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14 Wirtschaft<br />

➞ AI: Rund 60 Prozent der Forschung wird bei Siemens von internen<br />

Kunden bezahlt, 30 Prozent stehen vom Konzern zur Verfügung<br />

und zehn Prozent werden aus externen Fördermitteln gedeckt.<br />

Bleibt dieses Finanzierungsmodell auch unter dem neuen<br />

Konzernvorstand erhalten?<br />

WH: Dieses konzernweite F & E-Finanzierungsmodell hat sich bislang<br />

gut bewährt. Ich gehe davon aus, dass sich hier in absehbarer<br />

Zeit nichts ändern wird. Die Aufteilung 60:30:10 ist ein Durchschnittssatz.<br />

Bei sehr anwendungsnahen Themen ist der Konzernbeitrag<br />

deutlich geringer, bei starken Vorfeldthemen entsprechend<br />

höher. So wird gewährleistet, dass einerseits langfristig gedacht<br />

werden kann und andererseits keine unnötige Subventionierung<br />

erfolgt. Die Zufriedenheit der Kunden mit diesem Modell ist hoch,<br />

weil die daraus gewonnenen Lösungsansätze zu mehr Effizienz<br />

und Produktivität führen und gleichzeitig auf ein internationales<br />

Netzwerk an Kooperationspartnern zurückgegriffen werden kann.<br />

AI: Wie weit muss ein Technologiekonzern wie Siemens vordenken?<br />

Inwieweit berücksichtigen Sie Foresight-Forschung bei Ihren<br />

Zukunftskonzepten?<br />

WH: Unser Blick ist stets in die Zukunft gerichtet. Demografischer<br />

Wandel, Urbanisierung, Klimawandel und Globalisierung – diese<br />

Megatrends stellen die Menschheit vor Aufgaben von bisher unbekannten<br />

Dimensionen. Hier gilt es Lösungen für die Zukunft zu<br />

finden. Siemens hat sich auf innovations- und technologiegetriebene<br />

Wachstumsmärkte fokussiert. Unsere Forschungsaktivitäten<br />

zielen daher darauf ab, für diese Märkte wegweisende Technologien<br />

zu entwickeln. Nur so schaffen wir es auch unsere Marktposition<br />

zu halten und auszubauen. Siemens hat ein Bündel leistungsfähiger<br />

Instrumente wie zum Beispiel Road Mapping und Szenariotechnik<br />

zusammengefasst, mit denen sich die F & E-Strategien<br />

systematisch und nachhaltig optimieren lassen. Damit werden<br />

Trends aufgespürt, die die Geschäfte von morgen prägen werden:<br />

Sozio-ökonomische Trends, Markttrends, Kundentrends und vor<br />

allem technologische Trends. Ein wichtiger Aspekt ist auch das<br />

identifizieren und partnerschaftliche Umsetzen von Innovationsimpulsen<br />

von außen.<br />

AI: Findet Siemens Österreich noch ausreichend Fachkräfte, um<br />

in den definierten Forschungsbereichen vorn zu bleiben?<br />

WH: Gut ausgebildete Fachkräfte zu finden ist nicht immer leicht.<br />

Das größte Asset jedes Unternehmens sind qualifizierte Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter. Siemens investiert daher auch umfassend<br />

in Ausbildung und fördert „Key expert“-Karrieren im Unternehmen.<br />

Wenn wir die Produktivität trotz der verhältnismäßig hohen<br />

Lohnkosten in Österreich halten wollen, tun wir in Österreich gut<br />

daran, die Aus- und Fortbildung an die veränderten Rahmenbedingungen<br />

so anzupassen, dass wir auch in Zukunft gut ausgebildete<br />

Fachkräfte in Österreich haben. Die organisatorische und technologische<br />

Komplexität im Arbeitsalltag hat stark zugenommen. Gerade<br />

deshalb sind immer öfter ganz konkrete und zugleich qualitativ<br />

hochwertige Bildungsabschlüsse gefragt.<br />

AI: Die weltweite Wirtschaftsentwicklung ist nach wie vor sehr<br />

fragil. Worin bestehen in diesem Zusammenhang aus Ihrer Sicht<br />

die größten Risiken für einen Weltkonzern wie Siemens?<br />

WH: Aus der Sicht von Siemens Österreich ist das größte Risiko<br />

zweifellos die verhaltene Investitionstätigkeit der öffentlichen<br />

Hand. Das spüren wir, weil wir als wichtiger Infrastrukturlieferant<br />

viele Kunden aus diesem Bereich haben. Auf der anderen Seite<br />

haben wir aber als regionales Siemens-Headquarter für insgesamt<br />

19 Länder in Zentral- und Südosteuropa die Chance, konjunkturelle<br />

Bewegungen auszugleichen. In der Region CEE gibt es was die<br />

Infrastruktur betrifft – vom Verkehr über die Industrie bis zur Energie<br />

– einen großen Nachholbedarf und hier sind wir als integrierter<br />

Technologiekonzern bestens aufgestellt. Natürlich gibt es auch in<br />

CEE budgetäre Restriktionen, aber dort gibt es noch mehr durch<br />

EU-Mittel gestützte Investitionen.<br />

AI: Inwieweit kämpft Siemens damit, dass große Infrastrukturprojekte<br />

immer weniger direkt zwischen Lieferanten und Kunden ausgehandelt<br />

werden, sondern mehr und mehr Bestandteil synergetischer<br />

volkswirtschaftlicher Verständigung werden? Sehen Sie<br />

dieses Geflecht wechselseitiger Interessen aufstrebender Staaten<br />

als Gefahr für Europa, oder ist das eher nur ein kurzfristiger Effekt?<br />

WH: Wie immer auch die Vorgeschichte von Projekten sein möge,<br />

gibt es letztlich eine Seite, die Leistungen bestellt und oft mehrere<br />

Anbieter, die diese Leistungen anbieten. Siemens ist in über 190<br />

Ländern der Erde vertreten – das ist schon ein beachtlicher Aktionsradius<br />

für Ausschreibungen auf der ganzen Welt. Zur Situation<br />

in und von Europa: Hier bedarf es in jedem Fall massiver Anstrengungen,<br />

um als Wirtschaftsraum attraktiv zu bleiben. Der Weg<br />

dorthin kann nur über Innovationen führen – flankiert von Ausbildungs-<br />

und Bildungsrahmenbedingungen, die hochqualifizierte<br />

und talentierte Fachkräfte hervorbringen bzw. anziehen. Wir müssen<br />

Kostennachteile gegenüber anderen Wirtschaftsstandorten<br />

durch Hightech-Entwicklungen und Wertschöpfung aus dem Export<br />

ausgleichen. In Österreich sind wir in einigen Bereichen der<br />

Umwelttechnologie bereits weltweit führend. Hier müssen wir dran<br />

bleiben und uns weitere Spitzenpositionen erarbeiten.<br />

AI: Was sollten aus Ihrer Sicht Politik und Wirtschaft tun, damit<br />

auch die nächste Generation im Wohlstand leben kann?<br />

WH: Das für den Wohlstand notwendige Wirtschaftswachstum<br />

fußt vor allem auf naturwissenschaftlich-technischen Erkenntnissen<br />

und darauf basierenden Innovationen, die insbesondere aus<br />

der Industrie kommen. Daher ist die Absicherung und Forcierung<br />

einer industriellen Basis so wichtig und die Politik kann viel dazu<br />

beitragen. Vor allem sind Reformen in den Bereichen Bildung, Forschung<br />

und Innovation sowie Infrastruktur unabdingbar. Es muss<br />

uns gelingen, die Ausbildung an veränderte Rahmenbedingungen<br />

anzupassen. Unser Schulsystem muss wieder eine bessere Grundbildung<br />

gewährleisten, die Schulabgänger auf ihr Berufsleben vorbereitet<br />

und es Unternehmen leichter macht, qualifizierte und gut<br />

ausgebildete Mitarbeiter zu finden. Notwendig ist auch ein viel<br />

stärkerer Fokus auf Forschung und Entwicklung sowie Investitionen<br />

in die Infrastruktur. Grundlage dafür ist auch eine umfassende<br />

Verwaltungsreform mit Hilfe derer die Strukturen Österreichs –<br />

ohne Verluste für die Standortqualität – der Landesgröße angepasst<br />

werden. Gemeinsam sollten Unternehmen und Politik dafür<br />

sorgen, dass Österreich ein Land mit einer modernen, weltoffenen<br />

Wirtschaft und Gesellschaft ist.<br />

<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13

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