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Forum Alpbach<br />
35<br />
Doch was heißt „sicher“ in diesem Zusammenhang? „Geht es dabei<br />
um technische oder rechtliche Sicherheit? Darum, dass mein<br />
Gegenüber der ist, für den er sich ausgibt?“, fragte Stefan Bumerl<br />
von der IT-Security Firma Cryptas.<br />
Identitäten, Basisbewegungen,<br />
Arbeitsplätze: Wandel 2.0<br />
„Die Frage nach der Identität des Menschen ist so alt wie die Menschheit<br />
selbst.“, stellte Thomas Corsten, Professor für Alte Geschichte<br />
an der Universität Wien, fest. Dabei kann man Identität(en) ganz<br />
unterschiedlich definieren und schaffen. Und: jeder Mensch hat<br />
mehrere Identitäten, je nachdem, in welchem Umfeld er sich bewegt.<br />
Einzelne von ihnen kann er selbst bestimmen – im Internet<br />
kann er sich eine Vielzahl von Identitäten zurechtlegen – andere<br />
werden ihm von seinen Zeitgenossen oder auch von späteren Generationen<br />
zugeschrieben. So kommt es zum Beispiel zu dem Paradoxon,<br />
dass Karl der Große sowohl für Deutschland als auch für<br />
Frankreich (als Charlemagne) identitätsstiftend ist. Was schafft nun<br />
traditionell Identität? Es sind die gemeinsame Sprache, eine gemeinsame<br />
(auch konstruierte) Abstammung, (oft) eine gemeinsame<br />
Religion, gemeinsame Rechtsvorstellungen und nicht zuletzt<br />
ein gemeinsamer Feind.<br />
Need2know<br />
Die 30. Alpbacher Technologiegespräche<br />
fanden von 22.–24. August<br />
statt und standen unter dem Motto:<br />
„Die Zukunft der Innovation: Voraussetzungen<br />
– Erfahrungen – Werte“.<br />
Der Arbeitskreis 10 „Identität 2.0: der<br />
digitale Mensch“ wurde von Forschung<br />
<strong>Austria</strong> initiiert. Es war mit über 80 TeilnehmerInnen<br />
einer der bestbesuchten<br />
Arbeitskreise der Technologiegespräche,<br />
deshalb wird das Thema am 21. Oktober<br />
unter dem Titel „Web und Recht 2.0“<br />
in Wien neuerlich im Rahmen einer<br />
Podiumsdiskussion vertieft. In der nächsten<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong>-Ausgabe lesen Sie<br />
über die Ergebnisse dieses Follow-up.<br />
„Zu den vier bekannten Staatsmachten (Legislative, Judikative, Exekutive<br />
und die Medien) kommt heute die allgemeine Öffentlichkeit<br />
als fünfte Staatsmacht dazu und beeinflusst die vier anderen in<br />
höchstem Maß.“, erklärte Friedrich Faulhammer, Rektor der Donau-<br />
Universität Krems. Wenn es um die Stärkung der Basis durch das<br />
Internet geht, spielt nicht nur E-Democracy eine Rolle, mithilfe derer<br />
der Staat aktiv die Beteiligung der allgemeinen Öffentlichkeit an<br />
demokratischen Prozessen stärken will. Es geht auch um so genannte<br />
„grass-roots movements“, das sind politische oder gesellschaftliche<br />
Initiativen in den neuen Medien, die aus der Basis der Bevölkerung<br />
entstehen. Diese bottom-up-Kampagnen gehen oft von öffentlichen<br />
Plätzen aus: das Audimax der Universität Wien bei der<br />
„Uni-Brennt-Bewegung“, der Tahrir Platz in Ägypten beim „Arabischen<br />
Frühling“, der Taksim Platz bei den aktuellen Protesten in der<br />
Türkei. Diese Dynamik wird auch von der Werbeindus trie genutzt,<br />
die mit kommerziellen Projekten den Eindruck erwecken will, es<br />
handle sich um eine spontane „grass-roots“-Bewegung. Diese Kampagnen<br />
nennt man „Astroturfing“ oder „Kunstrasenbewegungen“.<br />
Sebastian Eschenbach von der Fachhochschule Burgenland beschäftigt<br />
sich mit dem Zusammenhang zwischen Informationstechnologie<br />
und Arbeit. In den letzten Jahrzehnten habe sich die Arbeitswelt<br />
weiterentwickelt – von manueller Arbeit, die auf Erfahrung<br />
aufbaut, hin zu einer beruflichen Tätigkeit, die durch die Anwendung<br />
formaler Bildung geprägt ist. „Peter Drucker sprach schon<br />
in den 1950er Jahren vom ‚Knowledge Worker‘.“, so Eschenbach.<br />
Diese Veränderungen seien in erster Linie aber nicht von einer<br />
neuen Technologie getrieben, sondern von geänderten Vorstellungen,<br />
wie Menschen leben und mit Wissen umgehen wollen. Dazu<br />
kommt ein Bündel an neuen Technologien, das auf vernetzten<br />
Computern basiert. Auch andere Bereiche, nicht nur die Arbeitswelt,<br />
sind betroffen: Medien, Einzelhandel, Religion, Regierungsgeschäfte<br />
und viele mehr.<br />
Und was passiert mit den Daten?<br />
„Wir hinterlassen täglich eine Biographie von mehreren 100 Seiten.“,<br />
weiß Franz Lang vom BK. Und wer profitiert davon? Google,<br />
Facebook & Co. sind auf den ersten Blick gratis, auf den zweiten<br />
Blick zahlen wir mit unseren Daten. Mit diesen Daten werden Profile<br />
zu Marketingzwecken erstellt, gehandelt und für gezielte Werbung<br />
eingesetzt. „Das nennt man implizite Bezahlung mit Daten.“,<br />
so Ivona Brandic, Assistant Professor an der Technischen Universität<br />
Wien. „Ich muss immer Nutzen und Gefahr gegeneinander<br />
abwiegen und auch bei der technischen Entwicklung berücksichtigen.“<br />
Datenspeicherung und -verwertung durch Nachrichtendienste<br />
in den USA und anderswo waren das große Thema der<br />
Diskussion (Stichwort: PRISM).<br />
Ivona Brandic beschäftigt sich auch mit Datenspeicherung in einem<br />
anderen Zusammenhang, nämlich mit der Datenflut: „Die<br />
große Herausforderung unserer Zeit sind die Daten.“ Bewältigt<br />
kann zumindest die Speicherung dieser Daten zum Beispiel mit<br />
„Cloud Computing“ werden. Dabei kann effizient auf ökologische<br />
und ökonomische Faktoren eingegangen werden, wenn Daten<br />
nicht an physikalische Orte gebunden sind. Die Hardware für Daten,<br />
die in Österreich genutzt werden, steht dann etwa in Finnland,<br />
wenn es dort kalt ist und die Energie für die Kühlung gespart werden<br />
kann. Brandic: „Cloud Computing wird zur ‚5 th Utility‘ unserer<br />
Zeit, nach Wasser, Gas, Strom und Telefon. Aber wir sind aktuell<br />
auf einem Level, als müssten wir Wasser aus dem Brunnen nachhause<br />
tragen.“<br />
n<br />
<strong>Austria</strong> <strong>Innovativ</strong> 5-13