg<br />
Telefon: +43 7236 3343 670<br />
Fax: +43 7236 3343 680<br />
Mobil: +43 699 13009023<br />
E-Mail:<br />
thomas.kaltofen@risc.uni-linz.ac.at<br />
[Entgeltliche Einschaltung]<br />
Vor inzwischen mehr als 16 Jahren wurde<br />
die oberösterreichische Forschungsinitiative<br />
„SEE-KID“ von Prof. Dr. Siegfried Priglinger,<br />
damals Leiter der Sehschule des<br />
Krankenhauses der Barmherzigen Brüder<br />
Linz und heute Konsiliararzt im AKh Linz,<br />
ins Leben gerufen. Bis heute verfolgt sie<br />
das Ziel, komplexe Operationen an den<br />
Augenmuskeln für die Korrektur von Schielen<br />
mit einem Computerprogramm vor der<br />
Operation zu simulieren.<br />
Bei solchen Operationen werden einer<br />
oder mehrere der sechs Augenmuskeln<br />
eines Auges vom Augapfel abgetrennt und<br />
an anderer Stelle wieder angebracht. Dadurch<br />
wird zum Beispiel eine Veränderung<br />
der Richtung, in der ein Augenmuskel das<br />
Auge dreht, erreicht und so bei sorgfältiger<br />
Planung ein bestehendes Schielen korrigiert.<br />
Schieloperationen sind heute sichere<br />
Routineeingriffe, oft sind aber, bedingt<br />
durch das komplexe Krankheitsbild, mehrfache<br />
Operationen notwendig um das gewünschte<br />
Ergebnis zu erreichen.<br />
Mit dem Augenmodell „SEE-KID“ wurde<br />
ein Lehr- und Lernmittel geschaffen,<br />
das ein anschauliches Denken besonders<br />
bei komplexen funktionellen Störungen<br />
unterstützt. Mit Hilfe eines dreidimensionalen<br />
„virtuellen Patienten“ kann anhand<br />
von klinischen Untersuchungsergebnissen<br />
die Augenfehlstellung eines Patienten virtuell<br />
dargestellt werden. Anschließend können<br />
am Modell fast alle in der Praxis möglichen<br />
Eingriffe simuliert werden und somit<br />
für den Patienten der optimale Eingriff,<br />
sowie das operative Vorgehen, bestimmt<br />
werden. Für den Erfolg einer solchen Operation<br />
ist nicht nur das Verständnis des zu<br />
Grunde liegenden Krankheitsmechanismus<br />
notwendig, sondern auch ein Verständnis<br />
der anatomisch funktionellen Mechanismen.<br />
Vor allem komplizierte Operationen<br />
müssen detailliert geplant, geeignete<br />
Operationsschritte sorgfältig ausgewählt<br />
werden. Diese Planung wird durch „SEE-<br />
KID“ unter stützt und optimiert.<br />
Die Übertragung der Messergebnisse<br />
vom Patienten auf den Computer ermöglicht<br />
die Darstellung wichtiger Parameter<br />
wie Messpunkte, Drehmomentlinien, Ursprungs-<br />
und Ansatzverhältnisse auf der<br />
Augenoberfläche. Anhand dieser Informationen<br />
können Fehlfunktionen als Abweichungen<br />
von idealen Ansatz-, Ursprungsund<br />
Streckenänderungen interpretiert werden.<br />
Diese optimierte Operationsplanung<br />
kann dabei helfen, Mehrfachoperationen<br />
zu reduzieren oder sogar ganz zu verhindern.<br />
Weitere Informationen über das Projekt<br />
SEE-KID können unter der Homepage<br />
www.see-kid.at abgerufen werden. n<br />
Fotos: RISC Software GmbH<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13
Österreich im Jahr 2050! Wie könnte oder<br />
sollte es aussehen? Welchen Einfluss werden<br />
die bereits jetzt erkennbaren politischen<br />
Trends und Entwicklungen haben? Welche<br />
Möglichkeiten und Chancen eröffnen sich<br />
dadurch, und welche Risiken und Probleme<br />
könnte es geben? Und schließlich: Welche<br />
Rolle spielen hierbei Bildung, Wissenschaft,<br />
Forschung und Innovation?<br />
„Österreich 2050“ versucht, Antworten auf<br />
diese Fragen zu finden. Namhafte Expertinnen<br />
und Experten aus unterschiedlichsten<br />
Bereichen – darunter<br />
Bildung, Wissenschaft<br />
und Forschung, Demografie,<br />
Migration, Umwelt und Klimawandel,<br />
globale Entwicklungen, uvm. – unterbreiten<br />
ihre Vorschläge zur Gestaltung der Zukunft<br />
und stellen diese damit zur Diskussion.<br />
Ziel aller Beiträge ist es, in unserer Zeit des<br />
beschleunigten Wandels und dem daraus erwachsenden<br />
Gefühl der Unsicherheit wieder<br />
Orientierung zu gewinnen und den Mut zum<br />
Handeln zu finden.<br />
„Österreich 2050 – FIT für die Zukunft“<br />
Erhältlich im Buchhandel ab September 2013<br />
www.rat-fte.at
Österreich im Jahr 2050! Wie könnte oder<br />
sollte es aussehen? Welchen Einfluss werden<br />
die bereits jetzt erkennbaren politischen<br />
Trends und Entwicklungen haben? Welche<br />
Möglichkeiten und Chancen eröffnen sich<br />
dadurch, und welche Risiken und Probleme<br />
könnte es geben? Und schließlich: Welche<br />
Rolle spielen hierbei Bildung, Wissenschaft,<br />
Forschung und Innovation?<br />
„Österreich 2050“ versucht, Antworten auf<br />
diese Fragen zu finden. Namhafte Expertinnen<br />
und Experten aus unterschiedlichsten<br />
Bereichen – darunter<br />
Bildung, Wissenschaft<br />
und Forschung, Demografie,<br />
Migration, Umwelt und Klimawandel,<br />
globale Entwicklungen, uvm. – unterbreiten<br />
ihre Vorschläge zur Gestaltung der Zukunft<br />
und stellen diese damit zur Diskussion.<br />
Ziel aller Beiträge ist es, in unserer Zeit des<br />
beschleunigten Wandels und dem daraus erwachsenden<br />
Gefühl der Unsicherheit wieder<br />
Orientierung zu gewinnen und den Mut zum<br />
Handeln zu finden.<br />
„Österreich 2050 – FIT für die Zukunft“<br />
Erhältlich im Buchhandel ab September 2013<br />
www.rat-fte.at