13. Ausgabe September 2013 [PDF, 2.41 MB] - Beinwil am See
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Schwerpunkt<br />
Taschengeld<br />
Um wie viel teurer ist das Gipfeli beim<br />
Pausenbeck als ein selber mitgenommenes<br />
Stück Brot? Wie viel spart die<br />
F<strong>am</strong>ilie? Und welcher Betrag muss<br />
monatlich für die Steuern zurückgelegt<br />
werden? Das Überreichen des<br />
Taschengeldes gibt bestimmt immer<br />
wieder Anlass zu solchen und ähnlichen<br />
Diskussionen.<br />
Warum ich von einem Redaktionsmitglied<br />
um einen Artikel zum Thema<br />
«Taschengeld» gebeten worden bin?<br />
Vor Jahren haben mein Mann und ich<br />
zum Thema «Geld» einen Projektwochenkurs<br />
an der Oberstufe angeboten.<br />
Dieser Kurs war bei den Jugendlichen<br />
so begehrt, dass wir ihn gleich<br />
doppelt durchführen konnten. Nun<br />
traut man mir darum offensichtlich<br />
einiges «Fachwissen» zu. Dann also<br />
los:<br />
Wie viel Taschengeld erhältst du?<br />
Bist du mit diesem Betrag zufrieden?<br />
In einer Kennenlern-Runde sollten die<br />
Schüler und Schülerinnen zu diesen<br />
zwei Fragen Stellung nehmen. Als<br />
Erwachsene glaubten wir die Antworten<br />
der Jugendlichen im Voraus zu<br />
kennen und erwarteten, dass die<br />
meisten mit der Höhe ihres Taschengeldes<br />
nicht zufrieden waren. Gross<br />
war unser Erstaunen, als aber über<br />
die Hälfte der Lernenden angab, gar<br />
kein Taschengeld zu erhalten. Ja,<br />
noch erstaunlicher: Sie waren sogar<br />
zufrieden mit dieser Tatsache und<br />
wollten gar keine Änderung haben!<br />
«Und wie erfüllst du dir dann spezielle<br />
Wünsche?», wollten wir wissen.<br />
«Kein Problem; ich habe ja alles.<br />
Und wenn ich etwas Spezielles<br />
möchte, dann frage ich meine Eltern.<br />
Eigentlich bekomme ich das Geld<br />
dann immer.»<br />
Grosses Erstaunen<br />
Nun waren wir Erwachsenen relativ<br />
ratlos. Wie soll man einem Jugendlichen<br />
den Umgang mit Geld erklären,<br />
wenn er einfach alles erhält? Wie soll<br />
ein junger Mensch den Wert von Geld<br />
kennenlernen, wenn er gar keine<br />
Übung im Umgang mit Geld machen<br />
kann? Ja, noch schlimmer: die Abhängigkeit<br />
von den Eltern einem<br />
aktiven, eigenen Planen vorzieht?<br />
Nun war Phantasie gefragt!<br />
Geld ausgeben ist ein Kinderspiel<br />
Etwa ein Fünftel aller jungen Menschen<br />
hat Geldprobleme. Das ist bedauerlich,<br />
aber bestimmt auch ein<br />
Zeichen dafür, dass viele von ihnen<br />
gar nie den Umgang mit Geld lernen<br />
durften. Manche Erwachsenen leben<br />
ja genau so: Die Handy-Rechung<br />
kommt erst Wochen später, die Kreditkarte<br />
ermöglicht Shopping ohne<br />
Geld auf dem Konto, das Auto ist geleast.<br />
Viele Erwachsenen bezahlen<br />
Rechnungen aus Prinzip erst nach<br />
der zweiten Mahnung und die Privatkonkurse<br />
nehmen zu. In einem solchen<br />
Umfeld ist es für Jugendliche<br />
schwierig, den sinnvollen Umgang<br />
mit Geld zu erlernen. Planen, einteilen,<br />
etwas für später zur Seite legen,<br />
wichtige von unwichtigen Wünschen<br />
trennen,… all das lernt ein Kind nur,<br />
wenn es auch Gelegenheit dazu erhält!<br />
Und dazu eignet sich das Taschengeld<br />
hervorragend.<br />
Sprechen wir über Geld!<br />
Wir Schweizer reden nicht gerne über<br />
Geld, und doch wäre es so nötig! Unsere<br />
Kinder lernen in der Schule rechnen,<br />
aber nicht haushalten. Die Budgetberatung<br />
Schweiz rät Eltern, ihre<br />
Kinder über die finanziellen Verhältnisse<br />
zu informieren: Welchen Lohn<br />
erhalten M<strong>am</strong>i oder Papi? Was kosten<br />
Miete, Krankenkasse, Versicherungen,<br />
Ferien? Überhaupt: Was kostet<br />
das Leben? Wie teuer ist ein Liter<br />
Milch, ein Kilo Brot, ein Liter Benzin?<br />
Taschengeld ganz konkret<br />
Die Budgetberatung Schweiz rät<br />
Eltern, Taschengeld nicht als Druckoder<br />
Erziehungsmittel einzusetzen.<br />
Die Kinder sollen frei darüber verfügen<br />
und sich darauf verlassen können,<br />
dass sie es erhalten. Eltern<br />
sollten aber auch nie allfällige Löcher<br />
stopfen oder Vorschüsse auszahlen.<br />
Und: ganz wichtig: Es ist natürlich<br />
zwingend nötig, dass Eltern und Jugendliche<br />
sich darüber einig sind,<br />
was mit dem Taschengeld finanziert<br />
werden muss. Darum ist es schwierig,<br />
eine allgemeine Aussage über die<br />
Höhe des Taschengeldes zu machen.<br />
Kauft der Sprössling seine Garderobe<br />
aus dem eigenen Geld, so wird das<br />
Taschengeld natürlich höher bemessen<br />
sein, als wenn es «bloss» um<br />
Freizeitaktivitäten geht.<br />
Richtlinien zur Höhe des Taschengeldes<br />
und grundsätzliche Informationen<br />
finden Sie im Internet bei Budgetberatung<br />
Schweiz.<br />
Der langen Rede kurzer Sinn:<br />
Liebe Eltern, Sie haben einen ganz<br />
schön schwierigen Job. Wie viel einfacher<br />
ist es doch, ein Kind mit einem<br />
«Nötli» abzuspeisen, als sich mit ihm<br />
auseinanderzusetzen! Dass Sie – ja<br />
Sie meine ich, welche gerade diese<br />
Zeilen lesen – sich nicht aus dieser<br />
Verantwortung ziehen, sondern sich<br />
aktiv mit dem Thema «Geld» befassen,<br />
das beweisen Sie mit dem Interesse,<br />
mit welchem Sie eben diesen<br />
«Treffpunkt Schule» durchlesen.<br />
Und das freut ganz besonders die<br />
Schreiberin dieser Zeilen<br />
Esther Wiehl<br />
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