Vollständiges Gutachten vom 7. August 2013 im PDF-Format
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die Kindertagespflegeperson umfassend den Weisungen der Behörde unterworfen ist.<br />
Vielmehr stellt die Pflegeerlaubnis gemäß § 43 SGB VIII die Voraussetzung für die<br />
Tagespflegetätigkeit dar. 23 Dies verbindet den Auftrag des Staates, Kinderbetreuung<br />
öffentlich sicherzustellen und das Wohl eines außerhalb der Familie betreuten Kindes<br />
besonders staatlich zu schützen. 24 Ähnliche Konstellationen kann man in anderen<br />
selbständigen Tätigkeitsfeldern finden. So haben zum Beispiel auch die Betreiber von<br />
Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen oder Gaststättengewerben Erlaubnisse einzuholen,<br />
die die Örtlichkeit bei der Prüfung mit einbeziehen. Eine weitgehende Weisungsfreiheit<br />
setzt somit nicht das Fehlen jeglicher Kontrolle voraus. 25 Darüber hinaus ist die<br />
Kindertagespflegeperson räumlich nicht an die eine Betriebsstätte gebunden. Sie kann<br />
Ausflüge mit den Kindern unternehmen, sich außerhalb eines Gebäudes (z.B. auf dem<br />
Spielplatz) oder in den Räumen der Kindertagespflegestelle aufhalten. Dabei muss sie<br />
weder Rücksprache halten noch eine Erlaubnis einholen. Vor allem aber ist die<br />
Kindertagespflegeperson nicht in den Betrieb des örtlichen Trägers der öffentlichen<br />
Jugendhilfe eingegliedert. Sie ist weder verpflichtet sonstige Arbeiten auszuüben, wie zum<br />
Beispiel Angestellte, noch gibt es abzust<strong>im</strong>mende Ordnungsgefüge bei der<br />
Kindertagespflege, Dienstpläne oder Vorgaben wie zum Beispiel eine Kleiderordnung.<br />
Zudem gibt es in der Regel keine zugewiesenen Arbeitszeiten. Zwar werden häufig<br />
Kernbetreuungszeiten in den Vereinbarungen zwischen Kindertagespflegeperson und<br />
Jugendamt vorgegeben. Diese werden jedoch überwiegend <strong>im</strong> Betreuungsvertrag mit den<br />
Erziehungsberechtigten der Kinder individuell ausgestaltet und vereinbart. Die<br />
Kindertagespflegeperson erarbeitet darüber hinaus in der Regel ein eigenes Konzept<br />
pädagogischer und strukturell-wirtschaftlicher Art, welches die Grundlage ihrer Tätigkeit<br />
bildet. Das pädagogische Konzept unterliegt teilweise <strong>im</strong> Rahmen der Erlaubniserteilung<br />
gemäß § 43 SGB VIII und der Gesamtverantwortung gemäß § 79 SGB VIII zwar ebenfalls<br />
der Kontrolle des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe und der Eltern der zu<br />
betreuenden Kinder. Es wird jedoch nicht die Anwendung eines best<strong>im</strong>mten Konzeptes<br />
vorgegeben. Bei der Ausübung und Durchführung haben weder die Eltern noch das<br />
Jugendamt ein Weisungsrecht über konkrete Handlungen. Es handelt sich vielmehr um<br />
eine nach eigenen Vorstellungen ausgestaltbare Bildungs-, Erziehungs-, und<br />
Betreuungsarbeit. Dies wird auch aus den §§ 23, 43 SGB VIII deutlich, nach denen die<br />
Geeignetheit der Kindertagespflegeperson neben der Verfügbarkeit von kindgerechten<br />
Räumen aufgrund der Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft<br />
bewertet wird. Die Kindertagespflegeperson kann darüber hinaus die Kinder und bedingt<br />
auch die Anzahl (begrenzt durch Angaben in amtlicher Erlaubnis gemäß § 43 SGB VIII) der<br />
Kinder, die sie betreut, auswählen. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da die<br />
Betreuung in der Kindertagespflege sehr individuell ausgestaltet ist und die gegenseitige<br />
Akzeptanz voraussetzt. Sie kann grundsätzlich über die Vermittlung durch das Jugendamt<br />
hinaus auf dem Markt auftreten und Betreuungsverhältnisse eingehen. Sie ist zur eigenen<br />
Werbung zum Auftreten auf dem Markt berechtigt. Problematisch wird es in den Fällen, in<br />
denen gebietsfremde Kinder vertraglich nicht von der Kindertagespflegeperson betreut<br />
werden dürfen. Auch wenn die Auswahl der Kinder aus dem „Pool“ der gebietsinternen<br />
Kinder noch von der Kindertagespflegeperson vorgenommen wird, so wird die Tätigkeit<br />
über die Zusammenarbeit mit dem örtlichen Träger hinaus eingeschränkt. Dies gilt unter<br />
Umständen auch für eine privat vermittelte Betreuung. In diesen Fällen ist neben der<br />
zunehmenden Weisungsgebundenheit zu bedenken, dass in den Landesgesetzen das<br />
23 BSG, Urt. v. 1<strong>7.</strong>2.1998 – B 2 U 3/97 R, NJW 1998, 3141 ff. (3142).<br />
24 Mörsberger, in: Wiesner, SGB VIII Kommentar, 2011, 4. Auflage, vor § 43 Rn. 9, 13, 15, 24.<br />
25 Langer, in: Grobys/Panzer-Heemeier, Arbeitsrecht Stichwortkommentar, 2012, S. 938.<br />
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